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Interessensvertretung für Digitales Investieren in Deutschland Verband der Crowdfunding und Digital-Invest-Plattformen

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Academic year: 2022

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Digitales Investieren in Deutschland Verband der Crowdfunding und

Digital-Invest-Plattformen

Evaluierung von Änderungen des Vermögensanlagengesetzes, der Finanzierung von Start-Ups und einer Einbeziehung von

GmbH-Anteilen in die Ausnahmeregelungen für Schwarmfinanzierungen

Über den Bundesverband Crowdfunding e.V.:

Die Crowdfunding-Plattformen im Bundesverband Crowdfunding e.V. artikulieren gemeinsam ihre Interessen gegenüber der Politik in Europa, in Deutschland und in den Bundesländern.

Dabei arbeiten sie eng und vertrauensvoll mit anderen Wirtschaftsverbänden und den Crowdfunding-Verbänden in anderen Ländern zusammen. Der Verband erarbeitet Qualitätsstandards, deren Umsetzung regelmäßig überprüft werden. Der Bundesverband Crowdfunding e. V. wurde am 5. November 2015 in Frankfurt am Main gegründet und hat seinen Sitz in Berlin. Er vertritt mehr als 80% des in Deutschland vermittelten Volumens digitaler Investitionen.

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Bundesministerium der Finanzen

Referat VII B 5 | Börsen- und Wertpapierwesen Wilhelmstraße 97

10117 Berlin

Betreff: Evaluierung von Änderungen des Vermögensanlagengesetzes, der Finanzierung von Start-Ups und einer Einbeziehung von GmbH-Anteilen in die Ausnahmeregelungen für Schwarmfinanzierungen

Bezug: Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags vom 8. Mai 2019 zum Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Ausführung der EU- Prospektverordnung und zur Änderung von Finanzmarktgesetzen

GZ: VII B 5 - WK 6100/18/10001 :009 DOK: 2021/0973085

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Franke, sehr geehrter Herr Röding, sehr geehrte Frau Trapp,

herzlichen Dank für die Möglichkeit, das VermAnlG zu kommentieren und zur Evaluation beizutragen. Der Bundesverband Crowdfunding e.V. hat im Gesetzgebungsverfahren zum VermAnlG die Evaluierung des Gesetzes vorgeschlagen, da vor dem Hintergrund der sich damals in Arbeit befindlichen europäischen Gesetzgebung (ECSP-R - European Crowdfunding Service Provider Regime for Business) und der Anpassung des Wertpapierprospektgesetzes wir es als notwendig erachteten, die Regelung im VermAnlG an die Entwicklungen im Markt ebenfalls anzupassen. Wir sind daher sehr erfreut, dass der Bundestag und die Bundesregierung sich dieses Themas nun mehr widmen.

Wir möchten zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen im Folgenden Stellung nehmen.

Vorbemerkung

Crowdfunding ist ein in Deutschland weit verbreitetes Instrument, um Unternehmen den Zugang zu Kapital zu vereinfachen. Gerade in Kombination mit anderen Finanzierungsinstrumenten eignet sich Crowdfunding, um Kleinanlegern die Investition in diverse Anlageklassen zu ermöglichen. Dies wurde nicht nur in bisherigen Evaluationsberichten der Bundesregierung bestätigt1, sondern ist auch Konsens bei den

1Bericht der Bundesregierung über die Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3.

Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in §§2a bis 2c VermAnlG

https://www.bundestag.de/resource/blob/504710/1a1d8118889a0ef68ab70a3b0c5f0483/bericht-data.

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Bundesländern, die in den letzten Jahren ihre Förder- und Investitionsbanken darauf ausgerichtet haben, mit Crowdfunding-Plattformen zu kooperieren2.

Auch die Europäische Kommission hat neben der Arbeit an der Crowdfunding-Verordnung das Finanzinstrument Crowdfunding propagiert, zuletzt in einem Bericht an das Europäische Parlament zur Verschränkung von Struktur- und Investment-Fond-Mittel der europäischen Kohäsionspolitik mit Crowdfunding-Instrumenten3. Die europäische Kommission sieht in Crowdfunding ein wesentliches Instrument der Verbesserung von Lebensstandards in Europa, der Transparenz von öffentlichen Ausgaben und des Hebelns von privatem Kapital.4 Deutschland ist als Crowdfunding-Markt sehr wichtig. Laut den Statistiken des Centre for Alternative Finance der Universität Cambridge ist der deutsche Markt der zweitgrößte Markt nach Großbritannien für alternative Finanzierungen über digitale Vermittlerplattformen.5 Es gibt zahlreiche ausländische Plattformen, die derzeit eine Expansion nach Deutschland vorbereiten6oder bereits in Deutschland aktiv Investoren ansprechen7.

Dennoch ist das regulatorische Umfeld für die Crowdfunding-Plattformen in Deutschland nicht optimal.

Während in anderen Ländern, zum Beispiel in Frankreich, Italien oder Niederlande die Tätigkeiten von Crowdfunding-Plattformen klar im Gesetz definiert werden8, sind die

8Wenzlaff K., Odorović A., Ziegler T., Shneor R. (2020) Crowdfunding in Europe: Between Fragmentation and Harmonization. In: Shneor R., Zhao L., Flåten BT. (eds) Advances in Crowdfunding. Palgrave Macmillan, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-030-46309-0_16

7“EstateGuru currently lends in Estonia, Latvia, Lithuania, Spain, Germany, Sweden and Finland.

Germany remains its largest investor market, with a 28 per cent annual increase in users from the country to 7,935.”

https://www.p2pfinancenews.co.uk/2021/07/13/estateguru-to-launch-first-uk-projects/

6“UK crowdfunding platform Crowdcube is planning to launch across Europe following new rules in the European Union simplifying the rules governing crowd fundraising finally launching.”Crowdcube is expanding across Europe after EU gives crowdfunding green light

https://www.altfi.com/article/8519_crowdcube-is-expanding-across-europe-after-eu-gives-crowdfundin g-green-light;

5Ziegler, Tania and Shneor, Rotem and Wenzlaff, Karsten and Suresh, Krishnamurthy and Paes, Felipe Ferri de Camargo and Mammadova, Leyla and Wanga, Charles and Kekre, Neha and Mutinda, Stanley and Wang, Britney and Closs, Cecilia López and Zhang, Bryan Zheng and Forbes, Hannah and soki, erika and Alam, Nafis and Knaup, Chris, The 2nd Global Alternative Finance Market Benchmarking Report (June 30, 2021). Cambridge, UK: Cambridge Centre for Alternative Finance., Available at SSRN:https://ssrn.com/abstract=3878065

4FinTech action plan: For a more competitive and innovative European financial sector https://ec.europa.eu/info/publications/180308-action-plan-fintech_en

3Unlocking the crowdfunding potential for the European Structural and Investment Funds

https://ec.europa.eu/regional_policy/en/information/publications/studies/2021/unlocking-the-crowdfund ing-potential-for-the-european-structural-and-investment-funds

2Zu nennen sind hier beispielsweise die Förder- und Investitionsbanken der Länder Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Thüringen, die entweder eigene Crowdfunding-Plattformen unterhalten haben, Co-Funding-Wettbewerbe durchgeführt haben oder parallel zu den Investoren auf

Crowdinvesting-Plattformen in Unternehmen investiert haben.

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Plattformen in Deutschland gezwungen, entweder eine Lizenz als Finanzanlagenvermittler nach §34f GewO oder als vertraglich gebundener Vermittler unter einem Haftungsdach im Sinne des § 3 (2) WpIG zu nutzen9. Es gibt lediglich eine einzige Plattform in Deutschland, die als Wertpapier-Institut über eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für Anlagevermittlung (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 WpIG) verfügt10- für die meisten anderen Marktteilnehmer ist diese Lizenz zu schwierig zu erhalten.

