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Wildi, O., & Longatti, P. (2008). Was wissen wir über die Biomasse in der Schweiz? Ein Interview mit Niklaus Zimmermann. Informationsblatt Landschaft, 72, 1-3.

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Inf.bl. Landsch. 72, 2008 1

Was wissen wir über die Biomasse in der Schweiz?

Ein Interview mit Niklaus Zimmermann

Informationsblatt Landschaft

ISSN 1661-5840

2008

72

Eidg. Forschungsanstalt WSL Institut fédéral de recherches WSL Istituto federale di ricerca WSL Swiss Federal Research Institute WSL CH-8903 Birmensdorf

Bei steigenden Ölpreisen und angesichts der Endlichkeit der fossilen Roh- stoffe beginnt man allgemein intensiver über die Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen nachzudenken und die entsprechenden Ver- fahren zu entwickeln und zu testen. Auf der Seite des Outputs stellt sich die technische Frage nach der Veredelung des Rohstoffes oder der Optimierung der Energiegewinnung aus Biomasse. Auf der Seite des Inputs ergibt sich die Frage nach der Verfügbarkeit der Biomasse: Wieviel ist überhaupt vorhanden? Wieviel davon steht zur Verfügung? Wieviel wächst ständig nach? – eine ökonomische oder sogar ethische Frage. Die Frage, die ein auf natürliche Resourcen spezialisiertes Institut beantworten können sollte, ist:

Wieviel Biomasse liesse sich in der Schweiz maximal erzeugen, wenn wir unsere Landschaft darauf optimieren würden? Wir haben Niklaus Zim- mermann, den Leiter der FE Landnutzungsdynamik, dazu befragt.

Otto Wildi und Peter Longatti

How much energy can be produced from biomass in Switzerland?

WSL has the data to calculate the amount of biomass in Swiss forests but the data from the National Forest In- ventory need to be calibrated for this new question. There are models of the distribution of tree species in different climates but we do not have enough data to model the transition processes.

This requires data of a high temporal resolution along an ecological gradient

!.$!#,/2%,//+!320%#)>#%5%.32!3!

from airborne hyperspectral sensors are promising but they need to be calibrated experimentally in laboratory conditions in order to obtain general models that are valid for more than one single image. In the near future, bio- mass production for fuel will probably remain a small niche product of for- estry as other functions, such as timber production, hazard prevention and recreation generate more income.

Was kann die WSL über die Biomasse in der Schweiz sagen?

Wir können bis jetzt noch keine di- rekten Aussagen über die verfügbare Biomasse in der Schweiz machen. Wir wissen, wie Biomasse entsteht, aber .)#(36/4.$6)%5)%,'%.!4!2)23 eine neue Fragestellung, die wir mit unseren bisherigen Arbeiten nicht ohne einen gewissen Zusatzaufwand beantworten können. Unsere Erhe- bungen, insbesondere das Landes- forst inventar, liefern direkte Zahlen über das vorhandene, direkt nutzbare /,95/,4-%.!26!1")2(%1$)%4&-

gabenstellung. Für die Biomassenab- schätzung müssten diese Zahlen aber umgerechnet werden, und dazu fehlen uns die Kalibrierungen. Kalibrieren heisst, dass durch Ausmessen vieler Bäume der von der Natur gegebene Zusammenhang zwischen den heute '%-%22%.%. 1<22%. !4- höhe, Schaftform, etc.) und der gesam- ten oberirdischen und unterirdischen Biomasse ermittelt wird. Zwar gibt es die se Kalibrierungsmodelle, aber sie sind noch zu wenig differenziert. Es besteht da also eine Lücke zwischen 4.2%1%. !3%. 4.$ 1'%".)22%. 4.$

Abb. 1. Veränderung der Potenzialgebiete von Baumarten bei einem Klimawandel. Ver- einfacht nach Zimmermann und Bugmann (2008).

