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Archiv "Hochdruckbehandlung in der Praxis" (24.05.1990)

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< 90 mm Hg 90-104 mm Hg 105-114 mm Hg 115 mm Hg

> 120 mm Hg

normal

milde Hyperto- nie

mittelschwere Hypteronie schwere Hyper- tonie

maligne Hyper- tonie

1 Jahr

Kontrollen innerhalb von 1-6 Monaten

Kontrollen innerhalb von 1 Woche

sofortiger Behandlungs- beginn

stationäre Behandlung Tabelle 1: Klassifikation des Blutdrucks bei Erwachsenen und Zeitab- stände für Kontrollen und Entscheid zur medikamentösen Therapie (modifiziert nach 8)

Blutdruckwerte Klassifizierung Zeitabstände für Kon- trollen und Therapieent- scheid

Chronische arterielle Hypertonie Diastolischer Blutdruck

Isolierte systolische Hypertonie

(diastolische Blutdruckwerte unter 90 mm Hg)

< 140 mm Hg 140-159 mm Hg

> 160 mm Hg

> 200 mm Hg

normal

isolierte systoli- sche Grenzwert- hypertonie isolierte systoli- sche Hypertonie

1 Jahr

Kontrollen innerhalb von 2-12 Monaten

Kontrollen innerhalb von 2 Monaten

Kontrollen innerhalb von 2 Wochen

AKTUELLE MEDIZIN

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Hochdruckbehandlung in der Praxis

Dieter Klaus

Bei der Therapie der milden und mittelschweren Hypertonie hat der Beginn mit einer Monothera- pie den Vorteil, Responder oder Nicht-Responder sowie substanz- spezifische Nebenwirkungen rasch zu erkennen. Bei schwerer Hypertonie ist eine sofortige Korn- binationstherapie mit zwei Antihy- pertensiva angezeigt. Bei der Wahl des Antihypertensivums sol- len insbesondere Begleitkrankhei- ten berücksichtigt werden. Zu- sätzlich ist die Bekämpfung ande- rer kardiovaskulärer Risikofakto- ren notwendig, da nur so langfri- stig eine Senkung der kardiovas- kulären Mortalität erzielt werden kann. Die Compliance des Patien- ten wird durch Information und Motivation (Patienten-Seminare) gefördert.

1)

ie kausale Behandlung eines Hochdrucks ist nur bei einigen sekun- dären Hypertoniefor- men möglich. Dies be- trifft die operative Beseitigung von Nebennierentumoren beim Phäo- chromozytom oder primären Aldo- steronismus, die operative Korrektur einer Aortenisthmusstenose oder die Beseitigung einer Nierenarterienste- nose durch Katheterdilatation. Bei der Mehrzahl der Hochdruckkran- ken liegt eine primäre (essentielle) Hypertonie vor, bei der ebenso wie bei renoparenchymaler Hypertonie nur eine symptomatische medika- mentöse Blutdrucksenkung möglich ist. Der Beginn der medikamentösen Therapie hängt vom Schweregrad Aus der Medizinischen Klinik (Direktor:

Professor Dr. med. Dieter Klaus) der Städtischen Kliniken Dortmund

des Hochdrucks ab, der durch die Höhe der diastolischen und systoli- schen Blutdruckwerte und das Vor- liegen von Zielorganschäden be- stimmt wird.

Bei milder Hypertonie mit dia- stolischen Blutdruckwerten zwischen 90 und 104 mm Hg ohne Zielorgan- schäden sollen zunächst die Blut- druckwerte über vier Wochen kon- trolliert werden, ehe bei Fortbeste- hen einer diastolischen Blutdrucker- höhung über 100 mm Hg mit einer medikamentösen Therapie begon- nen wird. Liegen nach vier Wochen die diastolischen Blutdruckwerte zwischen 90 und 100 mm Hg und be-

stehen keine Zielorganschäden, sol- len weitere Blutdruckkontrollen über drei bis sechs Monate erfolgen (8). Bei Patienten mit milder Hyper- tonie steht zunächst die Basisbe- handlung des Hochdrucks im Vor- dergrund, die jede medikamentöse Therapie auch bei schweren Formen begleiten muß.

Bei mittelschwerer Hypertonie (diastolischer Blutdruck zwischen 105 und 114 mm Hg), schwerer es- sentieller Hypertonie (diastolische Blutdruckwerte über 115 mm Hg) und maligner Hypertonie wird nach Bestätigung der Blutdruckwerte in- nerhalb weniger Tage mit einer me- dikamentösen Therapie begonnen (Tabelle 1).

Über einen Behandlungsbeginn in Abhängigkeit von systolischen Blutdruckwerten liegen keine klaren Richtlinien vor. Bei systolischen Blutdruckwerten über 180 mm Hg ist aber — auch bei nur geringer Erhö-

A-1710 (54) Dt. Ärztebl. 87, Heft 21, 24. Mai 1990

(2)

hung des diastolischen Blutdrucks — der Beginn einer medikamentösen Therapie zu empfehlen, ausgenom- men ältere Personen jenseits des 70.

Lebensjahrs, bei denen der Beginn einer medikamentösen Therapie streng zu prüfen ist, insbesondere bei Vorliegen einer isolierten systoli- schen Hypertonie, bei der die diasto- lischen Blutdruckwerte normal oder erniedrigt sind.

Basisbehandlung der Hypertonie

Die Basisbehandlung der Hyper- tonie besteht in der Durchführung von Allgemeinmaßnahmen, zu de- nen Verminderung von Übergewicht und Reduktion des Alkoholkonsums sowie die Einschränkung der Koch- salzzufuhr zählen. Zwar sind nur et- wa 30 bis 40 Prozent der Hypertoni- ker kochsalzempfindlich, Kochsalz- beschränkung verbessert aber die blutdrucksenkende Wirkung der meisten Antihypertonika. Wichtig ist weiterhin zur Verminderung anderer kardiovaskulärer Risikofaktoren der Verzicht auf Rauchen, die Senkung überhöhter Cholesterinwerte im Blut und eine Modifizierung der Fett-Zu- fuhr. Ausdauertraining und Verhal- tensänderung stellen weitere Maß- nahmen dar (Tabelle 2).

Medikamentöse Therapie

Ein ideales Antihypertensivum sollte nicht nur den Blutdruck ohne Gegenregulation (Flüssigkeitsreten- tion, Reflextachykardie) normalisie- ren, sondern auch zu einer Regres- sion der Linksherzhypertrophie füh- ren und stoffwechselneutral sein.

Weitere Forderungen sind die Prä- vention von Myokardinfarkten (Kar- dioprotektion) und die Senkung er- höhter Glomerulusdrucke (renale Protektion). Einmaldosierung und niedrige Kosten sind weitere Wün- sche an ein ideales Antihypertensi- vum. Der primären Hypertonie lie- gen polygene Störungen zugrunde, die im Zusammenwirken mit äuße- ren Risikofaktoren — die verschiede- nen Regulationssysteme des Blut- drucks auf vielfältige Weise beein-

flussen können. Beim einzelnen Kranken stehen in unterschiedlicher Ausprägung Störungen in der Aktivi- tät des Sympathikus, von Renin-An- giotensin-Aldosteron, des Kinin- und Prostaglandin-Systems, der Reagibi- lität der Widerstandsgefäße und Veränderungen auf zellulärer Ebene (Kalzium- und Natrium-Permeabili- tät) im Vordergrund (2). Bei einer Reihe von Kranken mit primärer Hy- pertonie überwiegen äußere Fakto- ren (Übergewicht, Alkoholkonsum) so stark, daß man von einer Umfeld- oder Umwelthypertonie sprechen kann (10).

Bei der Vielzahl dieser patholo- gischen Mechanismen ist nicht zu er- warten, daß ein einziges Antihyper- tensivum für alle primären Hyperto- niker gleich gut geeignet ist. Indivi- duelle Behandlung bedeutet, daß für die Auswahl von Antihypertensiva eine ganze Reihe von Faktoren be- rücksichtigt werden müssen (6). Da- zu gehören das Lebensalter, Organ- komplikationen, wichtige Begleiter- krankungen und kardiovaskuläre Ri- sikofaktoren.

Ziele der antihypertensiven Be- handlung sind Blutdrucknormalisie- rung auf Werte von oder unter 140/90 mm Hg, die Rückbildung hochdruckbedingter Folgeerkran- kungen und die Prävention kardio- vaskulärer Erkrankungen.

Blutdruckwerte von 140/90 mm Hg sind bei älteren Personen jenseits des 70. Lebensjahres nicht immer er- reichbar, zumindest nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen, da die Autoregulation des Hirnkreislaufes zu hypertonen Werten hin verscho- ben ist und bei älteren Personen bei Unterschreiten eines systolischen Blutdruckwertes von 160 mm Hg be- reits zerebrale Perfusionsstörungen auftreten können. Wichtig ist, daß bei unkomplizierter Hypertonie oh- ne dringliche Behandlungsindikation der Blutdruck nur langsam innerhalb weniger Wochen gesenkt werden soll.

Bis in die Mitte der 70er Jahre wurden die vorhandenen Antihyper- tensiva empirisch angewandt. In den folgenden Jahren setzte sich die

„Stufen-Therapie" durch, in der nach Beginn einer Monotherapie mit Diuretika oder Beta-Blockern bei ungenügendem Ansprechen weitere Antihypertensiva als Zweier- und Dreier-Kombination hinzugegeben wurden. In den jüngsten Empfehlun- gen der Deutschen Liga zur Be- kämpfung des hohen Blutdrucks aus dem Jahre 1988 (3) ist das Schema einer starren Stufentherapie wieder verlassen worden, um die Notwen- digkeit einer individuellen maß- geschneiderten Hochdrucktherapie besser zu betonen (Abbildung). Dies Tabelle 2: Nichtpharmakologische Therapie der milden Hypertonie (Allgemeinmaßnahmen)

Gewichtsreduktion auf Normalgewicht

kochsalzverminderte Kost (5 bis 6 g NaCl/Tag) Alkoholbeschränkung auf unter 30 g/Tag

Ausdauertraining bei unkomplizierter Hypertonie nach Blutdruckein- stellung

Verhaltensänderung:

— Entspannungsverfahren

—Bewältigung von Konflikten lernen ergänzende Maßnahmen:

—Nikotin-Enthaltung

— Fettzufuhr unter 80 g/Tag

— Fettmodifikation: je 1/3 Fette mit gesättigten Fettsäuren (tierische Fette), einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Pflanzenfette)

— Cholesterinzufuhr unter 300 mg/Tag

Dt. Ärztebl. 87, Heft 21, 24. Mai 1990 (57) A-1713

(3)

Medikamentöse Therapie

Beta-Blocker I Diuretikum Kalzium-

Antagonist ACE-Hemmer Monotherapie

Zweier-

Kombination Diuretikum

1

plus Beta-Blocker Kalzium-

Antagonist ACE-Hemmer Alpha-1- Blocker oder

Kalzium-Antagonist I plus

Beta-Blocker ACE-Hemmer Medikamentöse Therapie der arteriellen Hypertonie

Abbildung: Medikamentöse Therapie der arteriellen Hypertonie (3) beinhaltet, daß in bestimmten Fällen

schon initial eine Kombinations- therapie indiziert ist.

Monotherapie

Der Versuch, die Therapie mit einer einzigen Substanz durchzufüh- ren, ist bei Patienten mit milder und mittelschwerer Hypertonie sinnvoll.

Für die Monotherapie (Abbildung) haben sich in Interventionsstudien Beta-Blocker und Diuretika zur Blutdrucksenkung und zur Senkung des kardiovaskulären Risikos be- währt (4). Diese Bewährung steht für die neuen Substanzgruppen, die Kal- zium-Antagonisten und die ACE- Hemmer noch aus. Alle Beta-Blok- ker sind, unabhängig von zusätz- lichen Eigenschaften (Kardioselekti- vität, sympathikomimetische Eigen- wirkung, Vasodilatation), hinsicht- lich ihrer Blutdrucksenkung gleich stark wirksam.

Für die Hochdrucktherapie wer- den — nicht zuletzt wegen ihres gerin- gen Einflusses auf die Leistungsfä- higkeit unter körperlicher Belastung

— im allgemeinen kardioselektive Blocker bevorzugt. Der Vorteil neue- rer Beta-Blocker mit vasodilatie- renden Eigenschaften im Hinblick auf das Lipidprofil muß noch in Langzeitstudien bestätigt werden.

