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Häufigkeit, Art und Verlauf von Vergiftungen in tierärztlichen Praxen - eine Sentinelstudie

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Häufigkeit, Art und Verlauf von Vergiftungen in tierärztlichen Praxen - eine Sentinelstudie

INAUGURAL – DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Svenja Allkämper

Hamburg

Hannover 2019

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Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. L. Kreienbrock

Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Univ.-Prof. Dr. M. Kietzmann

Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. L. Kreienbrock 2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. M. Fehr

Tag der mündlichen Prüfung: 04.11.2019

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Meiner Familie

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Inhaltsverzeichnis Svenja Allkämper:

Häufigkeit, Art und Verlauf von Vergiftungen in tierärztlichen Praxen - eine Sentinelstudie

1 Einleitung………. 1

1.1 Vergiftungstypen………... 1

1.2 Kurative Maßnahmen………. 3

1.3 Epidemiologische Situation in Deutschland……… 8

2 Wissenschaftliche Publikationen……….. 11

2.1 Paper 1………. 11

2.2 Paper 2………. 13

3 Diskussion……….. 15

3.1 Aktualisierte Literaturübersicht……….. 15

3.2 Erkenntnisse der Praxisstudie……… 17

3.3 Europäische Studien mit Populationsbezug…………..….. 21

3.4 Möglichkeiten zukünftiger Datenerhebung……….. 25

4 Zusammenfassung……… 28

5 Summary……….. 31

6 Literaturverzeichnis……….. 34

7 Anhang………. 39

(6)

Abkürzungsverzeichnis

In dieser Arbeit wurden neben den allgemein üblichen Abkürzungen folgende spezielle Kurzformen verwendet:

BfR Bundesinstitut für Risikobewertung

BVL Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit LMU Ludwig-Maximilians-Universität München

LD50 mittlere letale Dosis; berechnete Dosis, die bei 50% der Individuen zum Tode führt (Vohr 2010)

i.v. intravenös

p.o. oral eingegeben (peroral) s.c. subkutan

tox. toxikologische

TIZ Toxikologisches Informationszentrum

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Einleitung

1 1 Einleitung

Die akute Vergiftung ist häufig ein Notfall, der durch die starke emotionale Reaktion des Besitzers belastet sein kann. Der Tierarzt ist hier zum einen durch die korrekte Beurteilung der Situation, zum anderen durch die Abwägung notwendiger und sinnvoller Maßnahmen gefordert (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Wie bei anderen Erkrankungen auch, gilt es hierbei die vom Besitzer vermutete Ursache und beobachteten Symptome mit den eigenen Beobachtungen, dem Krankheitsbild möglicher Vergiftungen sowie anderen Erkrankungen gleicher Symptomatik abzugleichen. Wird die Vergiftung mit einer konkreten Substanz als wahrscheinlich oder sicher erachtet, müssen umgehend die notwendigen Schritte eingeleitet werden.

1.1 Vergiftungstypen

Von einer exogenen Vergiftung, wie sie in dieser Arbeit betrachtet wird, spricht man, wenn die Aufnahme eines Stoffes durch die Wechselwirkung im Körper, hier des Tieres, zu einer Erkrankung führt (Lohs et al. 2009).

Mit Hilfe der Kenntnisse über die Wirkung auf den Organismus (Toxikodynamik) potenzieller Toxine kann der Tierarzt anhand des Vorberichtes und der beobachteten Symptome einschätzen, ob bei seinen Patienten eine Vergiftung als Ursache der Erkrankung plausibel ist. Abhängig von der Toxizität können dann in Kenntnis der Toxikokinetik geeignete Maßnahmen durchgeführt werden, die die Aufnahme eines Stoffes reduzieren. Beispielsweise sei hier das Scheren und Waschen mit milder Seifenlösung des Fells im Nacken einer Katze genannt, der ein Permethrin-haltiges Spot-on-Präparat für Hunde auf Basis von Sesamöl aufgetragen wurde. Dabei ist der Metabolismus in Abhängigkeit von bestehenden Speziesunterschieden zu bedenken, der im genannten Beispiel durch die reduzierte Glucuronyltransferase-Aktivität der Katze dazu führt, dass diese bei für einen Hund gleichen Gewichts therapeutische und gut verträgliche Mengen schwere Vergiftungserscheinungen zeigt. So kann der Metabolismus gegebenenfalls beeinflusst und die Ausscheidung mit einer geeigneten Therapie gefördert werden.

(8)

Einleitung

2 Dabei gilt es stets das Vergiftungsbild potenzieller Toxine mit dem Symptomenbild anderer Erkrankungen zu vergleichen. Unter anderem sind dies Erkrankungen, die zu einer endogenen Vergiftung, das heißt einer Anreicherung toxischer Metabolit nach Stoffwechselvorgängen im Organismus, führen (Lohs et al. 2009).

Bei einer Vergiftung werden akute Erkrankungen nach ein- oder mehrfacher Aufnahme in einem kurzen Zeitraum von den Folgen einer chronischen Aufnahme unterschieden. Bei chronischen Vergiftungen erfolgt die Aufnahme über einen längeren Zeitraum und ist es sehr schwer den kausalen Zusammenhang zu einem bestimmten Toxin herzustellen. Aus diesem Grund beschäftigt sich diese Arbeit ausschließlich mit akuten Vergiftungen und Erkrankungen, die aufgrund eines ähnlichen Erscheinungsbildes (Differentialdiagnosen) von diesen abzugrenzen sind.

Untersucht werden soll hierbei auch, welche Bedeutung die gelegentlich öffentlich diskutierten vorsätzlichen Vergiftungen, hauptsächlich von Hunden, haben, im Vergleich zur akzidentiellen Vergiftung, die sich auffällig zeigt, aber unabsichtlich im Sinne eines Unfalls passiert (Lohs et a. 2009).

Nach Paracelsus‘ Ausspruch „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei“ (Paracelsus 1965) sind unsere Haustiere heutzutage von einer unüberschaubaren Vielzahl an Stoffen umgeben, deren Aufnahme potenziell schädlich ist.

Obwohl die Übergänge teilweise fließend sind, können hier generell zwei Stoffklassen unterschieden werden. Dies sind zum einen die ursprünglichen,

natürlichen Stoffe, zu denen die geogenen und die biogenen Stoffe gehören und zum anderen die künstlichen, vom Menschen erzeugten Stoffe (anthropogen).

Bei den geogenen Stoffen handelt es sich um Metalle und Schwermetalle, einige Stäube, Radionuklide und Gase. Zu den biogenen Giften zählen Phytotoxine, Mykotoxine, Bakteriotoxine und tierische Toxine, beispielsweise von Schlangen, Spinnen, Raupen oder Insekten. Vor allem die biogenen Gifte sind Grundlage der vom Menschen entwickelten Pharmaka, Pestizide und Chemikalien (Vohr 2010).

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Einleitung

3 Der Hund kann von allen Haustieren als am stärksten gefährdet angesehen werden mögliche Toxine bei der stetigen Futtersuche im Zusammenleben mit dem Menschen aufzunehmen. Daher spielen für ihn die anthropogenen Toxine, die erst seit Beginn der Industrialisierung entstanden sind, und die dieser in seiner Umgebung zu vielfältigen Zwecken nutzt, die größte Rolle. Hier sind vor allem die Möglichkeit zur Aufnahme von Pestiziden (Cumarinderivate, Organophosphate, Metaldehyd), Arzneimitteln (vor allem Schmerzmittel, Benzodiazepine), Lebensmitteln und Chemikalien (Ethylenglykol, Dünger, Tenside) zu nennen.

Gerade bei Lebens- und Genussmitteln wird aus Pflanzen, die der Hund gar nicht aufnehmen würde oder die in seiner Umgebung nicht vorkommen, durch die Zubereitung oder den Verderb dieser eine attraktive potenzielle Toxinquelle

geschaffen (Schokolade, Speisen mit Zwiebeln, Rosinen, Rauschmittel, Hefeteig).

Auch für die Katze als reinen Fleischfresser geht die Gefährdung vor allem von anthropogenen Stoffen aus, mit denen sie im Zusammenleben mit dem Menschen in Kontakt kommt (angewandte Arzneimittel, Pestizide, Chemikalien). Für die Katze besteht hier vor allem eine Gefahr durch bei der intensive Fellpflege aus den Haaren oral aufgenommene Toxine.

Nutz-, Heim- und Zootiere leben in einer durch den Menschen stark kontrollierten Umgebung, so dass bei ihnen Vergiftungen selten vorkommen. Gleichzeitig sind bei Vergiftungsereignissen durch die Haltung in größeren Gruppen bei den Nutztieren aber meist viele Tiere zeitgleich betroffen. Vergiftungen treten hier beispielsweise auf, wenn das Grünfutter versehentlich einen hohen Anteil an Giftpflanzen enthält oder kontaminiertes oder falsch gemischtes Futter (Pestizide, Arzneimittel, Vitamine und Mineralstoffe) gegeben wird.

1.2 Kurative Maßnahmen

Unabhängig von der Art des Toxins steht das Verhindern der weiteren Aufnahme an erster Stelle. Wurde das Toxin oral aufgenommen und das Tier zeitnah vorgestellt, so kann, sofern der Zustand des Tieres sowie die Eigenschaften der Substanz es

(10)

Einleitung

4 zulassen, durch induziertes Erbrechen bei Hund (Apomorphin 0,08-0,1 mg/kg s.c) und Katze (Xylazin 0,5-1 mg/kg i.m.) (Löscher et. al. 2010) die weitere Aufnahme aus dem Magen verhindert werden. Diese Maßnahme ist bei Patienten mit

Kreislaufproblemen, Bewusstseinsstörungen oder Krämpfen sowie bei flüchtigen Mineralöldestillaten, organischen Lösungsmitteln, Phenolen, Tensiden oder ätzenden Stoffen ungeeignet (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018). Bei diesen ist nach Risiko-Nutzen-Abwägung eine Magenspülung möglich.

