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Durch die Bibel. 1. Korinther 4. Nur Gott hat das Recht zu urteilen

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Academic year: 2022

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Durch die Bibel 1. Korinther 4

Nur Gott hat das Recht zu urteilen

Es ist wahrlich kein leichtes Unterfangen: Per Brief versucht der Apostel Paulus mit einigen Missständen aufzuräumen, die sich in der christlichen Gemeinde von Korinth festgesetzt haben. Ein richtiger

Personenkult ist dort offenbar entstanden, weil manche Christen betonen, sie würden dem Gemeindegründer Paulus nachfolgen. Andere berufen sich lieber auf Apollos, der nach der

Gründungsphase für die Korinther da war. Und wieder andere halten große Stücke auf Kephas, also auf Petrus, der ja schon bei der Entstehung der allerersten christlichen Gemeinde in Jerusalem eine wichtige Rolle gespielt hat. Unter den Korinthern sind inzwischen mehrere Gruppierungen entstanden, die miteinander einen regelrechten Konkurrenzkampf um den besseren Lehrer ausfechten. Eine absurde Situation, weil diese Lehrer selbst sich keineswegs als Konkurrenten empfinden. Genau deshalb hat Paulus den Korinthern ziemlich am Anfang des ersten Korintherbriefes die Frage gestellt: „Wie? Ist Christus etwa zerteilt?“ (1 Kor 1,13). Diese Frage zeigt schon, dass die ungute Situation in der Gemeinde wirklich ernst genommen werden muss. Es hat Streit gegeben unter den Christen und unter Umständen könnte es sogar zu einer Spaltung kommen. Doch die muss unbedingt verhindert werden, zumal die Christen in der heidnisch geprägten und sehr freizügigen Stadt Korinth ohnehin keinen leichten Stand haben.

Paulus versucht nun also per Brief für Ordnung zu sorgen. Als Gründer der Gemeinde besitzt er zwar eine gewisse Autorität. Aber als vermeintlicher Konkurrent von Apollos und Kephas wird er von manchen Christen in Korinth durchaus kritisch gesehen. Und wie es nun mal so ist, wenn die

Gerüchteküche erst mal am Brodeln ist: Es entstehen Verdächtigungen, Vorwürfe und Anschuldigungen, die irgendwann das erträgliche Maß überschreiten. So wird von einigen Christen doch tatsächlich in Frage gestellt, ob Paulus überhaupt die Autorität eines Apostels besitzt. Wohl deshalb, weil er im Gegensatz zu Petrus und den anderen Aposteln niemals zum Kreis der zwölf Jünger Jesu gehörte.

Selbstverständlich hat die Gemeinde das Recht und sogar die Pflicht ihre Apostel zu beurteilen. Aber es kommt dabei auf den richtigen Maßstab an. Und den nennt Paulus nun in Kapitel 4. Er beschreibt einen Maßstab, an dem er sich selbst messen lassen will, an dem sich aber auch alle anderen Mitarbeiter messen lassen müssen. In Vers 1 schreibt Paulus:

„Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse“ (1 Kor 4,1).

Das Wörtchen „uns“ macht deutlich, dass Paulus keinen Sonderstatus für sich beansprucht, sondern dass er nur einer von mehreren „Dienern Christi“ ist. Das heißt, einer von mehreren, die als Mitarbeiter der Gemeinde dienen. Dass es wirklich ums Dienen geht, darauf deutet schon der Begriff hin, den Paulus hier im griechischen Originaltext verwendet: Er bezeichnet ursprünglich einen Rudersklaven auf der untersten Bank. Also jemanden, der unter größter Mühe und härtestem Kräfteeinsatz dient. Paulus will

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damit deutlich machen, dass sein Dienst an der Gemeinde ein echter Knochenjob ist, der eine völlige Unterwerfung unter den Herrn Jesus Christus notwendig macht. Jesus allein ist der Befehlsgeber des Apostels und deshalb nimmt Paulus auch von niemand anderem Befehle oder Aufträge entgegen. Paulus ist sozusagen ein Sklave, der sich durch sein Vertrauen an Jesus gebunden fühlt.