Fig. 1. Climate induced changes in the potential distribution areas of tree species. Simpli-

>%$!##/1$).'3/ )--%1-!..4.$4'-!..

dem, was die EMPA brauchen würde als Input für ihre Energieberech- nungen. Gleiches gilt natürlich für die Menge des gespeicherten Kohlen- stoffs. Wir kennen den Kohlenstoffge- halt des als Bauholz nutzbaren Teils genügend genau, haben jedoch nur vage Vorstellungen über dessen Anteil in den Wurzen und im Boden.

Worauf waren die bisherigen Erhe- bungen der WSL ausgerichtet?

)%/12#(4.'2&1!'%."%9/'%.2)#(")2 jetzt auf das Baumwachstum allge- mein, auf die Anforderungen an die Wachstumsbedingungen von einzel- .%. 13%. !2 !.'%231%"3% )%, 6!1 die Produktion von Qualitätsholz, was auch heute noch immer am einträg- lichsten ist, oder andere Funktionen der Bäume im Wald (Schutzfunktion, Trinkwasser, Beitrag zur Biodiversität) sowie Massnahmen gegen potentielle Gefahren wie übermässiger Wildver- biss. Energiefragen werden eigentlich erst wieder seit dem neuesten Preisan- stieg diskutiert, die Frage der Kohlen-

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Inf.bl. Landsch. 72, 2008 2 stoffspeicherung seit dem Abkommen

von Kyoto. Zu wenig bekannt sind auch die Mechanismen innerhalb des Baum­

bestandes. Die Konkurrenz zwischen Individuen derselben Art führt zu erheblichen Einschränkungen in der Produktivität.

Wie sieht die Zukunft unserer Bäume im Wald aus?

Für das bisherige forstwirtschaftliche Hauptprodukt, Bauholz, das haupt­

sächlich aus Fichten aus dem Mittel­

land gewonnen wird, sieht es schlecht aus bei den erwarteten Klimaverände­

rungen und den gemachten Erfah­

rungen mit Extremereignissen. Die Fichte ist sehr anfällig auf Wasser­

mangel, ähnlich wie das für die Föhren im Wallis festgestellt wurde. Für die Buche erwarten wir hingegen weniger Probleme. Wenn die Fichte tatsächlich ausfallen sollte, könnte deshalb die Energiegewinnung aus Holz an wirt­

schaftlicher Bedeutung gewinnen.

Bisher wurde Energieholz als Nischen­

produkt gesehen. Neuerdings wird über den Stellenwert des Holzes als Energielieferant wieder kontrovers diskutiert. Andere Aspekte des Waldes sind aber bedeutsamer, besonders auch die Wasserspeicherung und die Erho­

lungsfunktion. Das potentielle Ver­

breitungsgebiet der Buche lässt sich relativ leicht errechnen. Ob es die Art schafft, neue Höhenzonen zu besie­

deln, ist eine schwer zu beantwortende

Abb. 3. Das Muster der Flächen mit hoher Produktivität der Pflanzendecke (weiss) än­

dert sich im Laufe der Vegetationsperiode markant. Erhebungen mit dem MODIS­

Sensor.

Fig. 3. The pattern of areas with high pro­

ductivity of the vegetation cover (white) shows clear changes during the vegetation period. Survey with the MODIS sensor.

Abb. 2. Variablen mit deutlichen Ausschlägen im Jahr 2003: Menge des Käferholzes und Anzahl Befallsherde in der Schweiz von 1984–2004 (Meier et al. 2005).

Fig. 2. Variables with notable deviations in the year 2003: Amount of wood affected by bark beetle and number of sites of beetle outbreaks in Switerland from 1984 to 2004 (Meier et al. 2005).

Frage: Die Samen der Buche werden vor allem durch Kleinsäuger verbrei­

tet. Das ist kein sehr schneller Mecha­

nismus.

Können wir voraussagen, was in unseren Wäldern ablaufen wird?