Ist das Fell des Tieres kontaminiert, so sollte das Toxin nach Möglichkeit

ausgewaschen und langes Fell geschoren werden. Dabei ist zu beachten, dass wasserlösliche Substanzen mit Wasser, lipidlösliche mit Speiseöl und ätzende durch Verdünnung mit Wasser oder Milch (Säuren 100-fach, Laugen 60-fach) zu behandeln sind (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Bei allen Tierarten und vielen Toxinen ist eine Elimination aus dem Darm durch Absorption an Aktivkohle (Carbo medicinalis) und Darmentleerung mittels Laxans (Glaubersalz / Paraffinöl) sowie Verdünnen und Ausspülen mittels Infusionen und forcierte Diurese in Erwägung zu ziehen. Ungeeignet ist Aktivkohle bei Alkoholen, Kohlenwasserstoffen, Ethylenglykol, Cyaniden, Nitrit, Schwermetallen, organischen Lösungsmitteln und starken Säuren und Laugen, da diese schlecht an Kohle

adsorbieren (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Nur bei wenigen klassischen Vergiftungen steht ein spezielles Gegenmittel für die Behandlung zur Verfügung.

Eine Vergiftung mit Cumarinderivaten, die zu den Rodentiziden gehören, führt durch eine Hemmung der Vitamin-K-Reaktivierung zu einer Gerinnungsstörung und damit zu multiplen Blutungen im gesamten Körper. In der Folge kommt es zu einer Anämie, die zu einer Kreislaufbeeinträchtigung sowie mangelhaftem Sauerstofftransport führt.

Neben einer Elimination des Toxins aus dem Körper sowie einer symptomatischen Infusions- und gegebenenfalls Transfusionstherapie ist hier die, je nach Art des Cumarinderivates, entsprechend lange Gabe von Vitamin-K das Mittel der Wahl (bei Hund und Katze initial evtl. 5 mg/kg i.v., 1-2 mg/kg/Tag oral - Warfarin 7 Tage,

(11)

Einleitung

5 neuere Präparate mehrere Wochen, Kontrolle der Blutgerinnung 2-3 Tage nach dem Absetzen) (Clinitox).

Die zu den Pestiziden gehörenden Acetylcholinesterasehemmer (Carbamate, Organophosphate) führen zum „Cholinergen Syndrom“, das heißt Speicheln, Erbrechen, Durchfall und Miosis sowie zu Bronchokonstriktion / bronchialer Hypersekretion, Bradykardie und ZNS-Symptomen (Ataxie, Krämpfe, Lähmung).

Entscheidendes Merkmal, das als Kriterium zur Therapieanpassung dient, ist das Speicheln. Als Antidot wird wiederholt Atropin bis zum Verschwinden der Salivation eingesetzt (Pferd 0,1 mg/kg, Rind 0,6 mg/kg, Hund und Katze 0,3 mg/kg, Schaf 1 mg/kg, Wiederholung beim Wiederauftreten der Symptome (Löscher et al. 2010)).

Als Maßstab dient hierbei die Maultrockenheit, da die Pupillenweite zur Orientierung unzuverlässig ist (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Von der Aufnahme von Ethylen- und Propylenglykol (Propandiol), die in Produkten für Automobile, Kosmetika und Lebens- und Genussmittel als Frostschutz- und Lösungsmittel enthalten sind (Internetseiten „Chemie“ / „Zusatzstoffe“), sind Hund und Katze gleichermaßen gefährdet, da diese durch den süßen Geschmack sehr attraktiv sind. Nach anfänglichen unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Speicheln, Erbrechen, Durchfall und Ataxie kommt es zu einer rapiden

Verschlechterung durch akute, kaum zu beeinflussende Niereninsuffizienz mit Protein- und Anurie. Da diese die Folge der Entstehung von Kalziumoxalatkristallen ist, die die Nierentubuli blockieren, kann sie durch Gabe von Ethylalkohol (Äthanol), der eine höhere Affinität zur Alkoholdehydrogenase hat, gehemmt werden (Infusion von 5% Glukoselösung mit Ethylalkohol 5%, initial 7 g Ethylalkohol / kg, dann 0,15 g/kg/h über 4 Tage (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Auch bei Vergiftungen durch einige Human-Arzneimittel, die Hund und Katze aus ihrer Umgebung aufnehmen, steht ein entsprechendes Antidot zur Verfügung.

Eine Vergiftung mit Paracetamol kann neben den Folgen der Methämoglobinbildung, die die Sauerstoffversorgung im Körper beeinträchtigt, noch nach Tagen infolge einer Lebernekrose zum Tod führen. Hier können neben der allgemeinen Elimination N- Acetylcystein (initial 140 mg / kg p.o / i.v., dann 70 mg / kg alle 4-6 Stunden während

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Einleitung

6 36 h) und zusätzlich Ascorbinsäure 30 mg / kg alle 6 Stunden p.o. verabreicht

werden (Kietzmann 2003, Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Ibuprofen und andere NSAID führen zu einer Schleimhautirritation, -erosion und - ulzeration im MDT sowie als Folgeschäden zu Anämie und als Spätfolge zur

Schädigung von Knochenmark. Für das Ibuprofen besteht die Gefahr einer toxischen Wirkung schon bei einer einmaligen Gabe von 100 mg/kg beim Hund bzw. 50 mg/kg bei der Katze oder einer längeren Gabe von 8 mg/kg/Tag beim Hund. Misoprostol (synthetisches Prostaglandin E2) kann beim Hund therapeutisch eingesetzt werden (1-5 µg/kg zwei- bis dreimal täglich p.o.) (Clinitox).

Wurden Benzodiazepine aufgenommen, die in der Humanmedizin als Psychopharmaka eingesetzt werden, so kommt es abhängig von der aufgenommenen Menge zu Sedation, Narkose, Koma und Hypopnoe. Das

entsprechende Antidot Flumazenil (0,01 mg/kg) muss vorsichtig eingesetzt werden, da es bei zu raschem Erwachen zu Erregungszuständen und Aggression kommen kann (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Auch tierische Gifte (Schlange, Skorpion, Spinne) stellen, neben den regional natürlich vorkommenden Kreuzottern, durch die zunehmende Haltung von

exotischen Haustieren eine gewisses Gefahrenpotential für Hund und Katze dar. In einem solchen Fall ist das Kühlen und Immobilisieren der getroffenen Körperpartie wichtig. Therapeutisch stehen eine eventuell nötige Schockbehandlung,

Antihistaminika, Glukokortikoide sowie Antibiotika an erster Stelle. Die Behandlung mit einem entsprechenden Antiserum ist nur bei schwerem Verlauf sowie genau bekanntem Toxin in Erwägung zu ziehen, da Antiseren schlecht verfügbar und teuer sind und die Gefahr einer schweren allergischer Reaktion besteht (Allergietest mit Antiserum: 0,1 ml 1:10 verdünnt intrakutan, 15 min warten!) (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Einige andere häufige Vergiftungen lassen sich nur symptomatisch behandeln.

Bei der Aufnahme von Schokolade ist deren Kakao- und damit Theobromingehalt entscheidend. Während dieser bei Milchschokolade pro 100 g nur 140-210 mg beträgt, sind dies bei Bitterschokolade 1370-1580 mg und bei Kakaopulver 1400-

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Einleitung

7 2000 mg, so dass es gerade bei kleineren Hunden (LD50 150-300 mg/kg) und der Aufnahme von Bitterschokolade zu schwereren Vergiftungserscheinungen kommen kann. Dies sind neben anfänglicher Übelkeit und Erbrechen nach 6-8 Stunden Unruhe, Muskeltremor, Hyperreflexie und Krämpfe sowie erhöhte Herz- / Atemfrequenz und Körpertemperatur. Hier kann neben den allgemeinen Eliminationsmaßnahmen Lidocain oder Propranolol zur Kontrolle der

Kardioarrhythmie sowie Diazepam bei Krämpfen eingesetzt werden (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Bei Metaldehyd (LD50 500 mg/kg), das 3,5-10%ig als Schneckenkorn eingesetzt wird, kommt es nach anfänglichem Speicheln, Erbrechen und Durchfall etwa 1-3 Stunden nach der Aufnahme zu Lähmungen, Krämpfen, Tachykardie, Nystagmus, Somnolenz bis Koma und Atemnot, die nur symptomatisch behandelt werden

können. Da dieses Präparat aber bis zu 15 Stunden an der Schleimhaut von Magen und Darm haftet und nur langsam aufgelöst und resorbiert wird, ist eine Elimination aus Magen und Darm im Gegensatz zu vielen rasch aufgenommenen Toxinen noch viele Stunden nach der Aufnahme sinnvoll (Nägeli und Wegmann Ehrensperger 2018).

Bei vielen Intoxikationen, zu denen die Aufnahme von Giftpflanzen sowie die Aufnahme eines unbekannten Toxins gehören, stehen als therapeutische Maßnahmen nur die Elimination und symptomatische Therapie zu Verfügung.

