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Young Adult Carer: ein explorativer Einblick in eine verborgene Welt der Fürsorge / eingereicht von Bernhard Frühwirth, BSc.

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Academic year: 2021

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JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich www.jku.at Eingereicht von Bernhard Frühwirth, BSc. Angefertigt am Institut für Soziologie Abteilung für Theoretische Soziologie und Sozialstrukturanalysen Beurteilerin

Univ.- Prof.in Dr.in Brigitte

Aulenbacher

August 2017

Young Adult Carer

Ein explorativer Einblick in eine verborgene Welt der

Fürsorge

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Social Sciences

im Masterstudium

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EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Masterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die vorliegende Masterarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

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DANKSAGUNG

Ohne die Begleitung und Unterstützung von bestimmten Menschen wäre diese Arbeit nie zustande gekommen. Daher möchte ich an dieser Stelle den Raum dafür nutzen, ihnen meine Dankbarkeit und Wertschätzung entgegenzubringen.

Zuallererst gebührt mein ausdrücklicher Dank meiner Betreuerin Univ.-Prof.in Dr.in Brigitte Aulenbacher, die mich ihrem Repertoire an Erfahrungen und Wissen sowie mit ihrem kritischen Blick stets unterstützt hat. Ebenso hat sie mich mit ihrer Weitsichtigkeit in meinen Überlegungen in die richtige Richtung gelenkt. Dafür und besonders für ihre unendliche Geduld, gebührt ihr meine tiefste Dankbarkeit.

Auch möchte ich mich bei meinen Professor_Innen, insbesondere bei Herrn Dr. Meinrad Ziegler, Herrn Dr. Joachim Gerich, Herrn Dr. Roland Atzmüller sowie Herrn Mag. Roland Lehner für die höchst interessanten Lehrveranstaltungen bedanken und ebenso für die Möglichkeit, als studentischer Mitarbeiter am Institut zu arbeiten. Besonderen Dank möchte ich auch an Dr.in Kristina Binner aussprechen, die mir bei unseren Gesprächen stets mit ihrer Expertise mir ungemein weitergeholfen hat.

Besonderer Dank gilt auch den Expert_Innen, die mir, nach langer Suche, ihre Zeit und ihr Wissen über Young (Adult) Carer zur Verfügung stellten.

Meinen Studienkolleg_Innen Harald Lehner und Sabine Riedl möchte ich für ihre Freundschaft und für die Wegbegleitung danken. Ebenso danken möchte ich meiner engsten Freundin Kerstin Gittinger, für ihr stets offenes Ohr, meinem Lebensgefährten Manuel Mayr für seine Geduld und Liebe. Großen Dank möchte ich auch meiner Schwester Theresa Frühwirth, meinem Vater Peter Frühwirth und Stiefmutter Doris Frühwirth für ihre unentwegte Unterstützung sowie meiner Großtante Inga Whitehouse aussprechen, die mich mit ihrer rationalen Weltsicht ungemein geprägt hat.

Gewidmet ist diese Arbeit meinen schon verstorbenen Großeltern Theresia Frühwirth und Johann Frühwirth. Für ihre unhinterfragte Unterstützung in jeglicher Hinsicht.

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ABSTRACT

DEUTSCH

Über Young Adult Carer, also junge Erwachsene, die Sorgetätigkeiten gegenüber Familienangehörigen verrichten, kann die angloamerikanische und deutsche Young Carer Forschung sowie die soziologisch-feministische Forschung zu Care und Care Work wenig berichten. Daher nimmt die Masterarbeit, anhand von explorativen Interviews mit Expert_Innen aus Österreich und Deutschland, mögliche Erfahrungen, Herausforderungen und Schwierigkeiten entlang der verschiedenen sensiblen Lebensphasen in den Blick. Dabei konnte unter anderem herausgearbeitet werden, dass höchst unterschiedliche und individuelle Erfahrungskonstruktionen festzustellen sind, die den Prozess der Vereinbarkeit zwischen den Anforderungen des Sorgearrangements und den Anforderungen der verschiedenen Lebensphasen berührt. Als Forschungsdesiderate wurde eine gesellschaftstheoretische Theorielosigkeit der Young Carer Forschung und eine fehlende systematische Betrachtung der Lebensphasen der Young Adult Carer lokalisiert. In diesem Sinne schließt die Arbeit mit einer subjektorientierten Forschungsperspektive ab, die anhand des Konzeptes der alltäglichen Lebensführung diese Desiderate in den Blick nimmt.

ENGLISH

The Anglo-American and the sociological feminist research into the field of Care and Care work of Young Adult Carers (who care for members of their families) has not been very extensive. By means of exploratory interviews with experts from Germany and Austria, this Master's thesis will therefore investigate the experiences, challenges, difficulties and problems during the various stages of life of the Young Adult Carer. Among other things it has been possible to reveal the existence of the most diverse and individual experiences affecting the process of compatibility between the requirements of the care arrangement and the requirements of the different phases of life. The focus of the research desiderata is the lack of a social theory in the field of the Young Carer research and a lack of a methodical observation of the various stages of life of the Young Carer. In consideration of these aspects the thesis concludes with a research perspective focused on the subjects of this research and furthermore, by means of relevant concepts with regard to the daily life style choices concentrates on these desiderata.

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Inhaltsverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung ... 2

Danksagung ... 3

Abstract ... 4

1. Einleitende Gedanken und der zugrundeliegende Problemaufriss ... 7

2. Skizzierung des Forschungstandes – Grundlegende Betrachtung ... 9

2.1. Was sind Young (Adult) Carer? – eine Begriffsdiskussion ... 10

2.2. Sichtung der angloamerikanischen Forschungsliteratur ... 13

2.2.1. Grundlegende Merkmale von Young (Adult) Carer ... 13

2.2.2. Auswirkungen der Sorgetätigkeiten entlang unterschiedlicher Ebenen ... 16

2.3. Sichtung der deutschsprachigen Forschungsliteratur ... 19

2.4. Young Adult Carer ... 21

2.4.1. Bisherige Forschungsarbeiten zu Young Adult Carer ... 21

2.4.2. Die sensiblen Lebensphasen der Young Adult Carer ... 22

2.5. Young Adult Carer und Wohlfahrtstaatlichkeit – ein schwieriges Verhältnis ... 26

2.6. Die wichtigsten Erkenntnisse ... 29

3. Methodische Gestaltung ... 31

3.1. Ausgangspunkt und Rahmen der Untersuchung ... 31

3.2. Untersuchungsprozess ... 32

3.3. Methodische Bemerkungen zur Ergebnisdarstellung ... 35

4. Exploration des Sorgefeldes der Young Adult Carer ... 36

4.1. Eine erste Annäherung zum Sorgefeld der Young Adult Carer ... 36

4.1.1. Zugang und Wissen der Expert_Innen ... 37

4.1.2. Das Problem der Grenzziehung zwischen „Young Carer“ und „Young Adult Carer“ ... 37

4.1.3. Grundlegende Erfahrungen, Herausforderungen und Schwierigkeiten der Young Adult Carer ... 38

4.1.4. Auswirkungen der Sorgetätigkeiten auf die Young Adult Carer ... 40

4.1.5. Bewältigungsstrategien der Young Adult Carer ... 41

4.2. Young Adult Carer und die sensiblen Lebensphasen ... 41

4.2.1. „Transition to Adulthood“ - Sensible Lebensphasen als Übergangs- und Ablöseprozess ... 42

4.2.2. Erfahrungen, Herausforderungen und Schwierigkeiten entlang der unterschiedlichen Lebensphasen ... 43

4.2.2.1. Aus- und Weiterbildung - Studium, Universität und Berufsausbildung 43 4.2.2.2. Das Verlassen des Elternhauses ... 45

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4.2.2.3. Partner- und Freundschaftsbeziehungen und Freizeit ... 47

4.2.2.4. Die Gleichzeitigkeit mehrerer Lebensphasen ... 47

4.3. Unterstützungsmaßnahmen und der Wohlfahrtstaat ... 48

4.3.1. Unterstützungsmaßnahmen bei Young Adult Carer – Inanspruchnahme, Einschätzung und Forderungen ... 48

4.3.2. Young Adult Carer und der österreichische/deutsche Wohlfahrtstaat ... 50

4.4. Sekundäranalyse zur österreichischen Situation von Young (Adult) Carer ... 52

4.5. Zusammenfassung der Exploration ... 60

5. Fazit und Ausblick: Forschungsdesiderate und Forschungsperspektiven ... 63

6. Literatur ... 72

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Namennennung und Funktionen der Expert_Innen ……….35

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1. Einleitende Gedanken und der zugrundeliegende Problemaufriss

Aktuell wird versucht, mit der Debatte über eine öffentliche Soziologie (Burawoy 2015; Nyden et al. 2012), zentrale Anliegen oder bedenkliche Entwicklungen der Gesellschaft(en) sichtbarzumachen zu machen und darüber mit der Öffentlichkeit in den Dialog zu kommen. In diesem Zusammengang möchte ich den Bereich der Fürsorge thematisieren, ein weiteres Thema von gesellschaftlicher Relevanz. Die Debatte rund um Care und Care Work oder – je nach Lesart – um die „Lebenssorge“ (Klinger 2013) hat es in jüngster Vergangenheit und gegenwärtig geschafft dieses gesellschaftlich zentrale Thema in den wissenschaftlichen und öffentlichen Fokus zu stellen. Im Rahmen eines breit angelegten Diskurses wurde und wird das große „Feld zwischen be- und ent-, ver-, vor- und umsorgen, zwischen Für-, Vor- und Obsorge,

von der Sorgfalt bis hin zur Besorgnis und zurück zum Gegenteil: zur Sorglosigkeit“ (ebd.: 82)

aus unterschiedlichen Analyserichtungen in den Blick genommen.

