KÖRPERBILDER: MEL RAMOS (* 1935)
King Kong und die blonde Frau
S
elbst nach 50 Jahren weiblicher Aktmalerei ver- mögen seine Bilder noch zu provozieren. Bei der Eröffnung der Ausstellung „Die Schöne und das Biest“kam es im Oktober im Museum der bildenden Künste in Leipzig unter anderem wegen der „Animal Paint - ings“ von Mel Ramos zum Eklat – Bilder, in denen sich makellose weibliche Geschöpfe in bizarrer Komik un- bekleidet auf dem Rücken eines Nilpferds oder Zebras räkeln oder, wie hier zu sehen, sich in das Fell eines Riesenpandas schmiegen. Eine Gruppe ostdeutscher Aktivistinnen, die sich nach ihrem US-Vorbild Guerril- la Girls nennt, protestierte gegen die erotisch aufgela- dene Kombination nackter Frauen mit animalischen Spielgefährten
In der Tat lassen Motive wie „Giant Panda“, die qua- si automatisch aus dem Bildgedächtnis die libidinöse Beziehung des Monsteraffens King Kong zu einer blonden Frau abrufen, schnell den Vorwurf des Sexis- mus aufkommen. Doch davon haben Kunsthistoriker und Kuratoren wie Donald Kuspit (USA) und Daniel J.
Schreiber (Deutschland) den 78-jährigen Altmeister der Pop-Art längst freigesprochen. Zusammen mit Warhol und Lichtenstein startete der Kalifornier in den 1960er Jahren seine Karriere mit fröhlich-erotischen, aus der
Comic-Ästhetik entlehnten Heldinnen im Dialog mit Artefakten der Werbewelt. Heute genießt sein technisch anspruchsvolles Werk nicht nur wegen des sich darin zeigenden Surrealismus Anerkennung, sondern auch wegen der Konsequenz, mit der Ramos seit 50 Jahren weibliche Klischees und massenmediale Bildwelten aufgreift und in Inszenierungen dezidierter Künstlich- keit ihrer Anstößigkeit beraubt. „Ich male keine nack- ten Frauen. Ich male Bilder von Bildern nackter Frau- en“, verweist er auf die Überlagerung verschiedener Realitäten. 2010 widmete ihm die Kunsthalle Tübingen eine große Retrospektive, die danach in München und der Albertina in Wien zu sehen war – eine Ehrung an- lässlich seines späten Durchbruchs am Kunstmarkt.
Denn obwohl er bereits 1967 seine erste Einzelausstel- lung im renommierten San Francisco Museum of Mod - ern Art hatte, galten Ramos’ nackte Grazien zumindest nach landläufiger Meinung lange als „Low Art“, als schlechter Geschmack. Sabine Schuchart
AUSSTELLUNG:
„Die Schöne und das Biest – Richard Müller & Mel Ramos
& Wolfgang Joop“
Museum der bildenden Künste Leipzig, Katharinen- straße 10, Leipzig;
www.mdbk.de;
Di./Do.–So. 10–18, Mi. 12–20 Uhr;
bis 12. Januar 2014
LITERATUR
„Die Schöne und das Biest – Richard Müller & Mel Ramos & Wolfgang Joop“, Katalog zur Ausstellung, 176 Seiten, Kerber 2013; 39,95 Euro
Mel Ramos: „Giant Panda“, 2012, Litho- grafie, 88 × 100 cm: Ein blondes Pin-up- Girl posiert auf dem Schoß eines riesigen Pandabären. Selbstbewusst lächelnd blickt sie den Betrachter an, stellt ihre Blöße unbekümmert zur Schau. Der monochrome rote Hintergrund betont ihren plastischen Körper, lässt ihn in einer Sphäre surrealer Künstlichkeit aufleuchten.
S C H L U S S P U N K T
[64] Deutsches Ärzteblatt