• Keine Ergebnisse gefunden

Kapitel 1: EINFÜHRUNG

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Kapitel 1: EINFÜHRUNG"

Copied!
9
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Kapitel 1: E

INFÜHRUNG

Gliederung

1. Energie als ökonomisches Problem 2. Energie und Nachhaltigkeit

3. Fakten zum Energieverbrauch

1. Energie als ökonomisches Problem

Energie ist als knappes Gut anzusehen, das für Produktions- und Konsum- zwecke verwendet wird. Ökonomen interessieren sich dabei für die Preisbil- dung auf Energiemärkten. Dabei sind allerdings einige Besonderheiten zu beachten:

A)MARKTVERSAGEN

Auf den Energiemärkten liegt oft Marktversagen vor. Das heisst, der freie Markt erzielt ineffiziente Ergebnisse, es bildet sich kein funktionierender Wett- bewerbsmarkt heraus. Um diese Ineffizienzen zu bekämpfen, gibt es in Teilbe- reichen des Energiemarktes staatliche Eingriffe. Welche Arten von Marktversagen sind zu beobachten?

In manchen Teilbereichen des Energiemarktes bilden sich Kartelle, oder sogar Monopole. Das bekannteste Kartell im Energiemarkt ist die OPEC,1 in der sich viele der wichtigsten Erdöl-Förderländer zusammengeschlossen haben, um den Preis für Rohöl zu kontrollieren. Es handelt sich demnach um ein Anbieter-Kartell.

Wie bei vielen Infrastruktur-Projekten, kann es auch bei Projekten im Energie- Bereich sogenannte natürliche Monopole geben. Ein natürliches Monopol entsteht dann, wenn bei einem Projekt grosse Kosten zur Erstellung entste- hen, die Grenzkosten der Produktion jedoch für jede zusätzliche Einheit über einen weiten Bereich des Outputniveaus sinken. Wenn die Kapazität einer Anlage bereits ausreicht, um den gesamten Bedarf zu decken, kann ein ein- zelner Anbieter in jedem Fall günstiger anbieten, als zwei Anbieter dies könnten.

Eine weitere Form von Marktversagen liegt vor, wenn mit der Produktion oder dem Verbrauch von Energie negative externe Effekte verbunden sind. Von (negativen) externen Effekten spricht man dabei dann, wenn die Handlungen bestimmter Akteure die Konsum- oder Produktionsmöglichkeiten anderer (negativ) beeinflussen, ohne dass sich dies in entsprechenden Preisveränderungen niederschlägt. Negative Externalitäten im Zusammen- hang mit Produktion oder Konsum von Energie bedeutet, dass der Marktpreis zu tief ist und nicht die gesamten Kosten widerspiegelt. Es wird folglich zuviel konsumiert, der zu tiefe Marktpreis bewirkt ein ineffizientes Markt-Ergebnis.

Negative externe Effekte entstehen bei der Energiegewinnung zum Beispiel in Form von Umweltschäden bei Verbrauch von Kohle oder Erdöl. Die negativen

1 Organization of the Petroleum Exporting Countries mit Sitz in Wien.

Marktversagen

Monopole und Kartelle

Natürliche Monopole

Negative externe Effekte

(2)

externen Effekte des Verbrauchs von fossilen Brennstoffen sind als Treibhausgas-Effekt bekannt.

B)ERSCHÖPFBARKEIT VON ENERGIETRÄGERN

Ein Grossteil der Energieträger sind fossile Brennstoffe. Diese Brennstoffe sind Ressourcen, die sich eines Tages erschöpfen, da sie nicht bzw. nur extrem langsam nachwachsen. Es findet ein Abbau dieser Ressourcen zu Lasten künftiger Generationen statt. Der Abbau dieser Ressourcen wird zu einem Preisanstieg in der Zukunft führen. Eine wichtige Frage dabei ist, ob dieser Anstieg allmählich stattfindet und die Wirtschaft sich daran anpassen kann, oder ob ein abrupter Preisanstieg stattfindet, wie in den beiden Ölkrisen in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Ein solch abrupter Preisanstieg würde negative Konsequenzen für die Wirtschaftsentwicklung nach sich ziehen.