Dies führt uns zum Sorgebereich der Young Carer und Young Adult Carer.1 Diese Personengruppe, bestehend aus Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, zeichnet sich dadurch aus, dass sie, je nach individueller Lebenslage, unterschiedliche Formen von Sorgetätigkeiten gegenüber Familienangehörigen übernimmt und verrichtet. Dieser Bereich der Sorge kam, im Gegensatz zu anderen Themen, innerhalb der Diskussion um Care, bis zum jetzigen Zeitpunkt im deutschsprachigen Raum wenig bis gar keine Aufmerksamkeit zu und hat somit einen höchst defizitären Forschungsstand aufzuweisen. Dahingegen unternahm der angloamerikanische Sprachraum, allen voran Großbritannien, gefolgt von Australien, Neuseeland, Irland und den USA, schon Anfang der 1990er Jahren erste Gehversuche (siehe dazu Kapitel 2). Im Laufe der Zeit enstand dadurch eine solide Forschungsliteratur, die eine große Bandbreite an Themen in den Blick genommen hat. Darunter fallen unter anderem Themen wie z.B. mögliche Auswirkungen der Sorgeverpflichtungen auf Young Carer entlang von Schule, Gesundheit und der sozialen Umwelt. Jedoch beschränkt sich die Mehrheit der Forschungsarbeiten aus diesem Sprachraum, mit wenigen Ausnahmen, auf die Gruppe der Young Carer.

Es lassen sich also aus gegenwärtiger Sicht zwei grundsätzliche Forschungslücken für die akademische care science community im Allgemeinen und für die Diskussion um die Young (Adult) Carer im Speziellen lokalisieren (siehe dazu Kapitel 2). Die erste spricht die immens große Lücke des deutschsprachigen Diskussionsraums bezüglich Young (Adult) Carer an. Hier ergibt sich auf akademischer und sozialpolitischer Ebene ein immenser Nachholbedarf. Alte und neue Fragen müssen neu gestellt werden und man muss sich empirisch auf neue

1Die Bezeichnung Young (Adult) Carer bezeichnet Kinder, Jugendliche und junge Erwachsende gleichermaßen. Wenn zu einer

Sachlage oder Thematik beide Gruppen gemeint sind, wird diese Bezeichnung beibehalten. Ansonsten wird der Begriff Young Carer oder Young Adult Carer separat verwendet.

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Herausforderungen einlassen, da speziell dieser Sorgebereich ‚unsichtbar‘ bis schwer zugänglich und zugleich in einem Raum angesiedelt ist, der in höchsten Maße privat ist. Es fehlt sowohl an einer grundlegenden Datenbasis als auch an konkreten sozialpolitischen Strukturen und Unterstützungsmaßnahmen. Bis dato ist es innerhalb der deutschen Debatte nicht gelungen, Young (Adult) Carer systematisch in den Blick zu nehmen, in die Diskussion um Care einzubinden und diese dort zu verorten und sie mit ihren bisher gewonnenen Erkenntnissen und Begrifflichkeiten in Verbindung zu setzen. Die zweite Problemlage bezieht sich auf die durchgehende Lücke hinsichtlich der Young Adult Carer. Obwohl hier Großbritannien bereits die ersten Schritte gesetzt hat, sind beide Sprachräume gefordert, dieser Gruppe mit ihren eigenen Spezifika im Kontext von national differierenden, wohlfahrtstaatlichen Strukturen, verschiedenen kulturellen Gegebenheiten und Eigenheiten an individuellen Lebensarrangements, körperlicher und emotionaler Verfasstheit, unterschiedlichen Lebensentwürfen usw. mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Und genau an dieser Stelle will die vorliegende Arbeit ansetzen. Mittels einer explorativen Untersuchung, die anhand von qualitativen Interviews mit Expert_Innen stattfinden soll, wird der Versuch unternommen, eine erste Sichtung und Skizzierung des Sorgefeldes der Young Adult Carer vorzunehmen. Neben diesem erstmaligen Einblick, habe ich mich dazu entschieden, mit den möglichen Erfahrungen, Herausforderungen und Schwierigkeiten zu beschäftigen, mit denen die Young Adult Carer im Rahmen ihrer Sorgeverpflichtungen konfrontiert sind bzw. sich auseinandersetzen müssen.

Im Speziellen interessiert mich folgende Frage: Welche Erfahrungen, Herausforderungen und Schwierigkeiten lassen sich bei Young Adult Carer innerhalb ihrer sensiblen Lebensphasen ausmachen?

Die Intention dieser Arbeit lässt sich grob in drei Zielen formulieren. Das Hauptanliegen besteht in dem Versuch, einen Grundriss des Sorgefeldes der Young Adult Carer abzubilden und somit einer Sichtbarmachung und Sensibilisierung zu dieser speziellen Gruppe an Care Giver für die akademische Debatte, für sozialpolitische Akteure, aber auch – im Sinne einer öffentlichen Soziologie – für die Zivilgesellschaft voranzutreiben. Dies ermöglicht einen ersten Einblick in eine Welt der Fürsorge zu schaffen, von der man im Grunde noch wenig weiß. Das zweite Ziel liegt selbstverständlich in der Beantwortung der zugrundeliegenden Fragestellung. Dadurch entsteht die Möglichkeit, einen Überblick zu erhalten, mit welchen Formen von Erfahrungen und Schwierigkeiten im Kontext der Gleichzeitigkeit ihrer Sorgeverpflichtungen und der sensiblen Lebensphasen (z.B. Erwerbsarbeit, Ausbildung, Partner_Innen- und Freundschaftsbeziehungen, Freizeit sowie das Verlassen des Elternhauses und die erste Unabhängigkeit) die Young Adult Carer es zu tun haben. Das dritte und letzte Ziel, das diese Arbeit verfolgt, ist,

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Anknüpfungspunkte auszumachen, die es ermöglichen, Young Adult Carer in weiteren Diskussionssträngen mit unterschiedlichen Perspektiven und Zugängen einzubetten.

Für die Beantwortung der Forschungsfrage und das Erreichen der festgesetzten Ziele habe ich mich für folgende Vorgangsweise entschieden: Beginnen werde ich (1) mit einer umfassenden Aufarbeitung des bisherigen Forschungsstandes zu Young (Adult) Carer im Allgemeinen und zu Young Adult Carer im Speziellen. Dazu greife ich auf englisch- und deutschsprachige Forschungsarbeiten zurück und bereite diese entlang unterschiedlicher Themenfelder auf. Ziel dieses Vorhabens ist, essentielle Erkenntnisse für die weitere empirische Untersuchung herauszuarbeiten. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf meiner Zielgruppe der Young Adult Carer und ihren Lebensphasen. Danach folgt (2) ein kompakter Überblick des methodischen Vorgehens. Dieses Kapitel beinhaltet sowohl die Beschreibung der methodischen Rahmenbedingungen, als auch die Erläuterung des Auswertungsprozesses. Danach erfolgt (3) das zentrale Unterfangen, einen ersten Einblick in das Sorgefeld der Young Adult Carer zu gewinnen. Die Arbeit schließt (4) mit der Lokalisierung von Forschungsdesideraten sowie mit einer Skizzierung einer Forschungsperspektive, die diese Desiderate in den Blick nehmen vermag, ab.

2. Skizzierung des Forschungstandes – Grundlegende Betrachtung

Im bisherigen Forschungsstand über Young Carer bzw. Young Adult Carer lassen sich zuallererst zwei Bruchlinien beobachten. Die erste verläuft entlang der erheblichen Differenz der Forschungsliteratur zwischen dem angloamerikanischen und dem deutschsprachigen Raum. Im erstgenannten Sprachraum nimmt Großbritannien eine besondere Rolle ein, da es das Land ist, das schon in den 1980er-Jahren erste Suchbewegungen unternommen hat, sich für Kinder und Jugendliche zu interessieren, die Pflegetätigkeiten – in unterschiedlicher Form – für ihre Familienangehörigen übernehmen. Mit dem Beginn der ersten dokumentierten Arbeiten (Bilsborrow 1992; O'Neill 1988; Page 1988; Parker 1994), die ersten Survey-Erhebungen (OPCS 1992, 1994), eine europäische Pilotstudie (Becker 1995) und die ersten Arbeiten der CNA -

Carers National Association (Carers National Association 1993, 1998; Meredith 1990, 1991,

1992) hat sich im Laufe der Jahrzehnte ein höchst umfangreicher Forschungsstand, besonders rund um die Young Carers Research Group, entwickelt (Aldridge/Becker 1993a; Aldridge/Becker 1993b, 1994a, 1994b, 1997, 1998; Becker et al. 1998a, 1998b; Becker et al. 2001; Becker/Becker 2008a). Im deutschsprachigen Raum2 sucht man solch eine Fülle an Forschungsmaterial vergeblich, man hier erst in den letzten Jahren das „unacceptable face of

2 Im Jänner 2017 gab es eine Fachkonferenz zu pflegenden Kindern und Jugendlichen in Berlin

(www.zqp.de/fachkonferenz-pflegende-kinder-und-jugendliche). Es zeigt sich, dass im deutschsprachigen Raum die Young Carer-Forschung immer schärfere Konturen erhält.