An dem Begriff „Sklave“ sollten wir uns übrigens nicht stören, denn er hat von Christus her eine enorme Würde erhalten. Denn Jesus setzt (Vers 1) seine Sklaven oder Diener als „Haushalter über Gottes

Geheimnisse” ein. Und genau in diesem Sinne sollen auch die Gemeindeglieder die Diener Christi sehen:

Sie sind Verwalter und Handlungsbevollmächtigte Christi und wissen um Gottes Geheimnisse und geben diese weiter. Das größte „Geheimnis“ aber ist Gottes Heilshandeln in Jesus Christus. „Geheimnis“

hat hier die Bedeutung, dass es sich um etwas Undenkbares, um ein Wunder handelt. Etwas, was Menschen nicht aus eigener Kraft finden können. Und es ist deswegen ein Geheimnis, weil es dem natürlichen Menschen verschlossen bleibt. Denn dazu braucht es die Erleuchtung durch den Heiligen Geist Gottes (vgl. 1 Kor 2,6-12). Damit ist aber auch den Dienern Christi vorgegeben, welche Botschaft sie verkündigen sollen. Sie können und sie wollen nicht ihre eigenen Gedanken oder Lehren

verkündigen. Sie können auch nicht das reden, was viele Menschen gerne hören wollen. Sondern ihre Botschaft ist ihnen vorgegeben. Sie teilen das Geheimnis Gottes mit, sein Evangelium. – Ich komme nun zu Vers 2 in unserem Bibeltext. Paulus schreibt:

„Nun fordert man nicht mehr von den Haushaltern, als dass sie für treu befunden werden“ (1 Kor 4,2).

Der entscheidende Maßstab zur Beurteilung der „Diener Christi” ist also, ob sie „für treu befunden werden“. Treu in dem Sinne, wie ein Verwalter daran gemessen wird, wie er mit dem ihm anvertrauten Gut umgeht. Mit „treu“ ist gemeint, ob er zuverlässig und vertrauenswürdig ist. Ob er sich gehorsam dem Willen seines Herrn unterordnet und ob er seine ganze Kraft für diesen Dienst einsetzt. Ob ein Diener in diesem Sinne wirklich treu ist, darüber kann letztlich nur sein Herr urteilen. – Weiter ab Vers 3.

Paulus schreibt:

„Mir aber ist's ein Geringes, dass ich von euch gerichtet werde oder von einem menschlichen Gericht;

auch richte ich mich selbst nicht. Ich bin mir zwar nichts bewusst, aber darin bin ich nicht gerechtfertigt;

der Herr ist's aber, der mich richtet“ (1 Kor 4,3-4).

Hier geht es nun um das letzte, das endgültige Urteil über die Treue eines Dieners. Und das kann nur der Herr selber sprechen. Weil das so ist, genießt Paulus eine wunderbare Unabhängigkeit von allen

menschlichen Beurteilungen. Ja, er ist sogar frei von dem, was er selbst über sich denkt. „Mir aber ist's ein Geringes” bedeutet so viel wie: „Für mich hat es fast keine Bedeutung”. Paulus meint das

keineswegs verächtlich oder abschätzig. Was seine Glaubensgeschwister von ihm und seinem Dienst halten, ist ihm nicht gleichgültig. Aber ihre Meinung kann und darf in Bezug auf seinen Dienst für Christus nicht ausschlaggebend sein. Paulus spricht in Vers 3 davon, dass er von den Korinthern

„gerichtet“ werden könnte. „Richten“ in diesem Sinne bedeutet, wie ein Richter eine genaue

Untersuchung durchzuführen, um die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen. Gegen eine solche gründliche Untersuchung hat Paulus nichts einzuwenden, denn es ist ja gut, dass sich die Korinther von ihm nicht