C)UNSICHERHEIT UND HOHE ANFANGSINVESTITIONEN

Unsicherheit und hohe Anfangsinvestitionen spielen in Energiemärkten eine grosse Rolle. Bei vielen Infrastruktur-Projekten im Energiemarkt sind grosse Anfangsinvestitionen nötig, die dann über einen langen Zeitraum genutzt werden müssen, damit sich die Investition rentiert. Oft sind auch grosse Investitionen nötig, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dies ist beispielsweise bei elektrischem Strom der Fall, denn dieser kann nicht gelagert werden. Elektrischer Strom muss dann produziert werden, wenn er verbraucht wird. Dies bedingt ein Stromverteilungsnetz, das auf Spitzenbelastungen ausgerichtet ist. Das Stromverteilungsnetz muss auch eine sehr hohe Ausfallsicherheit bieten, um „black-outs“, also einen Stromausfall in grossen Gebieten, zu verhindern.

Auch im Ölmarkt spielt Unsicherheit eine grosse Rolle. Ein grosser Anteil der weltweiten Rohölvorräte liegt im mittleren Osten. Hier herrscht grosse politische Unsicherheit und auch kriegerische Handlungen sind nicht auszuschliessen, wie etwa im Irak. Diese politische Instabilität gefährdet zum einen die Versorgungssicherheit und drückt sich zum anderen in grossen Preisschwankungen des Rohöls aus.

Auch das Wissen über die Reserven fossiler Brennstoffe ist mit Unsicherheit behaftet, wie das Beispiel des Erdölkonzern Royal Dutch/Shell zeigt. Hier mussten die Reserven nach unten korrigiert werden, weil einige Messungen nicht zuverlässig genug durchgeführt worden waren. Aber nicht nur der Bestand der Reserven ist mit Unsicherheit behaftet, auch die künftigen Preise sind nicht bekannt. Es gibt zwar Märkte, auf denen Preise für künftige Lieferungen bis zu einem Zeithorizont von einigen Monaten oder wenigen Jahren in Rechnung gestellt werden. Es gibt jedoch keine Märkte mit Preisen für die gesamte Projektlaufzeit. Die Exploration, also die Suche nach unbekannten Erdöl- oder Erdgas-Vorkommen, ist ebenfalls mit grossen Unsicherheiten behaftet, so dass der Anreiz dafür relativ gering ist.

Abbau nicht nachwachsender Brennstoffe

Unsicherheit und hohe Anfangsinvestitionen

Unsichere Reserven

(3)

DKONOMISCHE FRAGESTELLUNGEN

Im Zusammenhang mit dem Thema Energie fallen viele ökonomische Fragestellungen an. Beispielhaft seien die folgenden erwähnt (nach Erdmann, Georg (1992): Energieökonomik: Theorie und Anwendungen. Zürich: vdf, S.

13f.):

- Wie viel knappe Produktionsfaktoren sollten für die Prospektion, Erschliessung und Verteilung neuer Energielagerstätten aufgewendet werden?

- Wie viel knappe Produktionsfaktoren sollten zur Förderung bereits bekannter, qualitativ aber inferiorer Energielagerstätten eingesetzt werden?

- Wie viel knappe Produktionsfaktoren sollen zur Substitution von Energieträgern durch effizientere Technologien und erneuerbare Energien verwendet werden?

- Wie viel knappe Produktionsfaktoren sollen zur Vermeidung oder Beseitigung von energienutzungsbedingten Umweltschäden abgezweigt werden?

- Wie viel hochwertige Energiereserven sollen für zukünftige Generationen reserviert werden?

Mit der Beantwortung dieser Fragen werden sich die folgenden Teile dieser Vorlesung beschäftigen.

2. Energie und Nachhaltigkeit

Was versteht man unter Nachhaltigkeit?

Im Zusammenhang mit Wachstum wird häufig der Begriff "Nachhaltigkeit"

(Englisch: "Sustainability") erwähnt. Seit dem Brundtland-Bericht (1987) wird der Begriff auch in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert. Gemäss dem Brundtland-Bericht kann von Nachhaltigkeit gesprochen werden, wenn

es möglich ist, die Bedürfnisse der heutigen Generation zu befriedigen, ohne dass dadurch die Bedürfnisbefriedigung künftiger Generationen gefährdet wird.