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the community care“ (Meredith 1991b) für sich entdeckt hat. Während in Deutschland (Dietz 1995a, 1995b; Dietz/Clasen 1995; Kaiser/Schulze 2014, 2015; Metzing-Blau/Schnepp 2008a; Schnepp/Metzing 2006a; Schnepp/Metzing-Blau 2005; aktuell ZQP Report 2017) und in der Schweiz (Leu 2014, 2015a, 2015b; Leu/Frech 2015a) diesbezüglich schon etwas umfangreichere Studien vorliegen, sind in Österreich bisher nur zwei Studien zu finden (Nagl-Cupal et al. 2015a; Nagl-(Nagl-Cupal et al. 2015b).

Die zweite Bruchlinie, oder besser gesagt, ein Forschungsdefizit besteht in der Marginalisierung der Young Adult Carer in der bisherigen Young Carer-Forschung. Bei der Sichtung der Literatur lässt sich erkennen, dass der Fokus zu Beginn und lange Zeit später auf Kinder und Jugendliche gelegt wurde. Junge Erwachsene waren dahingegen lange kein Thema und erst in jüngster Zeit kamen Arbeiten zum Vorschein, die diese gesonderte Gruppe von Young Carer im Blickfeld haben (Becker/Becker 2008b; Becker/Becker 2008a).

Nachfolgend wird nun der Forschungsstand für die weitere Untersuchung aufbereitet. Um die Fülle an Forschungserkenntnissen übersichtlich darzustellen, wird folgende Gliederung vorgenommen: Zu Beginn setze ich mich (1) mit der Begriffsdiskussion der Young (Adult) Carer auseinander, da diese im Laufe der Jahre zahlreichen Veränderungen ausgesetzt war. Danach folgt (2) die Diskussionslinie der Young (Adult) Carer. Hierbei wird so vorgegangen, dass (2.1) zuerst jeweils die Erkenntnisse des angloamerikanischen Diskurses dargelegt werden und im Anschluss (2.2) Bezug auf die deutschsprachige Situation genommen wird – soweit es die bisherige Datenlage zulässt. Der Schwerpunkt beider Diskurse liegt, wie später noch zu sehen ist, auf der Gruppe der Young Carer liegen. Jedoch wird der Versuch unternommen, auch die verfügbaren Erkenntnisse über die Young Adult Carer miteinzubauen. Um dieser Gruppe genügend Raum zu geben, folgt (3) ein eigener Abschnitt, der die key findings über die Young Adult Carer nochmals zusammenträgt. Am Ende wird (4) eine kompakte Zusammenschau angelegt, die die elementaren Punkte nochmals zusammenfasst, mit einem besonderen Fokus auf die Gruppe der Young Adult Carer. Die hier vorliegende Aufarbeitung des Forschungsstandes verfolgt das Ziel, einen Überblick zu erhalten, was bisher zu den Young Carer bzw. zu den Young Adult Carer wissenschaftlich erhoben wurde.

2.1. Was sind Young (Adult) Carer? – eine Begriffsdiskussion

Die Frage, was unter der Bezeichnung Young Carer und Young Adult Carer alles verstanden wird, hat im Laufe der Jahre einige Veränderungen erfahren. Die Kriterien, ab wann eine Person als Young (Adult) Carer einzustufen ist, sind immer wieder erweitert worden. In den ersten großen Gehversuchen in der Forschung (Aldridge/Becker 1993a; Becker et al. 1998b) wurden die Young Carer nur hinsichtlich ihrer primären und sekundären Pflegetätigkeiten, die sie verrichten, differenziert. Primäre Pflegtätigkeit heißt, dass alle Tätigkeiten, die die Pflege

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betreffen, eine einzelne Person übernimmt. Sekundäre Pflegetätigkeit bedeutet hingegen, dass die Pflegetätigkeiten von zwei oder mehreren Personen unregelmäßig ausgeführt werden (Becker et al. 1998b: 13; Nagl-Cupal et al. 2015b: 47). Nachdem sich immer mehr Forscher_Innen diesem Sorgefeld zugewandt hatten, verfeinerten sich dadurch auch die Bandbreite und die inhaltliche Tiefe des Begriffes. So wurden zum Beispiel gesundheitliche Ursachen und Krankheitsbilder der zu pflegenden Angehörigen mitgedacht. Aber auch die Auswirkungen, die derartige Sorgeverpflichtungen für die betroffenen Personen mit sich bringen, floss in das Definitionsspektrum mit ein.

Innerhalb der Diskussion über die Definitionen von Young Carer interessiert sich die Forschung insbesondere für den komplexen Übergang von Nicht - Young Carer zu Young Carer. Es bleibt umstritten, ab welchem Punkt junge Personen als Young Carer gelten, da es auch jene Situationen gibt

„[…] where a child is not caring directly for a family member but is taking on additional work in the home, such as caring for siblings or undertaking household tasks to an extent beyond what would ‚normally be expected.‘“ (Thomas et al. 2003: 36)

Nach der Einschätzung von Frank (2002), sei es zentral, in einer Arbeitsdefinition von Young Carers das „continumm of caring“ mitzuberücksichtigen:

„There is a continuum of caring onto which all children fit somewhere. The question is at what

point, in what circumstance and by whom should these children be classed as ‚young carers‘? It is important to differentiate between a ‚normal‘ leveling of ‚caring‘ within a family and a level of inappropriate physical or emotional caring that affects a child’s own personal, social and educational development. Moreover, some children see themselves as young carers, whiles do not. It is important to listen to their points of view about defintion and perception.“ (ebd.: 7)

Aus Sicht von Fives et al. (2010: 16) muss die Definition von Young Carers breit genug sein, um einerseits das eben genannte continum of caring aufzunehmen, aber zugleich auch „should include both predominant (primary) and (supportive) secondary carers, those caring for adults and children, those whose caring role leads to both minor and significant service needs, and finally it should include the carious tasks perfomed“ (ebd.). Mit dem Rückgriff auf Gray et al. (2008), Frank (2002) und Thomas et al. (2003) arbeiteten Fives et al. (2010: 16) mit folgendem theoretischen Blickwinkel auf Young Carer:

„A young carer is a child or young person under 18 years whose life is affected in a significant

way by the need to provide care for a family or household member who has an illness, disability, addiction or other care requirement. This may include a child or young person who provides

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direct personal care or who takes on a supportive role for the main carer. A young carer may carry out domestic tasks or may provide general, intimate or emotional care. These needs may arise on a regular or on an occasional basis. There is therefore a continuum of caring a result the service requirements of young carers will vary. It is important to differentiate between a level of caring that has largely positive consequences and a level of physical or emotional caring that impairs the child’s health, development or welfare.“

Dieser Entwurf beinhaltet meines Erachtens jene theoretische Reichweite und Aktualität, die es benötigt, um Young Carer fachgerecht in den Blick zu nehmen, ohne Gefahr zu laufen, eine neue, ungenaue und stigmatisierende „welfare category“ (Olsen 2000: 384) zu schaffen.

Bei den Young Adult Carer betrifft dies die Altersgruppe der 18- bis 25 -Jährigen. Zusätzlich zu Elementen, die für die Young Carer gelten, kommt bei dieser Gruppe noch der Umstand hinzu, dass sie sich in einem oder mehreren kritischen und sensiblen Lebensabschnitt(en) befinden. Damit sind Lebensphasen gemeint, wie der Einstieg in den Arbeitsmarkt und die Erwerbsarbeit, die (Aus-)Bildung, die Partnerschaft- und Freundesbeziehungen, Familiengründung oder das Verlassen des Elternhauses und der damit verbundenen ersten Unabhängigkeitserfahrung (siehe dazu Kapitel 3.4.2.).

Gegenwärtig verläuft der Begriff Young Carer und Young Adult Carer entlang folgender Diskussionslinien:

• Je nach forschungs- oder länderspezifischer Schwerpunktsetzung sind Young Carers unter 18 Jahre alt und die Young Adult Carer zwischen 18 bis 25 Jahre alt.

• Sie sind von einer erwachsenen Person finanziell oder rechtlich abhängig oder fühlen sich gegenüber der pflegenden Person emotional verbunden bzw. verpflichtet.

• Sie führen Pflegetätigkeiten durch, die üblicherweise eine erwachsene Person bzw. ein professioneller Pflegedienst übernimmt. Es sind jene Pflegetätigkeiten, die unüblich und unangemessen für ein Kind, einen Jugendlichen oder einen jungen Erwachsenen sind. • Sie erfahren durch diese Tätigkeiten psychische und physische Belastungen und

erleben durch ihre Sorgeübernahme positive Erfahrungen, aber auch negative Einschränkungen.

• Young Adult Carer befinden sich zudem in einer oder mehreren sensiblen und kritischen Lebensphasen, die wiederum positive und negative Erfahrungen hervorbringen.

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2.2. Sichtung der angloamerikanischen Forschungsliteratur

Zum Einstieg und um einen ersten Überblick zu erhalten, wird zunächst kurz auf die bisher vorhandene (quantitative) Datenlage3 der angloamerikanischen Forschungslandschaft eingegangen. Die Skizzierung dieses Abschnittes beinhaltet grundlegende Merkmale von Young (Adult) Carern. Darunter fallen unter anderem die Anzahl und die bisher bekannte Geschlechterverteilung. Aber auch die Sichtung der Tätigkeitsbereiche und die Fragen, wem gegenüber, in welchem Zeitausmaß und aus welchen Gründen die Young (Adult) Carer ihre Sorgeverpflichtungen durchführen, sind Gegenstand dieses Abschnittes. Da aber diese Arbeit einen qualitativen Weg beschreiten soll, wird dieses Kapitel kurz gehalten. Der zweite Teil dieser Auseinandersetzung befasst sich mit den verschiedenen Auswirkungen der Sorgetätigkeiten auf die Young (Adult) Carer, die in der angloamerikanischen Forschung bisher beobachtet und diskutiert wurden.