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irgendetwas aufschwatzen lassen, sondern ihn kritisch hinterfragen. Aber letztlich ist ihr Urteil über ihn nicht verbindlich. Paulus ist allein seinem Herrn verantwortlich. Das gilt sogar für den Fall, wenn Paulus etwa Selbstzweifel bekommen sollte. Deshalb heißt es in Vers 3: „Auch richte ich mich selbst nicht.“ – Und nun zu Vers 5. Paulus fordert die Christen in Korinth auf:

„Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen. Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden“ (1 Kor 4,5).

„Richtet nicht vor der Zeit“ – richtet nicht voreilig! Denn allein Jesus Christus steht es zu, ein endgültiges Urteil zu treffen. Und er bestimmt auch, wann das sein wird, nämlich zum Zeitpunkt seiner Wiederkehr.

Dabei wird er dann auch das beurteilen, „was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen“. Gemeint sind damit all die Kämpfe und Entmutigungen, die mit dem Dienst für Christus verbunden sein können, sowohl Freude wie auch verborgenes Leid. Des Weiteren wird Jesus Christus „das Trachten der Herzen offenbar machen”, also die verborgenen Beweggründe, die

Gesinnungen der Herzen. Erst danach wird dann ein endgültiges Urteil gesprochen. Und Paulus drückt das bewusst sehr positiv aus: „Einem jeden wird von Gott Lob zuteil werden.” Denn Gott ist ein schenkender Gott, der jedem Diener Christi Anerkennung geben wird. – Vers 6; weiter schreibt Paulus an die Christen in Korinth:

„Dies aber, liebe Brüder, habe ich im Blick auf mich selbst und Apollos gesagt um euretwillen, damit ihr an uns lernt, was das heißt: Nicht über das hinaus, was geschrieben steht!, damit sich keiner für den einen gegen den andern aufblase“ (1 Kor 4,6).

Tja, mit der Aufforderung, sich nicht gegen den anderen aufzublasen, erinnert Paulus die Korinther daran, dass es hier um sie geht. Sie sind diejenigen, die immer wieder anfangen zu richten, statt Jesus Christus das Urteilen zu überlassen. Sie sollen lernen, wie man Eifersüchteleien und spaltende

Streitigkeiten überwindet. Und was Paulus über die Treue eines Dieners Christi gesagt hat, über seine Arbeit und seinen Lohn, das gilt nicht nur im Hinblick auf den Apostel Paulus selbst. Sondern das hat er in diesem Fall, so drückt er es aus, „im Blick auf mich selbst und Apollos gesagt“. Apollos und er, sie beide sind Diener und Haushalter Christi. Paulus betont das noch einmal, weil er es für falsch hält, dass sich einige in der Gemeinde auf ihn, andere dagegen auf Apollos berufen und sich dabei auch noch in den Haaren liegen. Denn mit ihrem Menschenlob gehen die Korinther, so wörtlich, „über das hinaus, was geschrieben steht”. Und damit handeln sie gegen das Wort Gottes, weil sie die Wahrheit der Schrift verlassen haben, die nämlich bezeugt, dass alle Menschen schwach und hinfällig sind. – Vers 7; sehr eindringlich fragt Paulus die Christen in Korinth:

„Denn wer gibt dir einen Vorrang? Was hast du, das du nicht empfangen hast? Wenn du es aber empfangen hast, was rühmst du dich dann, als hättest du es nicht empfangen?“ (1 Kor 4,7).

