Zur Fortbildung Aktuelle Medizin AUSSPRACHE
deren Bereichen der Medizin ist so- wohl die objektivierende als auch die auf das Subjekt ausgerichtete Betrachtungsweise sinnvoll, mit an- deren Worten: der ontische und der pathische Ansatz. Beide Perspekti- ven einzunehmen ist nötig und auch möglich. Dagegen ist eine eindimen- sionale Betrachtungsweise zwar ein- facher, aber unergiebig. ln der Tat gibt es gute Gründe, an den psycho- analytischen "Erkenntnissen" fest- zuhalten, auch wenn an der psycho- analytischen Theorie Abstriche not- wendig wurden. Daß der Arzt in der Psychotherapie weit mehr persön- lich beansprucht werde, gilt in ei- nem bestimmten Sinn. Keineswegs sollten hiermit Engagement und Mit- gefühl des Arztes bei der Behand- lung von unheilbar Kranken in Frage_ gestellt werden. Was in der Psycho- therapie anders ist: Der Arzt wird mehr mit seiner eigenen Person in das therapeutische Geschehen ein- bezogen. Natürlich kann mar.1 nicht eine sogenannte Rentenneurose durch die Bewilligung einer Rente heilen, wie Herr Maschke schreibt.
Aber das ändert nichts daran, daß bei schwersten Neurosen eine Be- rentung gerechtfertigt sein kann.
Professor Dr. med. Rainer Tölle Direktor der Psychiatrischen und Nervenklinik der
Westfälischen Wilhelmsuniversität Albert-Schweitzer-Straße 11 4400 Münster (Westfalen)
Polycythaemia vera - Erhöhtes Leukämierisiko durch Chlorambucil
Zu einem Referat
in Heft 49/1981, Seite 2340
Über das erhöhte Leukämierisiko durch Chlorambucii-Behandlung der Polycythaemia vera bestehen kontroverse Meinungen. Wir veröf-
fantliehen daher gerne eine Einsen- dung der Medizinisch-wissenschaft- lichen Abteilung der Deutschen Welleoma GmbH des folgenden In- halts:
"ln Ergänzung Ihres Literaturrefera-
tes über die Studie der Polycythae- mia vera study group (PVSG) -Ver- gleich der drei Therapiemöglichkei- ten Aderlaß, radioaktiver Phosphor
+
Aderlaß und Chlorambucil+
Aderlaß-scheint uns zur angemes- senen Beurteilung des Sachverhal- tes die Berüc~sichtigung folgender Tatsachen unerläßlich:
O
Die Überlebensraten dieser Be- handlungsgruppen unterschieden sich nicht signifikant voneinander, so daß das Sterberisiko durch die Chlorambucii-Therapie nicht erhöht wurde.8
Nur bei den Patienten, die über- höhte mittlere Chlorambucii-Tages- dosen von mehr als 4 mg erhielten, war das Leukämierisiko höher als nach der Gabe von 32P.8
Die lnzidenz akuter Leukämien ist bei Patienten mit Polycythaemia vera höher als bei hämatologisch gesunden Personen (sie geht termi- nal häufig in eine akute myeloische Leukämie über).0
Zur Behandlung der Polycythae- mia vera ist Busulfan (Myleran®) das Mittel der Wahl.Die EORTC-Studie über den Ver- gleich von Busulfan und 32P er- brachte bisher keine erhöhte Leuk- ämie-lnzidenz, aber signifikant län- gere Endremissionen und Überle- benszeiten durch die Busulfan-The- rapie."
Literatur
Berk, D. P.; Goldberg, 0.; Silverstein, N., et al.: lncreased Jncidence of Acute Leukemia in Polycythemia vera Associated with Chloram- bucil Therapy, The New Eng I. J. Med. Vol. 304
(1981) 441-447- Haanen, C., et al.: Treatment
of Polycy1hemia vera by Radiophosphoris or Busulphan: A Randomised Trial, "Leukemia and Hematosarcoma" Cooperative Group European Organisation for Research on Treat- ment of Cancer (EORTC), Br. J. Cancer 44 (1981) 75--80-Caspary, W. F.; Heimpel, H., und Heyden, H. W. von: Erhöhtes Leukämierisiko bei Chlorambuciltherapie der Polycythaemia vera, Innere Med. 8 (1981) 209--212- Huhn, D.;
Buchner, U.: Polycy1hämie, Chlorambucil in- zwischen obsolet- aber das wichtigste Medi- kament im Kampf gegen die Leukämie, Med.
Trib. 46 (1981) Nr. 22
Deutsche Welleoma GmbH Medizinisch-wissenschaftliche Abteilung
Postfach 109 3006 Burgwedel 1
Ambulante Tonsillektomie- Gefahr für die
Sicherheit des Patienten
Zu der in verschiedenen Publikatio- nen in jüngerer Zeit angeschnitte- nen Frage der ambulanten Tonsill- ektomie, besonders zum Film des 111.
Programms des WDR vom 22. April 1982, haben uns die Fachgesell- schaften
~ Berufsverband Deutscher HNO- Ärzte
Dr. med. H. W. Baake
Korturnstraße 148 a, Bochum,
~ Arbeitsgemeinschaft der HNO- Chefärzte (Chefärzteverband) Professor Dr. med. S. Hellmich HNO-Kiinik des St. Johannes-Kran- kenhauses, Dortmund,
~ Vorstand der Deutschen Gesell- schaft für Hals-Nasen-Ohren-Heil- kunde, Kopf- und Halschirurgie Professor Dr. med. K. H. Vosteen HNO-Kiinik, Düsseldorf,
die nachfolgende Stellungnahme mit der Bitte um Veröffentlichung zugeleitet:
Bei der Entfernung der Gaumen- mandeln (Tonsillektomie) muß auch heute noch mit Komplikationen durch Operation oder Narkose ge- rechnet werden. Solche Komplika- tionen sind nicht immer vermeidbar.
Deshalb soll der Eingriff in jedem Einzelfall sorgfältig überlegt und nur innerhalb eines mehrtägigen Kran- kenhausaufenthaltes vorgenommen werden. Eine ambulante Durchfüh- rung der Operation ist unvorsichtig und gefährdet die Sicherheit des Pa-
tienten. Boe
50 Heft 29 vom 23. Juli l~t!2 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe t::1