2.2.1. Grundlegende Merkmale von Young (Adult) Carer

Eine genaue und verlässliche Datenbasis hinsichtlich der Anzahl von Young (Adult) Carer in den jeweiligen Ländern ist selten. Dennoch ist der angloamerikanische Raum hier weit aus breiter und besser aufgestellt als der deutschsprachige, in dem es gegenwärtig immer noch keine nennenswerte valide Datengrundlage gibt. Beginnen möchte ich mit der Frage, wie viele Young (Adult) Carer in den verschiedenen Ländern vorhanden sind. Demnach konnten in Großbritannien nach Becker (2007) und vom Office for National Statistics (2003) um die 175.000 Young Carer und laut Becker/Becker (2008a) rund 230.000 Young Adult Carer (Alter 18-24) bzw. rund 290.000 (Alter 16-24) dokumentiert werden. In Australien sind es nach dem Australian Bureau of Statistics (2012) und dem Deloitte Access Economics (2015) rund 75.000 Young Carer (Alter unter 15) und rund 205.000 Young (Adult) Carer (Alter 15-24). In den USA beziffert die Studie von Hunt et al. (2005) rund 1.4 Millionen Young Carer (Alter 8-18). Lenkt man den Blick auf die Geschlechterverteilung, findet man selten konkrete Angaben. Einzig die Studie aus den USA (ebd.: 5) gibt an, dass 49 Prozent der Young Carer männlich und 51 Prozent weiblich sind, was ein ungewöhnliches Gleichgewicht der Geschlechter darstellt. Folgt man aber der Einschätzung von Nagl-Cupal et al. (2015b: 52) aufgrund von bisherigen Arbeiten (Butler/Astbury 2005; Cass et al. 2011; Dearden/Becker 2004a), kann davon ausgegangen werden, dass dieses Sorgefeld mehrheitlich von weiblichen Personen besetzt ist. Die genannten Zahlen lassen erkennen, dass ein nicht unerheblicher Teil der jungen Bevölkerung mit

3 Die nachfolgenden Zahlen und die zugrundeliegenden Erhebungen sind in diesem Forschungsfeld immer mit Vorsicht zu

genießen. Dies ist mit der Herausforderung verbunden, überhaupt pflegende Kinder, Jugendliche und junge Erwachsende methodisch zu erheben. Ein weiteres Problem besteht darin, dass sich Young (Adult) Carer und ihre Eltern nicht als pflegende Personen betrachten (Nagl-Cupal et al. 2015b: 49f).

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Sorgetätigkeiten konfrontiert ist.4 Diese Bestandsaufnahme offenbart aber auch eine Diskrepanz zwischen den unterschiedlichen Ländern. Denn je nach methodischer Vorgehensweise (Nagl-Cupal et al. 2015b: 49f) und je nach Arbeitsdefinition hinsichtlich ab und in welchem Alterssegment die Young (Adult) Carer eingestuft und erhoben werden, findet man auch dementsprechend unterschiedliche Datengrundlagen vor.

Neben der Anzahl und der Geschlechterverteilung liegen weitere Merkmale vor, die mit den Young (Adult) Carer in Verbindung stehen. Im Mittelpunkt der Forschung stehen folgende Fragenkomplexe: Angefangen beim Tätigkeitsbereich und der damit verbundenen Frage, welche Form von Sorgetätigkeiten übernommen werden. Auch die Fragen, aus welchen Gründen heraus die Sorgeverpflichtung übernommen wird, wer die zu pflegende Person ist und in welchem familiären oder emotionalen Verhältnis diese zu den Young (Adult) Carer steht, sowie die zeitliche Dimension der Sorgetätigkeiten sind Themenfelder, die in der angloamerikanischen Forschung immer wieder diskutiert werden.

Zuerst möchte ich mit der Betrachtung des Tätigkeitsbereiches und der damit verbundenen Thematik, welche Sorgetätigkeiten die Young (Adult) Carer durchführen, beginnen. Mehrheitlich identifizieren unterschiedliche Publikationen (Dearden/Becker 1995, 1998, 2002; Dearden/Becker 2004a) gemeinsame Sorgetätigkeiten (caring tasks). Eine vergleichbare, detaillierte Auflistung speziell für Young Adult Carer ist bislang noch nicht vorhanden.Folgt man aber den Ergebnissen des ersten größeren Reports (Becker/Becker 2008a) zu dieser Gruppe, lassen sich die gleichen bzw. ähnliche Tätigkeitsdimensionen ausmachen. Die Gesamtheit dieser Sorgetätigkeiten lässt sich insgesamt sechs Kategorien zuordnen:

a. Tätigkeiten im Haushalt (domestic work) b. Allgemeine Sorgetätigkeiten (general care) c. Emotionale Sorgetätigkeiten (emotional support) d. Körperliche/Intime Sorgetätigkeiten (intimate care) e. „Kinderpflege“ (childcare)

f. und sonstige Sorgetätigkeiten (other care tasks)

Der Bereich der Haushaltstätigkeiten (a) umfasst die bekannten Arbeiten wie Kochen und Reinigungsarbeiten. Unter den allgemeinen Sorgetätigkeiten (b) sind all jene Tätigkeiten inbegriffen, die die zu pflegende Person betreffen. Diese sind je nach Pflegegrund und Pflegesituation sehr individuell ausgestaltet und reichen von der Organisation der Medikation bis hin zur Unterstützung bei der Mobilität der zu pflegenden Person. Die emotionalen

4 Für Irland (Fives et al. 2010) und Neuseeland (McDonald et al. 2009) sind ungenaue Zahlen vorhanden. Die Studie von

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Sorgeverpflichtungen (c) sind am schwierigsten zu definieren. Die Literatur klassifiziert hier alle Tätigkeiten, die auf die Überwachung und Unterstützung der geistigen Gesundheit der zu pflegenden Personen, aber auch gegenüber anderen Familienmitgliedern des Elternhauses abzielen. Der körperliche/intime Tätigkeitsbereich betrifft meist die Unterstützung beim Toilettengang und die körperliche Hygiene, wie zum Beispiel das Baden. Der vorletzte Bereich (e) beschreibt die Aufsicht gegenüber Geschwistern und unter (f) – den sonstigen Sorgetätigkeiten – sind unterschiedlichste Tätigkeiten inbegriffen, wie z.B. das Abwicklung von Rechnungen, Behördengänge oder das Übernehmen von gängigen Kommunikationskanälen (Gaffney 2007: 7).

Betrachtet man in der Forschungsliteratur die Merkmale der Young (Adult) Carer genauer, dann kommt man unweigerlich zu den zentralen Fragen, wer die zu pflegenden Personen sind, in welchem zeitlichen Ausmaß und aus welchen Gründen die Sorgeübernahme erfolgt. Im letzten, großangelegten Report (Dearden/Becker 2004a) in Großbritannien, kommen die Autor_Innen zu ähnlichen Ergebnissen wie in den vorangegangenen Erhebungen (Dearden/Becker 1995, 1998). Die überwiegende Mehrheit der Young Carer übernimmt Sorgetätigkeiten gegenüber der Mutter (51 Prozent), den Geschwistern (31 Prozent), dem Vater (14 Prozent) und den Großeltern (3 Prozent). Auch die Resultate von Publikationen (jedoch mit einem qualitativen Sample) von anderer angloamerikanischer Länder, wie den USA (Hunt et al. 2005) oder Irland (Fives et al. 2010), kommen auf eineähnlicher Struktur.5

Des Weiteren setzt sich die Forschung mit dem zeitlichen Aspekt der Sorgetätigkeiten auseinander. Im Speziellen interessiert sich die Forschung hier dafür, wie viele Stunden in der Woche die Young Carer mit Sorgetätigkeiten beschäftigt sind. Die wöchentlichen Sorgetätigkeiten können dabei zwischen 5 und 30 Stunden liegen (Dearden/Becker 2004: 5f). Hervorzuheben ist hierbei, dass die Sorgetätigkeiten dieser jungen Personen nicht immer drastisch und mit voller Wucht beginnen, sondern dass der Tätigkeitsprozess als ein gradueller Prozess verstanden werden muss. Somit übernehmen Young Carer zuerst kleine, unscheinbare Tätigkeiten, die als ‚Aushilfe‘ oder ‚Unterstützung‘ verstanden werden, die dann aber im Laufe der Zeit stetig anwachsen , sodass sich diese Personen schlussendlich in einer Situation wiederfinden, „[…] what we would unterstand to be a caring role“ (Dearden/Becker 2004a: 10). Im dritten Forschungsspektrum beschäftigt man sich mit möglichen Gründen, warum Kinder und Jugendliche zu Young Carer werden. Die Untersuchung von Dearden/Becker (2002: 1f.) nennt zahlreiche Faktoren, die dazu führen, warum Kinder und Jugendliche Sorgetätigkeiten übernehmen. Neben der Art der Erkrankung(en) der zu pflegenden Person, der Familienstruktur, der Anzahl der ‚verfügbaren‘ Kinder, die Sorgetätigkeiten übernehmen können, dem Alter oder das Geschlecht kristallisierte sich die Verfügbarkeit und Effektivität der Pflege von Kindern und Jugendlichen als ausschlaggebender Faktor heraus. Sind zusätzlich die monetären sowie