Hier spielt die Adsorption an Aktivkohle, die auch bei unbekanntem Toxin und nahezu allen Tierarten eingesetzt werden kann, eine wichtige Rolle. Darüber hinaus ist die genaue Überwachung des Verlaufs, auch anhand von Laborwerten und die symptomatische Therapie beobachteter Veränderung oft die einzige Möglichkeit. Als neueres Verfahren wird bei Hund und Katze bei bekanntem lipophilem Toxin

(Permethrin, Ivermectin) inzwischen vereinzelt die Intravenöse Lipid Emulsion (ILE) eingesetzt (beispielsweise Bates et al. 2013, Kuo u. Odunayo 2013, Kidwell et al.

2014).

Neben Vergiftungen durch bereits bekannte Stoffe sowie die Vorstellung von

Patienten, bei denen das aufgenommene Toxin unbekannt ist, ist der Tierarzt in der

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Einleitung

8 Praxis immer wieder mit der Aufnahme neuartiger Toxine mit unbekannten

Folgeerscheinungen konfrontiert. So führen Xylitol und andere Zuckeralkohole, die als Zuckeraustauschstoff in Lebensmitteln eingesetzt werden, beim Hund zu Hypoglykämie und Leberversagen (ab 0,5 mg/kg Xylitol). Auch werden vom Tierbesitzer immer neue Trends alternativer Behandlungen wie Teebaum-, Schwarzkümmel- oder Kokosöl ohne tierärztlichen Rat ausprobiert.

So sind Katzen durch Öle, die als Spot on aufgetragen und bei der Fellpflege oral aufgenommen werden, gefährdet. Auch der neueste Trend verschiedenster Anwendungen von Kokosöl ist kritisch zu betrachten - zumindest warnen

Sacks et al. 2017 beim Menschen vor den Folgen für das Herz- / Kreislaufsystem dieser gesättigten Fettsäuren als Nahrungszusatz für den Menschen.

Für den Tierarzt in der täglichen Praxis bleibt neben den eigenen Erfahrungen und einem allgemeinen Überblick der als relevant eingestuften Giftstoffe in Lehrbüchern meist nur die Recherche im Internet zu der möglichen Toxizität aufgenommener potenzieller Giftstoffe.

1.3 Epidemiologische Situation in Deutschland

Da in Deutschland keine systematische Erfassung von Vergiftungsfällen bei

Haustieren erfolgt, stehen für einen Überblick hierzu nur veröffentlichte Fallberichte, Statistiken zu Meldungen an TIZ sowie retrospektive Studien von

Patientenkollektiven zur Verfügung (McFarland et al. 2017a).

Am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) laufen derzeit Vorbereitungen für das Nationale Vergiftungsregister. Dabei handelt es sich um das Pilotprojekt zum nationalen Monitoring von Vergiftungen (PiMont) in Zusammenarbeit des BfR mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, der Gesellschaft für Klinische Toxikologie und allen TIZ in Deutschland. Ziel ist es, die Datensammlungen der TIZ in Deutschland, die auch Daten über Anrufe zu

Tiervergiftungen sammeln, sowie die Meldungen der Ärzte nach § 16 e Abs. 2 und der Industrie nach § 16 e Abs.1 des Chemiekaliengesetzes zusammenzuführen.

Vorerst werden hierfür allerdings nur ausgewählte Produktgruppen (prospektiv:

Botulismus, Ricin, Nahrungsergänzungsmittel + E-Zigaretten, Imprägniersprays und

(15)

Einleitung

9 die Fischvergiftung Ciguatera durch tropischen Fisch) erfasst und ausgewertet. Erste Ergebnisse des PiMont werden als Projektabschluss-Symposium am 24.09.2019 am BfR vorgestellt. (Desel 2019).

Bei Betrachtung der schon vorab verfügbaren Daten fällt auf, dass von den prospektiv von Mai 2018 bis Februar 2019 gesammelten Fällen 2.583 von 3.512 Datensätze keine klinischen Informationen enthalten, die Rückschlüsse auf den Verlauf der Vergiftungen zulassen würden. Auch waren die aus den 2001 bis 2013 nach § 16 e Abs. 2 des Chemikaliengesetzes gesammelten Meldungen der Ärzte von 2001 (8000 Meldungen) bis 2006 (4000 Meldungen) rückläufig und blieben bis 2013 bei dieser Meldezahl. Dies entspricht bei einer Bevölkerungszahl von 80,8 Millionen im Jahr 2013 in Deutschland einer gemeldeten Vergiftung pro 69.000 Einwohnern.

Zudem handelt es sich hier fast ausschließlich um BG (Berufsgenossenschaft)-

Meldungen, das heißt Vergiftungen, die im beruflichen Umfeld beobachtet und einem Arzt vorgestellt wurden. Auch wurden in den Jahren 2011-2013 nur je vier bis fünf Todesfälle gemeldet, davon zwei durch Rauchgase (Desel 2019), während das Statistische Bundesamt 650 Todesfälle durch Akzidentielle Vergiftungen sowie weitere, nicht genau zu beziffernde, Todesfälle durch Exposition von Rauch verzeichnet hat. Dies zeigt, dass hier nur ein gewisser Anteil der Vergiftungsfälle erfasst wird. Eine Erfassung der Daten von Tiervergiftungen über die TIZ findet zusätzlich zur Datensammlung der humanmedizinischen Fälle statt.

Ziel dieser Arbeit war es daher in einem ersten Schritt anhand einer Literaturübersicht die als relevant dargestellten Giftstoffe für Haustiere in

Deutschland darzustellen. Da die meisten Vergiftungsereignisse bei Kleintieren aufzutreten scheinen, wenngleich bei Nutztieren und Pferden oft größere Tierzahlen betroffen sind, wurde die sich anschließende Praxisstudie in Zusammenarbeit mit nach Lage und Größe exemplarisch ausgewählten, freiwillig teilnehmenden

Kleintierpraxen durchgeführt. Diese retrospektive wie prospektive Praxisstudie diente dazu die relevant erscheinenden Toxine mit den beobachteten Vergiftungsfällen im tierärztlichen Alltag zu vergleichen. Dabei wurde auch betrachtet wie diese im Vergleich zu symptomatisch ähnlichen Erkrankungen zu bewerten sind. Durch eine Erhebung der Patientenpopulation der teilnehmenden Praxen kann die Bedeutung

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Einleitung

10 der Vergiftung für Kleintiere abgeschätzt sowie ein Vergleich zu anderen Studien gezogen werden.

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Wissenschaftliche Publikationen

11 2 Wissenschaftliche Publikationen

2.1 Paper 1

S. Allkämper, M. Kietzmann und L. Kreienbrock (2015):

Ein aktuelles Bild der für Haustiere relevanten Toxine

– Literaturübersicht und Auswertung toxikologischer Institutseinsendungen.

Prakt. Tierarzt 96: 896-905. Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Hannover. DOI: svg.to/haustiertoxine

Zusammenfassung

Für die Literaturübersicht wurden deutschsprachige Lehrbücher zu den einzelnen Tierarten, Veröffentlichungen von Vergiftungen in Deutschland (1998-2015), zahlreiche internationale Studien zu Vergiftungsfällen im Patientengut und Daten von Toxikologischen Informationszentren sowie Meldungen von

Pflanzenschutzmittelvergiftungen bei Wirbeltieren an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ausgewertet.

Bei Hunden haben Pestiziden (Cholinesterasehemmer, Cumarinderivate, Schneckenkorn) und Arzneimittel, vor allem Avermectine, Schmerzmittel und Humanarzneimittel, derzeit die größte Bedeutung als Ursache von Vergiftungen.

Darüber hinaus geht von einer Vielzahl weiterer Toxine eine Gefahr aus, zu denen neben Lebensmitteln, Rauschmitteln, Chemikalien und biologischen Giften

(Pflanzen, Tiere, bakterielle Toxine), in seltenen Fällen sogar das Strychnin gehört.

Für Katzen haben Arzneimittel, und hier vor allem Permethrin, vor Pestiziden, Pflanzen und Haushaltschemikalien die größte Bedeutung.

Bei Pferden sind Botulinumtoxin und Pflanzen und bei Nutztieren Fehldosierungen von Futterzusätzen und toxische Futterbestandteile die wichtigsten dokumentierten Ursachen von Vergiftungen. Für Ziegen und Heimtiere gibt es nur wenige

Veröffentlichungen zu diesem Thema und für Wildtiere wird vor allem über Insektizidvergiftungen berichtet.

In einer retrospektiven Untersuchung wurden Daten aus Begleitschreiben und Laborblättern von 251 toxikologischen Einsendungen zu Vergiftungsverdachtsfällen an das Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Stiftung

Tierärztliche Hochschule Hannover aus den Jahren 1998-2006 ausgewertet.

Einsender der Proben waren Privatpersonen, Tierärzte, Institute, Labors und öffentliche Stellen. Im Labor wurden allerdings mit wenigen Ausnahmen nur Nachweise auf Cholinesterasehemmer und Cumarinderivate angeboten.

Dabei zeigten die Einsendungen über die Jahre eine abnehmende Frequenz.

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Wissenschaftliche Publikationen

12 Das Probenmaterial von 269 Vergiftungsverdachtsfällen stammte zu 54 % von Tieren (61 % Hund, 11 % Katze, 9 % Pferd, 8 % Nutztiere, 9 % andere, 3 % unbekannt).

