• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Rauchen: Unnötig hohe Risiken" (11.05.2001)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Rauchen: Unnötig hohe Risiken" (11.05.2001)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

T H E M E N D E R Z E I T

Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 19½½11. Mai 2001 AA1239

N

icht das Nikotin, sondern die In- haltstoffe des Rauches sind in er- ster Linie für die gesundheits- schädliche Wirkung von Tabakproduk- ten verantwortlich. Doch sind diese unvermeidbar? Muss ein Raucher zur Deckung seines Nikotinbedarfs eine massive Beigabe von Schadstoffen in Kauf nehmen, die er mit dem Ziga- rettenrauch einatmet? Dies bezweifelt Prof. Dr. med. Friedrich J. Wiebel vom Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg. Der

Toxikologe hält die landläufi- ge Meinung, dass jeder Rau- cher für seine Gesundheit aus- schließlich selbst verantwort- lich ist, für einen Irrtum:

„Selbstverständlich trägt auch die Tabakindustrie eine Ver- antwortung für ihre Produkte.

Um den Gesundheitsschutz der Verbraucher von Tabak- produkten ist es unnötig schlecht bestellt. Die Tabak- industrie könnte durchaus we- niger gesundheitsschädliche Produkte herstellen.“ Sie be- sitze zahlreiche Patente zu

technischen Verfahren, mit denen sich der Gehalt gesundheitsschädlicher In- haltsstoffe des Tabakrauchs verringern ließe. Dazu gehörten Teerstoffe, Koh- lenmonoxid und Stickoxide. Die mei- sten der Patente seien aber nicht umge- setzt worden.

Die Gründe dafür sieht Wiebel in dem Fehlen von Marktanreizen, man- gelndem Druck auf die Tabakindustrie sowie in deren Besorgnis, dass die Ent- wicklung „sicherer“ Produkte als Ein- geständnis für derzeit fehlerhafte Pro- dukte gewertet werden könnte. Die Ta- bakindustrie verfüge über Rohtabak, der nur noch geringe Mengen der stark Krebs erregenden Nitrosamine enthal- te. „Die Prozentzahlen, mit denen die

US-Firma Reynolds Tobacco, USA, an die Öffentlichkeit getreten ist, liegen bei zehn Prozent der Nitrosamin-Men- ge, die im herkömmlichen Zigaretten- tabak nachgewiesen werden“, berichte- te Wiebel. Ferner ließen sich durch den Einsatz besonderer Verfahren der Ta- bakverarbeitung die tabakspezifischen Nitrosamine fast vollständig eliminie- ren. Auch der Gehalt an Krebs erregen- den aromatischen, polyzyklischen Koh- lenwasserstoffen (Teer) im Tabakrauch

könne durch Aktivkohlefilter um min- destens 30 Prozent vermindert werden.

Die Tabakindustrie sei sogar in der La- ge, „rauchlose“ Zigaretten herzustel- len, deren Schadstoffgehalt minimal sei.

Unkontrollierte Inhaltsstoffe

Die Zusammensetzung der Inhaltsstof- fe in Tabakwaren wird durch den Her- steller bestimmt, der Tabakarten ver- schiedener Herkunft mischt und unter- schiedlich verarbeitet. Dieser Mischung kann eine ganze Palette von Zusatzstof- fen, die teilweise die Wirkung des Niko- tins verändern, beigefügt werden. „Die Zusätze unterliegen bisher keiner amt-

lichen Kontrolle; es besteht ein regu- latorisches Vakuum“, erklärte Wiebel.

Zudem würden die Stoffe nicht auf ihre Unbedenklichkeit nach dem Erhitzen beim Rauchprozess geprüft.

Gesetzlich festgelegt ist lediglich ei- ne Höchstmenge von 12 mg Teer im Rauch einer Zigarette. „Teer ist die irreführende Bezeichnung für alle Ver- brennungsprodukte, die beim maschi- nellen Rauchen auf einem Filter zu- rückgehalten werden“, erläutert Wie- bel. Gasförmige Schadstoffe dürften in unbegrenzter Menge im Rauch vor- kommen.

Mangelnde Information

Auch die Information der Verbraucher über die Inhalts- und Zusatzstoffe des Tabaks und des Tabakrauchs ist nach Ansicht von Wiebel mangelhaft. In der gegenwärtigen Praxis be- schränkten sich diese auf Angaben von Teer- und Ni- kotingehalten beziehungs- weise allgemeinen Bezeich- nungen wie „leicht“ oder

„mild“. Die Teer- und Niko- tingehalte würden dem Ver- braucher jedoch nur wenig sagen. Er orientiere sich vielmehr an den Angaben

„leicht“ und „mild“, die eine bessere Gesundheitsverträg- lichkeit der Produkte sugge- rierten. „Sowohl die Anga- ben zu den Teer- und Niko- tingehalten der Zigaretten als auch die allgemeinen Bezeichnun- gen beruhen auf realitätsfernen, ma- schinellen Messungen“, kritisierte Wie- bel. „Der Tabakkonsument wird durch die Angaben eher getäuscht als sachlich informiert.“

„Die Zigaretten entsprechen nicht den berechtigten Sicherheitserwartun- gen des Verbrauchers“, meint Wiebel.

„Wenn sich die Tabakunternehmen auf die Unvermeidbarkeit der Gesundheits- risiken berufen, müssen sie nachweisen, dass sie alles unternommen haben, um diese so gering wie möglich zu halten.

Wenn sie dies versäumen, sind sie dafür zu belangen.“ Dr. med. Eva A. Richter Nähere Informationen: Buchner und Wiebel; VersR 2001, 1

Rauchen

Unnötig hohe Risiken

Andere Herstellungsverfahren und ein anderes Produktdesign könnten die Gesundheitsschädlichkeit des Rauchens verringern.

Gefahren durch Zigaretten: „Zu wenig Druck auf die Tabakindustrie“

Foto: ddp

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE