• Keine Ergebnisse gefunden

Altersgerechte Arbeitsbedingungen (Machbarkeitsstudie)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Altersgerechte Arbeitsbedingungen (Machbarkeitsstudie)"

Copied!
13
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Altersgerechte Arbeitsbedingungen

(Machbarkeitsstudie)

E. Kistler, A. Ebert, P. Guggemos, M. Lehner

Internationales Institut für Empirische Sozialökonomie, gGmbH, INIFES Stadtbergen und Augsburger Integration Plus GmbH, AIP Augsburg

Zusammenfassung

Die vorgelegte Machbarkeitsstudie für ein im Rahmen des Modellprogramms zur Be- kämpfung arbeitsbedingter Erkrankungen geplantes Modellvorhaben der BAuA geht unter Einbezug der Diskussionen auf dem Workshop am 18.01.2006 von folgenden Punkten aus:

Wir legen unserer Analyse das Menschenbild der Humanistischen Psychologie zu- grunde, wohl wissend, dass dieser Ansatz weder selbstverständlich ist noch für alle Betriebe vorausgesetzt werden kann. Mit diesem Zugang verbunden ist ein, gerade auch hinsichtlich des älter werdenden Menschen, ressourcen- und entwicklungsori- entiertes Bild. Human Resource Management, wie wir es verstehen, meint die le- benslange Pflege der Lern- und Entwicklungsfähigkeit des Menschen als Leitbild von Mitarbeiterführung und Personalentwicklung.

Wir begreifen die Organisation des Älterwerdens und Alters als eine strategische Gestaltungsaufgabe. Dies gilt in gleichem Maße für eine älter werdende Belegschaft und – zumindest im statistischen Mittel der Makroebene – ein insgesamt älter wer- dendes deutsches Erwerbspersonenpotenzial. Mit „strategische Gestaltungsaufgabe“

meinen wir Berufswegeplanungen und Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Erwerbs- tätigkeit mit außerberuflichen Bedürfnissen und Anforderungen (work-life-Balance).

Diese sollten flexibel genug sein, um auch rotierende Teamleitungen, Karriere seit- wärts sowie Änderungen des Aufgaben- und Tätigkeitsfeldes zuzulassen. Letztere können freiwillig reifen, gesundheitlich oder durch Pflegeaufgaben u. ä. bedingt sein.

Hier verweisen wir auf diskontinuierliche Erwerbsbiographien, etwa in Berufen mit hohen körperlichen Anforderungen (vom Dachdecker bis zur Eiskunstläuferin), die kaum je bis zum Erreichen des offiziellen Rentenalters ausgeübt werden (können), aber auch auf gesundheitlich bedingte Berufsaufgaben und Neuorientierungen, etwa im Anschluss an Reha-Maßnahmen. Alternsgerechte Arbeitsgestaltung handelt hier proaktiv, d. h. nimmt Kontinuitätsbrüche frühzeitig in den Blick und leitet geeignete Übergänge mit entsprechender Fortbildung frühest möglich ein. Dies beinhaltet deut- lich weiter reichende Möglichkeiten als die klassischen Schonarbeitsplätze.

Hinsichtlich der diskussionswürdigen Alternative altersgerechter versus alternsge- rechter Arbeitsweltgestaltung stellen wir fest, dass der Übergang zu den alternsge- rechten Arbeitsplätzen wünschenswert wäre. Dies enthebt jedoch nicht von der Ver- antwortung für die Gegenwart, die – mangels schon vor Jahrzehnten eingeleiteter,

(2)

flächendeckender gesundheitsschonender und entwicklungsorientierter Arbeitsplätze – auch bildungsentwöhnte, einseitig belastete und gesundheitlich angegriffene Per- sonen kennt, bei denen von eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten (z. B. Verzicht auf Schichtarbeit), reduzierter beruflicher Belastbarkeit und mitunter auch Motivation wie Lernbereitschaft auszugehen ist. Umfassende Rückkehrplanungen mit Coaching und passgenauer Arbeitsplatz- und Umfeldgestaltung können entsprechende Verbleibs- bzw. Reintegrationshürden deutlich mildern. Alternsgerecht wäre besser als altersge- recht, doch führt derzeit am altersgerechten Zugang nichts vorbei, es sei denn – wie anlässlich des Workshops im Januar 2006 in Berlin diskutiert – es wäre ein langfristi- ger Ansatz gewünscht, und es würden anstatt der heute 55- bis 65-jährigen Er- werbstätigen die Babyboomer in den Blick genommen. Wir wissen um die moralisch schwierige Frage, ob die für Innovationen im Bereich nachhaltigeren Arbeitens aus- zugebenden, bekanntermaßen knappen Mittel – anstatt für die heute älteren Er- werbstätigen – nicht stattdessen stärker auf die Alterskohorten der Babyboomer ver- wandt werden sollten, auf welche schon aus Gründen ihrer Kohortenstärke bei gleichzeitig zahlenmäßig deutlich geringeren nachwachsenden jungen Altersgruppen künftig nicht wird verzichtet werden können.