Dadurch grenzt sich Deutschland von der Aufsichtspraxis in anderen Ländern ab. Hier erhalten die Crowdfunding-Plattformen wesentlich einfacher eine entsprechende MiFID-Lizenz und können somit europaweit ihre Dienstleistung passporten.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wurde von uns in der Vergangenheit mehrmals darauf hingewiesen, dass Plattformen aus dem Ausland hier in Deutschland aktiv sind, die sich nicht an die einschlägigen Gesetze für die Vermittlung von Wertpapieren oder Vermögensanlagen halten11. Diese Plattformen stellen zum Beispiel keine Wertpapier- oder Vermögensanlageninformationsblätter bereit, obwohl die angebotenen Finanzinstrumente in Deutschland erlaubnispflichtig sind. Die fehlende Überwachung dieser Plattformen durch die deutschen Aufsichtsbehörden führt zu einer systematischen Benachteiligung von Crowdfunding-Plattformen in Deutschland gegenüber den ausländischen Wettbewerbern.

Die Nutzung einer Lizenz als Finanzanlagen-Vermittler führt dazu, dass die Crowdfunding-Plattformen Anforderungen erfüllen müssen, die ausländische Plattformen mit einem vergleichbaren Geschäftsmodell nicht erfüllen müssen. Dies kommt daher, dass der Gesetzgeber regelmäßig bei Problemen im Kapitalmarkt Verschärfungen der Regulierung beschließt, die sich auf die Crowdfunding-Plattformen auswirken, obwohl es die von der Regierung bemängelten Probleme dort überhaupt nicht gibt.

Zu nennen ist hier die Prokon-Pleite, die sich in einem voll-regulierten Umfeld mit Wertpapierprospekt abspielte, während das Kleinanlegerschutzgesetz im Jahr 2015 vor allem Crowdfunding mittels Vermögensanlagen betrifft.

Zu nennen ist hier aber auch das Anlegerschutzgesetz, welches nach der P&R-Insolvenz die Nutzung von Blindpools einschränken wollte, aber hier vor allem die Crowdfunding-Plattformen betraf, die unter den zusätzlichen administrativen Hürden für die Emittenten sowie den nicht vorhandenen Übergangsfristen leiden.

In Deutschland werden die Crowdfunding-Plattformen durch den Gesetzgeber im Vergleich zu anderen Ländern systematisch benachteiligt. Deutsche Plattformen könnten wesentlich mehr Kapital für Unternehmen mobilisieren, wenn die Gesetzgebung mit dem Ziel der

11Vergleiche dazu unser Schreiben an die Referate 54, 55 und EVG5 vom 4. Mai 2018

10EPH Investment GmbH https://exporo.de/impressum/

9Günther E., Riethmüller T. (2020) Rechtliche Rahmenbedingungen für das Crowdfunding in Deutschland. In: Einführung in das Crowdfunding. Springer Gabler, Wiesbaden.

https://doi.org/10.1007/978-3-658-14590-3_6

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jeweiligen Koalitionsverträge der Bundesregierungen konform gehen würde, welches Eigenkapitalinstrumente für Unternehmen stärken soll12. Zu verweisen ist hier auch auf gleichlautende Forderungen im Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP nach der aktuellen Bundestagswahl.13

Gerade in den letzten zwei Jahren waren die gesetzgeberischen Initiativen der Bundesregierung davon geprägt, dass diese Crowdfunding unnötigerweise und ohne Anlass erschwert haben. Die Ausgestaltung des Blindpool-Verbots und die Vorgaben zur Mittelverwendungskontrolle, die sich im AnlegerschutzG finden, sind dermaßen ungenau, dass das Verwaltungshandeln der BaFin nicht eindeutig ist und somit sich die Plattformen sowie Emittenten erheblichen Rechtsunsicherheiten gegenüber sehen.14

Auch das SchwarmfinanzierungsbegleitG war für Crowdfunding-Plattformen in Deutschland nicht hilfreich15. Obwohl die Zielsetzung des European Crowdfunding Service Provider Regimes for Business16war, einen einheitlichen europaweiten Zugang von Unternehmen zu Kapital durch die Nutzung von Internet-Dienstleistungsplattformen zu gewährleisten17, weichen die Haftungsregelungen nicht nur von der in Deutschland geltenden Haftungsregelung für Wertpapier- und Vermögensanlagenemissionen erheblich ab, sondern sind auch deutlich strenger im Vergleich zu den Haftungsregelungen aller anderen europäischen Mitgliedsstaaten18.

18Renner, Moritz, Veronica Faller, und Felix R. Walter. 2021. „Crowdlending nach der ECSP-VO“.

Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht : BKR21 (7): 394–402.

https://madoc.bib.uni-mannheim.de/60483/.

17Inception Impact Assessment of the European Crowdfunding Proposal https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/initiatives/ares-2017-5288649_en

16VERORDNUNG (EU) 2020/1503 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 7.

Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937

15Pressemitteilung: „Aus dem Schwarmfinanzierungsbegleitgesetz wird ein

Schwarmfinanzierungsverhinderungsgesetz – Bundesverband Crowdfunding e. V. kritisiert die Umsetzung der Europäischen Crowdfunding Verordnung in Deutschland

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/2021/05/pressemitteilung_ecsp_schwarmfinanzierungsb egleitg/

14Vergleiche dazu Stellungnahme zur Mittelverwendungskontrolle (Juli 2021), Stellungnahme zur Blindpool-Konsultation (Juni 2021) sowie die Stellungnahme zum Anlegerschutzgesetz(Januar 2021) https://www.bundesverband-crowdfunding.de/recht-und-regulierung/

13“Dazu stärken wir die StartUp- und Gründerförderung und entbürokratisieren die Innovationsförderung und -Finanzierung.”

https://cms.gruene.de/uploads/documents/Ergebnis-der-Sondierungen.pdf

12Crowdfunding im Koalitionsvertrag: was heißt das für die Crowdfunding-Branche in Deutschland?

https://www.ikosom.de/2013/11/26/crowdfunding-im-koalitionsvertrag-was-heist-das-fur-die-crowdfund ing-branche-in-deutschland/Bundestagswahl: Wie wollen die Parteien Crowdfunding fördern?

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/2017/09/bundestagswahl-wie-wollen-die-parteien-crowd funding-foerdern/Bundesverband Crowdfunding fordert die neue Bundesregierung auf, die

Rahmenbedingungen für Crowdfunding positiv zu gestalten

https://www.crowdfunding.de/news/rahmenbedingungen-fuer-crowdfunding-positiv-zu-gestalten/

Bundestagswahl 2021 – Wie stehen die Parteien zu Crowdfunding?

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/2021/09/crowdfunding-bundestagswahl-2021/

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Die Verschärfung des Regelwerks in Bezug auf die Haftung schon ein Jahr nach Inkrafttreten der ECSP-R verwundert umso mehr, als dass die Bundesregierung am Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene zur ECSP-R maßgeblich beteiligt war und sogar im Juli 2020 während der deutschen Ratspräsidentschaft die europäische Verordnung die Verhandlungen prägte.

Die im SchwarmfinanzierungsbegleitG festgelegte persönliche Haftung der Geschäftsführungsorgane eines Emittenten für fahrlässige Falschangaben oder Weglassungen im VIB ist den Emittenten nicht vermittelbar - es findet sich auch keine ähnliche Formulierung in den Umsetzungsgesetzen der anderen europäischen Mitgliedsländer.19 Deutschland ist mit dem SchwarmfinanzierungsbegleitG europaweit isoliert.

