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(1)

PROBLEME DER ÄTHIOPISCHEN PALÄOGRAPHIE

Von Siegbert Uhlig, Hamburg

Das nachstehende Referat behandelt:

erstens die Notwendigkeit eines verläßhchen Instrumentariums zur Bestimmung des

Alters und Charakters äthiopischer Handschriften,

zweitens einige methodische Fragen an Hand ausgewählter Beispiele und

dirttens das sich daraus ergebende Arbeitsprogramm für eine äthiopische Paläo¬

graphie.

I. DIE NOTWENDIGKEIT EINES VERLÄSSLICHEN INSTRUMENTARIUMS

ZUR DATIERUNG ÄTHIOPISCHER HANDSCHRIFTEN

Die Zahl äthiopischer Handschriften, die durch Verzeichnisse und Mikrofilme der Wissenschaft zugänglich gemacht werden, wächst ständig. In diesem Zusammenhang

sei an Ernst Hammerschmidts Mikrofilm-Projekt vom Tänäsee erinnert, das 182

Handschriften erfaßt hat und bisher in zwei Bänden besprochen wurde' , an Oscar

Löfgrens Verzeichnis der äthiopischen Handschriften in Uppsala^ , an die Beschrei¬

bung von 1500 Handschriften durch Whliam F. Macomber bzw. seine Mitarbeiter'

und an die Katalogisierung der Handschriften der Staatsbibliothek Preußischer Kul¬

turbesitz (durch Ernst Hammerschmidt und VeronUca Six), die zur Zeit für den

Druck vorbereitet wird. Daneben gibt es Sammlungen die bisher nicht katalogisiert sind: so die von Enrico Ceruhi (324 Handschriften) und die der British and Foreign Bible Society (22 Handschriften).

Mit den Kopien und Verzeichnissen ist zwar ein grundlegender Schritt getan,

doch macht das Material einen zweiten Arbeitsgang dringend notwendig: Wer Hand¬

schriften benutzt, braucht ein Instrument, das ihn in die Lage versetzt, sicher und

genau Alter wie Eigenart der Handschriften zu bestimmen. Die Tatsache, daß 85 bis

90 Prozent der Handschriften undatiert sind, zeigt, wie wichtig eine systematische Untersuchung des Materials auf breiter Basis ist" . Erschwerend kommt hinzu, daß

1 E, Hammerschmidt, Äthiopische Handschriften vom Tänäsee 1 -2 = VOHD XX U2 (1973- 1977).

2 O. Löfgren, Katalog über die äthiopischen Handschriften in der Universitätsbibliothelc Uppsala, Uppsala 1974.

3 W. F. Macomber,/! Catalogue of Ethiopian Manuscripts Microfilmed for EMML and HMML I-VI, Collegeville (Min.l 1975-1982.

4 Der Feststellung von William Wright ist bis tieute nichts hinzuzufügen: „To determine the age of an undated Ethiopic manuscript is by no means easy" (Catalogue of the Ethiopic Manuscripts in the British Museum, London 1877, X).

(2)

in etlichen FäUen Datierungsangaben in den Handschriften kein sicherer Anhalts¬

punkt für deren Abfassung sind' .

Für verschiedene Sprachen des semito-hamitischen Raums liegen paläographische

Untersuchungen und Schriftprobensammlungen vor: so für das Hebräische*, das

Syrische', das Arabische* und das Koptische', aber nicht für das Ge'ez und des¬

sen breitgefächerte und umfangreiche Literatur. Diese Lücke muß geschlossen und

damit eine Beitrag zur Gmndlagenforschung der OrientalistUc geleistet werden.