Unserer Analyse zufolge sind Ältere entgegen landläufiger Meinung nicht öfter krank als Jüngere (manche Daten signalisieren, dass Ältere sogar seltener krank sind), wenngleich die meisten Daten darauf hindeuten, dass Ältere i. d. R. länger krank sind (verzögerte Rekonvaleszenz, höherer Chronifizierungsanteil). Hier ist darauf hinzu- weisen, dass in den Altersgruppen ab 50 nicht mehr alle, sondern nur mehr ein Teil der Menschen der Erwerbswelt zur Verfügung steht – und damit in gewisser Weise auch eine gesundheitliche Elite. Allerdings ist hier wiederum zu beachten, dass es keinen automatischen Zusammenhang zwischen gesundheitlicher Belastung und Frühverrentung bzw. Vorruhestand gibt. Wir waren uns einig, dass man sich einen vorgezogenen Renteneintritt auch leisten können muss. Folglich sind hohe Drop-out- Quoten von LehrerInnen vor dem offiziellen Pensionsalter noch kein hinreichendes Indiz dafür, dass Lehrer in der Summe kränker wären als andere Berufsgruppen.

Mit Blick auf die unter „Zukunft der Arbeit“ subsumierten Veränderungen der Arbeits- welt gehen wir von einem anhaltenden Trend zu zeitlich befristeter und projektförmi- ger Arbeit mit Ergebnisorientierung statt Betonung fester Arbeitszeiten ebenso aus, wie von einer anhaltenden Zweiteilung in einen Kernarbeitsmarkt mit solider Arbeit- nehmervertretung und -mitsprache, zumeist unbefristeten Arbeitsverträgen mit Tarif- lohn sowie eher eingehaltenen Arbeitsschutz- und Gesundheitsschutzvorschriften, und daneben einem randständigen Arbeitsmarkt mit geringerer (marktförmiger) Ent- lohnung, zeitlicher Befristung (sowohl der wöchentlichen Stundenzahl wie der An- stellungsdauer) und insgesamt zumindest prekäreren Arbeitsbedingungen (auch hin- sichtlich von Fortbildungsangeboten, Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften, Ver- weilenkönnen an einem Ort und mittelfristiger Planbarkeit des eigenen Lebens usw.) als im Kernarbeitsmarkt. Frauen, MigrantInnen und niedriger Qualifizierte sind weit häufiger in den randständigen bzw. prekären Arbeitsverhältnissen anzutreffen und tragen damit ein höheres Arbeitsmarktrisiko.

(3)

In die Diskussion um die Frage, welche Tätigkeitsfelder bzw. Branchen im Fokus al- tersgerechter Arbeitsplatzgestaltung und darauf abzielender Projekte der BAuA ste- hen sollten, brachten wir Arbeitsmarktsegmente in die Diskussion ein, in denen be- sonders prekäre Arbeitsbedingungen vorzufinden sind. Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, von der einen Branche ab- und zur anderen zuzuraten. Wir wollen auch keine bislang weniger von der Erforschung und von Maßnahmen zur Humanisierung der Arbeitswelt durchdrungene Branchen in den Vordergrund rücken. Wir möchten aber dafür plädieren, dass Branchen ausgewählt werden, in denen es zumindest auch prekäre Arbeitsbedingungen gibt, und in denen auch neue Arbeitsorganisati- onsformen (z. B. Saisonarbeit, Teilzeit, projektförmiges und zeitlich befristetes Ar- beiten, Betriebe ohne Mitarbeitervertretung, gewisse Anteile Ungelernter und von Menschen mit Migrationshintergrund) vorzufinden sind. Dies wäre beispielsweise in den noch verbliebenen bzw. neu entwickelten Bereichen der Textilindustrie (Stich- wort Industrietextilien) oder im Nahrungsmittelgewerbe sowie im Hotel- und Gast- stättengewerbe der Fall.

Mit der im vorigen Punkt zugespitzten Betrachtung von Eliten- versus Helotenar- beitsplätzen – die wir dahingehend strukturiert haben, dass wir empfehlen, zumindest auch prekäre Arbeitsplätze und -verhältnisse zu betrachten – geht auch die Frage nach betrieblichem Gesundheitsmanagement einher. Hier identifizierten wir grob drei Gruppen von Betrieben, nämlich a) Betriebe ohne nennenswertes Gesundheitsma- nagement (geschätzt gut 60 %), b) Betriebe mit Anfängen und Rudimenten eines betrieblichen Gesundheitsmanagements (ca. ein Drittel) und c) Betriebe mit einem professionellen Gesundheitsmanagement (erst eine kleine Zahl). Wir sprechen uns dafür aus, als „gute Praxis“ nicht nur die Perfektionierungsschritte und -maßnahmen und Vorzeigebetriebe zu erfassen, sondern auch Erfolgsbeispiele bei der Einführung erster Schritte von Gesundheitsmanagement. Hier schwebt uns als Handlungsdesi- derat ein „Starterpaket“ zum Einstieg vor, in dem auf wichtige einleitende Weichen- stellungen sowie auf typische Fehler und Möglichkeiten zu deren Vermeidung ver- wiesen wird.

Wir gehen hinsichtlich eines betrieblichen Gesundheitsmanagements von einer im Management angesiedelten Querschnittsaufgabe mit systemischem Ansatz und sa- lutogenetischem Verständnis aus. Dies bedingt einen Ansatz, der im Idealfall eine Belastungsfaktoren reduzierende und gesundheitsförderliche Arbeitsorganisation einschließt. Zum älteren, auf Risikominimierung und Unfallvermeidung abzielenden Vorgehen kommen zunehmend Aufgaben hinzu, die an psychosozialen und be- triebskulturellen Variablen ansetzen. Hier geht es um Bereiche wie Wertschätzung, Anerkennungs- und konstruktive Konfliktkultur, Umgang mit Mobbing, Diversity Ma- nagement im Hinblick auf Gruppenmerkmale wie Geschlecht, Alter, Verantwortung für abhängige Personen, Religions- und Kulturzugehörigkeit, Behinderung und sexu- elle Orientierung. Unter das Leitbild „gesund in Rente“ fallen Binsenweisheiten ähnli- che und dennoch nicht immer beachtete Erkenntnisse wie: Wer für die Gesundheit seiner Mitarbeiter sorgt, sorgt damit für einen auch ökonomisch gesunden Betrieb (weil Motivation und Leistungsfähigkeit erhalten, Demotivations- und Krankheitsfol- gekosten minimiert werden). Ähnlich wie bei ökologischen Fragen wäre hier statt ei-

(4)

ner end-of-the-pipe-Politik im Sinne einer kurativen Intervention ein präventiver, den ganzen Arbeitsprozess in den Blick nehmender Zugang vorzuziehen.

Wir möchten darauf hinweisen, dass ältere Erwerbstätige nur eine von mehreren Gruppen sind, welche einer besonderen gruppenspezifischen betrieblichen Betrach- tung bedürfen. Altersmanagement wäre demnach eine Unterkategorie von Diversity Management, welches in einer stärker global vernetzten Wirtschaftswelt an Bedeu- tung gewinnt. Wir weisen darauf hin, dass die lokal-regionale Demographie erhebli- che Unterschiede aufweist, d. h. es gibt Regionen mit starker Alterung des Erwerb- spersonenpotenzials, die z. B. auch dem Abzug Jüngerer und insbesondere jüngerer Frauen geschuldet sind und wieder andere, in denen die Alterung der einheimischen Erwerbspersonen durch den Zuzug Jüngerer statistisch kompensiert wird. In diesen Regionen ist nicht die Alterung die Hauptaufgabe der Gestaltung, sondern die kom- petenzadäquate Integration der Zugewanderten in den Arbeitsmarkt. Diversity als Ansatz erlaubt hier einen strukturell analogen Zugang für Ältere wie z. B. auch für Migranten, indem beide Gruppen ressourcenorientiert als potentielle Kunden, Mitar- beiter und Zulieferer betrachtet (und ihre Qualifikationen und Erwerbsverläufe als grundsätzlich entwicklungsfähig angesehen) werden. Die Besonderheit des von uns propagierten Diversity-Ansatzes liegt nun darin, die pfleglich-kooperative Behandlung der jeweiligen Gruppe nicht normativ einzufordern – etwa in dem Sinne, dass aus moralischen Erwägungen heraus mehr für die Älteren oder Migranten getan werden sollte – sondern darin, auf die betriebswirtschaftlichen Vorteile eines kompetenten Umgangs mit Vielfalt hinzuweisen: Wer Vielfalt wertschätzt und um die besonderen Fähigkeiten der jeweiligen Personengruppe weiß, erschließt sich dadurch vielfältige- re MitarbeiterInnen-, Kunden- und Zuliefererpotentiale, erreicht dadurch mehr Wert- schöpfung und ist für die Globalisierung wie für den demographischen Wandel bes- ser gerüstet. Bei MitarbeiterInnen über 50 wird beispielsweise von Erfahrungsvorzü- gen wie Übersicht, Gelassenheit, Wissen um frühere Organisationsformen und Techniken („Retro-Handwerk“) im Verbund mit mitgebrachten Netzwerken ebenso als Vorteilen ausgegangen wie von besonderer Eignung für bemessende, beratende, konzeptionell-organisatorische, ausbildende und verhandlungsbezogene bis hin zu mediatisierenden Tätigkeiten. Wir sehen einen Trend zu mehr Firmen mit auf dem Kopf stehender Qualifikationspyramide (z. B. Ingenieurs- und Planungsbüros, Soft- ware-Entwicklungsfirmen, Projektmanagementfirmen usw.), bei denen vielen sehr gut ausgebildeten Kräften nur wenige schwächer qualifizierte Personen gegenüber- stehen. Gerade in derartigen Firmen wird das Erfahrungswissen Älterer benötigt. Al- lerdings sind diese Firmen nur offen für qualifizierte Ältere, nicht aber für Un- /Angelernte (mit Ausnahme von Putzverrichtungen, Hausmeistertätigkeiten o. ä.).

Dem gegenüber stehen weiterhin Firmen mit klassisch pyramidalem Qualifikations- aufbau und stärkeren Hierarchien, die für ältere Arbeitssuchende bislang weniger aufnahmeoffen sind.

Zur altersgerechten Arbeitsweltgestaltung – bekanntlich nicht nur wünschenswert aus humanitären Gründen, sondern auch aus Gründen der Rentenkassen und der Wertschöpfung (Stichwort Lissabon-Prozess) – gehört u. E. auch eine Neubewertung betrieblicher Personalpolitik im Hinblick auf die Überwindung eines noch immer per-

(5)

sistenten negativen und defizitorientierten Altersbildes, das bereits Jahrzehnte vor dem Erreichen der statistischen Lebenserwartung Menschen mittleren Alters mit Disengagement, Lernabstinenz und körperlichen Verfallserscheinungen gleichsetzt.

Bei Rücksicht auf gesundheitliche Erfordernisse, Erhalt der Lerngewöhnung, flexibler Arbeitszeitgestaltung mit ausreichenden Erholungsphasen und work-life-Balance so- wie flexibler Berufswegegestaltung bestünde kein Grund dafür, das bloße kalendari- sche Alter als Indiz defizitärer Arbeitsleistung und -motivation zu sehen. Bei gleichem kalendarischem Alter zeigen sich heterogene Befunde hinsichtlich des vorfindbaren Gesundheitszustandes („biologisches Alter“), die zudem starke Schichtprägungen aufweisen. Vorzeitiges Altern ist mithin nicht zuletzt auch ein soziales Schicksal. Wer Wertschätzung erfuhr und erfährt, in wessen Aus- und Fortbildung investiert wurde, wem etwas zugetraut wurde, traut sich seinerseits etwas zu, entwickelt eine höhere Selbstwertschätzung und geht i. d. R. schonender und nachhaltiger mit seiner Ge- sundheit und damit auch mit seinem Leben um. Im Idealfall gehen betriebliche Ge- sundheitsförderung und individuelles gesundheitsverantwortliches Verhalten Hand in Hand. Analog auch umgekehrt: In prekären Arbeitsverhältnissen ist der Prozentwert riskanter Lebensstile deutlich höher. An dieser Stelle zeigt sich wiederum die Be- deutung der alternsgerechten Arbeitsweltgestaltung und des systemischen Gesund- heitsmanagements: Beides kann nicht additiv aufgesetzt werden, sondern muss in der gelebten Unternehmensphilosophie verankert sein. Wo Aussagen zur Gesund- heitsförderung lediglich aufgesetzt und nicht authentisch wirken, werden sie auch kaum Wirkungen entfalten können. Mitarbeiter werden beispielsweise nicht mit dem Rauchen aufhören weil die Firmenleitung dies wünscht, sondern allenfalls dann, wenn ein Zusammenhang von ernsthafter Wertschätzung der Mitarbeitergesundheit durch den Betrieb und individuellem Verhalten wahrgenommen wird.

Ein weiterer Punkt bezieht sich auf die Größen der für ein Modellvorhaben auszu- wählenden Betriebe. Hier kommen wir zu dem Schluss, dass Branchen und Tätig- keitsfelder ausgesucht werden sollten, die Betriebe unterschiedlicher Größe und un- terschiedlicher Beständigkeit mit einschließen. Während stabile Großbetriebe bzw.

-firmen gemeinhin längerfristig planen und Funktionen wie Unfallverhütung und Ge- sundheitsfürsorge ausdifferenzieren und professionalisieren, liegt bei Kleinbetrieben eine geringere Arbeitsteilung, ein geringerer Professionalisierungsgrad und eine zeit- lich eingeschränktere Planung vor. Es ist kein Geheimnis, dass das Management eines kleinen Betriebes, der froh ist, die nächsten Monate wirtschaftlich zu überste- hen, sich über die Gesundheit seiner Mitarbeiter in 10 Jahren oftmals nicht allzu viele Sorgen macht – was oft in gleichem Maße für die dort arbeitenden Personen gilt. Wir empfehlen folglich, zumindest auch Kleinfirmen in ein BAuA-Modellvorhaben aufzu- nehmen. Diese Empfehlung steht im Kontext obiger Ausführungen zu Starterpaketen im Bereich betrieblichen Gesundheitsschutzes. An dieser Stelle verweisen wir auf die Bedeutung eines adäquaten Programm-Marketings, bei dem in einfacher und ver- ständlicher Sprache ein klarer Firmennutzen kommuniziert werden kann. Nach unse- rer Erfahrung lässt sich betriebliche Bereitschaft für Alters- und Gesundheitsmana- gement durchaus herstellen, darf jedoch nicht automatisch als bereits vorhanden vorausgesetzt werden. Wir gehen davon aus, dass die Bedeutung von Alters- und

(6)

Gesundheitsmanagement im Zeitverlauf noch zunehmen wird. Dies wird umso mehr der Fall sein, wenn es gelingt, an betriebliche Problemlagen und Nutzenerwägungen anzudocken und klare, leicht begreif- und einsetzbare Instrumente zu entwickeln.