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monetären Ressourcen in den betroffenen Familien nicht vorhanden, sinkt dementsprechend auch die Möglichkeit, dass kranke oder körperlich beeinträchtigte Familienmitglieder ihre Kinder vor einer Sorgetätigkeit schützen können. Folgt man dieser Thematik tiefer, zeigen sich weitere Faktoren, die es zu besprechen gilt: Die Natur der Krankheit oder der körperlichen Beeinträchtigung entscheidet meist über die Art der Sorgetätigkeit, die von Kindern und Jugendlichen übernommen werden muss. Bei Familienmitgliedern, die an einer körperlichen oder chronischen Krankheit leiden, fordert dies überwiegend Unterstützung in körperlicher Form und manchmal auch persönliche und emotionale Hilfeleistungen. In Gegensatz dazu ist bei einer geistigen Erkrankung mehrheitlich emotionale Unterstützung gefordert, die von den Kindern und Jugendlichen übernommen werden muss (Aldridge/Becker 2003; Dearden/Becker 1998). Weiters lokalisierten Aldridge und Becker (1993a) eine Form von ‚Wahl‘. Dabei wird ein Kind für das Sorgeverhältnis von anderen Familienmitgliedern ‚ausgewählt‘, das sich dann im Laufe der Zeit in einer etablierten und gefestigten Pflegerolle wiederfindet. Daneben können auch die Religion und das Geschlecht eine Rolle spielen. In manchen Familienstrukturen kann es für die Pflegebedürftigen unangenehm sein, wenn der Young Carer ein anderes Geschlecht aufweisen (cross-gender care). So ist zum Beispiel für viele Muslime ein solches cross-gender care aus religiösen Gründen inakzeptabel (Dearden/Becker 2002: 3).

2.2.2. Auswirkungen der Sorgetätigkeiten entlang unterschiedlicher Ebenen Ein weiterer Schwerpunkt, der der angloamerikanischen Forschung zugrunde liegt, ist der Blick auf mögliche Auswirkungen, die die Sorgetätigkeiten auf die Young Carer haben könnten. Es konnten bisher eine Reihe von Auswirkungen (potential impact of caring on carers) entlang unterschiedlichen Ebenen dokumentiert werden. Darunter fallen exemplarisch ein eingeschränkter Zugang zu sozialen Netzwerken (Marsden 1995), gesundheitliche und emotionale Probleme, physische Verletzungen oder aber auch Auswirkungen auf Langzeit- und Entwicklungsprozesse bei Young Carern (Dearden/Becker 2000). Folgt man der Betrachtung von Fives et al. (2010: 20), lassen sich insgesamt fünf Ebenen beobachten, auf denen die unterschiedlichen Auswirkungen diskutiert werden. Die Aufgabe dieses Kapitels ist es nun, einen Einblick in diese Ebenen zu erhalten, die bisherige Literatur zusammenzuführen und damit einen Überblick zu schaffen, der veranschaulicht, mit welchen Auswirkungen die Young Carer im Zuge ihrer Sorgeübernahmen gegenüberstehen.

Die erste Ebene, die mit großem Interesse verfolgt wird, behandelt Auswirkungen im Bildungsbereich (educational impacts). Grant et al. (2008) konnte Mobbing in der Schule, Ablehnung von Gleichaltrigen bzw. Gleichgesinnten (rejection by peer groups) und ein fehlendes Verständnis der Pflegerolle von Young Carern seitens des Lehrpersonals feststellen (ebd.: 276). Des Weiteren zeigte die Untersuchung von Morrow (2005), dass Young Carer mit einer

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erheblichen Einschränkung ihrer Freizeitaktivitäten außerhalb der Schulzeit konfrontiert sind, da die finanziellen und zeitlichen Ressourcen dafür fehlen und sie stattdessen ihren Sorgetätigkeiten nachgehen müssen. Im Rahmen der Studie von Halpenny/Gilligan (2004) konnte man diverse Schwierigkeiten bezüglich Pünktlichkeit, Anwesenheit und fristgerechter Abgabe von Hausarbeiten und Kursarbeiten bei Young Carer notieren. Und anhand der Arbeit von O'Connell et al. (2008) gaben die Young Carer zu Protokoll, oft in der Unterrichtszeit zu fehlen und Schwierigkeiten zu haben, die richtige Balance zwischen Hausaufgaben und der von ihnen übernommenen Sorgeverpflichtung(en) zu finden. Außerdem konnte verzeichnet werden, dass sie nur wenig bis gar keine Unterstützung von ihren schulischen Einrichtungen erhalten (Fives et al. 2010: 20). Auch Dearden/Becker (2002) haben sich diese Ebene genauer angeschaut. Durch einen Rückblick auf bisherige Arbeiten (Aldridge/Becker 1993a; Bilsborrow 1992; Crabtree/Warner 1999; Elliott 1992; Frank 1995; Mahon/Higgins 1995; Marsden 1995; O'Neill 1988; Page 1988) identifizieren sie weitere Auswirkungen auf die Bildungsebene, darunter Angstzustände, Müdigkeit, Abwesenheit, Ausschluss durch Gleichaltrige oder diverse Verhaltensprobleme.

Zwei Studien (Dearden/Becker 2000; Frank et al. 1999) haben in Folge dessen die Auswirkungen entlang dieser Ebene weiterverfolgt und sich auf die potentiellen längerfristigen Effekte auf der Bildungsebene konzentriert. Dazu reflektieren ehemalige pflegende Kinder und Jugendliche über ihre Erfahrungen während der Zeit als Young Carer (Frank et al. 1999). Die zweite Studie (Dearden/Becker 2000) legt ihren Fokus wiederum auf Young (Adult) Carer zwischen 16 und 25 Jahren, die sich in einer sensiblen Phase zum Erwachsensein befinden. Beide Arbeiten kommen zum Schluss, dass die fehlende Bildung – verursacht durch die auf ihnen lastende Sorgeverpflichtung – ein kritischer Faktor für Young Carer ist. Zehn von 36 der 16- bis 18-Jährigen und 11 von 24 der 19- bis 24-Jährigen schaffen das GCSE (General Certificate of Secondary Education) nicht. Insbesondere für den Übergang beziehungsweise Eintritt in den Arbeitsmarkt stellt dies eine erhebliche Barriere dar (Dearden/Becker 2002: 8). Auch Auswirkungen auf die zukünftige Berufswahl konnten gefunden werden. Dabei gaben Young Carer in beiden Studien an, zum einen von ihren Erfahrungen als Young Carer während ihrer Kindheit hinsichtlich ihrer Berufsentscheidung beeinflusst worden zu sein. Dies schlägt sich darin nieder, dass einige in den professionellen Pflegeberuf einsteigen wollen oder es schon getan haben. Zum anderen sehen sich einige Young Carer wiederum mit der Tatsache konfrontiert, dass sie aufgrund ihrer negativen Schulerfahrungen bzw.-leistungen zu unqualifiziert sind, für jenen Berufstyp, den sie eigentlich präferieren (ebd.).

Einen anderen Einblick verschafft der SCIE The Health and Well-being of Young Carers Report (2005). Dieser befand, dass die Sorgeverpflichtungen nicht immer eine negative Komponente beinhalten müssen.

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„Young Carers and their parents report both positive and negative elements to providing care. Many young carers report that caring gives them fellings of maturity, and a sense of closeness to both parents and family; they also value their responsibilities and consider them to be a source of practical life skills.“ (ebd.: 9)

Solche positiven Erfahrungen können auch die Aneignung von Resilience – also eine Form von Anpassung – sein, anstatt Vulnerabilitäten6 zu entwickeln. Eine solche Anpassung dokumentieren auch andere Arbeiten (Becker 2007: 40; Canavan 2008: 1f.; Masten 2001: 234; Pakenham et al. 2007: 90; Stein 2008: 36). Diese kommen in unterschiedlichen Formen zum Vorschein. Darunter fallen zum Beispiel das Aufbauen und Pflegen einer Beziehung zu Erwachsenen in der Familie, das Aneignen von kognitiven Befähigungen und Selbstregulierungsfähigkeiten (cognitive and self-regulation skills), ein positives Selbstbild oder aber auch das Gefühl zu haben, etwas Gutes für seine Umgebung zu tun. Diese Resilienzen können die Möglichkeit eröffnen, dass die Young Carer, ein normales Leben führen und die emotionale Last der Sorgetätigkeit besser tragen zu können (Fives et al. 2010: 21).

Entlang dieser Diskussion konnten noch weitere positive Auswirkungen dokumentiert werden. Die Untersuchung von Aldridge (2006), in der Eltern mit einer geistigen Erkrankung im Mittelpunkt stehen und Kinder in der Pflege involviert sind, berichten von der Wichtigkeit der Unabhängigkeit und wie die Pflege an sich die Bindung zwischen dem Kind und den Eltern festigt (ebd.: 83). Das Sorgearrangement von Young Carern wurde des Weiteren auch als ein Segen für die Familie beschrieben (Morrow 2005: 18) und Newman (2002) merkt an, dass die negativen Auswirkungen eher von anderen Faktoren ausgelöst werden und nicht direkt auf die Sorgetätigkeiten zurückzuführen sind.7 Fives et al. (2010) unterstreichen im Anschluss an Olsen (1996: 44), dass die positiven Effekte in den Hintergrund geraten, indem möglichen negativen Auswirkungen zu viel Raum gegeben wird.

Folgt man Fives et al. (2010: 20) weiters, betritt man drei weitere Ebenen, die die Forschungsliteratur diskutiert. Auf der Sozialebene zeigt sich in der vergleichenden Studie von Warren (2007) mit Young Carer und Nicht-Young Carer in Großbritannien dass Young Carer weniger in Hobbies und Interessen haben und sich auch weniger an Sportaktivitäten und in Gemeinschaften beteiligen (siehe dazu auch O’Connell et al. 2008). Die emotionale Ebene wurde innerhalb der Studie von Thomas et al. (2003) untersucht. Daraus geht hervor, dass die meisten Kinder und jungen Personen von Traurigkeit bis hin von Depressionen berichteten, ausgelöst durch ihre Rolle als Young Carer. Auf der Gesundheitsebene diskutiert die Forschung potentielle Auswirkungen auf den psychischen und physischen Gesundheitszustand. Hinsichtlich

6Darunter versteht man die „besondere Risikoexposition von Personen oder eine Schutzlosigkeit […] gegenüber […] Risiken und

ihren Folgen […]“ (Weischer 2011: 742). Solche Risiken können Armut, Wohlstandsverlust oder – in diesem Fall – die Sorgetätigkeiten sein.

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psychischer Effekte, die starke Ähnlichkeiten zur emotionalen Ebene aufweisen, berichten Waters/Rigby (2008: 7) von „a lack of self-care, sleep deprivation and anxiety [and] fellings of sadness, guilt, anger, fear and worry“. Physische Folgen, die durch die Sorgetätigkeiten entstehen können, entstehen insbesondere durch schwere körperliche Sorgeformen, wie das schwere Heben der zu pflegenden Personen (Hill 1999). Des Weiteren wird konstatiert, dass Young Carer immer wieder im Rahmen ihrer Sorgerolle mit Situationen konfrontiert sind, wonach sie Tätigkeiten verrichten müssen, die normalerweise nicht ihrem Alter entsprechen. Sie erhalten meistens auch keine Schulungen, wie diese körperschonend durchgeführt werden können (Fives et al. 2010: 20).

2.3. Sichtung der deutschsprachigen Forschungsliteratur

Im Folgenden wird die deutschsprachige Diskussion am Beispiel der Schweiz, Deutschland und Österreich näher betrachtet. Alle drei Forschungslandschaften haben in den letzten Jahren damit begonnen, die Thematik der Young (Adult) Carer auf die Forschungsagenda zu setzen. In der Schweiz steht man noch am Anfang, weshalb der Fokus auf die etwas fortgeschrittene Forschung in Deutschland liegen wird. In Österreich gibt es zwei Untersuchungen, die hier betrachtet werden sollen. Alle drei Länder haben gemeinsam, dass sie die Aktualität und Brisanz des Themenfeldes der Young (Adult) Carer erkannt haben und die Einsicht teilen, dass der Forschungsstand im deutschsprachigen Raum unzureichend ist. In Deutschland und Österreich wurde bisher die Gruppe der Young Adult Carer nicht berücksichtigt, obwohl man in diesen Ländern wiedehrolt innerhalb der Forschung darauf hingewiesen hat, auch diese Gruppe in die Forschungsagenda aufzunehmen. Die Schweiz geht hier einen anderen Weg und nimmt Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit in ihre Analyse auf (Leu et al. 2016; Leu/Frech 2015b; Leu/Scherrer 2015). Jedoch in das das Forschungsprojekt der Schweiz noch nicht abeschlossen. Daher wird aufgrund fehlender Publikationen auf eine genauere Betrachtung verzichtet.

Die Arbeiten zu Young Carenr in Deutschland (Metzing et al. 2006; Metzing et al. 2009; Metzing-Blau/Schnepp 2008a, 2008b; Schlarmann et al. 2008; Schlarmann et al. 2011; Schnepp/Metzing 2006b; Schnepp/Metzing-Blau 2005) nehmen ausschließlich eine pflegewissenschaftliche Perspektive ein, verweisen auf die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Diskussion über die Bedeutung sozialer Unterstützung von familiären Netzwerken für die Bewältigung von chronischen Krankheiten (Badura 1981; Görre 1993; Kickbusch 1981; Kruse 1994) und greifen auf die angloamerikanische Forschung zurück. Im Sinne der Pflegewissenschaften hat man zum Ziel, neben einer ersten Sichtung zur Situation der Young Carer in Deutschland eine evidenzbasierte Pflege-Interventionen im deutschen Versorgungskontext (Metzing et al. 2009) zu entwickeln. Auch fehlen in Deutschland jeglicher Fokus oder eigene Arbeiten zu Young Adult

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Carern. Daher können nachfolgend nur einige wenige Forschungserkenntnisse zu Young Carern besprochen werden.

Grundsätzlich ähneln die Forschungserkenntnisse aus Deutschland denen aus dem angloamerikanischen Raum, wenn es um die Art, den Umfang und die Auswirkungen der Sorgetätigkeiten von Young Carern in Deutschland geht. Sie gehen in gewissen Punkten dennoch einen anderen Weg. So zum Beispiel vermeiden sie bei den Arten der Sorgetätigkeiten von Young Carer britische Kategorien zu übernehmen und unternehmen einen induktiven und einen weitaus differenzierteren Versuch, aus den Aussagen der interviewten Kinder und Jugendlichen nach familienorientierten Hauptkategorien und Subkategorien, darunter z.B.: für die Familie als Gemeinschaft‘, ‚für die erkrankte Person‘, ‚für einen gesunden Angehörigen‘ und ‚für sich selbst‘ (Metzing et al. 2006: 367;370). Auch den Umfang der Sorgetätigkeit(en) quantifizieren die deutschen Forscher_Innen auf eine andere Weise. Sie dokumentieren diesen nicht in Stunden, sondern gehen „[…] vom Wesen des Umfangs der Hilfen durch Kinder […]“ (ebd.: 370) aus. Auf diese Weise berücksichtigen sie den Umstand, dass Kinder die Sorgelücken füllen „in dem Maß, wie sie entstehen und […] sie tun es zu dem Zeitpunkt, wenn Hilfen ausstehen“ (ebd.). Auch konnten im Beitrag von Metzing/Schnepp (2008) verschiedene Einflussfaktoren ausgemacht werden, die sich auf die Entstehung des Pflegearrangements auswirken. Darunter fallen unter anderem der sozioökonomische und soziokulturelle Background der Familien, die Familienkonstellation, der Status des Kindes innerhalb der Familie oder aber auch das „Kind sein“. Das heißt, insbesondere Kinder besitzen keine Wahlfreiheit in der Entscheidung, ob sie die Sorgeverpflichtung bewusst eingehen wollen oder nicht. Sie erachtet dahingehen diese Sorgeübernahme als Teil ihrer Normalität und Umwelt (ebd.: 326). Ein Spezifikum dieser Untersuchung besteht auch darin, erstmals Beweggründe der Young Carer in drei verschiedenen Alterssegmenten zu analysieren. Bei den Vor- und Grundschulkindern zeigt sich, dass ihre Gründe für ihre Sorgetätigkeit(en) in der engen Bindung zu den Eltern bzw. besonders zur Mutter zu suchen ist. So nehmen sie die Tätigkeit(en) nicht als Pflicht oder Bürde wahr, sondern als ein Gefühl des Stolzes. Später, im fortgeschrittenen Schulalter sowie als Jugendliche, wandert diese Bindung in den Bereich der Verantwortung gegenüber der Familie. In diesem Alter erkennen die Young Carer, dass externe Hilfe z.B. in Form von Jugendämtern existieren. Da sie aber die Familie als Ganzes erhalten wollen, übernehmen sie die Sorgeverantwortung als bewusste Entscheidung (ebd.: 333ff.).

Im Grunde verfolgt die deutsche Forschung ein Ziel, das im angloamerikanischen Raum schon erreicht worden ist. Nämlich eine Verbesserung der Lebensqualität der Young Carer in Form einer Ausarbeitung eines lokalen, professionellen und familienorientierten Unterstützungsangebotes (Metzing 2007b; Schnepp/Metzing 2006b).

In der österreichischen Forschungslandschaft zu Young (Adult) Carern der zwei umfangreiche Studien (Nagl-Cupal et al. 2015b; Nagl-Cupal et al. 2015a), die erstmals eine Sichtung zu Young

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Carern in Österreich vorgenommen haben. Die Fragestellungen sowie die Ergebnisse beider Studien sind mit jenen in der deutschen Forschung mehrheitlich deckungsgleich. Auch sie fragen nach der Art, dem Umfang und den Auswirkungen der Sorgetätigkeit(en), nach den Bedürfnissen und Wünschen der Young Carer und für die Familien, ebenso stellen sie ehemalige Young Carer in den Fokus. In einem weiteren Schritt legt die zweite Studie (Nagl-Cupal et al. 2015a) ein umfassendes Konzept für familienorientierte Unterstützungsmaßnahmen vor, die mithilfe einer Zusammenarbeit von unterschiedlichen sozialpolitischen und caritativen Institutionen stattfinden soll.

2.4. Young Adult Carer

Im Folgenden soll der Forschungsschwerpunkt dieser Untersuchung beschrieben werden. Der Bereich der Young Adult Carer wurde innerhalb der Forschung lange ignoriert. Man kann diese Gruppe auch als eine „unstudied population“ (Levine et al. 2005) bezeichnen. Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf dem Bericht von Becker/Becker (2008a), in dem man sich erstmals in einem größeren Umfang mit Young (Adult) Carern auseinandersetzte.8 Die Ergebnisse dieses Berichts sind in zwei Teile zu gliedern.9 Eingangs befasse ich mich mit den bisher bekannten Arbeiten. Danach resümiere ich die zentralen Befunde des Berichtes, in dem auf die sensiblen Lebensphasen der Young Adult Carer eingegangen wird, die zugleich die Kernbereiche meiner Forschungsfrage darstellen.