Dies führt dazu, dass das Geschäft der Plattformen in Deutschland nicht unter der ECSP-R betrieben werden kann und die einmalige Chance verschenkt wird, europaweit mit einer einheitlichen Regulierung zu arbeiten.. Bestehende Geschäftsmodelle werden vor dem Hintergrund des Haftungsregimes gezielt angepasst werden müssen, um den Anwendungsbereich des ECSP-R zu vermeiden, während es eigentlich das Ziel der Politik sein sollte, dass den Plattformen der Wechsel ins ECSP-R möglichst leicht gemacht werden sollte.

Obwohl die Bundesregierung erklärt hat, dass das Haftungsregime im SchwarmfinanzierungsbegleitG auch für ausländische Plattformen und ausländische Emittenten gilt, wenn diese sich an Anleger in Deutschland wenden20, hat es sowohl die ESMA als auch die Europäische Kommission bisher versäumt, die anderen Mitgliedstaaten über die Umsetzung des SchwarmfinanzierungsbegleitG zu informieren21.

Es ist also zu befürchten, dass Plattformen mit einer ausländischen ECSP-R Lizenz in Deutschland aktiv werden, die ihre Emittenten nicht über die Regelungen des SchwarmfinanzierungsbegleitG informiert haben. Auch dies führt zu einem erheblichen Nachteil für Crowdfunding-Plattformen in Deutschland.

Die ECSP-R sieht vor, dass Wertpapiere, Darlehen und vergleichbare Instrumente im Bereich der Verordnung exklusiv vermittelt werden. In den Beratungen zum SchwarmfinanzierungsbegleitG hat die Bundesregierung allerdings darauf hingewiesen22, dass dazu weder die auf den Plattformen verwendeten Vermögensanlagen, wie Genussrechte, Nachrangdarlehen oder partiarische Darlehen gehören, noch die derzeit

22Vergleiche dazu die Stellungnahme der Bundesregierung im Rahmen der Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages vom 19. April 2021:

https://www.bundestag.de/webarchiv/Ausschuesse/ausschuesse19/a07/Anhoerungen

21Laut Aussage der ESMA vom 8. November 2021

20Zuletzt im Gespräch mit BMF-Staatssekretär Kukies am 24. Juni 2020

19Siehe dazu Übersicht zu den Crowdfunding-Implemtierungsgesetzen der Mitgliedsländer, erstellt durch das AltFinator Policy Network, der Universität Hamburg und dem European Center for Alternative Finance der Universität Utrecht.

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selten verwendeten Vermögensanlagen wie GmbH-Beteiligungen mit und ohne Stimmrecht, die bisher nicht in der Schwarmfinanzierungsausnahme im VermAnlG enthalten ist.

Da das ECSP-R für die Vermittlung von Wertpapieren in Deutschland de facto nicht nutzbar ist, bleibt für die Crowdfunding-Plattformen in Deutschland in Zukunft nur die Schwarmfinanzierungsausnahme im VermAnlG, um in Deutschland diese Tätigkeit überhaupt durchführen zu können. Daher plädiert der Bundesverband Crowdfunding eV energisch dafür, zumindest diese Möglichkeit der Ausübung des Geschäftsmodells zu belassen, da ansonsten defacto das Geschäftsfeld der Schwarmfinanzierung unmöglich würde.

Wir nehmen nun Stellung zu den einzelnen Veränderungen im VermAnlG im letzten Gesetzgebungsverfahren.

1. Ergänzungen der Mindestangaben des Vermögensanlagen-Informationsblatts um Angaben zur schuldrechtlichen oder dinglichen Besicherung bei Vermögensanlagen zur Immobilienfinanzierung

Die Immobilien-Plattformen setzen die Mindestangaben wie vom Gesetz her gefordert um.

Nach unserem Kenntnisstand gibt es hier keine Verstöße der Plattformen gegen diese Vorgaben.

Wir möchten aber darauf hinweisen, dass der Bundesverband Crowdfunding e.V. das uneinheitliche Verwaltungshandeln der BaFin in Bezug auf die Besicherung von Nachrangdarlehen kritisiert hat, ohne aber eine zufriedenstellende Antwort der Aufsichtsbehörde zu erhalten.

Wir wiesen der BaFIN nach23, dass das Verwaltungshandeln nicht übereinstimmt mit dem Merkblatt zum “Einlagengeschäft”24 bzw. öffentlichen Vorträgen der BaFin-Mitarbeiter25. In diesen Veröffentlichungen und Vorträgen wurde darauf hingewiesen, dass Besicherungen gerade bei Immobilienfinanzierungen nicht zulässig seien, da diese den Charakter des Nachrangs konterkarieren würden. Gleichzeitig war es aber so, dass einzelne Vermögensanlageninformationsblätter mit Besicherung mal genehmigt, mal nicht genehmigt wurden, ohne dass eine klare Linie der BaFin erkennbar war.

Wir sind der Meinung, dass Besicherungen im Interesse der Anleger sind. Aus unserer Interpretation ist es so, dass Besicherungen bei Vermögensanlagen explizit vorgesehen sind, denn in §13 Abs 3 Nr. 12 VermAnlG ist hier eine entsprechende Pflichtangabe vorgesehen. Auch in vielen anderen Ländern sind Besicherungen im Kontext von

25Zum Beispiel Vortrag von Herrn Trossen am 1.6.2017.

24 Bafin-Merkblatt “Einlagengeschäft” vom 11. März 2014

https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_140311_tatbestand_einlagen geschaeft.html

23 Schreiben des Bundesverbandes Crowdfunding e.V. vom 16.7.2020.

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Crowdfunding-Emissionen, sowohl von Wertpapieren oder von Krediten, üblich. Wir hatten daher die BaFin um Klarstellung gebeten, wie die Besicherung auszugestalten sei, damit die entsprechenden Vermögensanlageninformationsblätter einheitlich gestattet werden können.

Die BaFin antworte, dass sie nicht in der Lage sei, einen klaren Rahmen für die Besicherungen von Nachrangdarlehen zu geben26. Die Verwaltungspraxis ist daher nach wie vor unklar und uneinheitlich, eine geseztliche Klarstellung ist zu befürworten.

2. Beschränkung der Berechnungsgrundlage für den Schwellenwert der

Schwarmfinanzierungsausnahme auf tatsächlich platzierte und noch nicht vollständig getilgte Vermögensanlagen

Aus unserer Sicht ist die Berechnungsgrundlage für den Schwellenwert der Schwarmfinanzierungsausnahme unkontrovers. Es gibt hier nach unserem Kenntnisstand keinerlei Verstöße gegen die vorgeschriebene Berechnungsgrundlage.

Wir möchten darauf hinweisen, dass in der ECSP-R der Schwellenwert alleine von den angebotenen Wertpapieren innerhalb eines Jahres abhängt. Es wäre sinnvoll, hier einen Gleichlaut zwischen ECSP-R und VermAnlG herzustellen.

3. Befreiung von GmbH & Co. KGs, die keine Publikums-GmbH & Co. KGs sind, von den Einzelanlageschwellen der Schwarmfinanzierungsausnahme;

Die Regelung, dass die Einzelanlageschwelle nicht für Publikums-GmbH & Co KGs gilt, halten wir für sinnvoll.

In der Praxis ist es so, dass insbesondere Business Angels und institutionelle Investoren, die sich an einer Schwarmfinanzierungsrunde über eine Plattform beteiligen, diese nutzen. Wir halten es aber für sinnvoll, dass die Befreiung von der Einzelanlageschwelle grundsätzlich für alle juristischen Personen gelten sollte, denn Business Angels und institutionelle Investoren nutzen auch andere Rechtsformen für ihre Investitionen.