Unter Gesundheitsaspekten in Verbindung mit Altersfragen ist auch auf die psycho- logischen Wirkungen von hoher Erwerbslosigkeit und anhaltende Diskussionen um Standortverlagerungen zu verweisen. Die Bereitschaft zur Selbstausbeutung und zur Ausbeutung familiärer Beziehungsstrukturen, der Raubbau an der eigenen Gesund- heit, die mehr oder weniger freiwillige längerfristige Missachtung von work-life- Balance und anderen gesundheitlichen Belangen bis hin zur Geringschätzung all derjenigen, die auf Belastungsgrenzen hinweisen und nicht widerspruchslos zu Mehrarbeit bereit sind, ist im Kontext hoher Erwerbslosenzahlen und damit zusam- menhängender individueller Ängste vor Arbeitsplatzverlust zu sehen. Diese Mecha- nismen finden sich mutmaßlich in Firmen und Branchen mit weniger guter Marktper- formance häufiger als in stabilen Segmenten. Ältere sind hier in besonderem Maße betroffen, da sie mehr Angst als Junge haben, im Falle von Arbeitsplatzverlust kei- nen erneuten Arbeitsplatz zu finden. Dies erklärt auch, wieso im Alter von 50plus die Bereitschaft zur Annahme einer von vornherein befristeten Tätigkeit oftmals gering ausgeprägt ist, da die Betreffenden fürchten, nach der befristeten Tätigkeit im dann noch höheren Alter noch schwerer eine erneute Arbeit zu finden. Bisherige Projek- terfahrungen mit Arbeitgebern im Hinblick auf deren Bereitschaft zur Erstanstellung über 50-Jähriger deuten darauf hin, dass viele zwar nicht grundsätzlich abgeneigt wären Ältere zu beschäftigen, dass sie jedoch neue Personalleasingformen bevorzu- gen würden und – aus Angst vor längerfristiger Erkrankung älterer MitarbeiterInnen – eher zögerlich mit eigenen Festanstellungen sind. Wir wissen zwar um die Risiken der Arbeitnehmerüberlassung, beispielsweise hinsichtlich geringerer Fortbildungs- beteiligung, stehen den neuen Arbeitsorganisationsformen jedoch nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Wir fänden es sogar spannend und empfehlenswert, in Mo- dellvorhaben auch Branchen bzw. Betriebe mit neuen Personalleasingstrukturen auf- zunehmen. Diesbezüglich ließen sich Kontrollgruppenvergleiche in Tätigkeitsberei- chen durchführen, in denen ähnliche Tätigkeiten sowohl auf geschützten Dauerar- beitsplätzen wie auf zeitlich befristeten, kaum geschützten Projektarbeitsplätzen ausgeführt werden. Beispiele hierfür ließen sich im Bildungsbereich finden (Hoch- schullehrer und Pädagogen bei Bildungsdienstleistern mit Dauer- und mit Zeitverträ- gen; mit staatlichen Aufgaben betraute Beamte und Angestellte auf Zeit- und Teil- zeitverträgen sowie analog in anderen Humandienstleistungsbereichen, wie der Al- tenpflege).

Zusammenfassend unsere Empfehlungen in Stichpunkten:

a) alle Arten von Arbeitsverhältnissen, Organisationsformen, Bildungsgruppen, so- zialen Schichten und Ressourcenverfügungen in den Blick nehmen;

b) Älterwerden auch im Betrieb als längerfristig angelegte strategische Gestaltungs- aufgabe begreifen;

c) Alters- und Gesundheitsmanagement als eine an ein spezifisches humanorien- tiertes Menschenbild gebundene systemische Querschnittsaufgabe wahrnehmen;

(7)

d) neben der Champagnerklasse der Vorzeigebetriebe auch die Holzklasse prekärer Arbeitsmarktsegmente betrachten;

e) kontrastierende Branchen auswählen, die vielfältige Organisationsformen, Firmen unterschiedlicher Größe und Stabilität, sowie nachvollziehbare Verbesserungs- möglichkeiten aufweisen;

f) besonderen Wert auf die ersten Schritte beim Alters- und Gesundheitsmanage- ment legen, wozu ein adäquates Marketing, klare Nutzenkommunikation sowie leicht nachvollziehbare und anwendbare Instrumente gehören („Starterpaket“).

(8)

Altersgerechte Arbeitsbedingungen (Machbarkeitsstudie)

H. Buck MA, A. Schletz

Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, IAO Stuttgart

Zusammenfassung

Das Gutachten soll feststellen, ob und in welchen Bereichen des Themas „Altersge- rechte Arbeitsbedingungen“ Bedarf für eine Förderung von Modellvorhaben besteht.

Die Unternehmen sind gefordert, Aufgaben und die Arbeitsumgebung für jeden ein- zelnen Arbeitnehmer so abwechslungsreich zu gestalten, dass ein körperlicher Bela- stungswechsel möglich ist und Lernanreize in der Arbeit gegeben sind, um dem Lei- stungsabbau einer älter werdenden Belegschaft vorzubeugen. Gleichzeitig sind auch die Arbeitnehmer/innen gefordert, da Vorruhestandsmöglichkeiten wegfallen oder eingeschränkt werden. Wo dies möglich ist, sollten sie so frühzeitig wie möglich ei- nem absehbaren Verschleiß an Qualifikation, Gesundheit und Motivation entgegen- wirken. Zu den wichtigsten betrieblichen Gestaltungsoptionen für die Bewältigung des altersstrukturellen Wandels der Belegschaften, die in den letzten Jahren disku- tiert wurden, zählen:

• Eine alternsgerechte Arbeitsgestaltung und betriebliche Gesundheitsprävention, um eine Berufsverweildauer bis zum Erreichen der rentenrechtlichen Altersgrenze zu ermöglichen.

• Die ständige Aktualisierung der betrieblichen Wissensbasis durch die Realisie- rung lebenslangen Lernens im Unternehmen. Mehr und auch ältere Beschäftigte müssen künftig in einen kontinuierlichen Prozess betrieblicher Weiterbildung ein- bezogen werden.

• Die Vermeidung einseitiger Spezialisierungen und stattdessen eine systemati- sche Förderung von Kompetenzentwicklung und Flexibilität durch Tätigkeits- und Anforderungswechsel im Rahmen betrieblicher Laufbahngestaltung.

Das Thema „Altersgerechte Arbeitsbedingungen“ wird in der betrieblichen Diskussion bis heute größtenteils ausgeklammert. Bisherige Schwerpunktsetzungen liegen in den Bereichen Kompetenzentwicklung und Lebenslanges Lernen. Umgesetzte Mo- dellvorhaben im Bereich des Arbeitsschutzes und der Gestaltung der Arbeitsbedin- gungen, welche sich mit den Anforderungen des demographischen Wandels ausein- andersetzen, sind bisher selten zu finden.