Die Weltbank hat 1995 den Begriff Nachhaltigkeit konkretisiert:

Nachhaltigkeit bedeutet, dass das Gesamtvermögen von Volkswirtschaften im Zeitverlauf nicht kleiner wird.

Das Gesamtvermögen setzt sich zusammen aus dem Humankapital, dem Naturkapital, dem Sachkapital und dem Sozialkapital einer Volkswirtschaft.

Nachhaltigkeit wäre also durch einen Vergleich von Gesamtvermögen über die Zeit hin zu messen.

Betrachtet man diese allgemeinen Definitionen genauer, stellen sich für die konkrete Anwendung Fragen zu folgenden Aspekten:

1.

1.

1.

1. Welche Substitutionen sind zulässig?

Steht die Summe aller Kapitalarten im Vordergrund, oder müssen auch die einzelnen Kapitalarten unverändert belassen werden? Je nach Auslegung ergeben sich unterschiedliche Konkretisierungen von Nachhaltigkeit. Eine strenge Nachhaltigkeit erlaubt keine Substitution der Kapitalarten, während

(4)

eine schwache Nachhaltigkeit eine komplette Substitution tolerieren würde. "Vernünftige" Nachhaltigkeit ("sensible sustainability") lässt

"gewisse" Substitutionen zu.

2. Regionale Abgrenzung

Ist eine Kompensation in anderen Regionen erlaubt?

3.

3.

3.

3. Zeitliche Abgrenzung

Für wie viele Generationen soll die Bedürfnisbefriedigung ermöglicht werden?

4.4.

4.4. Mengen- vs. Preiseffekte?

Der Abbau etwa von Rohstoffmengen führt zu einem Anstieg der Rohstoffpreise, da die Rohstoffe knapper werden. Dadurch kann der Gesamtwert steigen, obwohl der Bestand dieser Rohstoffe sinkt. Eine Lösung könnten "preisbereinigte Kapitalien" sein.

Folgerung: Es gibt nicht “die” richtige Nachhaltigkeitsdefinition; Werturteile (der Gesellschaft) spielen eine entscheidende Rolle für das, was als nachhaltig angesehen wird.

Eine alternative Möglichkeit zur Messung der Nachhaltigkeit von Energiesystemen sind die WBGU-Leitplanken (Wissenschaftlicher Beirat Globale Umweltveränderungen). Sie bestehen aus ökologischen und sozioökonomischen Leitplanken nachhaltiger Energiepolitik:

Ökologische Leitplanken

Klimaschutz

Eine Temperaturänderungsrate über 0,2°C pro Jahrzeh nt und eine mittlere globale Temperaturänderung über 2°C gegenüber dem Wert vor der Industrialisierung sind intolerable Werte einer globalen Klimaänderung.

Nachhaltige Flächennutzung

10–20% der weltweiten Landfläche sollten dem Naturschutz vorbehalten bleiben.

Nicht mehr als 3% sollten für den Anbau von Bioenergiepflanzen bzw. für terrestrische CO2-Speicherung genutzt werden. Dabei ist eine Umwandlung natürlicher Ökosysteme zum Anbau von Bioenergieträgern grundsätzlich abzulehnen. Bei Nutzungskonflikten muss die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung Vorrang haben.

Schutz von Flüssen und ihren Einzugsgebieten

Wie bei den Landflächen, so sollten auch etwa 10–20% der Flussökosysteme inklusive ihrer Einzugsgebiete dem Naturschutz vorbehalten sein. Dies ist ein Grund dafür, warum die Wasserkraft – nach Erfüllung der notwendigen Rahmenbedingungen (Investitionen in Forschung, Institutionen, Kapazitätsaufbau usw.) – nur in Grenzen ausgebaut werden kann.