Der Stand der Forschung zeigt deutlich die Notwendigkeit, eine systematische

Anleitung zu schaffen. Auf der Suche nach Hinweisen stößt man nur auf kurze und

meist recht aUgemeine Angaben zur Paläographie: so in WUliam Wrights Katalog"" , in Carlo Conti Rossinis Bearbeitung der „Collection d'Abbadie"" , im Katalog von

Sylvain Grebaut und Eugene Tisserant'^ sowie in Stephen Wrights Beitrag in dem

Band „lUuminated Manuscripts"" . Dazu kommen verstreute Angaben in Bespre¬

chungen einzelner Handschriften oder Handschriftengruppen. Sie ergeben zusam¬

men kaum 50 Seiten, wenngleich sie Orientierungshilfen und Impulse für eine breitan¬

gelegte Untersuchung bieten.

Angesichts des Fehlens einer verläßlichen Anleitung überrascht es nicht, wenn

sich eine ganze Reihe von Fehldatiemngen eingeschlichen haben. Ein Beispiel dafür

ist die Handschrift Paris eth. 102 (Zotenberg 3)'". Zotenberg datiert die Handschrift

ins 13. Jahrhundert. Tatsächlich beginnt die Schrift mit einem alten Duktus, dann

sind aber mehrere Wechsel der Schreibweise zu beobachten (so z. B. Bl . 109v— 1 lOr;

vgl. auch Bl. 1 16v und 1251), bis mit Bl. 206v ein wesentlich jüngerer Schreibstü

einsetzt, der als Duktus des Kopisten zu erkennen und frühestens an das Ende des

15. Jahrhunderts zu datieren ist" . — Ein zweites Beispiel: In Macombers Katalog wird die Handschrift EMML 2080 in das 12. bis 13. Jahrhundert datiert'* , obgleich

5 E. Ullendorff, Catalogue of Ethiopian Manuscripts in the Bodleian Library II, Oxford 1951, VI.

6 C. Bernheimer, Paleografia Ebraica, Firenze 1924; La Paleographie hebraique medievale = Actes du Colloque International sur la ..Paleographie hebraique medievale" 1972, Paris 1974.

7 W. H. P. Hiiteh,An Album of dated Syriac Manuscripts. Boston 1946.

8 A. Grohmann, Arabische Paläographie 1-11 = Denkschriften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-histor. Kl. 94, 1 -2, Wien 1967 -71.

9 V. Stegemann, Koptische Paläographie (Textband und Tafelband) = Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums und des Mittelalters. Reiche C I , Heidelberg 1936;

Maria Ciamer, Koptische Paläographie, Wiesbaden 1964.

10 W. Wright, Catalogue of the Ethiopic Manuscripts in the British Museum, London 1877, X-XIII.

11 C. Conti Rossini, Notice sur les manuscrits ethiopiens de la collection d'Abbadie, Paris 1914,9-19 = 7/4 /P/2-/975, 555-565.

12 S. Grebaut-E. Tisserant, Codices Aethiopici Vaticani et Borgiani 11, in Bybliotheca Vaticana 1936,33-35.

13 St. Wright \n Illuminated Manuscripts, Paris 1961, 20-25.

14 Vgl. C. Conti Rossinis Kritik, Notice, 9f. 15551".] an Zotenbergs Datierung {Catalogue des manuscrits ethiopiens [gheez et amharique] de la Bibliotheque Nationale, Paris 1977, 6);

vgl. auch E. Ullendorf!', The Ethiopians, London' 1973, 135.

15 Vgl. die Berichtigung bei J. W. Wevers (Hing.),Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum III 2, Göttingen 1977,31 mit der Datierung 14.-15. Jahrhundert.

16 W. F. Macomber, Catalogue III (1978) IV (im Vorwort von W. Harrelson und J. G. Plante).

(3)

Probleme der äthiopischen Paläographie 139

sie erheblich jünger ist. Bereits eine kurze Prüfung ergibt, daß sie etwa um 1500 ent¬

standen sein muß". - Daß falsche Datierungen weitreichende Konsequenzen haben können, sei an einem dritten Beispiel demonstriert: Mercer hat in seiner Edition des

Buches Ecclesiastes die Handschrift Addis 'Älam als Dokument des frühen 15. Jahr¬

hunderts bezeichnet und sie - mk Rücksicht auf ihr vermeintliches Alter - seiner

Textausgabe zugrunde gelegt'*. Tatsächlich gehört die Handschrift aber dem 18.

oder 19. Jahrhundert an". Die Mercers EdUion tragende These wird mit der

unrichtigen Ansetzung seines wichtigen Textzeugens unhaltbar^" .