Ausgangssituation

Die Veränderung der Alterszusammensetzung des Arbeitskräfteangebots schlägt sich auch in den betrieblichen Altersstrukturen nieder. Der Anteil der über 50- Jährigen in den Betrieben wird in den nächsten Jahren deutlich steigen. Durch den

(9)

zukünftigen Wegfall von Frühverrentungsmöglichkeiten wird sich der Alterungspro- zess vieler betrieblicher Belegschaften noch beschleunigen. Obwohl eine Prognose der unternehmensindividuellen Altersstrukturentwicklung von verschiedenen Para- metern abhängt, wird den meisten Unternehmen gar nichts anderes übrig bleiben, als die kommenden wirtschaftlichen Umbrüche und die dazu notwendigen Innovatio- nen und Anpassungsprozesse mit einer steigenden Anzahl älter werdender Beschäf- tigter zu bewältigen. Trotz des nicht umkehrbaren Trends eines erhöhten Alters- durchschnitts in den Betrieben stehen die demographische Entwicklung und ihre Konsequenzen bisher nur bei wenigen Unternehmen auf der personalpolitischen Agenda.

Ältere Beschäftigte im Arbeitsleben

In der psychologischen und der sozialwissenschaftlichen Forschung über das Altern hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass zumindest bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenzen in der Regel nicht das biologische Alter als solches für die möglicherweise auftretenden Leistungsprobleme in der Arbeit verantwortlich ist, sondern dass es primär die langjährigen Auswirkungen von belastenden und ein- schränkenden Arbeitsbedingungen sind, die Beeinträchtigungen herbeiführen. Für die Begrenzung der Tätigkeitsdauer sind also biologische Alterungsprozesse häufig nicht entscheidend, sondern eher die Art der Tätigkeit und der bisherige Erwerbs- verlauf. Leistungswandel resultiert in starkem Maße aus den kumulierten Bela- stungswirkungen der bisherigen Berufstätigkeit.

Die heutige Situation in den Unternehmen sieht oftmals folgendermaßen aus: Ältere sind zwar nicht öfter krank als Jüngere, haben aber im Krankheitsfall deutlich mehr AU-Tage zu verzeichnen, und mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil an Lei- stungsgewandelten oder an Arbeitnehmern mit gesundheitlichen Einschränkungen zu. Die Krankenstände und Erwerbsunfähigkeitsquoten variieren erheblich mit der Berufsgruppe, dem Qualifikationsniveau und dem Tätigkeitsfeld der Beschäftigten.

Ältere Arbeitnehmer/innen sind in Maßnahmen der beruflichen Fortbildung nach wie vor unterrepräsentiert. Der Abstand der über 50-Jährigen bei der Teilnahme an Maß- nahmen ist nach dem Berichtssystem Weiterbildung des BMBF im Vergleich zu Jün- geren seit vielen Jahren stabil. Allerdings stellt das Alter der Menschen keinen ei- genständigen Erklärungsfaktor für die zurückhaltende Teilnahme an Qualifizierungs- maßnahmen („Lebenslanges Lernen“) dar. So haben vor allem Personen mit gerin- ger beruflicher Qualifikation oder ohne Erwerbsstatus eine unterdurchschnittliche Teilnahmewahrscheinlichkeit. Neben der Höhe der schulischen und beruflichen Aus- bildungsabschlüsse hat die Lernförderlichkeit der Arbeit den stärksten Einfluss auf die Ausprägung der Lernkompetenz.

Eine Bewertung der Leistungsfähigkeit nach dem kalendarischen Alter ist wegen der sehr starken Streuung der Leistungsvoraussetzungen innerhalb der Gruppe der Äl- terwerdenden nicht möglich. Personelle Merkmale, Berufsbiographie, Konstitution und Trainingsgrad stellen neben den Arbeitsbedingungen und den tätigkeitsspezifi- schen Belastungskonstellationen wichtige Einflussgrößen auf die Leistungsvoraus- setzungen von Beschäftigten dar. Aufgrund dieser vielfältigen Einflussfaktoren kann

(10)

davon ausgegangen werden, dass die interindividuellen Leistungsunterschiede mit dem Alter steigen.

Ist der Berufsverlauf durch Lern- und Entwicklungsprozesse, vielseitige Arbeitsanfor- derungen und Anerkennung geprägt, dann tritt an die Stelle des gesundheitlichen Verschleißrisikos die Chance wachsender Kompetenz mit dem Alter.

Ansätze zur Gestaltung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Eine vorausschauende Arbeitsgestaltung soll darauf abzielen, die psychische und physische Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer (arbeits-)lebenslang zu fördern und das spezifische Leistungsangebot älter werdender Mitarbeiter in weit höherem Maße als bisher zu erschließen. Ziel der Arbeitsgestaltung muss der langfristige Erhalt des individuellen Leistungsvermögens sein. Die Gestaltung "alternsgerechter" Arbeitsbe- dingungen hat ihren Bezugspunkt in der gesamten Erwerbsbiographie, während das Thema der "altersgerechten" Arbeitsbedingungen auf spezielle Maßnahmen für eine Altersgruppe abhebt.

Sind bei den Arbeitnehmer/innen bereits gesundheitliche Einschränkungen bzw. Lei- stungswandel aufgetreten, geht es um eine möglichst schnelle und nachhaltige Wie- dereingliederung in die produktive Arbeit nach der Krankheitsphase. Aus dem Ab- gleich der Arbeitsplatzanforderungen und der individuellen Fähigkeiten ergeben sich gegebenenfalls Hinweise auf Handlungsbedarf, der z.B. zur Umsetzung eines Be- schäftigten mit Leistungseinschränkungen auf einen anderen Arbeitsplatz führen kann.