Schutz der Meeresökosysteme

Der WBGU hält die Nutzung des Ozeans zur Kohlenstoffspeicherung nicht für tolerierbar, weil die ökologischen Schäden groß sein könnten und das Wissen über die biologischen Folgen zu lückenhaft ist.

Schutz der Atmosphäre vor Luftverschmutzung

Kritische Belastungen durch Luftschadstoffe sind nicht tolerierbar. Als erste Orientierung für eine quantitative Leitplanke kann festgelegt werden, dass die Belastungen nirgendwo höher sein dürfen, als sie heute in der EU sind, auch wenn dort die Situation noch nicht bei allen Schadstoffen zufrieden stellend ist. Eine endgültige Leitplanke muss durch nationale Umweltstandards und multilaterale Umweltabkommen definiert und umgesetzt werden.

(5)

Sozioökonomische Leitplanken

Zugang zu moderner Energie für alle Menschen

Der Zugang zu moderner Energie sollte für alle Menschen gewährleistet sein. Dazu muss der Zugang zu Elektrizität sichergestellt und die Nutzung gesundheitsschädigender Biomasse durch moderne Brennstoffe ersetzt werden.

Deckung des individuellen Mindestbedarfs an moderner Energie

Der WBGU erachtet folgende Endenergiemengen als Minimum für den elementaren individuellen Bedarf: Spätestens ab 2020 sollten alle Menschen wenigstens 500 kWh pro Kopf und Jahr an Endenergie und spätestens ab 2050 wenigstens 700 kWh zur Verfügung haben. Bis 2100 sollte der Wert auf 1.000 kWh steigen.

Begrenzung des Anteils der Energieausgaben am Einkommen

Arme Haushalte sollten maximal ein Zehntel ihres Einkommens zur Deckung des elementaren individuellen Energiebedarfs ausgeben müssen.

Gesamtwirtschaftlicher Mindestentwicklungsbedarf

Zur Deckung des gesamtwirtschaftliche Mindestenergiebedarf pro Kopf (für indirekt genutzte Energiedienstleistungen) sollte allen Ländern mindestens ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von mindestens 2.900 US-$1999 zur Verfügung stehen.

Risiken im Normalbereich halten

Ein nachhaltiges Energiesystem sollte auf Technologien beruhen, deren Betrieb im

„Normalbereich“ der Umweltrisiken liegt. Die Kernenergie kollidiert mit diesen Anforderungen insbesondere durch intolerable Unfallrisiken und ungeklärte Abfallentsorgung sowie wegen der Risiken durch Proliferation und Terrorismus.

Erkrankungen durch Energienutzung vermeiden

Die lokale Luftverschmutzung in Innenräumen durch Verbrennung von Biomasse und in Städten durch Nutzung fossiler Energieträger verursacht weltweit schwere Gesundheitsschäden. Die hierdurch verursachte Gesundheitsbelastung sollte in allen WHO-Regionen jeweils 0,5% der gesamten Gesundheitsbelastung der Region (gemessen in DALYs, disability adjusted life years) nicht überschreiten.

Quelle: WBGU (2003): Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit. Berlin:

Springer.

Global nachhaltige Energiesysteme sind – orientiert an den Leitplanken – solche Systeme, die die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen dauerhaft erhalten und die ausserdem den Zugang zu modernen Energieformen für alle Menschen weltweit garantieren.

Die aktuellen Energiesysteme können diesen Nachhaltigkeitsanforderungen nicht genügen. Es sind daher Massnahmen zur Transformation der Energiesysteme notwendig. Worauf dabei konkret zu achten ist, wird in den Kapiteln 3 folgende dieser Vorlesung aufgezeigt.

3. Fakten zum Energieverbrauch

Zur Produktion von Energie werden verschiedene Energieträger verwendet, man spricht vom Energie-Einsatz. Dem gegenüber wird die Nutzung der Energie durch den Endverbraucher durch den Energieverbrauch erfasst. Bei der Produktion von Energie aus Energieträgern entstehen Verluste, ebenso beim allfälligen Transport der Energie zum Endverbraucher. Ausserdem gibt es Unterschiede hinsichtlich der Ausbeute zwischen den verschiedenen Energieträgern. Daher gibt es eine Diskrepanz in der Menge zwischen dem Energie-Einsatz (Produktions-Input) und dem Energie-Verbrauch

Energie-Einsatz und -Verbrauch

(6)

(Produktions-Output). Ebenso gibt es einen Unterschied in der Zusammensetzung der Energieträger beim Einsatz und beim Verbrauch.