Als Seelsorger versucht Paulus, seinen Glaubensgeschwistern die richtigen Antworten abzuringen. Er beschimpft sie nicht, er beleidigt sie nicht, sondern er wirbt um ihre Einsicht. Darum stellt er die Frage in

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den Raum: „Wer gibt dir das Recht, diesen völlig unnötigen Konkurrenzkampf innerhalb der Gemeinde auszufechten? Wer gibt dir das Recht, meinen Dienst und den des Apollos zu beurteilen? Bist du etwas Besonderes? Nein, alles, was du besitzt, hat Gott dir doch geschenkt.“ Und dann fährt Paulus in Vers 8 fort und fragt:

DIE GEMEINDE IST NOCH LÄNGST NICHT AM ZIEL

„Ihr seid schon satt geworden? Ihr seid schon reich geworden? Ihr herrscht ohne uns? Ja, wollte Gott, ihr würdet schon herrschen, damit auch wir mit euch herrschen könnten!“ (1 Kor 4,8).

Paulus scheint hier darauf anzuspielen, dass Jesus den Menschen die wahre Fülle geben will. „Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade“ (Joh 1,16), heißt es am Anfang des

Johannesevangeliums. Gemeint ist, dass Jesus eine geistliche Fülle schenkt und damit auch

Lebenserfüllung. Doch ist den Christen in Korinth diese Fülle tatsächlich schon völlig zuteilgeworden?

„Seid ihr davon schon satt geworden?“, will Paulus wissen. Natürlich stillt Jesus den Lebenshunger der Seinen. Aber die Korinther leben offensichtlich in einer gefährlichen geistlichen Sattheit. In

Selbstzufriedenheit. Sie geben sich mit den geistlichen Erfahrungen, die sie bisher schon machen konnten, zufrieden. Und deshalb spüren sie gar kein Bedürfnis mehr in sich, geistlich zu wachsen und sich dabei von erfahrenen Leuten begleiten zu lassen. Paulus sieht die Gefahr, dass die Korinther ihrer Selbsttäuschung erliegen und so die wahre Nachfolge Christi verlassen. In der zweiten Hälfte von Vers 8 heißt es: „Ja, wollte Gott, ihr würdet schon herrschen, damit auch wir mit euch herrschen könnten.“

Damit bringt Paulus zum Ausdruck: „Mir wäre es am liebsten, wenn Jesus Christus euch bereits für eure Treue belohnt hätte und ihr ihm die Ehre gebt. Dann wären wir gemeinsam am Ziel unseres Glaubens angelangt.“ Doch nüchtern betrachtet sieht Paulus dieses Ziel noch in weiter Ferne liegen. Unter anderem deshalb, weil die Christen in Korinth so viel von sich selbst halten und sogar meinen, über den Dienst des Apostels Paulus richten zu können. – In Vers 9 fährt Paulus fort:

„Denn ich denke, Gott hat uns Apostel als die Allergeringsten hingestellt, wie zum Tode Verurteilte.

Denn wir sind ein Schauspiel geworden der Welt und den Engeln und den Menschen“ (1 Kor 4,9).

Die Korinther sehen sich schon am Ziel ihres Christseins. Sie betonen in gefährlicher Weise ihre eigenen Stärken und verlieren dadurch die Verbindung zu ihrem Herrn. Denn sein Weg war und ist und bleibt stets der Kreuzesweg. Das „Wort vom Kreuz” ist nicht nur eine Theorie, sondern sie kennzeichnet auch die Lebenspraxis der Nachfolger Jesu. Deshalb spricht Paulus davon, dass er als Apostel zu den

Allergeringsten gehört, die sich vor der Welt notfalls zu Narren machen lassen. Die Apostel und die anderen Diener Christi predigen nicht nur das „Wort vom Kreuz”, sondern sie leben diese Botschaft auch aus.

„Wir sind wie zum Tode Verurteilte“ und „wir sind ein Schauspiel geworden“: Diese Ausdrucksweise erinnert an die Gladiatorenkämpfe, bei denen todgeweihte Männer in einer Arena vor einem

sensationslüsternen Publikum kämpfen mussten. Paulus fürchtet sich nicht, vor Menschen und vor der

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jenseitigen Welt diesen Kampf zu kämpfen. Die Christen in Korinth dagegen wären dazu wohl kaum in der Lage. – Vers 10:

„Wir sind Narren um Christi willen, ihr aber seid klug in Christus; wir schwach, ihr aber stark; ihr herrlich, wir aber verachtet“ (1 Kor 4,10).