Eine zentrale Aufgabe der alternsgerechten Arbeitsgestaltung besteht darin, dass Aufgaben und Arbeitsumgebung für jeden einzelnen Arbeitnehmer so abwechslungs- reich zu gestalten sind, dass ein körperlicher Belastungswechsel möglich ist und Lernanreize in der Arbeit gegeben sind, um dem individuellen Leistungsabbau vor- zubeugen. Voraussetzungen sind nicht nur regelmäßige berufliche Weiterbildungen, sondern auch eine Arbeitsgestaltung und -organisation, die eine kontinuierliche Qua- lifizierung im Arbeitsvollzug einfordert und Belastungswechsel ermöglicht. Mitarbei- ter, welche auf Grund des Wandels ihrer Aufgaben oder durch Tätigkeitswechsel bzw. job rotation regelmäßig lernen müssen, haben folglich erhöhte Chancen, dass ihre Qualifikationen aktuell bleiben, ihre Einsatzflexibilität gewährleistet ist und somit ihre Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit über die gesamte Erwerbsbiographie er- halten bleibt.

Schlussfolgerung

Um in körperlich oder psychisch stark belastenden Berufen und Tätigkeitsfeldern ge- sund alt werden zu können, bedarf es eines an der gesamten Erwerbsbiographie orientierten Verständnisses von betrieblicher Gesundheitsförderung und Arbeitsge- staltung. Unter Alternsgesichtspunkten gehören nicht nur die technische und ergo- nomische Gestaltung von Arbeitstätigkeiten auf den Prüfstand, sondern zugleich auch Arbeitsorganisation und Personaleinsatz, Qualifizierung und Arbeitszeitrege-

(11)

lungen, Unternehmenskultur, Arbeitsklima sowie die Arbeitseinstellungen der Be- schäftigten1.

Wirksame Konzepte einer Gestaltung der Erwerbsbiographie setzen nicht erst bei Älteren an, die bereits von Leistungseinschränkungen betroffen sind, sondern begin- nen bereits mit dem Start in die Berufstätigkeit oder sogar in der Berufsausbildung.

So frühzeitig wie möglich sollte einem absehbaren Verschleiß an Qualifikation, Ge- sundheit und Motivation entgegengewirkt werden. Dazu ist auch eine Sensibilisie- rung und Unterstützung der Arbeitnehmer/innen bei der Planung und Gestaltung ih- rer Erwerbsbiographie erforderlich.

Insbesondere wenn die Beschäftigten langfristig auf Arbeitsplätzen mit einseitigen Belastungen, gleichbleibenden Anforderungen oder mit hohen Routine- und Monoto- nieanteilen eingesetzt werden, ergibt sich arbeitsgestalterischer Handlungsbedarf.

Für jüngere und „mittelalte“ Arbeitnehmer/innen sind an der Erwerbsbiographie ori- entierte präventive Ansätze geeignet, um einen absehbaren Leistungswandel bei ihrem Älterwerden zu vermeiden. Für diese Altersgruppen sind Maßnahmen eines systematischen Belastungswechsels und einer lernförderlichen Arbeitsgestaltung in Kombination zu empfehlen.

Modellvorhaben

Es ist bekannt, dass die Verbleibschancen bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter in gewissen Branchen wie z.B. dem Bergbau, der Stahl- und Gießereiindustrie oder dem Dachdeckerhandwerk niedrig sind. Beispielsweise findet die Arbeit in Stahlwer- ken in einem vollkontinuierlichen Schichtsystem bei hohen körperlichen Belastungen unter Hitzebedingungen statt. Beide Faktoren (Schichtarbeit, Hitze) werden in der Arbeitswissenschaft als typische Erschwernisse benannt, welche für ältere Mitarbei- ter besonders belastend sind und häufig einem Erreichen des regulären Rentenein- trittsalters entgegenstehen.

Tatsächlich handelt es sich aber um spezifische Tätigkeitsprofile mit hohen einseiti- gen körperlichen oder psychischen Belastungen, welche in den Fokus der Modell- vorhaben genommen werden sollten. Die Durchführung von Modellvorhaben sollte sich nicht so stark an Branchen, sondern an typischen Belastungskonstellationen orientieren, da in jeder Branche auch qualifizierte und abwechslungsreiche Arbeits- bedingungen zu finden sind, die ein Arbeiten bis zum gesetzlichen Renteneintrittsal- ter nicht behindern.

Je nach Zuschnitt der Modellvorhaben sollten überbetriebliche Institutionen den Zu- gang zu Betrieben ermöglichen, aber vor allem als Transferpartner für die Verbrei- tung der Ergebnisse dieser Modellvorhaben dienen. Überbetriebliche Akteure ver- folgten bisher vorrangig eine Sensibilisierungs- und Transferfunktion. Allen überbe- trieblichen Akteuren sollten die verallgemeinerbaren Ergebnisse von betrieblichen

1 Morschhäuser, M.: Grundzüge alternsgerechter Arbeitsgestaltung. In: Gussone, M., Huber, A., Morschhäuser, M., Petrenz, J.: Ältere Arbeitnehmer. Altern und Erwerbsarbeit in rechtlicher, arbeits- und sozialwissenschaftlicher Sicht. Frankfurt am Main, 1999.