Der weltweite Energie-Mix und der Energie-Mix in der Schweiz unterscheiden sich deutlich (vgl. Tabelle 1.1). Zum einen wird in der Schweiz für die Energie- Produktion viel stärker auf die beiden Energie-Träger Wasserkraft und Atomkraft zurückgegriffen als weltweit. Dabei ist der hohe Anteil der Wasserkraft auf günstige geographische Gegebenheiten zurückzuführen.

Energie-Einsatz Energie-Verbrauch Welt 2001 Schweiz 2002 Welt 2001 Schweiz 2002 Fossile

Brennstoffe 79.5% 54.6% 66.7% 69.6%

Wasserkraft 2.2% 14.1% - -

Atomkraft 6.9% 24.1% - -

Sonstige (z.B.

Holz, Wind und Sonne)

11.4% 7.2% 17.8% 7.6%

Elektrischer

Strom - - 15.6% 22.8%

Tabelle 1.1: Weltenergie-Einsatz und -Verbrauch im Vergleich zur Schweiz (Quellen:

Key World Energy Statistics 2003, IEA; Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2002)

Zum anderen fällt beim Energie-Verbrauch auf, dass der Anteil der elektrischen Energie in der Schweiz deutlich höher liegt als beim weltweiten Energie-Verbrauch. Darin zeigt sich das hohe Entwicklungsniveau der Schweiz. In einer entwickelten Wirtschaft wird relativ viel elektrische Energie verbraucht. Ebenso ist ein hoher Lebensstandard mit einem hohen Konsum elektrischer Energie verbunden. Auch der Anteil fossiler Brennstoffe ist in der Schweiz höher als in der Welt insgesamt. Dies obwohl in der Schweiz beispielsweise kaum Kohle verwendet wird und auch keine Schwerindustrie besteht. Der hohe Anteil der fossilen Brennstoffe ist auf den grossen Bestand an Personenwagen und damit ebenfalls auf den hohen Lebensstandard zurückzuführen.

Energie weltweit2

Der weltweite Energiebedarf wird im Wesentlichen durch das Bevölkerungswachstum sowie die wirtschaftliche und technologische Entwicklung bestimmt. Der Energieeinsatz pro Kopf steigt – bei erheblicher Streuung – mit zunehmendem Einkommen, wie ein Vergleich zahlreicher Länder zeigt. Bemerkenswert ist allerdings, dass mit demselben Energieeinsatz ganz unterschiedlicher materieller Wohlstand geschaffen werden kann: Bei etwa gleichem Pro-Kopf-Energieeinsatz erzeugt Japan das 7fache Pro-Kopf-Einkommen von Südkorea. In den letzten zwei Jahrhunderten wuchs das globale Bruttosozialprodukt im Mittel um 3%

jährlich, die globale Energienachfrage im gleichen Zeitraum jedoch nur um etwa 2% pro Jahr. Damit stieg die gesamtwirtschaftliche Energieproduktivität

2 Vgl. WBGU (2003): Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit. Berlin:

Springer S. 14ff.

Energie-Mix der Schweiz

Energieeinsatz

(7)

um etwa 1% jährlich. Diese Zunahme ist nicht nur auf den technologischen Fortschritt (Zunahme der Effizienz), sondern ebenso auf veränderte Muster der Energiedienstleistungen (etwa sektorale Verschiebungen) sowie auf die Substitution von Treibstoffen durch modernere Energieformen (etwa von Holz zu Gas beim Kochen) zurückzuführen. Auch veränderte Konsum- und Lebensstilmuster können die Energieproduktivität beeinflussen.