Im Grunde könnte man diese Aufzählung von Gegensätzen auch so wiedergeben: „Ihr tut doch nur so, als ob ihr klug in Christus, stark und herrlich seid. Doch ihr seid es nicht! Denn Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Spätestens an dieser Stelle, liebe Hörer, frage ich mich, wie es mit mir und wie es mit meiner Gemeinde bestellt ist. Legen wir Wert darauf, dass man uns als Christen achtet oder sind wir notfalls auch bereit, uns verachten zu lassen? Wohlgemerkt: Uns verachten zu lassen um unseres Glaubens willen und nicht etwa deshalb, weil wir komische Käuze sind. – Ab Vers 11 hebt Paulus nun hervor, dass seine Überlegungen nicht nur Gedankenspiele sind. Er schreibt:

„Bis auf diese Stunde leiden wir Hunger und Durst und Blöße und werden geschlagen und haben keine feste Bleibe und mühen uns ab mit unsrer Hände Arbeit. Man schmäht uns, so segnen wir; man verfolgt uns, so dulden wir's; man verlästert uns, so reden wir freundlich. Wir sind geworden wie der Abschaum der Menschheit, jedermanns Kehricht, bis heute“ (1 Kor 4,11-13).

Was Sie gerade gehört haben, war sozusagen die Stellenbeschreibung für einen Diener Jesu Christi, für einen Mitarbeiter Gottes, für einen Apostel. Interessant finde ich die Bemerkung: „Wir mühen uns ab mit unsrer Hände Arbeit.“ Paulus, der gelernte Zeltmacher, wusste sehr wohl um die tägliche Mühsal der Arbeit. Er fühlte sich niemals als der große Apostelfürst, wie man ihn später zusammen mit Petrus bezeichnete. Doch gerade in seinem sehr bescheidenen Auftreten ähnelt er ja seinem Herrn Jesus Christus. Über sich selbst und seinesgleichen sagt Paulus: „Wir sind geworden wie der Abschaum der Menschheit.“ Etwas sehr Ähnliches wird in einer alttestamentlichen Prophezeiung auch über Jesus gesagt, nämlich: „Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg“ (Jes 53,3). Indem also Paulus und seine

Mitstreiter bereit sind sich demütigen zu lassen, erweisen sie sich als wahre Nachfolger Christi.

PAULUS ALS VATER UND VORBILD DER GEMEINDE

Nun kann man sich in Gedanken richtig vorstellen, wie die Korinther vor Scham rot werden, wenn sie diese Zeilen des Apostels Paulus lesen oder hören. Denn sie in ihrem Stolz sind innerlich noch nicht dazu bereit, sich so wie er zum „Abschaum der Menschheit“ machen zu lassen. Doch dann schreibt Paulus in Vers 14:

„Nicht um euch zu beschämen, schreibe ich dies; sondern ich ermahne euch als meine lieben Kinder“ (1 Kor 4,14).

Nicht beschämen, sondern die Gemeinde ermahnen, das ist die Absicht des Apostels. Er möchte ihnen

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zur Einsicht verhelfen, weil er sie von Herzen lieb hat. Und seine Liebe erfüllt genau die Eigenschaften, die er später in seinem Brief noch nennt. Dort heißt es: „Die Liebe ist langmütig und freundlich … und sie lässt sich nicht erbittern“ (1 Kor 13,4-5). Doch nun wieder zurück zu unserem Bibeltext, zu Vers 15. Dort schreibt Paulus:

„Denn wenn ihr auch zehntausend Erzieher hättet in Christus, so habt ihr doch nicht viele Väter; denn ich habe euch gezeugt in Christus Jesus durchs Evangelium“ (1 Kor 4,15).