Als Diuretika werden zur Monothe- rapie niedrig-dosierte Thiazid-Di- uretika verwandt, bevorzugt in Kom- bination mit einem Kaliumsparer wie Triamteren. Wegen ihrer Stoffwech- selneutralität, insbesondere des Fehlens einer ungünstigen Beein- flussung der Lipoproteine, werden für die Initialbehandlung zuneh- mend ACE-Hemmer oder Kalzium- Antagonisten empfohlen.

In ihrer Wirkungsweise sind die vier genannten Substanzen komple- mentär, da sie unterschiedliche An- griffspunkte besitzen. Eine Mono- therapie hat den Vorteil, Responder oder Nicht-Responder sowie sub- stanzspezifische Nebenwirkungen relativ rasch zu erkennen.

Bei Nicht-Respondern sollte zu- nächst ein anderes Monotherapeuti- kum versucht und nicht sofort auf ei- ne Kombinationstherapie überge- gangen werden (sequentielle Mono-

therapie, Substitution vor Addition).

Ob sich alpha i -Blocker (Urapidil, Doxazosin) — auch wegen ihrer of- fenbar günstigen Wirkung auf das Lipidprofil — oder alpha 2-Stimulato- ren (zum Beispiel Clonidin) in nied- riger Dosis für die Monotherapie eignen, müssen Langzeit-Untersu- chungen zeigen. Dies gilt auch für neuere Substanzen wie das Ketanse- rin, das offenbar bei älteren Hyper- tonikern gut geeignet ist (9).

Gesichtspunkte für die Auswahl eines Antihypertensivums für die Monotherapie sind Lebensalter, Be- gleiterkrankungen und kardiovasku- läre Risikofaktoren. Beim jüngeren Hochdruck-Kranken unterhalb des 40. Lebensjahres mit leichter Tachy- kardie wird man einen Beta-Blocker bevorzugen, bei älteren Kranken jen- seits des 70. Lebensjahres Kalzium- Antagonisten oder (kaliumsparende) Diuretika. Weitere differentialthera- peutische Gesichtspunkte für die Auswahl bestimmter Antihypertensi- va bei koronarer Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus, Gicht, obstruktiven Ventilationsstö- rungen, Niereninsuffizienz und Gra- vidität sind in Tabelle 3 zusammenge- stellt. Bei solchen Empfehlungen ist zu berücksichtigen, daß die Hoch- drucktherapie nicht zu kompliziert werden darf und daß eine Bevorzu-

gung oder ein Ausschluß bestimmter Antihypertensiva nur dann gerecht- fertigt ist, wenn überzeugende Lang- zeit-Studien vorliegen. Die Häufig- keit von Begleiterkrankungen bei Hochdruck-Patienten hängt vom Le- bensalter ab (5, 7). Sie liegt bei unter 40jährigen unter zehn Prozent und steigt bei über 70jährigen auf über 50 Prozent an und betrifft überwiegend koronare Herzkrankheit und Herzin- suffizienz (Tabelle 4). Höhere Zah-

len für begleitende Risikofaktoren bei Jüngeren erhält man allerdings, wenn auch das Rauchen und Chole- sterinwerte von über 200 mg/dl ein- bezogen werden (1), siehe Tabelle 5.

Kombinationstherapie Eine Kombinationstherapie mit zwei Antihypertensiva ist primär dann indiziert, wenn es sich um eine schwere Hypertonie mit diastoli- schen Blutdruckwerten über 115 mm Hg handelt. Auch hier wird man bei der Wahl einer Zweier-Kombination gleichzeitige Begleiterkrankungen berücksichtigen. Die Kombinations- therapie enthält als Basis in der Re- gel ein Diuretikum oder einen Kalzi- um-Antagonisten (Abbildung). Bei der Kombination von Kalzium-Ant- agonisten mit Beta-Blockern sollten A-1714 (58) Dt. Ärztebl. 87, Heft 21, 24. Mai 1990

(4)

ältere Patienten (> 65 Jahre):

Kalziumantagonisten oder kaliumsparende Diuretika bevorzugen

koronare Herzkrankheit:

Betablocker oder Kalziumantagonisten be- vorzugen

Diuretika und ACE-Hemmer bevorzugen Herzinsuffizienz:

Diabetes mellitus: nichtselektive Betablocker und Diuretika nicht zu empfehlen

Zurückhaltung mit Diuretika Gicht:

obstruktive

Ventilationsstörungen:

Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer und postsynaptische a 1-Blocker bevorzugen; Be- tablocker kontraindiziert

relativ beta t-selektive Rezptorenblocker oder Alpha-Methyldopa einsetzen, deren Unschädlichkeit für die fetale Entwicklung nachgewiesen ist

Gravidität:

es liegen bisher keine Langzeitstudien vor, die eine gesonderte therapeutische Emp- fehlung rechtfertigen

Hyperlipidämie, arterielle

Verschlußkrankheit:

Tabelle 3: Praktische Empfehlungen für die Differentialtherapie der Hypertonie (3)

Bei Serum-Kreatinin über 2,0 mg/dl Gabe von Schleifendiuretika. Kaliumsparende Di- uretika können zu Hyperkaliämie führen.

Verzögerte Elimination mancher Antihy- pertensiva (z. B. Atenolol, Nadolol, Sotalol, Captopril, Enalapril) beachten

Niereninsuffizienz:

9 184 177 Zahl der Patienten 1390

Herzinsuffizienz

koronare Herzkrankheit arterielle

Verschlußkrankheit

zerebrovaskuläre Insuffizienz Niereninsuffizienz

Diabetes

obstruktives Emphysem

Tabelle 4: Begleiterkrankungen bei Hochdruck (6, 7) Allgemein-

praxis

Krankenhaus Alter der Patienten 40-60 < 39 40-69 > 70

11,1 23,9 51,4 0 30,4 44,1 n. u. n. u. n. u.

n. u. n. u. n. u.

11,1 8,6 14,1 11,1 33,1 32,8 0 13,4 15,2 12,5

17,3 6,0 1,4 1,0 15,1 2,9 Kalzium-Antagonisten vom Dihydro-

pyridin-Typ (Nifedipin, Nitrendipin u. a.) bevorzugt werden. Kombina- tionen von Verapamil oder Diltia- zem mit einem Beta-Blocker sollten wegen der Möglichkeit einer Brady- kardie oder höhergradiger AV-Lei- tungsstörungen vermieden werden.

Als Alternative für die genann- ten Zweier-Kombinationen kommen auch Kombinationen von alpha 2-Sti- mulatoren (Clonidin, Guanabenz, Methyldopa) mit einem Diuretikum in Betracht. Sind Hochdruckkranke auf die früher viel verwendeten Kombinationen Reserpin + Diureti- kum gut und ohne Nebenwirkungen eingestellt, kann man bei dieser Kombination bleiben. Für neuent- deckte Hypertoniker wird man diese Kombination heute als Ersttherapie wegen der häufigen Nebenwirkun- gen des Reserpins (Depression) nicht mehr empfehlen.

Bei einer Zweier-Kombinations- therapie sind fixe Kombinationen nützlich, um die Zahl der täglich ein- zunehmenden Tabletten zu vermin- dern. Wirkt keine der angegebenen Zweier-Kombinationen ausreichend blutdrucksenkend, sind Kombinatio- nen von drei Antihypertensiva zu empfehlen. Sie enthalten in der Re- gel ein Diuretikum und einen Vaso- dilatator. Zu diesen Vasodilatato- ren gehören Kalzium-Antagonisten, ACE-Hemmer, postsynaptische al- pha l -Blocker und Dihydralazin. In Dreier-Kombinationen sollte nie die Zugabe eines Diuretikums vergessen werden. Häufig liegen bei schwerer Hypertonie Einschränkungen der Nierenfunktion vor. Bei diesen Pa- tienten müssen stärker wirksame Di- uretika, das heißt Schleifendiuretika wie Furosemid, Etacrynsäure oder Piretanid eingesetzt werden.