II. ZUR METHODIK DER ÄTHIOPISCHEN PALÄOGRAPHIE

Drei Vorbemerkungen dazu:

1. Im Rahmen dieser Erörterung muß eine genaue terminologische Differenzierung

paläographiseher Teilbereiche, die zunächst zu leisten wäre, unterbleiben^' .

2. Ausgeklammert werden orthographische und die Mehrzahl kodUcologischer Fra¬

gen, aufgenommen sind lediglich Probleme der Schriftzeichengenealogie und

einige andere kodikographische Merkmale.

3. Hier kann keine „historische Entwicklung" der Schrift geboten werden, abge¬

sehen davon, daß die sprachwissenschaftliche Methode der Diachronie die Pro¬

bleme der Paläographie zu stark simplifizieren würde.

Äthiopische Handschriften sind zu ihrem größeren TeU erst vom 14. Jahrhundert an erhalten; als Beispiel älterer Handschriften sei Abbä Garimä I (10. Jahrhundert

als Terminus a quo) genannt. Beginnen wir mit einer Handschrift des 14. Jahrhun¬

derts: Borg. aeth. 3". Die Schrift wirkt monumental, jedes Zeichen steht für

sich, mit deutlichem Abstand. Diese frühe Periode äthiopischer Schrift ist durch fol¬

gende Merkmale gekennzeichnet :

Die Zeichen wirken eckig, geschlossene Bögen sind in Dreiecksform gestaltet:

Aira 0.

Die Abstriche sind bauchig nach rechts gezogen, was im Falle zweier Abstriche links stärker ausgeprägt ist als rechts:

^ n Ä

(dieses Merkmal bleibt zum TeU bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts erhalten).

17 Diese Annahme wird von W. Baars, E. Hammerschmidt und R. Zuurmond geteilt. Die Da¬

tierungen von Macomber bzw. seinen Mitarbeitern setzen für die Handschriften wiederholt ein zu hohes Alter an.

18 S. A. B. Mercer, The Ethiopic Text ofthe Book of Ecclesiastes, London 1931, 10 und 12.

19 Aufnahmen der Handschrift Addis 'Älam auf Tafel 1 und 2 im Anhang bei Mercer.

20 Vgl. O. Löfgrens eingehende Kritik in Le Monde Oriental 26-27 (1932-33) 334-45 (zur Datierung 336f.).

21 Vgl. M. A. Gruijs, Paleographie, codicologie et archeologie du livre, questions de methodo- logie, in La Paläographie, Paris 1 974, 19-25.

22 Abgebildet bei S. Grebaut-E. Tisserant, Codices II, Tafel 1 (Beschreibung: I 782-87).

(4)

Überwiegend sind die Zeichen nach einer gedachten senkrechten Achse ausge¬

richtet, so daß sich eine Symmetrie ergibt:

Ä *2 X 4..

Die crux ansata^'' kennzeichnet neben anderen Marginalzeichen die Texte bis

zum Anfang des 16. Jahrhunderts^ :

Das Verhältnis von Höhe und Breite der Schriftzeichen ist ausgeglichen 1:1, also einer quadratischen Schrift ähnlich (in verschiedenen Handschriften dieser Zeit ist die durchschnittliche Breite sogar größer als die Höhe).