Als Gründer der Gemeinde hat Paulus ein besonderes Verhältnis zu den Korinthern. Und das bringt er zum Ausdruck, indem er sagt: „Ich habe euch gezeugt”, und zwar wie ein Vater. Aber nicht auf natürliche Weise und aus eigener Kraft, sondern „durchs Evangelium”. Außer ihn, den geistlichen Vater, werden die Christen in Korinth allerdings noch viele „Erzieher” brauchen. Ein Erzieher oder Zuchtmeister zu damaliger Zeit war häufig ein vertrauenswürdiger Sklave, der die Kinder in Strenge auf dem rechten Weg hielt (vgl. Gal 3,24). Ein solcher Zuchtmeister konnte aber selbstverständlich niemals die Rolle eines liebenden Vaters einnehmen, weil ihm normalerweise die enge Liebesbindung zu den Kindern fehlte.

Paulus versteht sich also als ein Vater, der sich mit einem wunden Herzen um die Kinder in seiner Gemeinde müht. Mit Sorge beobachtet er, wie sie in die Irre zu gehen drohen. – Weiter ab Vers 16:

„Darum ermahne ich euch: Folgt meinem Beispiel! Aus demselben Grund habe ich Timotheus zu euch gesandt, der mein lieber und getreuer Sohn ist in dem Herrn, damit er euch erinnere an meine Weisungen in Christus Jesus, wie ich sie überall in allen Gemeinden lehre“ (1 Kor 4,16-17).

Paulus, der sich für längere Zeit in Ephesus aufhält, hat also Timotheus nach Korinth geschickt, um den Christen dort die liebende Fürsorge des Apostels nahezubringen. Zu Timotheus hat der Apostel ein tiefes Vertrauensverhältnis und bezeichnet ihn deshalb als seinen „lieben und getreuen Sohn in dem Herrn“.

Timotheus soll die Korinther an alle Weisungen des Apostels erinnern, die er überall in den Gemeinden lehrt, damit die Christen dort in der Nachfolge Jesu bleiben und geistlich wachsen. – Ab Vers 18 wird es zum Schluss dann doch noch ein wenig peinlich, denn nun spricht Paulus wie ein strenger Vater zu seinen aufsässigen Kindern:

„Es haben sich einige aufgebläht, als würde ich nicht zu euch kommen. Ich werde aber, wenn der Herr will, recht bald zu euch kommen und nicht die Worte der Aufgeblasenen kennen lernen, sondern ihre Kraft. Denn das Reich Gottes steht nicht in Worten, sondern in Kraft. Was wollt ihr? Soll ich mit dem Stock zu euch kommen oder mit Liebe und sanftmütigem Geist?“ (1 Kor 4,18-21).

Soweit die Verse 18 bis 21. Ganz am Anfang spricht Paulus hier von einigen, die sich „aufgebläht“ haben.

Ganz bewusst nennt er keine Namen, um sie nicht unnötig zu beschämen und um den engen Kontakt zu ihnen nicht aufs Spiel zu setzen. Dabei scheinen einige sogar zu lästern, dass Paulus ja doch nicht persönlich zu ihnen kommen werde, um mit ihnen zu reden. Ob sie wohl meinen, dass sich Paulus das nicht traut? Von wegen! Er hat längst die Absicht, ihnen so bald wie möglich einen Besuch abzustatten.

Aber er lässt sich in seinen Plänen weder von seinem eigenen Schmerz noch von einem möglichen Zorn oder von seinen Wünschen leiten. „So der Herr will”, sagt der gehorsame Diener. Erst wenn der Herr

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ihm die Erlaubnis gibt, wenn er die Wege bahnt, wenn er die Türen öffnet, dann wird Paulus kommen.

Doch bis es soweit ist, sollen die Korinther bereits mit Gottes Hilfe an sich arbeiten und ihren Hochmut und ihre Streitereien aufgeben.

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