Business Angels und ähnliche Investoren würden nach der ECSP-R als “Sophisticated Investors” gelten, die im Gegensatz zu Kleinanleger, die direkt investieren, nicht als besonders schutzwürdig sind. Die ECSP-R erlaubt es den Plattformen, die Einzelanlagenschwellen in Art. 21 für “Sophisticated Investors” nicht anzuwenden. Dies gilt insbesondere für juristische Personen mit Eigenmitteln von mehr als 100.000 Euro. Ebenso sind natürliche Personen von der Anwendung der Einzelanlageschwellen ausgeschlossen, die ein Bruttoeinkommen von mehr als 60.00 Euro haben.

Die Einzelanlagenschwellen in der ECSP-R sollen ab 2023 evaluiert werden. Derzeit ist nicht abzusehen, wie praktikabel für die Plattformen die Klassifizierung in “Sophisticated

26Schreiben der BaFin an den Bundesverband Crowdfunding eV. vom 20. Oktober 2020.

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Investor” und “Non-Sophisticated Investor” ist. In der Konsultation durch die ESMA27haben wir darauf hingewiesen, dass die aktuell auf den Plattformen bereits registrierten Nutzer als

“Sophisticated Investor” gelten sollten, wenn diese eine gewisse Anzahl an Investitionen getätigt haben. Die ESMA hat leider zu diesem Vorschlag, der auch von einer Reihe anderer nationaler Crowdfunding-Verbände gemacht worden ist, nicht Stellung genommen.

Vor diesem Hintergrund der zahlreichen noch offenen Fragen der Befreiung von den Einzelanlageschwellen in der ECSP-R möchten wir eindringlich darauf drängen, die aktuellen Befreiungsvorschriften für die Einzelanlagenschwellen beizubehalten oder zu vereinfachen.

4. Erweiterung der Vorschrift zur nicht erlaubten Verflechtung von Crowdfunding- Plattformen und Emittenten auf Fälle der Emittentenbeeinflussung durch die Plattform;

Die Erweiterung der Vorschrift zur nicht erlaubten Verflechtung von Crowdfunding-Plattformen und Emittenten lehnen wir nach wie vor ab28. Wir halten die Regelung im VermAnlG für wenig praktikabel, überflüssig und feindlich für Verbraucher. Wir sehen hier nach wie vor keine Missbrauchsgefahr auf Seiten der Plattformen. Die Neuregelung hat aus unserer Sicht den Verbraucherschutz negativ beeinflusst.

Interessenkonflikte, die sich aus der Verflechtung ergeben, sind nach bestehender Gesetzeslage vollständig transparent zu machen. Die Plattform ist als Vermittler gesetzlich verpflichtet, mögliche Interessenkonflikte gegenüber den Anlegern offenzulegen (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG), § 13 Abs. 5 Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV)). Dies gilt unabhängig davon, ob die Plattform eine Erlaubnis nach Kreditwesengesetz (KWG) oder nach § 34f Gewerbeordnung (GewO) aufweist.

Dies umfasst auch eine etwaige Verbundenheit von Plattform und Emittent durch Gesellschaftsrecht oder Personalidentität. Anleger können daher auf informierter Grundlage entscheiden, ob sie entsprechende Projekte finanzieren möchten. Der Plattform stände es umgekehrt frei, bei einer transparenten Verbundenheit mit Projektinhabern durch andere Mittel sicherzustellen und zu dokumentieren, dass eine qualitativ hochwertige Projektauswahl stattfindet. Maßnahmen zur Projektauswahl umfassen insbesondere Emittenten-Ratings und die in der derzeitigen Praxis gängige zusätzliche Begutachtung von verbundenen Projekten durch unabhängige Gutachter.

Gerade bei den Crowdfunding-Plattformen, die Investitionen in Erneuerbare Energien vermitteln, führte das Verflechtungsverbot zu hohen Kosten für alternative Strukturen, die

28Bestehende Transparenz ausreichend: kein Regelungsbedarf wenn Plattformen und Projekte gesellschaftsrechtlich verbunden sind

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/2017/05/kein-regelungsbedarf-bei-interessenkonflikten- aufgrund-einer-verbundenheit-von-plattform-und-emittent/

27https://www.esma.europa.eu/press-news/esma-news/esma-consults-regulating-crowdfunding

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am Ende von den Anlegern getragen werden müssen. Ohne das Verflechtungsverbot könnten die Plattformen nicht nur Vermittler der Energie-Projekte sein, sondern diese auch vor Ort umsetzen, um einen nachhaltigen Betrieb sicherzustellen. Hier entstünde also kein Interessenkonflikt, sondern die Plattformen würden im Sinne der Anleger handeln. Aus unserer Sicht sollte daher die alte Regelung wieder eingeführt werden, die eine Verflechtung von Emittent und Plattform ermöglicht.

In der ECSP-R, als auch in vielen nationalen Crowdfunding-Gesetzen weltweit, ist ein absolutes Verflechtungsverbot nicht vorgesehen. In Artikel 8 (2) ECSP-R ist vorgesehen, dass als Projektträger auch Unternehmen möglich sind, die im Sinne von Art. 4 Absatz 1 (35) 2014/65/EU weniger als 20% der Stimmanteile an der Plattform halten. Auch wenn wir diese Regelung aus den gleichen Gründen wie oben kritisieren, wäre es zumindest angebracht, dass das VermAnlG an die ECSP-R in diesem Punkt angepasst würde.

Es sollte auch ein Gleichklang des VermAnlG mit der ECSP-R in Bezug auf SPV-Konstruktionen hergestellt werden. In Art. 3 (6) ECSP-R ist die Möglichkeit ausgeführt, dass die Plattform bei SPV-Konstruktionen das Management des SPVs übernehmen kann, ohne dass sie gegen das Verflechtungsverbot verstößt. Das absolute Verflechtungsverbot im VermAnlG verhindert SPV-Konstruktionen, die in der ECSP-R möglich wären.

Unsere Mitglieder teilten uns mit, dass erhebliche Rechtsunsicherheit dahingehend besteht, dass der Gesetzestext zum Verflechtungsverbot nicht eindeutig ist. Aus unserer Sicht sollte klargestellt werden, dass das Verflechtungsverbot ausschließlich bei den genannten Regelbeispielen gilt.

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5. Erweiterung der Prospektbefreiung für Schwarmfinanzierungen auf Genussrechte;

Der Bundesverband Crowdfunding eV hat die Ausweitung der Schwarmfinanzierungsausnahme auf andere Vermögensanlagen immer gefordert, ebenso wie andere Verbände.29

Auch die Bundesregierung hatte dies bereits in der Evaluierung des Kleinanlegerschutzgesetzes mitgeteilt30 und dort darauf hingewiesen, dass eine Erweiterung auf weitere VermAnlG nach mehr Erfahrungen mit dem Crowdfunding-Markt sinnvoll sei.

Aus unserer Sicht ist dieser Zeitpunkt gekommen, denn Crowdinvesting mit Vermögensanlagen gibt es seit mehr als 10 Jahren und der Markt ist sowohl den Aufsichtsbehörden als auch dem Gesetzgeber hinreichend bekannt.

Die Befürchtungen der Verbraucherschützer, dass es zu Missbrauch der Schwarmfinanzierungsausnahme durch die Plattformen kommen könnte, wenn Genussrechte aufgenommen in diese Ausnahme aufgenommen werden, hat sich als unbegründet erwiesen. Vielmehr ist es so, dass die Genussrechte in der Regel so ausgestaltet werden, dass sie Eigenkapitelinstrumenten sehr ähnlich sind. Die Aufnahme der Genussrechte führte also zu einer Stärkung des Anlegerschutzes.