Therapierefraktäre Hypertonie

Eine therapierefraktäre Hyper- tonie (Tabelle 6) ist anzunehmen, wenn eine Kombination von drei An- tihypertensiva in adäquater Dosie- rung ungenügend wirksam ist. Bei diesen Patienten ist zunächst die Zu- verlässigkeit der Medikamentenein- nahme zu klären und zu prüfen, ob

eine sekundäre Hypertonie, insbe- sondere eine Nierenarterienstenose, mit Sicherheit ausgeschlossen wer- den kann. Wichtig ist auch der Aus- schluß von Wechselwirkungen mit

anderen Arzneimitteln, insbesonde- re mit nichtsteroidalen Antirheuma- tika, die die blutdrucksenkende Wir- kung von Antihypertensiva vermin- dern. Bei erwiesener therapierefrak- Dt. Ärztebl. 87, Heft 21, 24. Mai 1990 (61) A-1717

(5)

Nikotinkonsum Hypercholesterinämie (> 200 mg/dl)

HDL-Cholesterin

<

35,

9 <

45 mg/dl) Diabetes mellitus

29,1%

37,4%

2,5%

18,2%

Tabelle 5: Häufigkeit von kardiovaskulären Risikofaktoren bei Hoch- druckkranken (Alter 40-65 Jahre) (1)

Männer (n = 13737)

Frauen (n = 5961) tärer Hypertonie ist eine Kombina-

tion von ACE-Hemmern, Schleifen- diuretika in höherer Dosis und Kal- zium-Antagonisten zu empfehlen.

Alternativ kommt eine Kombination des peripheren Vasodilatators Mino- xidil in Verbindung mit einem Schleifendiuretikum und einem Be- ta-Blocker in Betracht.

Langzeit

-

Betreuung

Für die Langzeit-Betreuung des Hochdruckkranken (Tabelle 7) ist ei- ne vertrauensvolle Zusammenarbeit von Arzt und Patient wichtig. Diese

wird durch gute Information und Motivation des Patienten gefördert.

In Einzel- oder Gruppengesprächen muß immer wieder auf Allgemein- maßnahmen als Basis der Behand- lung und auf die Kontrolle weiterer atherogener Risikofaktoren, vor al- lem der Senkung erhöhter Choleste- rinwerte und Einstellung des Rau- chens hingewiesen werden. Die Blut- druckselbstmessung ist für viele Pa- tienten zu empfehlen, da sie eine Verbesserung der Blutdruckeinstel- lung ermöglicht.

Ist der Blutdruck durch die anti- hypertensive Therapie über mehrere Monate gut kontrolliert (Blutdruck- werte unter 140/90 mm Hg), kann versucht werden, die Dosis unter engmaschigen Blutdruckkontrollen zu reduzieren. Bei Patienten mit mil- der Hypertonie ist nach einjähriger Blutdrucknormalisierung ein Aus- laßversuch gerechtfertigt. Bei einem Auslaßversuch sind aber häufige Blutdruckkontrollen notwendig. Bei der Mehrzahl der Patienten ist mit

einem Wiederanstieg des Blutdrucks nach einem bis sechs Monaten zu rechnen.

Hypertensiver Notfall

Ein hypertensiver Notfall, der eine rasche Blutdrucksenkung erfor- derlich macht, liegt nur dann vor, wenn stark erhöhte Blutdruckwerte (diastolisch meist über 115 mm Hg) mit Folgeerscheinungen wie Hoch- druckenzephalopathie (Schwindel, Kopfschmerzen, Sehstörungen), Lungenödem, Angina pectoris oder dissezierendes Aortenaneurysma

vorliegen. Bei Apoplexie und bei Myokardinfarkt soll dagegen keine rasche oder starke Blutdrucksen- kung erfolgen, da eine bei starkem Blutdruckabfall resultierende Min- derperfusion das Krankheitsbild ent- scheidend verschlechtern kann. Die Blutdruckanstiege bei Apoplexie und Myokardinfarkt sind häufig re- aktiv bedingt und sprechen bei Myo- kardinfarkt auf die Gabe von Anal- getika an.

Mittel der Wahl bei hypertensi- vem Notfall ist in der Praxis die orale Gabe von 5 mg Nifedipin (Tabelle 8).