2.4.1. Bisherige Forschungsarbeiten zu Young Adult Carer

Sichtet man die Darstellung von Becker/Becker (2008a: 10), dann sind eine Reihe von kleineren, zum Teil lokal begrenzte, Arbeiten vorhanden. Diese bewegen sich in ähnlichen Schlüsselthemen, wie in den vorigen Kapiteln aufgezeigt wurde.

Beginnen möchte ich mit den gelebten Erfahrungen der Young Adult Carer während ihrer Bildungslaufbahn. Schon wie bei Young Carern ist die Schule ein Ort, in dem den jungen Erwachsenen negative Erlebnisse widerfahren. Innerhalb dieses „unhappy place“ (Becker/Becker 2008a: 12) erfährt diese Personengruppe nach Frank et al. (1999) und Action for Young Carers (2005) unter anderem Mobbing, sie haben geringere Möglichkeiten von Sozialaktivitäten teilzunehmen, häufig sind sie von einem Müdigkeitsgefühl betroffen, fallen in ihren schulischen Leistungen zurück oder geraten in sonstige Probleme. Auch in der Freizeit handelt Young Adult Carer unter andere Bedingungen. So besitzen sie eine engere Wahlmöglichkeit, wie sie ihre Freizeit gestalten wollen und können (Action for Young Carers

8 Der Bericht legt seinen thematischen Fokus auf die Altersgruppen der 16- und 17-Jährigen und die der 18- bis 24-Jährigen.

Aufgrund der Zielsetzung der Arbeit werden nur jene Erkenntnisse der zweiten Gruppe angeführt.

9Der Bericht beinhaltet noch weitere wichtige Bereiche zu Young Adult Carern, unter anderem die Entstehung, die Formen oder den

zeitlichen Aspekt der Sorgetätigkeit(en) der Young Adult Carer (Becker/Becker 2008a: 20ff.). Dennoch berühren diese nur entfernt mein Forschungsziel, weshalb ich mich entschieden habe und habe, nicht näher auf diese Bereiche einzugehen.

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2005; Dearden/Becker 2000). Frank et al. (1999) bezeichnet diesen Umstand auch als eine Form von ‚self-exclusion‘. Durch diese Art der Selbst-Abgrenzung versuchen Young Adult Carer, mit den an sie gestellten Anforderungen zurechtzukommen und sich an diese anzupassen. Eine weitere Arbeit (Barnados 2007) zeigt wiederum, dass manche Young Adult Carer ihre Freizeit nicht für gesundheitsförderliche Maßnahmen verwenden können, da dafür die monetären Ressourcen fehlen beziehungsweise die entsprechenden Angebote zu teuer sind (mehr dazu im zweiten Abschnitt).

Die Sorgeverpflichtungen der Young Adult Carer wirken sich auch auf ihr Berufslaufbahn und Berufsleben aus. Geht es nach Dearden/Becker (2000) und Frank et al. (1999), ist ein weitreichender Effekt die spätere individuelle Berufswahl. Denn aufgrund der Erfahrungen viele Young Adult Carer oft für Berufe im Pflegebereich. Auch kämpfen sie in diesem Zusammenhang mit dem Umstand, dass die Einschränkungen durch ihre Sorgetätigkeiten ihnen als Barriere im Weg stehen, da sie der Einschätzung sind, keine ausreichenden beruflichen Qualifikationen vorweisen zu können (Action for Young Carers 2005; Barnados 2007). Des Weiteren gaben Young Adult Carer in der Arbeit von Yeandle/Buckner (2007) an, dass sie weniger oft Vollzeit- oder Teilzeitjobs annehmen können, als Personen ohne Sorgeverpflichtungen in ihrem Alterssegment. Die Arbeit konnte zudem herausarbeiten, wenn die Anzahl der Sorgetätigkeiten steigt, auch die Gefahr sich drastisch erhöht, gar keiner Erwerbsarbeit nachgehen zu können. Hier sind Frauen stärker betroffen als Männer.

Abschließend möchte ich noch zwei weitere Themenfelder genauer betrachten. Das erste Feld befasst sich mit der Handlung des ‚Von-Zuhause-Ausziehen‘. Dieser Schritt ist für alle jungen Erwachsenen ein zentraler Abschnitt in ihrem Leben hinsichtlich ihrer ersten Unabhängigkeit. Für viele Young Adult Carer ist dieser wichtige Schritt jedoch höchst problematisch. Denn im Falle eines Auszuges müssten sie ihre zu pflegende Person verlassen. Hier zeigt sich, dass eine „[…] combination of parental illness, lack of support services and a lack of avaible and affordable alternative accommodation can influence transitions to spatial independence“ (Dearden/Becker 2000: 367).

Der zweite Bereich befasst sich mit dem Thema des Einkommens von Young Adult Carern. Grundsätzlich konnten Dearden und Becker (2000) zeigen, dass viele Young Adult Carer aus Familien mit geringem Einkommen stammen. Deshalb argumentieren die Autor_Innen, dass die mögliche Ausbildungskosten (zum Beispiel Studiengebühren oder Darlehen) die Möglichkeiten zur Ausübung einer Erwerbsarbeit verringern. Dies steigert ihre familiäre und erschwert den Übergang in die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit (siehe auch Harrison/O'Rookie 2003).

2.4.2. Die sensiblen Lebensphasen der Young Adult Carer

Wie in der bisherigen Auseinandersetzung deutlich wurde, ist die Forschungsliteratur über Young Adult Carer überschaubar. Daher gehen werde ich im zweiten Teil den Bericht von

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Becker/Becker (2008a) im Detail betrachten. Dieser behandelt essentielle Themen, die mit den Sorgetätigkeiten der Young Adult Carer verbunden sind. Nachfolgend werden die key findings nachskizziert, wobei der Schwerpunkt im Kontext der Forschungsfrage erfolgt. Das bedeutet, ich interessiere mich dafür, was die Autor_Innen über die sensiblen und kritischen Lebensphasen/-abschnitten für junge Erwachsene zu sagen haben.

Diese Phasen betreffen insgesamt vier Lebensbereiche der Young Adult Carer: die Erwerbsarbeit (Income, job and career advice), die (Aus-)Bildung (school, further and higher

education), den Bereich der Partner- und Freundschaftsbeziehungen und der Freizeit

(friendships, relationships, leisure and lifestyle) und die Phase der Unabhängigkeit und des Verlassens des Elternhauses (Leaving home and independence).

Ich beginne mit der Erwerbsarbeit bei Young Adult Carern als erste Lebensphase. Wie schon zuvor erwähnt, kämpfen Young Adult Carer und ihre Familienformationen aufgrund der Sorgeverpflichtungen mit finanziellen Schwierigkeiten (Carers UK 2007; Yeandle et al. 2007). Denn innerhalb der Familien existieren unterschiedliche Konstellationen, welche Personen eine Erwerbsarbeit nachgehen und welche aufgrund der Sorgeverpflichtungen oder krankheitsbedingt keiner Erwerbsarbeit nachgehen können. Die Beschäftigungsformen, seien es Voll- oder Teilzeitbeschäftigungen, denen die erwerbstätigen Familienmitglieder nachgehen, sind meist in einem niedrigen Lohnsegment angesiedelt (Becker/Becker 2008a: 47). Mit zwei zentralen Schwierigkeiten sind Young Carer in diesem Zusammenhang nach diesem Bericht konfrontiert. Insgesamt ist nur eine Minderheit in der Lage, eine Teilzeitbeschäftigung zu verfolgen. Der Grund dafür ist einerseits der Mangel an geeigneten Arbeitsplätzen und andererseits stellt sich die Vereinbarkeit von Pflege, von (Aus-)Bildung mit der Teilzeitbeschäftigung als eine zum Teil nicht zu überwindende Barriere dar. Dies führt den Young Adult Carer zu der Problematik, dass ihnen, neben den finanziellen Folgen, in den vom Arbeitsmarkt und zukünftigen Arbeitgebern verlangten Qualifikationen und Berufserfahrung verwehrt bleibt, obwohl sie gewillt sind, einer Beschäftigung nachzugehen. Somit befinden sich Young Adult Carer aufgrund ihrer übernommenen Sorgeverpflichtungen grundsätzlich in einer benachteiligten Position, wenn sie gegenwärtig oder in der Zukunft den Versuch unternehmen, in den Arbeitsmarkt einzusteigen (ebd.). Was auch dazu führt, dass ein Teil der ehemaligen Young Adult Carer, signifikante Schwierigkeiten aufzuweisen haben, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und für eine längere Zeitspanne arbeitslos bleiben (Yeandle et al. 2007).

Die zweite kritische Lebensphase ist in der (Aus)-Bildung angesiedelt. Die Erfahrungen fallen in dieser Phase für Young Adult Carer, ähnlich wie für Young Carer (Kapitel 3.2.4.), unterschiedlich aus. Im Rahmen der regulären Schulzeit erzählen manche Young Adult Carer, von positiven Erlebnissen während ihrer Schulzeit. Manche Schulen kennen die Situation der

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Young Adult Carer und bieten ihre Unterstützung und Hilfsbereitschaft an. Aber auch die Familien selbst unterstützen Young Adult Carer, indem sie die Aufgabenverteilung anders organisierten, um Young Adult Carern die Möglichkeit zu schaffen, die Schulzeit besser zu bewältigen (Becker/Becker 2008a: 31).Dennoch gab es auch negative Erfahrungen. So erzählen Young Adult Carer vom fehlenden Verständnis vom Schul- und Lehrpersonal, von Mobbing seitens der Mitschüler_innen aufgrund des „Andersseins“ ihrer Familiensituation oder ihrer Fehlzeitzeiten und müdigkeitsbedingten, niedrigen Aufmerksamkeitsspanne während der Schulzeit. Letzteres kann auch zu schlechten Schulleistungen führen oder zur Schwierigkeit, Schulfreundschaften zu knüpfen und zu pflegen (ebd.: 33).