Eine Mehrzahl unserer Mitglieder nutzt Genussrechte, oder plant die Nutzung von Genussrechten in zukünftigen Crowdfunding-Finanzierungsrunden. Wir möchten deswegen dringend darauf hinwirken, die Genussrechte in der Schwarmfinanzierungsausnahme zu belassen.

Die Emission von Genussrechten ist insbesondere relevant in der Finanzierung von Startups. Genussrechte zu emittieren, ist seit 2018 die einzige Möglichkeit, um innerhalb der Schwarmfinanzierungsausnahme Eigenkapitalinstrumente zu emittieren.

Insbesondere die Verbraucherschützer kritisierten in der Vergangenheit mehrfach, dass partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen nicht den gleichen Schutz bei Start-Up-Investitionen wie GmbH-Beteiligungen oder vertraglich ähnlich ausgestattete Genussrechte bilden31. Die Ausweitung auf die GmbH-Beteiligung werden wir weiter unten erläutern - hier wäre eine Anpassung des VermAnlG sinnvoll. Bereits 2017 haben wir darauf

31Wirksamen Anlegerschutz im Grauen Kapitalmarkt sicherstellen - Stellungnahme des vzbv zur Evaluierung des Kleinanlegerschutzgesetzes, 21. April 2017

30Bericht der Bundesregierung über die Evaluierung der durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3.

Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften in §§2a bis 2c VermAnlG

https://www.bundestag.de/resource/blob/504710/1a1d8118889a0ef68ab70a3b0c5f0483/bericht-data.

pdf

29Siehe dazu die gemeinsame Stellungnahme von Bundesverband Crowdfunding e.V. und Bundesverband Deutsche Startups vom 8. April 2019:

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/2019/04/gemeinsame-stellungnahme-von-bundesverba nd-crowdfunding-und-bundesverband-deutsche-startups/

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hingewiesen, dass ein einheitlicher Regulierungsrahmen für alle Vermögensanlagen die Komplexität der Schwarmfinanzierungsausnahme für Emittenten und Anleger reduzieren würde32. Für die aktuellen Vermögensanlagen in der Schwarmfinanzierungsausnahme fordert der Bundesverband Crowdfunding eV dringend, die Schwarmfinanzierungsausnahme bei diesen Anlagen beizubehalten, insbesondere für Genussrechte.

6. Erhöhung der an das monatliche Nettoeinkommen anknüpfenden

Einzelanlageschwelle in § 2a Absatz 3 Nummer 3 VermAnlG von maximal 10.000 Euro auf maximal 25.000 Euro;

Der Bundesverband Crowdfunding e.V. hat die Erhöhung der Einzelanlagenschwelle von 10.000 Euro auf 25.000 Euro begrüßt.33 Die Investoren, die mehr als 10.000 Euro investieren, machen einen erheblichen Anteil an den Finanzierungsrunden aus. Ohne die Investoren, die mehr als 10.000 Euro investieren, würden viele Finanzierungsrunden nicht zustande kommen. Die Erhöhung der Einzelanlagenschwelle hat neben der Erhöhung der Obergrenze dazu beigetragen, dass sich Crowdfunding positiv entwickeln konnte.

Investoren, die ein höheres freieres Vermögen haben, nutzen Crowdinvesting-Plattform zur Diversifikation des Risikos. Unsere Erfahrungen der letzten drei Jahre zeigen, dass insbesondere diese Investoren sehr viel Erfahrung mit Investments haben und über die Plattformen ihr Wissen an die Kleinanleger weitergeben. Dies ist zum Vorteil der Kleinanleger.

Die ECSP-R sieht in Art. 21 vor, dass ein Anleger, wenn er mehr als 1.000 Euro oder 5%

des Reinvermögens investieren will, auf das mögliche Risiko des Totalverlustes hingewiesen werden soll. Dennoch ist eine solche Investition über die Einzelanlagenschwelle grundsätzlich möglich Eine solche flexible Einzelanlagenschwelle hatten wir bereits 2018 für Wertpapier- und Vermögensanlagen-Emissionen gefordert.34

34Stellungnahme an den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages zur Wertpapierprospektverordnung (Juni 2018)

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/recht-und-regulierung/

33Verbesserungen für Crowdfunding-Plattformen werden zum Wachstum der Branche beitragen – Chance verpasst bei Eigenkapitalfinanzierungen von jungen Unternehmen

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/2019/05/vermanl-evaluierung-bundestag-beschluss/

32Evaluation des Kleinanlegerschutzgesetzes sollte den Crowdfunding Markt stärken – und nicht zusätzlich einschränken

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/2017/04/evaluation-des-kleinanlegerschutzgesetzes-soll te-den-crowdfunding-markt-staerken-und-nicht-zusaetzlich-einschraenken/

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Tabelle 1:

Einzelinvestitionen >10K EUR aggregiert über alle Mitglieds-Plattformen des BVCF

Jahr Start-Ups/KMU Energie Immobilien Gesamt

2018 96 5 5.520 5.621

2019 468 115 7.870 8.453

2020 380 150 5.831 6.361

2021 (bis Okt) 655 152 4.450 5.257

Gesamt 1.599 422 23.671 25.691

Wie in Tabelle 1 ersichtlich, führte die Erhöhung der Anlageschwelle zu einer starken Nachfrage nach Investitionen über 10.000 Euro. Wir schätzen, dass durch Investoren mit Einzelinvestments über 10.000 Euro mehr als 250 Millionen Euro über Crowdfunding-Plattformen investiert wurden. Diese Einzelinvestments machen in der Regel ca. 30-70% der Finanzierungsrunde aus.

7. Erhöhung der Obergrenze nach § 2a Absatz 1 VermAnlG für das Angebot

bestimmter Vermögensanlagen ohne Prospekt auf 6 Mio. Euro im Vergleich zu der in anderen Bereichen geltenden Obergrenze von 8 Mio. Euro.

Der Bundesverband Crowdfunding eV hält es für richtig, dass die Schwarmfinanzierungsausnahme von 2,5 Mio Euro auf 6 Mio Euro angehoben wurde.35 Zahlreiche nationale Crowdfunding-Regelungen haben die Schwelle auf mehr als 5 Mio Euro angehoben und auch im Ausland führen die hohen Kosten der Prospektemissionen dazu, dass Bereichsausnahmen für Schwarmfinanzierungen auf deutlich über 5 Mio Euro gesetzt werden.36

36In den USA liegt die Grenze für Prospektpflichtige Emissionen ebenfalls bei 5 Mio USD:

https://www.sec.gov/smallbusiness/exemptofferings/regcrowdfunding

35Verbesserungen für Crowdfunding-Plattformen werden zum Wachstum der Branche beitragen – Chance verpasst bei Eigenkapitalfinanzierungen von jungen Unternehmen

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/2019/05/vermanl-evaluierung-bundestag-beschluss/

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Tabelle 2: Investitionsrunden über 2,5 Mio Euro aggregiert über alle Mitglieds-Plattformen des BVCF

Jahr Start-Ups/KMU Energie Immobilien Gesamt

2018 3 5 20 28

2019 4 4 40 48

2020 3 4 35 42

2021 (bis Okt) 3 7 14 24

Gesamt 13 20 109 142

Tabelle 2 zeigt, dass es seit seit der Erhöhung der Obergrenze auf 6 Millionen Euro zu mehr als 142 Finanzierungsrunden gekommen ist, bei der das Gesamtvolumen über 2,5 Mio Euro lag. Aufgrund von Corona im Jahr 2020 stagnierte zwar die Anzahl der hochvolumigen Finanzierungsrunden, aber die Zahlen für 2021 zeigen, dass vermutlich ab 2022 die Zahlen von 2019 wieder übertroffen werden.