Der zunehmende Energieeinsatz ist in vielen Fällen mit steigender Umweltverschmutzung verbunden, wenn auch nicht proportional: Die globalen Kohlendioxidemissionen steigen langsamer als der Energieeinsatz. Mit der Veränderung des globalen Energieträgermix (also der Substitution von kohlenstoffreichen fossilen Energieträgern wie Kohle durch kohlenstoffäremere wie Gas oder durch Kernenergie und erneuerbare Energieträger) ist ein stetiger globaler Trend zur Dekarbonisierung verbunden.

Die Kohlendioxidemissionen pro Energieeinsatz sinken weltweit um jährlich 0,3%.

Der größte Energienutzer im weltweiten Durchschnitt ist heute die Industrie mit etwa zwei Fünfteln des globalen Primärenergieeinsatzes. Haushalte und gewerbliche Gebäude verbrauchen geringfügig weniger, der Transportsektor etwa ein Fünftel. In Asien ist der Anteil der Industrie höher (59%), während er in den OECD-Staaten nur noch etwa ein Drittel beträgt. Dort macht der Transport ein Viertel aus, während er in Asien nur 15% beträgt. Die Landwirtschaft nutzt global nur 3% der kommerziellen Energie. Gemittelt über den Zeitraum 1970–1990 waren die jährlichen globalen Wachstumsraten im Gebäudesektor (Heizung, Kühlung, Beleuchtung usw.) mit 2,9% am größten, gefolgt vom Transportsektor mit 2,8%. In der ersten Hälfte der 90er Jahre wuchs der globale Primärenergieeinsatz nur noch um 0,7%, der Transportsektor jedoch überproportional um 1,7%, insbesondere in Entwicklungsländern.

In der Industrie entfällt die Energienutzung hauptsächlich auf die Produktion von wenigen energieintensiven Gütern, etwa Stahl, Papier, Zement, Aluminium und Chemikalien. Die Nachfrage nach diesen Gütern steigt in sich stark entwickelnden Ländern, z.B. wegen des Aufbaus von Infrastruktur, während in Industrieländern die Nachfrage nach diesen Gütern – mit Ausnahme von Papier – abnimmt oder stabil bleibt. Ihre Herstellung verlagert sich teilweise die Schwellenländer.

Wichtige Faktoren für die Energienutzung in Gebäuden sind Bevölkerungsdichte, Urbanisierung, Anzahl der Wohnungen, Pro-Kopf- Wohnfläche, Personen pro Haushalt, Altersverteilung, Haushaltseinkommen und kommerzielle Flächennutzung. Generell ist ein höherer Grad der Urbanisierung mit höherem Energieeinsatz pro Haushalt verbunden – hauptsächlich wegen höherer Einkommen in den Städten. In Industrieländern macht die Raumheizung und -kühlung einen wesentlichen Anteil der Energienutzung in Gebäuden aus. Der Pro-Kopf-Energieeinsatz in Gebäuden nimmt nicht nur in Industrie- sondern auch in Schwellenländern zu. In Entwicklungsländern fallen Kochen und Heizen am stärksten ins Gewicht.

Der Energieeinsatz im Transportsektor wird durch das Verkehrsaufkommen und die eingesetzten Technologien bestimmt. In den letzten Jahrzehnten sind sowohl der Personentransport in Pkw und Flugzeugen als auch der Straßengütertransport stark gestiegen. Während der vergleichsweise geringe Anteil der Bahn weiter zurückgeht, dominieren Straßentransport (73%) und Flugverkehr (12%) den Energieeinsatz im Transportsektor.

Industrie

Transportsektor

(8)

Die Transportmuster sind mit wirtschaftlicher Aktivität, Infra- und Siedlungsstrukturen sowie den Preisen für Brennstoffe und Fahrzeuge eng verknüpft. Siedlungsstrukturen beeinflussen Transportsysteme, werden aber auch durch sie geprägt. So korrelieren die Bevölkerungsdichte in Städten und der Energieeinsatz für den Transport: je höher die Bevölkerungsdichte, desto niedriger der Energieeinsatz für den Transport. In den Industrieländern, auch in Deutschland, ist eine steigende Energieeffizienz neuer Autos festzustellen.