Aus der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts stammt das nächste Beispiel:

SBPrK Or. Oct. 1270^'. Die Formen sind mehr abgerundet, die typischen Merkmale

jener Periode sind aber deutlich zu erkennen:

Die Eckigkeit und Dreieckigkeh bleibt erhalten:

^ AM Cf / A

Ähnliches ist auch von der (allerdings schwächeren) Rechtskrümmung der Ab¬

striche zu sagen:

h H

Die Symmetrie der Schriftzeichen bestimmt nicht mehr so deutlich den Duktus:

(T V

wenn die Schreiber auch um sie bemüht bleiben:

•5

Die am Kopf angesetzten Haken, Zeichen der sechsten Ordnung, fliehen in dieser Zeit und bis zur Mitte des folgenden Jahrhunderts nach links weg und steigen nicht nach oben:

7^^*

Das t der sechsten Ordnung erscheint mit lang hemntergezogenen Seitenschen¬

keln, die an die ursprüngliche Form erinnern:

\ O».

23 Unsicher bleibt vorläufig, ob es sich dabei um eine Reminiszenz an das altägyptiscbe Lebens¬

zeichen (vgl. Maria Cramer, Das altägyptische Lebenszeichen im christlichen koptischen Ägypten, Wiesbaden 1955) oder ein Signum zur Haragrapheneinteilung (vgl. die Evangelien¬

handschriften des Eusebios) handelt.

24 Dazu A. d'Abbadie, Catalogue raisonne des manuscrits ethiopiens appartenant a Antione dAbbadie, Paris 1859, 54.

25 Abgebildet bei E. Hammerschmidt, Illuminierte Handschriften der Staatsbibhothek Preus¬

sischer Kulturbesitz und Handschriften vom Tänäsee = Codices Aethiopici 1, Graz 1977, Tafel 32f (besprochen bei E. Hammerschmidt-O. A. Jäger, Illuminierte äthiopische Hand¬

schriften = KO//ßXK [1968], 45-48).

(5)

Probleme der äthiopischen Paläographie 141

Das 1 der siebenten Ordnung trägt sein Ordnungsmerkmal auch mit anliegender

Schlinge direkt am Abstrich:

/f ,

was neben der sonst üblichen Form bis zum Ende des 15. Jahrhunderts zu beo¬

bachten ist.

Auch hier bleibt das Verhältnis von Höhe zu Breite der Zeichen mit 1:1 in etwa

ausgeglichen; bei größerer Schrift kann die Breite die Höhe übertreffen.

Um die Wende des 14. zum 15. Jahrhundert entstand die Handschrift SBPrK Or.

Oct. 59^:

Die Dreiecksgestalt bestimmter Formen bleibt erhalten, wird jedoch zunehmend

von runder Gefähigkek gemildert :

Qg,.

Auch /IT ist ein Zeuge für das Alter.

Das Bemühen um Symmetrie ist erkennbar:

Ay 'v.

doch durchbrechen verschiedene Faktoren immer deutlicher dieses optische Prinzip

^

Der oben angesetzte Haken als Zeichen für die sechste Ordnung beginnt verein¬

zelt über den Zeilenrand hinauszuragen:

( 4" neben "i ).

Die Schrift wirkt gedrängter; von dieser Zeit an weist das Schriftbild in verschie¬

denen Epochen eine Rechtsneigung auf.

Im Verhältnis von Höhe zu Breite herrscht auch hier Ausgewogerüieit (1:1).

In die Mitte des 15. Jahrhunderts gehört das folgende Beispiel: Borg. aeth. 2^':

Die Schriftzeichen sind mnder, die Dreiecke in der Auflösung begriffen:

!^d^ö^i

Zum Merkmal dieser Epoche wird das gestreckte, schlanke Schriftzeichen, das

zur Verlängerung seines unteren Drittels führt:

'i}^^ "i

26 Abgebildet bei E. Hammerschmidt, Illuminierte Handschriften, Tafel 3; beschrieben bei A.

Dillmann, Verzeichnis der abessinischen Handschriften = Die Handschriftenverzeichnisse der königlichen Bibliothek zu Berlin (1878), 66f ; VOHD XV, 48-50.