8. Weitere Themen aus Sicht des Bundesverbandes Crowdfunding e.V. bei der Evaluierung des VermAnlG

8.1 Verwaltungshandeln der BaFin beim Gestatten von Vermögensanlageninformationsblättern:

Wir möchten darauf hinweisen, dass es derzeit zu erheblichen Verzögerungen im Gestattungsverfahren bei der BaFin bei Vermögensanlageninformationsblättern kommt.

Vermögensanlageinformationsblätter werden mit Verzögerung oder unter unklaren und teils widersprüchlichen Angaben zur Prüfung an die Plattformen zurückgereicht. Das betrifft sowohl VIBs mit und ohne Mittelverwendungskontrolleur als auch Genehmigungen von Aktualisierungen von VIBs.

Uns wird von den Mitgliedern geschildert, dass diese Wartezeiten auch auftreten bei VIBs, die fast wortgleich für einen anderen Emittenten eingereicht worden sind und die in der Vergangenheit ohne Probleme genehmigt worden sind, d.h. wo zum Beispiel bei der Neueinreichung des VIBs lediglich der Name des Emittenten ausgetauscht worden ist. Die BaFin führte als Antwort aus, dass die neu eingereichten VIBS auf Blindpool-Verbot und Mittelverwendungskontrolle geprüft werden müssen, unsere Erfahrung zeigt aber, dass auch VIBs für Unternehmensfinanzierungen erheblichen Verzögerungen ausgesetzt sind, selbst wenn diese explizit vom Blindpool-Verbot oder von der Mittelverwendungskontrolle ausgeschlossen sind.

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Uns wird außerdem geschildert, dass die BaFin bei vielen Genehmigungsverfahren “auf Zeit spielt”. Am Ende der gesetzlichen Bearbeitungsfrist wird jeweils eine kleine Änderung am VIB verlangt. Die Plattform ändert diesen Punkt dann und legt das VIB erneut vor. Am Ende der erneuten gesetzlichen Bearbeitungsfrist wird wieder eine kleine Änderung verlangt, obwohl diese Änderung auch schon in der ersten Korrekturschleife angemerkt hätte werden können. Unterschiedliche Mitarbeiter:innen der BaFin geben unterschiedliche Rückmeldungen geben, so dass also Korrekturen aus der ersten Bearbeitungsschleife in der zweiten oder dritten Bearbeitungsschleife von einem anderen Sachbearbeiter wieder rückgängig gemacht werden.

Das AnlegerschutzG scheint die Ursache für die Verzögerungen z sein. Die Tatsache, dass die ursprünglich mit einem Jahr geplante Übergangsfrist im AnlegerschutzG in letzter Minute auf 4 Wochen verkürzt wurde, hat zu erheblichen Verwerfungen geführt. Die Prüfung des Blindpool-Verbots und der Mittelverwendungskontrolle führen dazu, dass der Gestattungsprozess zum Teil komplett zum Erliegen kommt. Eine Reihe von Plattformen haben seit gut 3 Monaten keine Gestattungen von VIBs mehr von der BaFin erhalten. Die Plattformen können keine öffentlichen Angebote mehr durchführen und die Unternehmen erhalten die geplanten Finanzierungen nicht. Dies führt zu erheblichen finanziellen Belastungen bei den Plattformen, die auch existenzbedrohend werden können, wenn die BaFin nicht die Kapazitäten bereitstellt, um die VIBs zu prüfen.

8.2 Mittelverwendungskontrolle:

Wie bereits in den Vorbemerkungen ausgeführt, hat das AnlegerschutzG zu einer erheblichen Verschlechterung für die Crowdfunding-Plattformen geführt, obwohl diese von den durch das Gesetz zu beseitigenden Mißständen überhaupt nicht betroffen waren. Die im VermAnlG festgelegte Mittelverwendungskontrolle passt nicht zur Funktionsweise und rechtlichen Struktur der verwendeten Finanzinstrumente und Anlageklassen auf Crowdfunding-Plattformen. Sie belastet die Emittenten zusätzlich mit Kosten und Administration. Die Plattformen führen aus Eigeninteresse eine Mittelverwendungskontrolle bei den Emittenten durch, diese müssen sie nun mit einer externen Mittelverwendungskontrolle ergänzen, die keinen zusätzlichen Schutz für die Verbraucher bringt.

Wie bereits ausgeführt, hat die BaFin aufgrund der viel zu kurzen Umsetzungsfrist, die zu erheblichen personellen Kapazitätsproblemen bei der BaFin führte, es nicht geschafft, klare Regelungen für die Mittelverwendungskontrolle zu erlassen. Der Bundesverband Crowdfunding e.V. hat bereits im Juli 2021 ein Positionspapier erstellt, um der BaFin eine Auslegung des Rechtsrahmens zu erleichtern. Bis November 2021 wurde weder ein Merkblatt noch eine anderweitige Veröffentlichung vorgenommen, um den Plattformen Rechtssicherheit zu verschaffen.

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Zudem wird die Unverhältnismäßigkeit zwischen der Anwendung auf Vermögensanlagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 7 und 8 beim direkten Erwerb eines Sachgutes und der erweiterten Anwendung auf Vermögensanlagen nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 bis 8 bei der Weitergabe der Anlegergelder zum Zwecke des Erwerbs eines Sachgutes als nicht nachvollziehbar empfunden. Die Weitergabe der Anlegergelder handelt es sich um die praktikabelste Umsetzungsmöglichkeit für Unternehmen, um Transaktionskosten im wirtschaftlich machbaren Bereich zu halten und sinnvoll vor allem im Ausland Projekte umzusetzen. Diese Weiterleitungs-Strukturen werden bei Auslandsprojekten genutzt um bestmöglichen Anlegerschutz zu gewährleisten und den Anlegern eine Vertragsbeziehung mit einer deutscher Firma und Ansprechpartner sicherzustellen.

Der Bundesverband Crowdfunding e.V. schlägt vor, alle Vermögensanlagen, die innerhalb der Schwarmfinanzierungsausnahme vermittelt werden, von der Pflicht zur Mittelverwendungkontrolle auszunehmen. Auch in der ECSP-R ist keine Mittelverwendungskontrolle durch die Crowdfunding-Plattformen vorgesehen. Es wäre dringend geboten, hier einen Gleichklang zwischen VermAnlG und ECSP-R zu schaffen, da ansonsten ausländische Plattformen mit den gleichen Geschäftsmodellen und Anlageprodukten ohne Mittelverwendungskontrolle sich direkt an Anleger in Deutschland wenden können, während die Plattformen in Deutschland die hohen Kosten der Mittelverwendungskontrolle und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit tragen müssen.

8.3 Bafin-Gebühren:

Wir möchten darauf hinweisen, dass die Bafin-Gebühren für die Gestattung von Vermögensanlagen-Informationsblätter um das mehr als 10fache gestiegen sind, ohne dass wir als Verband die Möglichkeit hatten, auf die entsprechende Gebührenverordnung (FinDaGEbV) in einer Stellungnahme einzuwirken.

Der Gesetzgeber sollte bei der Überprüfung des VermAnlG darauf hinwirken, dass die BaFIN keine prohibitiv hohe Kosten für die Gestattung und Änderung eines Vermögensanlageinformationsblatts verlangt. Die Blind-Pool-Prüfung und die Prüfung der Mittelverwendungskontrolle wird vermutlich zu hohen Kosten bei der Bafin führen, die wiederum dann aufgrund der Umlage von den Plattformen zu tragen sind, die aber diese Gesetzesänderung überhaupt nicht notwendig gemacht haben. Durch eine wie in Punkt 8.2 erläuterte Ausnahmeregelung für Plattformen, die in der Schwarmfinanzierungsausnahme vermitteln, von der Mittelverwendungskontrolle könnte auch bei den verhältnismäßig hohen Gebühren der Bafin für die Veröffentlichung von Vermögensanlageninformationblättern mehr Kostengerechtigkeit geschaffen werden.