Die übrigen Proben stammten aus der Umgebung der Tiere. 63 % der Tiere, bei denen das Begleitschreiben oder das eingesandte Material einen Rückschluss auf den Zustand des Tieres zuließ, war zum Zeitpunkt des Probenversands bereits verstorben. Weitere 12 % zeigten vergiftungstypische Symptome

(Gerinnungsstörungen, ZNS-Störungen, cholinerges Syndrom).

29 % der Proben mit bekannter Tierart waren positiv auf die untersuchten Toxine (76 % Hund, 15 % Katze, 10 % Nutztier / Pferd). Proben aus der Umgebung der Tiere waren dagegen nur zu 19 % positiv.

Durch das eingeschränkte Angebot wurden hauptsächlich Cholinesterasehemmer nachgewiesen (59 %). Diese machen beim Hund sogar 74 % der positiven Proben, und damit 26 % aller Proben vom Hund aus.

Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass die Vergiftung in der Kleintierpraxis eine gewisse Rolle spielt, dass deren Ursachen und Auswirkungen sich aber in den toxikologischen Einsendungen nicht widerspiegeln.

Eine systematische und aktuelle Untersuchung in der Praxis soll diese Frage daher klären.

(19)

Wissenschaftliche Publikationen

13 2.2 Paper 2

Allkämper A, Kösters S, Campe A, Kietzmann M, Kreienbrock L (2018):

Vergiftungsverdachtsfälle in der Kleintierpraxis – eine retrospektive und prospektive Erfassung. Tierärztl. Prax. 46 (K): 145-155. DOI:

dx.doi.org/10.15654/TPK-170475, Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart Abstract

Ziel: Systematische Untersuchung der Behandlungsdaten von Patienten, die mit Vergiftungsverdacht in Kleintierpraxen vorgestellt wurden.

Material und Methoden: In 11 exemplarisch ausgewählten Kleintierpraxen erfolgten eine Auswertung der elektronischen Daten von Vergiftungsverdachtsfällen über 2 Jahre (2006 und 2007), eine Evaluierung der von den Tierärzten im Zeitraum eines Jahres (2009/2010) ausgefüllten Erhebungsbögen zu Vergiftungsverdachtsfällen sowie eine Auswertung der „Kontaktgruppe”, d. h. aller Patienten mit mindestens einem Besuch in 2007.

Ergebnisse: Im Jahr 2007 wurde etwa 1 von 200 Hunden bzw. 1 von 500 Katzenpatienten mit einer Vergiftung vorgestellt. Über 70 % der Fälle betrafen Hunde, wobei einige Jagdhunderassen häufiger betroffen waren als ihrem Anteil an der Patientenpopulation entsprechen würde. Der Verdacht war retrospektiv vor allem bei kastrierten Hunden begründet. Neben zahlreichen unspezifischen Symptomen wurden häufig Blutungen beobachtet. Bei ZNS-Symptomen oder kritischem

Allgemeinzustand lag vermehrt ein begründeter Verdacht vor. Bei unbegründetem Vergiftungsverdacht bestand meist eine Entzündung im Magen-Darm-Trakt. Weitere häufige Erkrankungen waren Infektionen, Tumoren und Autoimmunerkrankungen.

Als häufigste Toxine wurden retrospektiv Cumarinderivate (37 %), Arzneimittel (10

%) und Schokolade (7 %) ermittelt. Prospektiv war der Anteil von Arzneimittel- und Pflanzenvergiftungen größer. Die Diagnose wurde meist anhand von Anamnese und klinischem Bild gestellt. Die Behandlung erfolgte überwiegend symptomatisch.

(20)

Wissenschaftliche Publikationen

14 Schlussfolgerungen: Eine Vergiftung mit Cumarinderivaten stellt bei Hunden, aber auch Katzen die häufigste Vergiftung dar. Die Gefahr durch Permethrin für Katzen ist weiterhin aktuell. In der täglichen Praxis wird meist ohne Toxinnachweis

symptomatisch therapiert. Dabei ist das ursächliche Toxin oft nicht bekannt. Gerade deshalb sollten zusätzliche Maßnahmen zur Elimination (Magen- / Rektumspülung, medizinische Kohle, Lipidtherapie) als Therapieoption mit einbezogen werden. Eine erfolgreiche systematische prospektive Erhebung im Praxisalltag erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen Praxis und Untersucher.

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Diskussion

15 3 Diskussion

Diese Diskussion setzt sich aus vier Abschnitten zusammen.

Im ersten Teil wird die 2015 erstellte Übersicht für Haustiere relevanter Toxine (Paper 1) mit neuesten Veröffentlichungen zu Daten von Vergiftungen in Deutschland verglichen.

Der zweite Teil stellt Möglichkeiten und Grenzen der retrospektiven und prospektiven Fallerfassung in der Praxisstudie (Paper 2) dar und setzt diese zu ähnlichen Studien in Beziehung.

Teil 3 betrachtet den derzeitigen wissenschaftlichen Stand veterinärmedizinischer Praxisstudien mit Populationsbezug in Europa.

Der abschließende vierte Teil zeigt Möglichkeiten zukünftiger Datenerhebung im tierärztlichen Praxisalltag auf.

3.1 Aktualisierte Literaturübersicht:

Relevante Toxine für Haustiere in Deutschland

Als erster Schritt dieser Untersuchung wurden die verfügbaren Daten zu Vergiftungen bei Haustieren in Deutschland ausgewertet. Die als relevant

dargestellten Toxine in deutschsprachigen Lehrbüchern zu den einzelnen Tierarten sowie Fallberichte aus Deutschland 1998-2015 wurden mit Meldungen an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), an

Toxikologische Informationszentren (TIZ) und toxikologische (tox.) Einsendungen an die Stiftung Tierärztliche Hochschule (TiHo) Hannover 1998-2006 verglichen.

Die aus diesem Vergleich als bedeutsam erachteten Giftstoffe wurden den Ergebnissen internationaler Studien gegenübergestellt (Paper 1).

Bei allen hier dargestellten Untersuchungen handelt es sich um die Auswertung retrospektiver Daten. Bei diesen zeigt sich, dass vom Ereignis Vergiftung vor allem Hunde und Katzen betroffen sind, dass aber bei Vergiftungen von Pferden, Nutz- und Wildtieren oft größere Tierzahlen involviert sind. Dabei haben bei Hunden und

Katzen Arzneimittel und Pestizide, bei Hunden zusätzlich Lebens- und Genussmittel,

(22)

Diskussion

16 bei Pferden giftige Pflanzen und bei Nutztieren fehlerhafte

Futterzusammensetzungen und -kontaminationen die größte Bedeutung.

Eine breitangelegte Untersuchung retrospektiver Daten von Vergiftungsfällen in Deutschland von McFarland et al. 2017a kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Hier wurden Daten von fünf deutschen TIZ der Jahre 2012-2014, von Vergiftungsfällen bei Hunden, Katzen und Pferden an der Kleintier- bzw. Pferdeklinik der TiHo Hannover in 2013-2015, Meldungen über fehlerhafte Anwendung von

veterinärmedizinischen Produkten an das BVL sowie tox. Einsendungen 2012-2015 an das Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der

Veterinärmedizinischen Fakultät der LMU München ausgewertet. Auch hier waren überwiegend Hunde und Katzen betroffen (TIZ 76 / 18 %, TiHo 81 / 14 %, BVL 30 / 70%, tox. Einsendungen LMU 60 / 12 %). Allerdings ist der Anteil der Rassehunde der Fälle an der TiHo (75,6 %) wie in den Meldungen an das BVL (79,3 %) deutlich höher als in der Patientenpopulation der teilnehmenden Praxen in der hier

vorgelegten Studie (64,8 %). Dies spricht für eine höhere Motivation der Besitzer von Rassehunden zu weiterer Abklärung, die zu einem höheren Anteil an Überweisungen bzw. Meldungen an das BVL führt. Auffällig ist der hohe Anteil von 70% Vergiftungen bei Katzen in den Meldungen an das BVL. Dies spiegelt das hohe

Vergiftungspotential permethrinhaltiger Präparate für den Hund wider, die vom Tierbesitzer bei Katzen angewandt werden. Außerdem zeigte sich in den

toxikologischen Einsendungen ein hoher Anteil von Vergiftungen bei Pferden (14%), bei denen zudem der hohe Anteil der Cumarinderivate (48%) auffällt. Während auch in dieser Untersuchung Pestizide und Arzneimittel bei Hunden und Katzen sowie Pflanzen bei Pferden zu den häufigsten Toxinen zählten, wurde an der Tierärztlichen Hochschule zusätzlich ein hoher Anteil an Vergiftungen durch Schokolade bei

Hunden beobachtet. Das Untersuchungsspektrum der toxikologischen Einsendungen an der LMU war breiter angelegt als in unserer Untersuchung, so dass neben

Cumarinderivaten (34%) und Acetylcholinesterasehemmern (Organophosphate 20%, Carbamate 11%) auch häufig Metaldehyd (18%) nachgewiesen wurde.

Zu potenziell in Deutschland aktuell relevanten Toxinen gibt es Fallberichte zu Vergiftungen mit Goldhafer bei Pferden (Bockisch et al. 2015), Kochsalz durch

(23)

Diskussion

17 Wassermangel bei Schweinen (Detlefsen et al. 2018), einem Cumarinderivat bei Hühnern (Kümmerfeld / Kummerfeld 2018), Kohlenmonoxid (Kolecka et al. 2017) und einem OPC-Präparat (oligomere Proanthocyanidin) aus Traubenkern (Hofmann 2018) bei Hunden, Haushaltsreiniger (Dörfelt / Richter 2018) und Ethylenglykol (Naglo-Dünner et al. 2018) bei Katzen sowie einer Vergiftung durch Emodepsid- haltiges Profender ® bei einem Hund mit MDR-1-Defekt (Weber 2014).