27 Abgebildet bei Grebaut-Tisserant, Codices II Tafel 5 (Besehreibung: I 767-82: zur Datie¬

rung vor 1441: I 778-81).

(6)

Daß diese Zeit eine Übergangsphase darsteUt, geht aus der schwankenden Posi¬

tion des oberen Hakens fur die sechste Ordnung hervor:

'TTJM

sowie aus der „unruhigen" Schrift, die viele Handschriften dieser Periode kenn¬

zeichnet.

Das 1 der siebenten Ordnung erscheint auch hier als Cr

Die Veränderung zeigt sich auch in der Relation Höhe zu Breite von etwa 1,2:1.

Die ein halbes Jahrhundert später entstandenen Handschriften bestätigen die

neue Tendenz, so SBPrK Or. Oct. 1266^*:

Trotz der in dieser Handschrift verwandten breiten Feder, die notwendigerweise zu einer gewissen Gedrungenheit führte, ist der Trend zur abgerundeten und zugleich gestreckten Form zu erkennen:

H^^m

Die Längsachse, die zur symmetrischen Gestaltung der Zeichen führte, spielt

keine erhebliche Rolle mehr:

'^Z»

Die Unterbrechung des Abstriches zur Kennzeichnung der sechsten Ordnung fäht

meist vergröbert aus und ist in der Mitte angesetzt:

V \\

Das 1 der siebenten Ordnung wird nun mit Seitenbalken geschrieben:

(vgl. Tafel 28).

Die Tendenz zur Streckung der Schrift zeigt sich auch hier im Verhältnis von

Höhe zu Brehe, das 1,2:1 beträgt.

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wird neben der Rundung und Schlankheit der

Zug zur grazilen (und häufig kleinen) Schrift bestimmend. Das läßt sich am Beispiel

von BM Orient. 763 veranschaulichen^' :

Die Abstriche verlaufen möglichst streng parallel:

t Ii C

Das m weist mehrere Merkmale auf, die diese Periode kennzeichnen: die „Augen"

rücken auseinander und sind von nun an mit einem Balken verbunden:

ito ■

28 Abgebildet bei E. Hammetschmidt, Illuminierte Handschriften, Tafel 26f : beschrieben bei E. Hammersehmidt-O. A. Jigei, Illuminierte äthiopische Handschriften, 183.

29 Abgebildet beiW.Wright,C<2ra/o?ue, Tafel 4 (Beschreibung: 173-75; zur Datierung 1586-87:

174).

(7)

Probleme der äthiopischen Paläographie 143 dieser Strich führt nicht mehr von links unten nach rechts oben, sondern verläuft in der Regel waagerecht; die linke Schlinge ist bei verschiedenen Ordnungen (erste, zweite und sechste) größer als die rechte:

0D IIO. .

Das Markierungszeichen der sechsten Ordnung wird teUweise nach oben:

•^ 4» >».

bei n aber deutlich nach unten geführt:

1

Bei 1 beginnt sich am oberen Ende eine Spitze auszubilden, die bis ins 18. Jahr¬

hundert zu beobachten ist:

^rr

Das Verhältnis von Höhe zu Breite der Zeichen beträgt 1,3 (1,4): 1.

Um die Mitte des 17. Jahrhunderts hat die Entwicklung der äthiopischen Schrift ihren Höhepunkt erreicht. Als Beispiel dieser Epoche sei BM Orient. 510 angeführt^ :

Die typische Schrift dieses Jahrhunderts ist gefällig rund, schlank, mit parallelen

Abstrichen und ohne große Abstände zwischen den Zeichen.

Alle Schriftzeichen und Ordnungsmerkmale sind deutlich Zu unterscheiden:

jedoch nicht „standardisiert" gestaltet:

t%t^

Mit wenigen Ausnahmen

(vgl. tn» )

bemühen sich die Schreiber um gleichbleibende Höhen und Abstände:

^fif Die Relation von Höhe zu Breite beträgt 1,4:1.