Der Wirkungseintritt erfolgt inner- halb weniger Minuten, eine Wieder- holung der Dosis ist möglich. Bei Gabe von 10 mg Nifedipin als Erst- dosis können, vor allem bei älteren Menschen, zu starke Blutdruckabfäl- le auftreten. Alternativ kommt die Gabe von Clonidin (0,075 mg lang- sam i. v.) oder Urapidil (Anfangsdo- sis 25 mg i. v.) in Betracht. Eine Wie- derholung ist möglich. In der Klinik wird bei Versagen dieser Maßnah-

men häufig Clonidin in Kombination mit Dihydralazin parenteral einge- setzt.

Zusammenfassend kann festge- stellt werden:

• Die Hochdrucktherapie muß individuell unter Berücksichtigung von der Schwere des Hochdrucks, Lebensalter, Begleitkrankheiten, kardiovaskulären Risikofaktoren

Tabelle 6: Ursachen und Maß- nahmen bei Therapieresistenz eines Hochdrucks

Ausschluß von sekundären Hypertonien

Medikamenten-Einnahme prüfen

—Wechselwirkung mit ande- ren Pharmaka prüfen

—Therapie:

• Schleifendiuretikum + ACE-Hemmer + Ca-Antagonist

• Schleifendiuretikum + (3-Blocker + Minoxidil

Tabelle 7: Langzeitbehand- lung von Hochdruckkranken

—Zielblutdruck: RR L5 140/90 mm Hg

Dosis-Reduktion versuchen bei milder Hypertonie Aus- laßversuch

— atherogene Risikofaktoren bekämpfen

Compliance erhalten:

• einfache Dosierung

• Information und Motiva- tion des Patienten (Grup- penseminare in der Pra- xis)

• Blutdruck-Selbstmessung und möglichen Kontraindikationen oder Nebenwirkungen der Antihy- pertensiva erfolgen.

• Ein starres schematisches Vorgehen in Form einer Stufen- therapie wird nicht mehr empfohlen.

Bei der Mehrzahl der Patienten soll- te zur Beurteilung der Blutdruck- wirksamkeit einer Substanz und aus Kostengründen nach wie vor mit ei- A-1718 (62) Dt. Ärztebl. 87, Heft 21, 24. Mai 1990

(6)

Tabelle 8: Therapie des hy- pertensiven Notfalls in der Praxis

Nifedipin 5 mg oral (evtl. Wiederholung) Clonidin 0,075 mg i. v.

(evtl. Wiederholung) oder

Urapidil 25 mg i. v.

(evtl. Wiederholung) ner Monotherapie begonnen wer- den, für die Thiazid-Diuretika, Beta- Blocker, Kalzium-Antagonisten oder ACE-Hemmer eingesetzt werden können. Bei mittelschwerem und schwerem Hochdruck ist der primäre Einsatz einer Zweier-Kombination angezeigt.

• Dreier-Kombinationen sind nur bei etwa zehn Prozent der Hoch- druck-Patienten und bei therapiere- fraktärer Hypertonie notwendig. Bei diesen Patienten ist auch immer die Therapietreue und die Zuverlässig- keit der Medikamenteneinnahme zu prüfen.

• Für die Langzeitbetreuung ist die Arzt-Patienten-Compliance durch bessere Motivation von Arzt und Patient zu verbessern. Hierzu bieten sich unter anderem vom Arzt selbst in der Praxis durchgeführte Gruppenseminare an.

Somatostatin bei Dumping-Syndrom

Beim Dumping-Syndrom han- delt es sich entweder um eine vaso- vagale Synkope, ausgelöst durch hy- perosmolare Lösungen (Früh-Dum- ping) oder um ein postalimentäres Spätsyndrom im Sinne einer Hypo- glykämie. Neben der diätetischen Behandlung sind zahlreiche Medika- mente wie Serotoninantagonisten und orale Antidiabetika eingesetzt worden, die Ergebnisse haben je- doch nicht überzeugt. Die Autoren berichten über ihre Erfahrungen mit

Literatur

1. Assmann, G.; Schulte, H.: Procam-Studie Panscientia-Verlag, Hedingen-Zürich, 1986 2. Beilin, L. J.: Epitaph to essential hyperten-

sion - a preventable disorder of known aetiology? J. of Hypertension 6 (1988) 85-94 3. Deutsche Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdruckes: Empfehlungen zur Hoch- druckbehandlung in der Praxis und zur Be- handlung hypertensiver Notfälle. 8. Auflage (1988) 6900 Heidelberg, Postfach 10 20 40 4. Klaus, D.: Ergebnisse von Interventions-