Unsere Modelle können das Wachs­

tum bei stabilen Verhältnissen berech­

nen. Für die Prognose von Verände­

rungen brauchen wir aber Daten über Prozesse an den Rändern der Verbrei­

tungsgebiete einzelner Arten in hoher zeitlicher Auflösung. Solche Daten fehlen uns weitgehend. Im LFI gingen die jährlichen Veränderungen, wie bei­

spielsweise Reaktionen auf Extremer­

eignisse, wegen des Zehnjahreszyklus der Erhebungen bisher unter. Deswe­

gen ist es auch nicht möglich, die Aus­

wirkungen von Extremereignissen, wie dem Hitzesommer 2003, in die Modelle einzubauen. Wir können im Moment also Reaktionen auf Verände­

rungen kaum prognostizieren. Die Wachstumsprozesse im Jahre 2003 sind noch immer in den Jahrringen gespeichert. Mit einigem Aufwand liessen sie sich räumlich differenziert ermitteln. Das würde uns weiter brin­

gen.

Was für Daten brauchen wir für Prognosen von Veränderungen?

Einerseits detaillierte Daten von Ex­

tremereignissen – der Hitzesommer 2003 ist untersuchungsmässig noch nicht voll ausgeschöpft. Andererseits brauchen wir Datenreihen in hoher

zeitlicher Auflösung entlang von öko­

logischen Gradienten. Diese Aufnah­

men müssten gar nicht so aufwendig sein, schon 5 Parameter könnten ge­

nügen. Wir müssen Daten haben, wie sich die Arten an den Grenzen ihrer natürlichen Verbreitung verhalten und wie sie auf Konkurrenz und Stress reagieren. Die Daten, die wir haben, beziehen sich alle auf Bestände, die sich mehr oder weniger im Gleichge­

wicht befinden, wie das zum Beispiel für die Zeigerwerte der Gefässpflanzen nach Landolt der Fall ist. Sobald eine Klimaänderung stattfindet, entstehen bei uns neue Kombinationen von Stand­

ortsfaktoren. Über deren Wirkung wissen wir sehr wenig.

Könnte uns da die Fernerkundung weiterbringen?

In der satellitenbasierten Fernerkun­

dung wurden für globale Anwen­

dungen enorme Fortschritte gemacht.

Dank guter Finanzierung von Ent­

wicklungen durch die NASA stehen interessante Tools zur Verfügung, die neue Möglichkeiten eröffnen. Beson­

ders die MODIS Sensoren sind ein grosser Erfolg. Sie zeigen kurzfristig Veränderungen in der Produktivität der Vegetation. Leider stören in un­

serem gebirgigen Land nach wie vor die starken Schlagschatten, und die beschränkte Auflösung der Bilder ist ein Hindernis.

Im regionalen lokalen Bereich ist die flugzeuggestütze Fernerkundung mit Hyperspektralsensoren vielverspre­

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Inf.bl. Landsch. 72, 2008 3 chend. Man erfasst damit auch jene

Strahlen, die von Satelliten wegen der Absorption durch die Atmosphäre nicht empfangen werde können. Es gibt aber auch einige Schwierigkeiten, wie z.B. den Umgang mit riesigen Datenbergen, die Entwicklung von Softwaretools, die der Privatindustrie überlassen wurde, was beispielsweise bei den LIDAR­Daten zu unbefriedi­

genden Ergebnissen führte. Bisher ist es auch nicht gelungen, die Daten von Spektralsensoren allgemeingültig zu interpretieren (z.B. in Bezug auf Bio­

masse, CO2, Stickstoff in den Baum­

kronen); man muss immer regional kalibrieren, was bedeutet, dass Model­

le immer nur für ein Bild gültig sind.

Es braucht Eichreihen, die im Labor auf Grund von Experimenten erstellt werden. Die benötigte Infrastruktur für solche Untersuchungen wäre ei­

gentlich vorhanden.

Weiss man, was heute an der Wald- grenze abläuft?

Die Regenerationsfähigkeit der Bäu­

me an der Waldgrenze ist gut. Es gibt immer wieder eine Baumverjüngung.