Insgesamt zeigt sich somit, dass auch weiterhin eher unsystematische Fallberichte überwiegen und eine systematische Erfassung von Vergiftungsfällen auch weiterhin eine besondere und nachhaltige Herausforderung darstellt.

3.2 Erkenntnisse der Praxisstudie

Aufbauend auf der Einschätzung, dass das Ereignis Vergiftung überwiegend bei Hund und Katze zu beobachten ist, die Auswertung von Laborproben und Anfragen an TIZ die Art und Bedeutung von Vergiftungen in der täglichen tierärztlichen Praxis aber nur begrenzt widerspiegelt, wurden Vergiftungsverdachtsfälle in exemplarischen Kleintierpraxen erhoben (Paper 2).

Für diese Studie wurden Praxen ausgewählt, die überwiegend Kleintiere behandeln, und ein breites Behandlungsspektrum anbieten, um aus der Auswertung möglichst allgemeingültige Aussagen ableiten zu können. Zum selben Zweck wurden kleine wie große Praxen in unterschiedlich dicht besiedelten Einzugsgebieten einbezogen.

Da für die retrospektive Untersuchung von Vergiftungsverdachtsfällen die elektronischen Behandlungsdaten aus zwei Kalenderjahren analysiert wurden, konnten nur Praxen mit ausschließlicher Verwaltung der Patientenakten über eine Praxissoftware ausgewählt werden. Diese Tatsache führt zwangsläufig zu einer Selektion der teilnehmenden Praxen. Es ist davon auszugehen, dass Eigenschaften der Tierärzte, die das Praxismanagement beeinflussen auch mit Diagnostik,

Behandlungsansätzen sowie Dokumentation assoziiert sind. Von einer ebensolchen Selektion ist auszugehen, da nur motivierte Kollegen zur Teilnahme an einer solchen Studie bereit sind. So sprechen auch Green et al. 1993 von einem grundsätzlichen

(24)

Diskussion

18 Zielkonflikt zwischen Teilnahmebereitschaft und Repräsentativität, da nur freiwillige Teilnehmer über ausreichend Idealismus und Motivation für eine Studie verfügen.

Selbst mit diesen Voraussetzungen kommt es zu der auch in dieser Studie

beobachteten Mindererfassung trotz erhöhter Aufmerksamkeit. Grund dafür ist die erhebliche und bedauerliche Diskrepanz zwischen Interesse und dem durch enorme Arbeitsbelastung eingeschränkten Vermögen, dies durch Mitarbeit zu realisieren (Umwelthygiene 1996). Dies ist vermeintlich auch der Grund, warum sich keine Praxis auf einen Aufruf zur Teilnahme im Tierärzteblatt 04/2008 meldete, während sich durch einen direkten telefonischen wie persönlichen Kontakt dann doch einige Praxen fanden.

Neben Zeitmangel war einer der Hauptablehnungsgründe von Tierärzten, deren Praxen für die Studie in Frage kamen, die Tatsache, dass sie einem

Außenstehenden Zugang zu ihren Patientenakten gewähren sollten. Obwohl eine anonymisierte Auswertung in Bezug auf Kunden- wie Praxisdaten zugesagt wurde, konnten einige Kollegen keiner Teilnahme zustimmen. Hier besteht für zukünftige Arbeiten die Möglichkeit mit Hilfe von kurzen Meldebögen zur Datenerfassung zu motivieren, ohne Einsicht in die Patientenakten geben zu müssen.

Die retrospektive Auswertung von Patientenakten über einen Zeitraum von zwei Jahren ermöglichte eine, abhängig von der jeweiligen Praxissoftware, fast identische systematische Suche in allen Praxen. Die daraus gewonnenen Daten zu

Vergiftungsverdachtsfällen ergaben ein Abbild der Vergiftungen im Praxisalltag und ermöglichten die Entwicklung der Erhebungsbögen. Vorteil dieser Daten ist, dass sie ohne Beeinflussung durch die Studie und ohne Störung des Praxisalltages zur

Verfügung stehen. Nachteil dieser Sekundärdaten ist, dass sie hauptsächlich zu Abrechnungszwecken erhoben werden, obwohl die Tierärzte bei der Dateneingabe in der Patientenakte auch ihrer Dokumentationspflicht nachkommen müssen. Gerade in größeren Praxen dienen die Einträge zusätzlich der Information mitbehandelnder Kollegen, weshalb diese häufig deutlich ausführlicher sind. Eine weitere

Einschränkung ist hier die nicht standardisierte Eingabe von Freitext, die die Gefahr von Übererfassung durch Fehlklassifikation wie Untererfassung durch nicht erfasste Fälle birgt.

(25)

Diskussion

19 Die einjährige prospektive Erhebung von Vergiftungsverdachtsfällen führte durch den geschilderten Zeitmangel im Praxisalltag vor allem zu einer Erhebung von Fällen mit ausgeprägtem Krankheitsbild. Obwohl schriftlich kommuniziert wurde, dass alle Fälle mit Vergiftungsverdacht erfasst werden sollten, wurden hier fast ausschließlich für den behandelnden Tierarzt eindeutige Vergiftungsereignisse notiert. Zudem war eindeutig ein Vergessen über den Verlauf der Studie zu erkennen, so dass für zukünftige Arbeiten die Bedeutung einer engen Kontaktpflege zu betonen ist.

Untersuchungen in der Tiermedizin in Deutschland, an der mehrere Praxen teilnehmen oder die einen Populationsbezug herstellen, sind wenig veröffentlicht.

Eine solche Studie haben Klinger et al. 2016 mit 5 teilnehmenden Kleintierpraxen aus ganz Deutschland durchgeführt. Hier wurden alle behandelten Fälle über einen bestimmten Zeitraum mittels Erhebungsbögen erfasst und analysiert. Diese diente dazu die Bedeutung unterschiedlicher Erkrankungen in der täglichen Kleintierpraxis zu ermitteln, um Empfehlungen für die entsprechende Aus- und Weiterbildung geben zu können. Dabei wurden ebenfalls anhand der Daten aus Erhebungsbögen neben der Diagnose auch Patientendaten, Diagnosefindung und Therapie ausgewertet.

Die beschriebene Patientenpopulation besteht aus rund 5000 Patienten, wobei in 2 Praxen nur die Patienten von je einer Woche pro Monat über insgesamt 6 Monate und in den übrigen 3 Praxen der komplette Zeitraum erfasst wurden. Der Anteil der Hundepatienten liegt mit 57,6% höher, der an Katzen- (30,0%) und Heimtierpatienten (11,2%) entsprechend etwas niedriger als in dieser Studie (Hund 48%, Katze 36%, Heimtier 16%). Auch in dieser Studie liegt der Anteil der Vergiftungen bei ca. 1%, wobei hier keine Diagnosekriterien dargestellt wurden.

Als Patientenpopulation wurde die Kontaktgruppe der teilnehmenden Praxen, das heißt alle Patienten mit mindestens einem Besuch im betrachteten Kalenderjahr betrachtet. Diese diente dazu die Erkrankungen in Relation zur Gesamtheit der Patienten zu setzen. Die Kontaktgruppe dient als Schätzer der Population mit Arztkontakt. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass einige Tiere trotz Erkrankung und potenziellem Arztbesuch dieser Erfassung entgehen, da sie vorher sterben, der Besitzer die Erkrankung als nicht behandlungswürdig einstuft, diese selbst versorgt oder sich aus finanziellen Aspekten gegen eine Behandlung entscheidet.

(26)

Diskussion

20 Die in beiden Studien jeweils ermittelte Patientenpopulation ist ein guter Schätzer der für Tierärzte interessanten Gruppe an Tieren, deren Wohl und Erkrankungen sie zu betrachten haben, während die zugrundeliegende komplexere Bezugsgröße der Gesamtpopulation an Hunden, Katzen und Heimtieren kaum zu ermitteln und durch die Nullgruppe (Streuner, Tierbesitzer ohne Tierarztkontakt) für Tierärzte auch weniger interessant ist.

Außerdem werden in Deutschland derzeit vereinzelt Studien durchgeführt, um einen Bezug zwischen der Gesundheit von Haustieren und den mit ihnen

zusammenlebenden Menschen herzustellen und Risiken für die menschliche Gesundheit abzuschätzen (mehrere Veröffentlichungen zu einer MRSA-Studie bei Hund, Katze & Pferd im Rahmen von OneHealth, unter anderem Vincze et al. 2014).

Dies stellt sich in der Humanmedizin vollkommen anders dar. Hier werden im Rahmen der sogenannten Versorgungsforschung sowohl Daten aus nationalen wie lokalen Registern als auch Daten aus der klinischen und ambulanten Versorgung systematisch zu wissenschaftlichen Zwecken genutzt (Swart et al. 2014). Studien zur Erfassung und Auswertung multizentrischer Patientendaten gibt es in der

Humanmedizin beispielsweise zu definierten Krankheiten wie Asthma / COPD

(Kanniess et al. 2019) und Rheuma (Richter et al. 2019). Ziel ist dort die Entwicklung und Erfolgskontrolle neuerer Behandlungsstrategien bei diesen multifaktoriellen Erkrankungsbildern anhand von digitalen Patientendaten, die im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Dokumentation nicht erfasst werden. Darüber hinaus werden verschiedene Studien durchgeführt, die die systematische Erfassung von Symptomen der Patienten großer medizinischer Versorgungszentren zusätzlich zu den Routinedaten testen. Diese sind darauf ausgerichtet häufige Vorstellungsgründe und deren zugrundeliegende Krankheitsbilder zu ermitteln bzw. das Bewusstsein hierfür zu prüfen, um die Versorgung der Patienten zu optimieren. Beispiele dazu sind die Studien zu Vorstellungsgründen in der Notaufnahme (Greiner et al. 2018) Schmerz (Schiek et al. 2016) oder Atemnot (Simon et al. 2017).

Die hier behandelte Fragestellung der Vergiftung lässt sich in diesem Sinn beiden Komplexen, d.h. sowohl der Erkrankung wie auch der Erhebung von Befunden

(27)

Diskussion

21 zuordnen, so dass im Studiendesign die Fragestellung nach dem Verdacht der Vergiftung gegen zugrundeliegende Symptomenbilder abzugrenzen ist.

3.3 Europäische Studien mit Populationsbezug

Mit Hilfe der Suchmaschine „VetSearch“ wurden die gängigen Literaturdatenbanken nach europäischen deutsch- und englischsprachigen Artikeln in Fachzeitschriften zu Studien über Vergiftungsverdachtsfälle bei Hund und Katze mit Populationsbezug in den letzten zehn Jahren durchsucht.

Bei dieser Recherche konnten zu Vergiftungen ausschließlich Studien retrospektiver Daten ermittelt werden. Aus Skandinavien fand sich selbst hierzu keine Studie. Aus Osteuropa gibt es eine Studie aus Tschechien von Modra und Svobodova 2009, die Meldungen an das State Veterinary Institute der Faculty of Veterinary and

Pharmaceutical Science Brno, Anfragen an das Toxicological Information Centre (TIS) und Fallberichte aus Tschechien aus den Jahre 1998-2008 ausgewertet haben.

Aus Westeuropa finden sich zahlreiche retrospektive Studien zu Vergiftungen.

Die oben geschriebene Studie von McFarland et al. 2017a wertet in einer breit angelegten Studie Daten von TIZ, Klinikdaten, Meldungen an das BVL und toxikologische Proben aus.

Vandenbroucke et al. 2010 in Belgien und Wang et al. 2007 in Österreich

beschreiben Daten von Einsendungen zur toxikologischen Untersuchung. Aus der Schweiz liegen die Auswertungen der Daten des nationalen TIZ von 1997-2006 (Curti et al. 2009) und 2003-2012 (Schediwy et al. 2015) vor.

Auch aus dem Mittelmeerraum finden sich zahlreiche Studien retrospektiver Daten zu Vergiftungen. Hier handelt es sich hauptsächlich um die Auswertung von

Anfragen an TIZ (Berny et al. 2010a (Frankreich) - Guliano Albo / Nebbia 2004, Caloni et al. 2012, 2013, 2014, 2016 (Italien) - Motas-Guzmán et al. 2003, Pérez- López et al. 2004 (Spanien).

(28)

Diskussion

22 Bille et al. 2016 werten für Italien wie Martínez-Haro et al. 2008 für Spanien

toxikologische Laboreinsendungen zu Vergiftungsfälle aus, die trotz Verbots der ursächlichen Pestizide auftreten.

Ähnlich der hier vorgelegten Arbeit untersuchen Calzetta et al. 2018 in Italien in einer Querschnittstudie Häufigkeit und Art von Vergiftungen in der Patientenpopulation.

In der ersten Phase (Januar 2015 - Januar 2016) wurden anhand der Daten der Hundepatienten von 73 Tierkliniken (Trainingspopulation) die Inzidenz der Vergiftungen ermittelt sowie Thesen zum Vergiftungsrisiko abhängig vom

geographischen Einzugsgebiet der Kliniken aufgestellt. Hier wurde bei etwa 1% der Hundepatienten eine Vergiftung pro Jahr beobachtet. Ein signifikanter Einfluss von Geschlecht, Alter oder Körpergewicht auf das Vergiftungsereignis war nicht

nachzuweisen. In der zweiten Phase (April 2016 - April 2017) mit den Daten der Hundepatienten aus 12 anderen Tierkliniken (Testpopulation) konnte der

geographische Einfluss auf die Art der Vergiftung als signifikant nachgewiesen werden. So war das Risiko für Haushunde in der Küstenregion Italiens für eine Vergiftung mit antikoagulanten Rodentiziden (OR 1,81) und Metaldehyd (OR 1,61) hoch, während für Haushunde im Hügelland Italiens das höhere Vergiftungspotential von Organophosphaten (OR 1,73), Metaldehyd (OR 2,26) und Strychnin (OR 1,86) und in der Gebirgsregion nahezu ausschließlich für Strychnin (OR 3,79) gezeigt werden konnte.

Beide Studien betrachten den Einfluss der Lage der Praxen / Kliniken – im Vergleich zu der breit angelegten italienischen Studie, die auf Unterschiede nach Regionen des Landes eingeht, prüft diese Studie lokale Einflüsse der Bevölkerungsdichte.

Während hier alle Kleintierpatienten der teilnehmenden Praxen einbezogen werden, betrachten Calzetta et al. 2018 allerdings mit ca. 130.000 Hunden eine fast 100-fach größere Population an Hundepatienten. Die Studie überprüft die in der

Trainingsphase aufgestellten Thesen zu geographischen Einflüssen auf ursächliche Toxine und geht dabei nicht auf Symptome, Therapie und Verlauf der beobachteten Vergiftungen ein. Auch sind hier weder Details der Studiendurchführung noch der Patientenpopulation (Alter, Geschlecht, Rasse) beschrieben. In beiden Studien sind Cumarinderivate die häufigste Vergiftungsursache, im Gegensatz zu zahlreichen

(29)

Diskussion

23 Toxinen aus dem direkten Umfeld des Menschen (Arzneimittel, Schokolade,

Zierpflanzen) in Deutschland sind in der italienischen Studie aber weitere Pestizide (Organophosphate, Metaldehyd, Strychnin) von Bedeutung. Die Inzidenz der

Vergiftung ist mit ca. 0,5 % der Hundepatienten in dieser Studie deutlich geringer als bei Calzetta et al. 2018, da aber keine Details zu Studien- und Vergiftungsverlauf beschrieben sind lassen sich die Einstufungskriterien der Vergiftung nicht verglichen.

Übereinstimmend wird hier von einem hohen Anteil an Vergiftungen bei Hunden und Katzen berichtet, nur Modra und Svobodova 2009 beobachten in ihrer Untersuchung von Labordaten einen höheren Anteil an Proben von Nutztieren und Pferden und Vandenbroucke et al. 2010 neben Hund, Katze und Rind (15 / 10 / 10%) einen hohen Anteil an Proben von Vögeln (30% inkl. 20 % Bussard).

Ursächlich sind in allen Untersuchungen meist Arzneimittel und Pestizide bei Hund und Katze, Pflanzen bei Pferden und fehlerhafte Futterzusammensetzung /

Futterkontamination bei Nutztieren.

Bei einem Vergleich der neueren Untersuchung der Daten des STIZ von Schediwy et al. 2015 mit denen von Curti et al. 2009 fallen neu aufgetretene

Vergiftungsereignisse durch Rizinusdünger, Traubentrester, Pfefferspray und

eingetrocknete Fleischbrühe auf. In der Studie von Calzetta et al. 2018 wurde neben Cumarinderivaten (33%), Organophosphaten (29%) und Metaldehyd (15%) mit 13%

erstaunlich häufig Strychnin als ursächliches Toxin beobachtet. Dies bestätigt den weiterhin verbreiteten Gebrauch dieses Rodentizids in Südeuropa.

Eine Studie von Bille et al. 2016 zeigt mit 46% Carbamaten, 17% Metaldehyd und 16% Organochlorinen möglicherweise recht genau die in Italien für Giftködern verwendeten und damit für dort lebende Hunde gefährlichen Toxine auf, da der Gebrauch solcher Köder in Italien seit 2009 verboten und entsprechende

Vergiftungsfälle durch Missbrauch seitdem meldepflichtig sind.

Ein systematisches prospektives Monitoring wird für Vergiftungen in Deutschland nicht einmal für den Menschen durchgeführt (Feistkorn et al. 2019). Entsprechende Berichte über prospektive Studien, Fall-Kontroll-Studien oder systematisches

(30)

Diskussion

24 Monitoring von Vergiftungen aus der Veterinärmedizin finden sich in ganz Europa nicht.

Eine von McFarland et al. 2017a geplante systematische Erfassung von Vergiftungen bei Haustieren in Deutschland erbrachte nur 4 Meldungen mit insgesamt 7 Fällen (McFarland 2017b).

Auch über anderen Erkrankungen bei Kleintieren ergab die Suche keine deutsch- oder englischsprachigen Artikel aus Skandinavien, Osteuropa oder dem

Mittelmeerraum. Allerdings zeigt eine Übersicht von in England laufenden

systematischen Monitoringsystem zu Erkrankungen bei Kleintieren von Carruthers 2009, dass kaum Veröffentlichungen zu deren Ergebnissen durch die Suche über VetSearch zu ermitteln sind (beispielsweise Computer-based Investigation of Companion Animal Disease Awareness (CICADA) – Dog and Cat Travel and Risk Information (DACTARI) – Suspected Adverse Reaction Surveillance Scheme (SARRS)). Diese werden vermutlich überwiegend in Fachbüchern und

wissenschaftlichen Arbeiten sowie durch Vorträge publiziert. Bei den hier erwähnten Sammlungen von Daten zu Vergiftungen (Wildlife Incident Investigation Scheme – Veterinary Poisons Information Service) findet außerdem wiederum eine

retrospektive Auswertung statt.