Studien bei mittelschwerer und schwerer Hypertonie, in Rosenthal, J.: Arterielle Hy- pertonie, 3. Auflage, Springer-Verlag Berlin (1988) 647-661

5. Lange, E.: Für und Wider des Stufensche- mas zur Behandlung der Hypertonie-Hoch- druck, 8, 30-34, 1988

6. Laragh, I. H.: Issues, Goals and Guidelines in Selecting. First-Line Drug Therapy for Hypertension. Hypertension 13, Suppl. I (1989) 1-103-1-112

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8. The 1988 Report of the Joint National Com- mittee on Detection, Evaluation and Treat- ment of High Blood Pressure. Arch. Int.

Med. 148 (1988) 1023-1038

9. Bühler, F. R.: Serotoninantagonisten zur Hypertoniebehandlung. Schweiz. Med.

Wschr. 188 (1988) 1259-1260

10. Aoki, K.: Essential Hypertension, Calcium Mechanism and Treatment, Springer-Ver- lag Berlin, 1986, 11-24

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Dieter Klaus Medizinische Klinik Städt. Kliniken Dortmund Beurhausstraße 40

4600 Dortmund 1

dem Somatostatinanalogon SMS 201-995 (Octreotid) bei zehn Patien- ten. Die Dumpingsymptomatik wur- de durch hypertone Glukoselösung provoziert. Bei sieben Patienten lag ein Früh-Dumping, bei zwei ein Früh- und Spätsyndrom und bei ei- nem eine Späthypoglykämie vor. Bei allen Patienten ließen sich die Dum- pingsymptome durch Gabe von 50 bzw. 100 µg SMS 201-995 weitge- hend unterdrücken. Spät-Dumping- symptome traten überhaupt nicht

mehr auf. Entsprechende Laborkon- trollen zeigten, daß sowohl der Plas- maverlust als auch die Änderungen von Blutdruck- und Pulsverhalten positiv beeinflußt wurden, ein Blut- zuckerabfall nach zwei bis drei Stunden war in keinem Fall mehr nachweisbar. Die subkutane Gabe des Somatostatinanalogons SMS 201-995 stellt offensichtlich eine echte Alternative zu möglichen Um- wandlungsoperationen bei der Be- handlung der Dumpingsymptomatik des operierten Magens dar.

Primrose, J. N., D. Johnston: Somatostatin analogue SMS 201-995 (octreotide) as a possible solution to the dumping syndrome after gastrectomy or vagotomy. Brit. J.

Surg. 76: 140-144, 1989.

University Department of Surgery, The General Infirmary, Leeds, UK.

Peristaltische

Aktivität nimmt im Alter nicht ab

Da sich mit zunehmendem Le- bensalter bei vielen Patienten eine Obstipation einstellt, ist immer wie- der behauptet worden, die peristalti- sehe Aktivität des Gastrointestinal- trakts nehme im Alter ab. Im Gegen- satz zu anderen Organen läßt sich je- doch im Verdauungstrakt eine Ver- schleißerscheinung nicht nachwei- sen.

Die Autoren untersuchten eine Vielzahl von Motilitätsparametern nüchtern und postprandial, es ließen sich jedoch keinerlei Unterschiede zwischen 18- bis 39jährigen und 40- bis 69jährigen nachweisen, gleichgültig, ob unklare gastrointesti- nale Symptome bestanden oder nicht. Sämtliche gemessenen Magen- und Dünndarmmotilitätsparameter waren identisch in beiden Alters- gruppen. Die häufig bei alten Men- schen beobachtete Obstipation muß somit andere Ursachen haben. W

Fich, A., M. Camilleri, S. F. Phillips: Effect of Age on Human Gastric and Small Bowel Motility. J. Clin. Gastroenterol. 11 (4):

416-420, 1989.

Gastroenterology Research Unit, Mayo Clinic and Foundation, Rochester, MN 55905, USA.

Dt. Ärztebi. 87, Heft 21, 24. Mai 1990 (65) A-1721

Referenzen

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