Das ist jedoch normal. Rückschläge sind in wettermässig schlechten Jah­

ren zu erwarten. Ein Hauptergebnis der Dissertation von J. Gehrig war, dass die Wälder in der Nähe der Wald­

grenze dichter werden. Ob das eine Auswirkung des Klimawandels oder der rückgängigen Weidenutzung ist, lässt sich schwer sagen. Immerhin ist damit klar, dass in dieser Zone ein Potential zur Biomasseproduktion besteht. Obwohl schon viele Fragen beantwortet wurden, ist die Ursache für die Waldgrenze auch heute noch eines der grossen Rätsel der Ökologie.

Werden jetzt die Wälder wirklich auf Biomassenproduktion optimiert?

Für die Produktion von Biomasse wären Wälder sicher am sinnvollsten, weil sie extensiv bewirtschaftet wer­

den, d. h. die Produktion wäre mit ver­

gleichbar niedrigen Kosten verbunden.

Es müssten auch keine Dünger und Pflanzenschutzmittel eingesetzt wer­

den, wie das in der Landwirtschaft der Fall ist. Eine grosse Umstellung er­

scheint aber unwahrscheinlich, weil wirtschaftlich gesehen andere Aspekte der Wälder bedeutsamer sind, wie beispielsweise die intakte Naturland­

schaft, der Erholungsraum und die landschaftliche Schönheit. Biomasse wird in den Schweizer Wäldern ein Nischenprodukt bleiben. Das Energie­

problem wird vermehrt über ver­

besserte Energieeffizienz und den

Abb. 4. Messung mit Hyperspektralsensor: Achilleas Psomas, WSL, misst die Reflexion einer Trockenwiese aus geringer Höhe. (Foto: N. Zimmermann)

Fig. 4. Working with the hyperspectral sensor: Achilleas Psomas, WSL, measures the reflections of a dry meadow on the ground. (Photo: N. Zimmermann)

Einsatz anderer so genannter Alter­

nativ energien zu lösen sein.

Was sind die aktuellen Fragen in der internationalen Forschung?

In den neueren internationalen Pro­

jekten ist man vermehrt um eine ganz­

heitliche Betrachtung bemüht. Man versucht auch die gesellschaftliche Komponente, die ökonomischen und sozialen Aspekte, d. h. die Rolle des Menschen als Nutzer, in die Öko­

systemforschung einzubringen. Das lässt sich in allen Programmen der EU erkennen. Die ökologische Betrach­

tungsweise hat eine lange Tradition.

Die Nutzung aber wird ausschliesslich vom Menschen bestimmt.

Welche Fragen stellen sich der Praxis?

Es existiert ein langer Katalog von Fragen und Themen, die die Praxis beschäftigen. Das Fehlen der ganzheit­

lichen Sicht zeigt sich aber auch hier;

zudem offenbart sich ein sektorielles und auf Kurzfristigkeit angelegtes

Denken. Es genügt nicht, wenn man sich Gedanken über das Nutzungs­

potential der nächsten 20 Jahre macht.

Wir versuchen, den Austausch zu in­

tensivieren und Fragen der Gesell­

schaft mit jenen der Forschung abzu­

stimmen. Ein gutes Beispiel sind da die Anforderungen an die Holzqualität der Bäume. Für erstklassiges Bauholz sind schmale Jahrringe von Vorteil. Sie bedeuten aber, dass verhältnismässig wenig Holz produziert wird. Das gilt z. B. für Standorte hoher Lagen. Qua­

lität geht hier vor Quantität. Wird Holz als Engergiequelle verwendet, ändert sich das total. Es spielt nur noch die Menge, nicht aber die Eigenschaft als statisches Baumaterial eine Rolle.

Literatur

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.;

Odermatt, O. 2005: Forstschutz­Über­

blick 2004. [Published online 6.6.2005]

Available from World Wide Web.

Birmensdorf, Eidgenössische For­

schungsanstalt WSL. 20 S. [pdf]

Referenzen

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