Aus Westeuropa liegen prospektive Studien zu Durchfall bei Kleintieren (Jones et al.

2014) und Diabetes mellitus (O’Neill et al. 2016) aus England sowie die oben

beschriebene Studie zu Vorstellungsgründen in 5 deutschen Kleintierpraxen (Klinger et a. 2016) vor.

Eine Fall-Kontroll-Studie wurde in England zu Diabetes mellitus beim Hund

veröffentlicht (Mattin et al. 2014) und Keijser et al. 2017 vergleichen die Häufigkeit als rassetypisch eingestufter Erkrankungen bei Chihuahua, Labrador Retriever, Französischer Bulldogge und Perserkatze mit deren Häufigkeit bei der

Mischlingskontrollgruppe Hund / Katze.

Wie in dieser Arbeit und der Studie von Klinger et al. 2016 für eine kleine Anzahl von Praxen ermittelt, untersuchen Sánchez-Vizcaíno et al. 2017 in einer groß angelegten Studie mit 143 teilnehmenden Praxen, die Eigenschaften der Patientenpopulation in

(31)

Diskussion

25 englischen Kleintierpraxen. Im Vergleich ist dort der Anteil an Hunden (65%) noch höher und der an Heimtieren deutlich geringer (4%), während Katzen mit 30% einen ähnlichen bzw. gleichen Anteil haben.

Ein systematisches Monitoring von Erkrankungen bei Kleintieren ist mit einem

erheblichen finanziellen, organisatorischen und personellen Aufwand verbunden und setzt eine verlässliche Kooperation der Kollegen in den Kleintierpraxen voraus.

Daher zeigt diese prospektive Studie zum Auftreten von Vergiftungsfällen mit einer kleinen Anzahl teilnahmebereiter Kleintierpraxen Möglichkeiten wie Schwierigkeiten auf, Häufigkeiten sowie detaillierte Daten von Erkrankungen bei Kleintieren im Praxisalltag zu erheben.

3.4 Möglichkeiten zukünftiger Datenerhebung

Im tierärztlichen Alltag wird am häufigsten eine tatsächliche oder vom Besitzer befürchtete Gefährdung des Patienten durch eine beobachtete Aufnahme eines tatsächlich oder potenziell toxischen Stoffes mittels Elimination durch induziertes Erbrechen verhindert.

Zusätzlich kommt es selten, wie in den zuvor beschriebenen Studien mit einer Inzidenz von 0,5 – 1 % beobachtet, zu einer klinisch relevanten Vergiftung.

Dabei treten zum einen die klassischen Vergiftungen mit bekanntem Toxin, entsprechendem Krankheitsbild und bewährter Therapie auf (beispielsweise Cumarinderivate, Permethrin).

Zum anderen ist der Tierarzt aber auch mit Vergiftungsfällen konfrontiert, bei denen trotz Elimination und Intensivtherapie nach beobachteter Aufnahme eines bekannten Toxins ein schwerer bis tödlicher Verlauf nicht verhindert werden kann. So verstarb die Katze einer Tierarzthelfer trotz sofortiger Elimination mittels induzierten

Erbrechens und intensiver Infusionstherapie einige Tage nach der Aufnahme einer größeren Menge an Ibuprofen infolge Nierenversagen und Thrombembolie.

Ebenso schwierig wie frustrierend ist darüber hinaus das Auftreten klarer

Vergiftungsbilder wie „Unruhe – Zittern – gesteigerte Reflex – erhöhte Geräusch- und Lichtempfindlichkeit“ bei gleichzeitig unbekanntem ursächlichem Giftstoff.

(32)

Diskussion

26 Auch bleibt trotz der aktuellen weltweiten Vernetzung die Recherche nach den

möglichen Folgen der Aufnahme eines bekannten Stoffes mitunter erfolglos.

Da es wie in dieser Arbeit gezeigt kein systematisches Wissen zu Häufigkeit und Art von Tiervergiftungen gibt und selbst in der Humanmedizin erst Vorbereitungen zu einem nationalen Monitoring laufen (Desel 2019), wäre eine breitangelegte

Multicenter-Studie wünschenswert. Da Vergiftungen aber mit 0,5-1% der Fälle zu den seltenen Erkrankungen gehören ist hier das wirtschaftliche Interesse gering und die Motivation für den Zeitaufwand für die Teilnahme an einer solchen Studie in der Tierärzteschaft schwerlich zu schaffen, wie die Erfahrungen von McFarland et al.

2017b und in dieser Arbeit zeigen. Auch ist der Erkenntnisgewinn für die

praktizierenden Kollegen, deren Teilnahme hier zwingen erforderlich ist, eher gering, da deren Ergebnisse im In- wie Ausland eher zu wissenschaftlichen Publikationen als zu Fachliteratur zur Fort- und Weiterbildung führen.

Um insgesamt die Daten und Informationslage zu Giftstoffen, ihren Folgen und einer möglichen Therapie zu verbessern, wäre es daher wünschenswert in der Zukunft eine Informationsplattform aufzubauen. Tierärzte, die auf dieser Plattform

Informationen zu ihrem eigenen aktuellen Vergiftungsverdachtsfall suchen, werden im Anschluss gebeten die Daten zu ihrem Fall einzugeben, so dass die Plattform sich auf freiwilliger Basis idealerweise selbst aufbaut. Bei der Datenerhebung sollten nach dem Vorbild der Studie von Klinger et al. 2016 Signalement des Patienten, Toxin, Symptome, Therapie und Verlauf erfasst werden. Idealerweise werden anhand einer Eingabemaske mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten die Fehlermöglichkeiten minimiert sowie mittels automatisierter Datenauswertung sowie entsprechender fachlicher Supervision die Ergänzung neuer Informationen zu den aktuellen Erkenntnissen ermöglicht. Hierfür ist allerdings einiger technischer wie personelle und somit finanzieller Aufwand nötig, da die Plattform sowohl von einem Informatiker als auch einem Toxikologen betreut werden müsste.

Darüber hinaus könnte die Aufklärung der Patientenbesitzer mit Hilfe von Informationen im Wartezimmer, die beispielsweise auf die Gefährdung durch bestimmte Lebensmittel, den unvorsichtigen Gebrauch von Pestiziden und die

(33)

Diskussion

27 Folgen von Arzneimittelgabe an eine andere als die vorgesehen Tierart, zahlreiche Vergiftungen verhindern helfen.

(34)

Zusammenfassung

28 4 Zusammenfassung

Svenja Allkämper:

Häufigkeit, Art und Verlauf von Vergiftungen in tierärztlichen Praxen - eine Sentinelstudie

Gegenstand dieser Arbeit war die exogene Vergiftung bei Haustieren als akute Erkrankung nach Aufnahme eines Stoffes und speziesabhängiger Wechselwirkung im Körper. Da es hierzu keine systematische Datenlage existiert, war das Ziel dieser Arbeit einen Überblick der derzeit bedeutsamen Vergiftungen für Haustiere zu

erstellen. Darüber hinaus sollte erfasst werden, welche kurativen Maßnahmen, zu denen verschiedene Möglichkeiten der Giftstoffelimination sowie einige

stoffspezifische Gegenmittel zählen, in der Praxis eingesetzt werden und wie diese den Verlauf der Vergiftungen beeinflussen.

Eine Recherche in aktuellen Lehrbüchern der einzelnen Tierarten, Fallberichten aus Deutschland sowie internationalen retrospektiven Studien zeigt vor allem eine Gefährdung von Hund und Katze durch eine Vielzahl anthropogener Stoffe im Zusammenleben mit dem Menschen. Pestizide, vor allem Cumarinderivate, und Arzneimittel haben hier bei Hunden vor Lebens- und Rauschmitteln sowie

Chemikalien die größte Bedeutung. Bei Katzen besteht neben der Aufnahme von Pestiziden, Pflanzen und Chemikalien vor allem eine Gefährdung durch, aus dem Fell aufgenommene, angewandte Arzneimittel. Bei Nutztieren sind bei den seltenen Fällen von Managementfehlern bei Fütterung, Behandlung und Haltung oft größere Tierzahlen betroffen, während bei Pferden weiterhin die genaue Kenntnis und Sorgfalt bezüglich Giftpflanzen bedeutsam bleibt.

Eine Untersuchung von toxikologischen Einsendungen an die Tierärztliche

Hochschule Hannover zeigte, dass hier vor allem Proben aus schwer bis tödlichen Vergiftungsfällen eingesandt wurden. Neben der Tatsache, dass nur auf

Cumarinderivate und Acetylcholinesterasehemmer untersucht wurde, war daher davon auszugehen, dass dies kein repräsentatives Abbild der Fälle in der

tierärztlichen Praxis darstellt.

Da vor allem von Vergiftungsfällen bei Kleintieren auszugehen ist, wurde die anschließende Praxisstudie in 11 nach Lage und Größe exemplarischen

(35)

Zusammenfassung

29 Kleintierpraxen durchgeführt. Dabei sollten ohne Einfluss auf praxisinterne Abläufe und Diagnostik die im Praxisalltag vorgestellten Vergiftungsverdachtsfälle erfasst werden.

Für diese Studie war die Einwilligung zur retrospektiven Auswertung von zwei Jahren Behandlungsdaten sowie eine Teilnahme der praktizierenden Kollegen an einer einjährigen prospektiven Fallerhebung unerlässlich. Es ist davon auszugehen, dass die Eigenschaften der Tierärzte Zeit in eine Studie zu investieren, und dem

Untersucher das nötige Vertrauen für die Dateneinsicht entgegenzubringen, auch mit Diagnostik und Praxismanagement korrelieren, so dass die Praxisauswahl nicht als repräsentativ vorausgesetzt werden kann. Die Auswertung der retrospektiven Behandlungsdaten aus zwei Kalenderjahren bezogen auf die zugrunde liegende Patientenpopulation mit mindestens einer Behandlung im Laufe eines Kalenderjahres (Kontaktgruppe) ergab, dass von einer klinisch relevanten Vergiftung etwa 1 von 200 Hunden und 1 von 500 Katzen betroffen ist. Dies entspricht einem Anteil von 73%

Hunde, 36% Katzen und 4% Heimtieren an den Vergiftungsverdachtsfällen.

Hierbei sind einige Jagdhunderassen häufiger betroffen als ihrem Anteil an der Patientenpopulation entsprechen würde und bei kastrierten Hunden ist der Vergiftungsverdacht häufiger begründet. Als häufigste Ursache einer Vergiftung wurden Cumarinderivate (37%), Arzneimittel (10%) und Schokolade (7 %)

festgestellt. Der Anteil an Vergiftungen durch Cumarinderivate lag bei Praxen mit ländlichem Einzugsgebiet noch über diesem Gesamtwert. Im Praxisalltag spielt aber auch die Elimination eines potenziellen Toxins vor Wirkungseintritt eine große Rolle.

Die zugrundeliegende Praxispopulation bestand aus rund 32.000 Patienten, davon 48% Hunde, 36% Katzen und 16% Heimtiere.

Eine Analyse der Verdachtsfälle mit gleichem Krankheitsbild in der retrospektiven Studie zeigte, dass bei Erbrechen und blutigem Durchfall häufiger ein Magen-Darm- Infekt als eine Vergiftung vorliegt, während der Verdacht bei kritischem

Allgemeinzustand und vor allem bei zentralnervösen Störungen überwiegend

begründet ist. Bei der Auswertung der therapeutischen Maßnahmen zeigte sich, dass zur Elimination der oft unbekannten Toxine trotz Empfehlung medizinische Kohle und die Intravenöse Lipidemulsion (ILE) bei lipophilen Stoffen noch sehr wenig

(36)

Zusammenfassung

30 Beachtung finden. Bei der Suche nach Vergiftungsverdachtsfällen ist sowohl von einer Übererfassung durch erhöhte Aufmerksamkeit und das Einbeziehen möglicher Vergiftungen bei symptomatisch gleichem Krankheitsbild als auch von einer

Untererfassung von Vergiftungen, die beispielsweise durch das Erbrechen

selbstregulierend sind und als Gastroenteritis eingestuft oder erst gar nicht einem Tierarzt vorgestellt werden, auszugehen.

Anhand der retrospektiven Auswertung wurden Erhebungsbögen entwickelt, die nach einer Testphase, der prospektiven Erhebung von Informationen zu Signalement, Symptomen sowie Art, Therapie und Verlauf der Vergiftungen dienten. Hier wurden vor allem Fälle mit ausgeprägtem Krankheitsbild notiert, da es trotz erhöhtem Bewusstsein zu einer Mindererfassung von Fällen aufgrund von Zeitmangel und Vergessen im Verlauf der Beobachtungszeit kam. Dies verdeutlicht die Bedeutung einer intensiven Kontaktpflege während einer solchen Studie. Die Tatsache, dass circa 76% der aufgenommenen Toxine aus der häuslichen Umgebung der Tiere stammen, zeigt einmal mehr die Bedeutung der Sorgfalt der Besitzer für mögliche schädliche Substanzen im Lebensumfeld ihrer Tiere.

Auch neuere Untersuchungen wie die Studie von McFarland et al. 2017a sowie andere aktuelle internationale Studien ergeben keine systematischen Daten zu Vergiftungen bei Haustieren. Ein nationales Monitoring ist selbst in der

Humanmedizin noch in Vorbereitung und auch bisherige Meldungen der Ärzte nach

§ 16 e Abs. 2 scheinen kein reelles Abbild der Vergiftungsfälle beim Menschen darzustellen. Bisherige Aufrufe zu freiwilligen Meldungen von Vergiftungsfällen (McFarland et al. 2017b) erbrachten wenig Resonanz und eine Multicenterstudie zu einem so seltenen Ereignis wie der Vergiftung erscheint aufgrund großen

personellen wie finanziellen Aufwands wenig durchführbar. Daher wäre die

Erstellung einer Informationsplattform zu Vergiftungen, in die informationssuchende Tierärzte ihre eigenen Fälle mit Hilfe einer einfachen Eingabemaske auf freiwilliger Basis einpflegen, eine Möglichkeit in der Zukunft die Datenlage zu Vergiftungen zu verbessern.

(37)

Summary

31

5 Summary

Svenja Allkämper:

Frequency, type and course of poisoning in veterinary practices - a Sentinel study Subject of this survey was exogenous poisoning in domestic animals as an acute disease after ingestion of a substance and species-dependent interaction in the body. Since there is no systematic data available so far, the aim of this survey was to provide an overview of currently significant poisoning in domestic animals.

In addition, the management of poisonings, to which options different methods to eliminate toxins as well as some specific antidotes are counted, and the outcome of this were planned to be recorded.

A research in current practical guides for different species of domestic animals, case reports from Germany and international respective studies shows above all a danger to dog and cat by a variety of anthropogenic substances in living together with

humans.

Pesticides, mainly coumarin derivatives, and medicines are besides foodstuffs, drinks and tobacco as well as chemicals most important in dogs. In cats the ingestion of pesticides, plants and chemicals is in addition to the exposure to applied drugs licked from the fur relevant. In farm animals are in the rare cases of management hazards at feeding, treatment and keeping often great numbers of animals affected, whereas in horses the knowledge and carefulness regarding toxic plants remains meaningful.

A research of toxicologic transmittals to the Veterinary University Hannover showed, that mostly samples from cases with severe to fatal intoxications were send in.

Beside the fact, that only coumarin derivates and inhibitors of the

acetylcholinesterase could be detected, it could be assumed that this was no generate conspectus of cases of intoxication presented in daily veterinary practice.

Given that intoxications can be assumed to happen mostly in small animals for the following survey 11 small animal practices, selected by region and size, were recruited. In the process cases of intoxication presented in daily practice should by recorded without influence on internal working process or diagnostic.

(38)

Summary

32 For this survey was the agreement for the retrospective analysis of two years of case files as well as the participation of the practicing vets at an annual prospective case survey essential.

It can be assumed, that characteristics influencing the willingness to invest time in a survey and to trust the investigator, while searching case reports in their own

practice, are also influencing practice management, so practice selection cannot be presumed representative.

The analysis of retrospective medical reports of two years referring to the underlying population of patients with at least one consultation throughout one year (contact group) showed, that 1 of 200 dogs and one of 500 cats is affected by a clinically relevant intoxication. This corresponds to a ratio of 73% dogs, 36% cats and 4%

small pets. Some breeds of hunting dogs where more often affected than their percentage in practice population would have counted for an in neutered dogs was the suspect of intoxication more often founded.

Main toxins were Coumarin derivates (37%), drugs (10%) and chocolate (7%).

The percentage of coumarin derivates was in practices with a rural catchment area even higher. In daily practice plays elimination within the period-of latency before a toxin shows an effect also a big role. The underlying population of patients consists of 32.000 patients with 48% dogs, 36% cats and 16% small pets.

Viewing of cases of suspicion with equal clinical picture in the retrospective survey showed that in cases with vomiting and bloody diarrhoea more often a gastroenteritis was present than an intoxication, whereas the suspect was mainly founded in cases with critical general condition and central nervous symptoms.

Investigation of the treatment pointed out that although recent recommendations asked for medical charcoal and the Intravenous Liquid Emulsion (ILE) in lipophile toxins get still much to less attention.

While searching for suspected cases of intoxication overestimation due to raised attention and counting of potential intoxications with symptomatically equal disease pattern as well as underestimation of cases, which are due to vomiting self-limiting and were recognised as gastroenteritis or not even presented to a veterinarian is possible.

(39)

Summary

33 Based on the retrospective evaluation, data entry forms were developed, which served after a test phase, the prospective collection of information on signalment, symptoms as well as the type, therapy and course of the poisonings. Cases with a pronounced clinical picture were recorded here, as, despite increased awareness, case reports were reduced due to lack of time and oblivion during the observation period. This illustrates the importance of intensive contact care during such a study.

The fact that about 76% of the ingested toxins come from the domestic environment of the animals shows once again the importance of the care of the owners for

possible harmful substances in the living environment of their animals.

Recent studies, such as McFarland et al. 2017a, and other recent international studies, do not provide systematic data on pet poisoning. Even in human medicine, national monitoring is still in preparation and previous reports by doctors according to a German law asking for reporting of human poisonings not seem to represent a real picture of cases of poisoning in humans. Previous calls for voluntary reporting of poisoning cases (McFarland et al. 2017b) have had little response and a multicentre study of an event as rare as poisoning appears to be little due to large personnel and financial costs. Therefore, the creation of an information platform on poisoning, in which information-seeking veterinarians enter their own cases with the help of a simple input mask on a voluntary basis, would be a possibility in the future to improve the data on poisoning.

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Referenzen

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