8.4 AG Light:

Im Bereich echter Eigenkapital-Emissionen gibt es neben dem transaktionskostentreibenden Prospektregime keine passende gesellschaftsrechtliche Rechtsform, innerhalb derer Eigenkapital-Emissionen junger Wachstumsunternehmen organisiert werden könnten. Die

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GmbH ist als Rechtsform für geschlossene, personalistisch geprägte Gesellschaften konzipiert. Das Eingehen und die Übertragung von Geschäftsanteilen erfordert die Mitwirkung eines Notars.

Die Aktiengesellschaft wiederum als Rechtsform für Publikumsgesellschaften bietet zwar einen guten Investorenschutz in Form eines gesetzlich standardisierten und durch den Grundsatz der Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) abgesicherten Interessenausgleichs zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft sowie zwischen Minderheits- und Mehrheitsaktionären. Dieser Interessenausgleich beruht auf einer über 100jährigen Rechtstradition und stellt ein entsprechend ausgefeiltes und im Kern auch praxisfestes System dar.

In ihrer derzeitigen Form bringt die Aktiengesellschaft aber für die Unternehmen, die diese Rechtsform wählen, sowohl im Zuge der Einwerbung von Kapital als auch bei der laufenden Verwaltung (z.B. Präsenz-Hauptversammlung) erhebliche Transaktionskosten mit sich, da zum einen viele Vorgänge gesellschaftsrechtlich streng formalisiert sind und zum anderen Aktien „geborene“ Wertpapiere sind, sodass für ihre Emission zwingend das Schutzregime u.a. des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) in Verbindung mit der EU-Prospektverordnung sowie für in die Emission eingebundene Vermittler das Kreditwesengesetz (KWG) und das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) gelten. Diese Transaktionskosten verbieten es jungen Wachstumsunternehmen in vielen Fällen, sich der Rechtsform der Aktiengesellschaft zu bedienen.

Die stattdessen derzeit im Rahmen des Crowdinvesting genutzten und durch das

„Kleinanlegerschutzgesetz“ gesetzlich privilegierten Nachrangdarlehen haben demgegenüber für beide Marktseiten den Nachteil, dass es sich nicht um ein echtes Eigenkapitalinstrument handelt. Sie können insbesondere nicht als dauerhafte Beteiligung oder als bilanzielles Eigenkapital im Sinne des Handelsgesetzbuchs ausgestaltet werden. Es existiert außerdem kein gesetzliches Investorenschutzsystem wie in der AG.

Nachrangdarlehen gewähren per se weder Stimmrechte noch eine Beteiligung an Unternehmenswertsteigerungen. Weiterhin ist die Beteiligungsform in keiner Weise gesetzlich standardisiert. Die Regelungen des Aktiengesetzes werden daher in der Praxis von den Plattformen in aufwändiger Strukturierungsarbeit in schuldrechtlichen Verträgen nachgebildet, um ein besseres Investorenschutzniveau zu erreichen. Die fehlende Standardisierung steht darüber hinaus der Herausbildung eines Sekundärmarktes (als Desinvestitionsmöglichkeit für Investoren) entgegen.

Im europäischen Ausland ist demgegenüber die Nutzung von echten Eigenkapitalinstrumenten im Bereich des Crowdinvestings die Norm. Hier haben vielfach die jeweiligen Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden angemessene Erleichterungen für die Emission von Anteilen junger Unternehmen geschaffen. Durch das derzeitige Fehlen von einfachen Lösungen im Bereich des echten Eigenkapitals ist es denkbar, dass das Wachstum des deutschen Crowdinvesting-Marktes, aber auch des problematischen

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deutschen Marktes für Wachstumskapital insgesamt, von der internationalen Entwicklung abgekoppelt wird.

Eine Lösung für dieses Regelungsproblem könnte eine spezifische Beteiligungsform für Wachstumsunternehmen sein, die nicht gänzlich neu gestaltet, sondern – ähnlich wie die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) aus der GmbH – durch punktuelle Modifikationen aus der Aktiengesellschaft abgeleitet wird und im Ergebnis eine Variante der Aktiengesellschaft („AG light“) darstellen würde.

8.5 GmbH-Beteiligung in der Schwarmfinanzierungsausnahme

Das Thema der GmbH-Beteiligungen ist seit dem Kleinanlegerschutzgesetz dem Gesetzgeber bekannt. Leider hat sich der Bundestag nicht den Forderungen der zahlreichen Verbände, u.a. von uns, aber auch zum Beispiel vom Bundesverband Deutsche Startups angeschlossen, GmbH-Beteiligungen in die Schwarmfinanzierungsausnahme aufzunehmen.37Dadurch wurde bereits bei der letzten Evaluierung die Chance verpasst, ein hochreguliertes Eigenkapitalinstrument mit gerichtlich festgelegten Anlegerrechten für Crowdfunding verfügbar zu machen.38

Da der überwiegende Teil der Unternehmen in Deutschland als GmbHen organisiert ist, können diesen Unternehmen daher auch nicht die Wertpapierausnahme im WpPG nutzen können, um zum Beispiel Aktien zu emittieren39 - dazu benötigte es eine AG-Light wie im Punkt 8.4 skizziert. Da diese aber nicht verfügbar ist, sind Aktienemissionen für die meisten Unternehmen de facto nicht durchführbar.

In Deutschland sind GmbH-Beteiligungen, die über Plattformen emittiert werden, über 100.000 Euro nach wie vor prospektpflichtig, womit Startups und Wachstumsunternehmen nicht von den beschlossenen Änderungen im VermAnlg profitiert haben. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass die Politik von vielen Seiten mehr privates Engagement bei der Förderung von Innovationen fordert, aber ohne eine nachvollziehbare Begründung und ausgerechnet bei der Rechtsform der GmbH die private Beteiligung unterbindet. Dies führt auch dazu, dass Kleinanleger nicht die Vorteile des Wagniskapitalzuschusses nutzen40. Wir wissen aus der Praxis und aus zahlreichen Untersuchungen, dass Crowdinvesting dazu führt, dass sich potenzielle Angel-Investoren mit dem Thema Beteiligungsformen

40Siehe dazu auch die Ausführungen im Evaluierungsbericht des Wagniskapitalzuschusses der Bundesregierung

https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/evaluierung-des-foerderprogrammes-invest .html

39Henn M., Lutz E. (2020) Crowdfunding als Finanzierungsinstrument für junge Unternehmen. In:

Kollmann T. (eds) Handbuch Digitale Wirtschaft. Springer Gabler, Wiesbaden.

https://doi.org/10.1007/978-3-658-17291-6_58

38Günther E., Riethmüller T. (2020) Akteure und Formen des Crowdfunding. In: Einführung in das Crowdfunding. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14590-3_2

37Siehe dazu die gemeinsame Stellungnahme von Bundesverband Crowdfunding e.V. und Bundesverband Deutsche Startups vom 8. April 2019:

https://www.bundesverband-crowdfunding.de/2019/04/gemeinsame-stellungnahme-von-bundesverba nd-crowdfunding-und-bundesverband-deutsche-startups/

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auseinandersetzen. Aus Crowd-Investoren werden oftmals Angel-Investoren. Die fehlende GmbH-Beteiligung in der Schwarmfinanzierungsausnahme ist also ein Hemmnis dafür, dass ich in Deutschland mehr Angel-Investoren finden41.