Im Personenverkehr ist die Transportleistung pro Energieeinsatz allerdings in den meisten europäischen Staaten und in Japan seit 1970 gesunken: der niedrigere Treibstoffverbrauch der Fahrzeugflotte ist durch steigende Anzahl und geringere Besetzungsdichten der Pkw, aber auch durch den Trend zu größeren Autos und stärkeren Motoren überkompensiert worden. Mit zunehmendem Verkehr in den Entwicklungsländern sind weitere Emissionssteigerungen im Transportsektor zu erwarten.

Energie in der Schweiz3

Die Schweiz verfügt mit Ausnahme der Wasserkraft über geringe Energievorkommen und ist damit zu vier Fünfteln auf Importe angewiesen.

Importiert werden das Erdöl (Rohöl, Brenn- und Treibstoffe), Erdgas, Kohle und Kohleprodukte, nukleare Brennelemente und in de Wintermonaten zunehmend Elektrizität.

Etwa 40% der in der Schweiz verbrauchten Erdölprodukte werden in zwei inländischen Raffinerien aus importiertem Rohöl hergestellt. Die übrigen 60%

werden direkt importiert.

Die schweizerischen Wasserkraftwerke bestreiten gegen 60% der inländischen Stromerzeugung, die fünf einheimischen Kernkraftwerke gegen 40%. Dieser Anteil der Kernenergie an der Elektrizitätserzeugung ist relativ hoch. Die anderen Stromerzeugungsarten (fossil-thermisch, Kehrichtverbrennung, Holz, Wind, Photovoltaik, Biogas) machen nur wenige Prozente aus. Im Sommerhalbjahr werden Stromüberschüsse exportiert, im Winterhalbjahr muss in der Regel Elektrizität importiert werden.

Seit 1950 hat sich der Endenergieverbrauch in der Schweiz bei einer Zunahme der Bevölkerung um rund die Hälfte mehr als verfünffacht. Er ist auch in den 90er Jahren – trotz eines vorübergehenden rezessionsbedingten Rückgangs – um weitere rund 10% gestiegen.

Der enorme Bedarfszuwachs wurde in den 50er und 60er Jahren durch Erdölprodukte gedeckt, was zunehmend zu einseitiger Erdölabhängigkeit der Schweiz führte. Mit einem Erdölanteil von gegen 80% erreichte die Abhängigkeit zu Beginn der 70er Jahre ihren Höhepunkt. Seither ist der Erdölanteil wieder rückläufig.

Während jedoch die Erdölbrennstoffe deutlich zurückgehen, nehmen die Treibstoffe nach wie vor zu. Mit dem Rückgang des Erdölanteils haben vor allem Erdgas, aber auch Elektrizität sukzessiv an Bedeutung gewonnen. Die Zunahme des Elektrizitätsverbrauchs wurde seit dem Ende der sechziger Jahre hauptsächlich durch Elektrizität aus neuen Kernkraftwerken gedeckt.

3 Vgl. Bundesamt für Statistik (2004): Statistisches Jahrbuch der Schweiz 2004. Zürich:

NZZ Verlag, S. 362-366.

Bedeutung des Auslands

Erdöl

(9)

Die wichtigsten Energieträger auf der Stufe Endverbrauch sind heute Erdölprodukte, Elektrizität und Erdgas (Anteile im Jahr 2002: 58,3%, 22,8%

und 11,4%). Zusammen decken sie 92,5% des Endverbrauchs. Die Anteile der übrigen Energieträger verteilen sich folgendermassen: Energieholz 2,5%, Müll und Industrieabfälle 1,9%, Fernwärme 1,7% und Kohle 0,7%. Der Beitrag der neuen erneuerbaren Energien Umweltwärme, Sonne, Biogas und Wind beträgt insgesamt 0,8%.

Der schweizerische Pro-Kopf-Verbrauch ist mit anderen Industrieländern vergleichbar. Deutlich höhere Werte werden in den USA verzeichnet. Der Pro- Kopf-Verbrauch in den Entwicklungsländern ist sehr niedrig. Die verbrauchten Mengen und Verbrauchszunahmen von bevölkerungsreichen Ländern wie China oder Indien fallen jedoch weltweit stark ins Gewicht. Diese Länder sind heute die grössten Verbraucher fossiler Energieträger.