(12)

Modellvorhaben zur Verfügung gestellt werden, um die Ergebnisse an ihre jeweilige Klientel zu transferieren. Insbesondere würde sich über die heutigen Aktivitäten hin- aus eine Weiterbildung der Berater der jeweiligen Organisation anbieten, um demo- graphierelevantes Wissen in der Breite zu streuen und in die tägliche Beratungsar- beit einfließen zu lassen. Das heißt aber auch, dass mit den oben aufgezählten In- stitutionen gemeinsam definiert werden sollte, welches Grundlagen-, Beratungs- und Umsetzungs-Know-how sie heute und zukünftig benötigen und welche Erwartungen sie an die Ergebnisse von Modellvorhaben stellen.

Die Bewertung der Machbarkeit konkreter Modellvorhaben beruht letztendlich auf der Umsetzbarkeit und Attraktivität der Gestaltungsansätze für die Unternehmen und ebenso auf der Akzeptanz entsprechender Maßnahmen bei den Mitarbeiter/innen.

Ebenso wie in Großunternehmen ist es auch im Bereich der KMU von zentraler Be- deutung, die Geschäftsführung und den Betriebsrat für die Konsequenzen des de- mographischen Wandels zu sensibilisieren und für eine positive Entscheidung hin- sichtlich eines Demographieprojektes zu gewinnen.

Bei der Konzeption betrieblicher Modellvorhaben sollten folgende Fragestellungen berücksichtigt werden:

• Unter welchen Bedingungen lassen sich Unternehmen auf Projekte ein, die eine Veränderung der Arbeitsbedingungen zum Thema haben (business case)?

• Wie sind Arbeitsgestaltungsprojekte in Relation zu anderen Maßnahmen der Ar- beits- und Personalpolitik für ältere Arbeitnehmer im Betrieb zu implementieren?

• Welche Wirkungen haben die Modellvorhaben im Unternehmen?

Die Konzeption und Umsetzung einer nachhaltigen Arbeitsgestaltung für ältere bzw.

alternde Mitarbeiter in mittelständischen Unternehmen hat folgende Voraussetzun- gen:

• Der Mittelstand muss nicht nur für das Thema sensibilisiert werden, sondern es müssen die Anreizstrukturen und Nutzenargumente klar und nachvollziehbar her- ausgearbeitet werden, welche Unternehmen dazu veranlassen, in die al- tersadäquate Arbeitsgestaltung zu investieren.

• Es müssen pragmatische und umsetzbare Konzepte entwickelt und getestet wer- den, welche sowohl einen für das Management und den Betriebsrat erkennbaren kurz- bis mittelfristigen Nutzen anzielen als auch eine der Workability und Em- ployability verpflichtete längerfristige Perspektive verfolgen.

• Es ist zu analysieren und darzustellen, wie die Ansätze der alters- und alternsge- rechten Arbeitsgestaltung mit dem Bedarf der Unternehmen nach Produktivität und Flexibilität zusammengeführt und synchronisiert werden können.

• Für eine erfolgreiche Umsetzung altersadäquater Arbeitsgestaltungs-Projekte greift eine Konzentration auf die Gestaltung des einzelnen Arbeitsplatzes oder Arbeitsumfeldes oftmals zu kurz. Es muss auch darum gehen, solche Maßnah- men mit der betrieblichen Gesundheitsförderung, der Personalentwicklung und der Arbeitsorganisation gleichgewichtig abzustimmen.

(13)

Sind typische Tätigkeitsfelder identifiziert, in denen die Arbeitsbedingungen einem Erreichen des Renteneintrittsalters entgegenstehen, ist in den Modellvorhaben zu bewerten, wie die Arbeitsbedingungen zu ändern sind, damit auch ältere Arbeitneh- mer/innen dort gesund und leistungsfähig arbeiten können. Es ist zu erwarten, dass mit dem Wegfall der Vorruhestandsregelungen und einer Erhöhung des Rentenein- trittsalters das betriebliche Interesse an entsprechenden Umsetzungsprojekten stei- gen wird.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Bei einem Verkauf der BLS Cargo würden diese fehlen, und selbstverständlich wür- den auch die Arbeitsplätze der BLS Cargo nach einem Verkauf nicht im Kanton Bern

Zwar gibt es auch Stundenerhöhungen, die sind aber befristet und sind auch nur für diejenigen, die sich gut mit der Filalleitung verstehen.. Entsprechend niedrig sind die Löhne,

Gründe hierfür sind insbesondere die hohen Belastungen bei der Pflege- arbeit (siehe Kapitel I.4.6.2) sowie der andauernde Personalmangel, von dessen Auswirkungen mehr als drei

Erteilte Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: Bei Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder sonstigen Leistung an einen Unternehmer in einem

62 % berichten von Arbeitshetze in (sehr) hohem Maße Mehr als 2/3 fühlen sich dadurch (sehr) stark belastet.. 07.02.2011 Ulrich Beiderwieden, Fb 13 Besondere Dienstleistungen

Erteilte Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: Bei Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder sonstigen Leistung an einen Unternehmer in einem

Viele Jugendliche sind nach zehn Schuljahren nicht ausbildungsreif und die Mehrheit der Lehrkräfte in Deutschland erreicht derzeit nicht die Pensionsaltersgrenze.. Mit

• Hohe ERI-Werte zeigen eine hohe prädikative Validität für Herz- Kreislauf- sowie psychische Erkrankungen. (Quelle: Eigene Darstellung nach Siegrist