Innerhalb des tertiären Bildungsbereichs10 waren die Autoren überrascht (ebd.: 34), dass sich in ihrem Sample so viele Young Adult Carer in einem solchen Bildungsbereich befinden. Denn häufig weist diese Gruppe keine weiterführende Ausbildung auf, da diese nicht vereinbar ist mit dem niedrigen Familieneinkommen, mit den niedrigen Qualifikationen und mit dem Dilemma, die zu pflegende Person nicht verlassen zu wollen beziehungsweise zu können. Auch sind einige Young Adult Carer in der Arbeit von Dearden/Becker sogenannte NEET11 Personen. Diese befinden sich weder in einer Beschäftigung, noch einer Ausbildung oder einem Trainings- oder Weiterbildungsprogramm (siehe dazu Bacher et al. 2014).

Nimmt man eine Überblicksposition ein und blickt auf die Erfahrungen der Young Adult Carer in dieser Phase, entdeckt man wie im Bereich zuvor, Erfahrungen, die in beide Richtungen gehen, wobei in diesem Fall die positiven Erfahrungen überwiegen. Zum Beispiel kommtden Young Adult Carern die Organisationstruktur, die von Eigenständigkeit, Flexibilität und besserem Verständnis des Lehrpersonal geprägt ist, von akademischen Bildungsinstitutionen den Young Adult Carer entgegen. Auch Kolleg_Innen kommen mit einem weitaus größeren Verständnis entgegen, als es zuvor in der Schulzeit der Fall war. So wird von weniger Mobbing seitens Kommiliton_Innen berichtet oder sie erhalten erstmals die Möglichkeit, sich unter Gleichaltrigen zu sozialisieren (Becker/Becker 2008a: 35). Aber auch das Arrangement , erstmals „caring at a distance“ (ebd.) für sich zu nutzen, d.h. immer an Wochenenden oder in den Ferien nach Hause zu kommen, eröffnet den Young Adult Carern eine neue Form, Sorge und Ausbildung alternativ zu regeln.

Über die negativen Erfahrungen erfährt man wenig in dem Bericht. So erzählen wenige Young Adult Carer, dass sie ihre Ausbildung abgebrochen haben, da sie mit dem Druck der Gleichzeitigkeit ihrer Sorgeverpflichtung(en) und der von ihnen verlangten Leistung in der Bildungsinstitution nicht zurechtgekommen sind (ebd.: 35).

10 Im angloamerikanischen Raum betrifft dies die further education (college) und die higher education (university). Aus

organisatorischen Gründen habe ich mich dazu entschlossen, beide Bereiche bei meiner Betrachtung zusammenzulegen und die Trennlinie, die im Bericht von Dearden und Becker gemacht wurde, wieder aufzuheben.

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Die dritte sensible Lebensphase, umfasst die Freizeit und die Freundschafts- und Partnerschaftsbeziehungen der Young Adult Carer. Becker und Becker (2008a: 39) haben zu diesem Themenbereich einige Beobachtungen gesammelt. So zum Beispiel erzählen junge Erwachsene allgemein von einem stressigen Alltag und von einer durch die Sorgetätigkeit stark reduzierten Freizeit. Ähnlich wie Young Carer haben junge Erwachsene im Schnitt weniger Möglichkeiten, sich an Freizeitaktivitäten oder anderen sozialen Aktivitäten zu beteiligen. Aufgrund eines zu niedrigen Einkommens- und Zeitbudgets oder nicht vorhandener Mobilitätswege bleiben ihnen jene Aktivitäten verwehrt, die sie eigentlich ausüben wollen. Insgesamt gestaltet sich der Bereich der Freizeitaktivitäten und des Alltages äußerst schwierig für Young Adult Carer. Je nach geografischer Wohnlage (Stadt-Land), gegenwärtiger Hauptbeschäftigung (Ausbildung-Erwerbsarbeit) und zusätzlicher Verpflichtungen, wie eigener Kinderbetreuung, sind es unterschiedliche Konstellationen, die beeinflussen, inwieweit Young Adult Carer die Möglichkeiten besitzen, an diversen Freizeitaktivitäten teilzunehmen. Wenn sie daran teilnehmen würden, bliebe jedoch immer die Sorge um die zu pflegende Person in ihrem Gedächtnis. So erzählen manche Young Adult Carer, dass sie permanent ihr Mobiltelefon im Auge behalten, da es sein könnte, dass sich (wieder) ein Notfall ereigne (Becker/Becker 2008a: 39f.).

Partner- und Freundschaftsbeziehungen und die Beziehungsverhältnisse zu den Pflegebedürftigen sind für Young Adult Carer ein extrem sensibles und konfliktgeladenes Thema. Die Art der Beziehung zu der zu pflegenden Person weicht mehrheitlich von den „‘normal‘ pattern of Western developmental progression“ (ebd.: 40) ab. So wird von angespannten Beziehungen berichtet, die besonders dann einen kritischen Punkt erreichen, an dem Young Adult Carer den Versuch unternehmen, ihrem Alter entsprechend mehr Unabhängigkeit zu erlangen. Zu Partner- und Freundschaftsbeziehungen konnten Becker und Becker nur spärlich etwas berichten. Die Wahl und Pflege zu Freunden ist bei Young Adult Carer individuell verschieden und hängen oft mit ihrer verfügbaren Zeit und mit dem entgegenkommenden Verständnis bezüglich ihrer Pflegesituation zusammen. Die und führt bei mangelnder Zeit auch zur sozialen Isolation (ebd.: 41).

Die vierte und vielleicht kritischste Phase von Young Adult Carern ist der Schritt in die erste Unabhängigkeit. Dieser Schritt ist für diese Gruppe von jungen Erwachsenen mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Ein im Bericht zitierter Projektmitarbeiter bringt dies auf dem Punkt:

“One of the main issues of concern for young adult carers is the future. Not all young adultcarers desire to leave home, however most of them do want more independence and time to explore own relationships and own employment opportunities. This is difficult to mediate with the caring responsibilities. However, it is even more difficult where there are mental health issues and/or

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substance misuse. In cases like this we have observed the family is reliant on the young carer not only for practical but emotional support. This support is hard to let go of when it has been normalized and the young people feel very guilty to want to disengage from this role at least partially” (ebd.: 51).

Man sieht, dass auch bei den Young Adult Carern der altersgerechte Wunsch besteht, den ersten Schritt in die Unabhängigkeit des Erwachsenenlebens zu beschreiten, sie werden aber zugleich von emotionalen Schuldgefühlen gegenüber ihrer zu pflegenden Person geplagt. Somit entpuppt sich das erstmalige Verlassen des Zuhauses als eine äußerst schwierige emotionale Belastung für die Young Adult Carer. Verfolgt man in diesen Zusammenhang die Frage, wie sie sich entscheiden würden, wenn sie bei dieser Entscheidung eine freie Wahl hätten, fallen die Antworten gemischt aus. Ein Teil der Young Adult Carer versucht, außerhalb des Wohnortes der zu pflegenden Person zu leben, können aber dem emotionalen Druck nicht standhalten und ziehen wieder zurück. Andere wiederum entscheiden sich, als Zwischenlösung, im gleichen Ort zu wohnen, wie die zu pflegende Person, um diese in dringenden Situationen schneller zu erreichen. Ein anderer Teil wagt den Schritt in die Unabhängigkeit, berichtet aber davon, von starken Schuldgefühlen geplagt zu werden und insgesamt durch eine ständige Kommunikation mit der zu pflegende Person den Alltag als stressig empfunden zu haben (ebd.: 52ff.).

Auch für diese Lebensphase lässt sich festhalten, dass sie für Young Adult Carer eine hohe Belastung darstellt. Je nach individueller Konstellation und Entscheidung, müssen sie insbesondere mit emotionalen Schwierigkeiten zurechtzukommen.

2.5. Young Adult Carer und Wohlfahrtstaatlichkeit – ein schwieriges

Verhältnis

Im Folgenden möchte ich auf die wohlfahrtstaatlichen Strukturen in Deutschland und Österreich12 eingehen und den Versuch unternehmen, diese bezüglich den Young (Adult) Carer genauer in den Blick zu nehmen. Daher besteht das Ziel dieser Betrachtung, ob und inwieweit wohlfahrtstaatliche Strukturen das Pflegearrangement der Young (Adult) Carer berühren und beeinflussen. Die Transformationsprozesse des Wohlfahrtstaates im Allgemeinen haben in der sozialwissenschaftlichen Disziplin eine lange Tradition (Atzmüller 2014; Dingeldey 2006; Esping-Andersen 1990, 1996b, 2004; Lessenich/Ostner 1998) und beinhalten unterschiedliche Schwerpunktsetzungen, die an dieser Stelle nicht aufbereitet werden können. Daher stehen insbesondere jene Forschungsarbeiten im Zentrum, die die wohlfahrtstaatlichen Entwicklungen mit Fokus auf den Care-Bereich behandeln.

12 Da mit Expert_Innen aus diesen beiden Ländern Interviews geführt worden sind, war es unumgänglich, neben dem

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