Der Anstieg des gesamten Energieverbrauchs ist massgeblich die Folge des Verkehrswachstums. Im Verkehr wächst der Verbrauch überdurchschnittlich und stärker als das BIP. Mit rund einem Drittel des Endenergieverbrauchs ist der Verkehr heute auch anteilsmässig die grösste der Verbrauchergruppen geworden. Am stärksten expandiert der Energieverbrauch des Flugverkehrs.

Die Zuwachsraten der Haushalte, der Industrie oder Dienstleistungen liegen unter dem Durchschnitt und unter jenen des BIP. Hier haben vor allem Massnahmen zur rationelleren Energieverwendung im Wärmebereich zu einer deutlichen Effizienzsteigerung geführt.

Besonders problematisch für die Umwelt ist der Verbrauch fossiler Energieträger. Während in den 70er Jahren ihre fortschreitende Verknappung als das Hauptproblem erachtet wurde, steht heute die Belastung mit Luftschadstoffen und CO2-Emissionen im Vordergrund.

Der Ausstoss an Luftschadstoffen pro eingesetzte Energieeinheit lässt sich durch technische Massnahmen reduzieren, und es bestehen gute Aussichten, dass die Immissionswerte mit entsprechenden Anstrengungen auf ein umweltverträgliches Mass reduziert werden können.

CO2-Emissionen entstehen bei jedem energetischen Einsatz fossiler Energieträger und lassen sich vorderhand nur durch eine Verbrauchsreduktion mittels Massnahmen zur rationelleren Energieverwendung und zur Nutzung erneuerbarer Energien wesentlich vermindern.

Im Rahmen des Aktionsprogramms «Energie 2000» (ab 2001

«EnergieSchweiz») werden solche Massnahmen gefördert. Vor allem die Programme zur rationelleren Energienutzung erreichten messbare Erfolge. Im Hinblick auch auf die internationale Verpflichtung der Schweiz in der Klimakonvention hat das Parlament im Mai 2000 das CO2-Gesetz verabschiedet, welches festlegt, dass die Schweiz bis zum Jahr 2010 ihren CO2-Ausstoss aus der energetischen Nutzung fossiler Energieträger gegenüber 1990 um 10% senkt. Der CO2-Ausstoss hat allerdings zwischen 1990 und 2003 klimabereinigt leicht zugenommen.

Pro-Kopf-Verbrauch

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wenn Sie LibreOffice selbst anklicken oder auch, wenn Sie alle Dokumente geschlossen haben, aber nicht LibreOffice selbst (s. dazu Dokument schließen auf Seite 37), , also die

Wenn Sie die Microsoft Office-Dateiformate mit LibreOffice als Standard- Anwendung verknüpft haben, können Sie auch diese Dateien mit einem Doppelklick öffnen. Das gleiche gilt

Klicken Sie auf das kleine Dreieck rechts neben dem Symbol für Rückgängig (Abbildung 17), um eine Liste aller Änderungen, die rückgängig gemacht werden können, zu erhalten.

Wenn nur noch ein LibreOffice- Fenster geöffnet ist, haben Sie die Möglichkeit, LibreOffice ganz zu schließen (über das obere Kreuz der Benutzeroberfläche) oder nur das Dokument

Klicken Sie auf das kleine Dreieck rechts neben dem Symbol für Rückgängig (Abbildung 17), um eine Liste aller Änderungen, die rückgängig gemacht werden können, zu erhalten.

Die Ansicht Gliederung enthält alle Folien der Präsentation in ihrer nummerierten Reihenfolge. Dargestellt werden Titel, Punktlisten, nummerierte Listen und Texte jeder Folie

Mit dieser Symbolleiste, die standardmäßig unterhalb der Standardsymbolleiste eingeblendet wird, können Farbe, Stil und Breite einer gezeichneten Linie oder Füllfarbe, Stil

Die Ebenen werden detailliert in Kapitel 11 – Weiterführende Themen zu Dokumenten dieses Handbuchs beschrieben, Maßlinien in Kapitel 2 – Zeichnen von Formen und detaillierter