Wir halten die Begründung des Bundesjustizministeriums, dass Gesellschaften mit beschränkter Haftung keine Publikumsgesellschaften sind, für fehlerhaft. Die notarielle Beurkundung der GmbH-Anteile ist ein bloßes Formerfordernis und ist aus unser Sicht kein Hindernisgrund für ein öffentliches Angebot der Anteile.

Wir haben bereits während der Anhörung im Deutschen Bundestag42 argumentiert, dass GmbH Anteile daher in den Anwendungsbereich der ECSP-R aufgenommen werden sollten.

Nach unserer Auffassung waren die in Art. 2 Abs. 1 Buchst. n) ECSP-R genannten Voraussetzungen für eine Anerkennung solcher Anteile durch die BaFin als zuständige Behörde durchaus gewahrt.

Es bestehen keine „Beschränkungen der Art und Weise, wie solche Anteile öffentlich angeboten oder beworben werden dürfen“. Auch stellt das Formerfordernis keine

„Beschränkung“ dar, „durch die eine Übertragung der Anteile effektiv verhindert würde“.

Vielmehr lässt Erwägungsgrund 14 der Verordnung erkennen, dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit solcher Formerfordernisse gesehen und abgewogen hat. Er kam zu dem Ergebnis, dass auch wenn das nationale Recht „die Anforderung der notariellen Beurkundung der Übertragung“ enthält, „[d]iese Verordnung […] unbeschadet des nationalen Rechts gelten [sollte], das die Übertragung solcher Instrumente regelt“. Demnach wäre eine Zulassung von GmbH-Anteilen unbeschadet des Erfordernisses der notariellen Form der Übertragung am Maßstab der Verordnung gemessen zulässig. Leider hat das Bundesministerium für Justiz die Bundestags-Abgeordneten anderweitig beraten und aus unserer Sicht fehlerhaft die Ansicht vertreten, dass GmbH-Anteile nicht in den Anwendungsbereich der ECSP-R gehören.

Es gibt aber praxisbewährte Lösungen, die eine Vermittlung und einen Handel auch von GmbH-Anteilen über digitale Finanzierungsplattformen ermöglichen, wie etwa Bevollmächtigungen.

Die GmbH ist die am weitesten verbreitete Rechtsform für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland und bietet daher das größtmögliche Potenzial, das von der ECSP-R verfolgte Ziel der unkomplizierten Mittelstandsfinanzierung unter Vollendung der Kapitalmarktunion zu erreichen. Die Gesellschafterstellung ist im Eigenkapitalbereich zudem diejenige Beteiligungsform, die Anlegern die weitestgehenden Rechte einräumt. Das insoweit wiederholt vorgetragene Argument, dass die Gesellschafterrechte bei der GmbH (anders als

42

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw16-pa-finanzen-schwarmfinanzierung-83336 6

41Siehe dazu auch die Forschung von Tamara Schmidt zum Potenzial des Wagniskapitalzuschusses für Crowdinvesting-Plattformen:

https://tamarafschmidt.com/2021/05/20/crowd-angel-and-venture-capital-investors/

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bei der AG) durch die Satzung frei ausgestaltet werden können, trug unseres Erachtens im vorliegenden Kontext nicht als Argument gegen eine Zulassung der GmbH-Beteiligung als Finanzierungsform im Rahmen der ECSP-R.

Den Bedenken, dass die Rechtsstellung, die mit dem GmbH-Anteil erworben wird, für den Anleger nicht ausreichend transparent wird, könnte auch auf andere Weise Rechnung getragen werden, etwa indem eine diesbezügliche Aufklärungspflicht mit verschiedenen Kategorien von Pflichtinformationen eingeführt würde (soweit diese Informationen nicht ohnehin bereits im Basisinformationsblatt enthalten sein müssen).

Da aber das Bundesjustizministerium sich gegen die Aufnahme der GmbH-Beteiligung in die ECSP-VO mit aus unserer Sicht kaum nachvollziehbaren Argumenten gewandt hat, so stellt sich nun die Frage, ob aus Sicht des Bundesjustizministeriums grundlegende Einwände gegen eine Nutzung von GmbH-Anteilen für Schwarmfinanzierungen stellen. Unser Eindruck ist, dass die vom Bundesjustizministerium vorgetragenen Argumente nur den Vorschub dafür darstellen, dass man grundsätzlich nicht möchte, dass Kleinanleger GmbH-Anteile erwerben. Dies ist aber eine politische Entscheidung, welche das Parlament, und nicht das Bundesjustizministerium treffen sollte. Insofern wäre angebracht, die Bedenken transparent zu äußern und so den Abgeordneten die Möglichkeit zu geben, diese Bedenken auch zu evaluieren.

8.6.Finanzierungen von Startups und Abwanderung ins Ausland

Die Finanzierung von Startups über Crowdfunding ist hinlänglich belegt, sowohl durch Forschung in Deutschland als auch im europäischen Ausland. Crowdfunding sorgt gerade in der Seedphase von Start-Ups für dringend benötigtes Kapital, da Deutschland nach wie vor nicht über genügend Business Angels und Frühphasen-Risikokapitalgebern verfügt.

Es gibt zahlreiche Studien, die deutlich machen, dass Startups, die sich über Crowdfunding-Plattformen finanzieren, seltener insolvent gehen und eine höhere Chance auf einen Exit haben. Crowdfunding insbesondere hilft Gründerinnen von Start-Ups, ihre Netzwerke zu kapitalisieren.

Die ECSP-R wurde mit dem politischen Ziel geschaffen, den Zugang zu Kapital zu verbessern. Gerade im Kontext der ECSP-R wird es vielen anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in Zukunft möglich sein, Anteile an Limited Companies europaweit über Crowdfunding anzubieten. Auch ausländische Plattformen, die sich bereits jetzt mit ihrem Angebot an deutsche Anleger wenden, werden diese Aktivitäten in Zukunft verstärken. Hier besteht erhebliche Gefahr, dass Plattformen, die Investitionen in Unternehmen vermitteln, in andere Länder der EU mit einer zeitgemäßen Crowdfunding-Regulierung abwandern.

Die folgenden Standortfaktoren sind zum Nachteil für Crowdfunding in Deutschland - Uneinheitliche Regulierungsrahmen bei Vermögensanlagen

- Fehlende Möglichkeit der Emission von Eigenkapital über Unternehmensanteile bei Start-Ups

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-

- Kostenintensive und langwierige Lizensierungsverfahren für die Plattformen

- Kostenintensive und langwierige Gestattungsverfahren für die Vermögensanlageninformationsblätter

- Überzogenes Haftungs-Regime für die Emittenten - Rechtsunsicherheit bei der Mittelverwendungskontrolle

- Rechtsunsicherheit bei der Anwendung des Blindpool-Verbots

Wir befürchten, dass Plattformen entweder im Rahmen der ECSP-R ins Ausland abwandern, um zum Beispiel das Haftungsregime oder die Mittelverwendungskontrolle zu umgehen, oder dass Emittenten die günstigeren Bedingungen auf ausländischen Plattformen nutzen werden, um sich an deutsche Anleger zu wenden, ohne dass die BaFin Kenntnis davon hat, welche Plattformen hier aktiv sind.

Wir würden uns daher sehr freuen, wenn im Rahmen der Evaluierung des VermAnlG versucht würde, ein Level-Playing-Field mit den ausländischen Crowdfunding-Plattformen herzustellen.

Mit freundlichen Grüßen Karsten Wenzlaff

Geschäftsführer

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