Die Miniaturen weisen europäischen Einfluß auf.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kündigt sich eine Veränderung an, ein

Abfall gegenüber der vorher erreichten Schreibkunst, und der Niedergang nimmt im

weiteren Verlauft' merkbar zu. Die Anfänge dieser Entwicklung sind z.B. in SBPrK

Or. Oct. 1302 zu beobachten" :

Der Ansatzstrich des Schreibers (schon früher gelegentlich zu beobachten) findet

sich jetzt in der Regel dann, wenn das Zeichen mit einem geraden Abstrich begon¬

nen wird:

A T

30 Abgebildet bei W. Wright, Catalogue, Tafel 8 (Beschreibung: 24f , datiert 1664-65).

31 Nach der Herrschaft von lyäsu II. (1730-55).

32 Abgebildet bei E. Hammerschmidt, lUuminierte Handschriften, Tafel 50f (Beschreibung:

E. Hammerschmidt-O. A. iiigsi. Illuminierte äthiopische Handschriften, 100-08).

(8)

Die Ästhetik ist nicht mehr Maxime des Schreibers: Vom Beginn des 18. Jahr¬

hunderts an sind eine erhebliche Anzahl von individuellen Schreibweisen und

Mischsthen festzustehen, die die Datierung erschweren.

Erneute Verwendung breiter Federn führt wieder zur gedrungenen, breiter wer¬

denden Schrift:

yf» ^ ^

und die nachlassende Sorgfalt zu ersten Leseunsicherheiten:

tfi^dj»^

(vgl. Tafel 55).

Ein gewisser Technisierungstrend schlägt sich in den Neuansätzen nieder:

n ? &

der ebenfahs durch die Breite der Feder veranlaßt wurde.

Die Vokalhaken sind durch einen langen Verbindungsstrich an die Grundzeichen

gefügt: .

tu at'

Das Verhältnis von durchschnittlicher Höhe zu Breite ist wie in der Frühzeit

einer quadratischen Schrift gleich (1 :1).

Im 19. Jahrhundert schließhch ist der „Technisierungsprozeß" weiter vorange¬

schritten, der durch das Schreibmaterial, aber auch durch den Einfluß der holzge¬

schnittenen Lettern, die man in der Frühzeit im Buchdruck einsetzte und die das

SchriftbUd prägten, ausgelöst wurde. Als Beispiel sei auf Vat. aeth. 74 verwiesen" : Die klobige Schrift wirkt schematisiert, die einzelnen TeUe der Zeichen scheinen - ähnhch dem Baukastenprinzip - „zusammengesetzt":

va ao atid-'hH.M»

Dadurch erweckt die Schrift den Eindmek, mehr Symbolzeichen, mehr Chiffre

denn lebendig benutzte Leseschrift zu sein.

Das Bemühen um einheitliche Größe führt bei der Federbreite und gedrängten

Schreibweise zur Undeutlichkeit, ja teilweise Unansehnlichkeit in einzelnen Hand¬

schriften^ .

Das Verhältnis von Höhe zu Breite verschiebt sich zugunsten der Breite (1:1,

2-1,3).

Eine genaue Datiemng erweist sich bei fehlenden Angaben wiederholt als schwierig.

Es versteht sich, daß mit diesen wenigen Beispielen, auch wenn sie einigermaßen repräsentativ sein dürften, keinesfalls die vielschichtigen Probleme der äthiopischen Paläographie aufgezeigt werden können - es sind lediglich jene Schwierigkeiten und

33 Abgebildet bei Grebaut-Tisserant, Codices II, Tafel XVII (Beschreibung: I 261-83; zur Ansetzung 1870-76: I 282f.).

34 Als Beispiet sei an Borg. aeth. 1 erinnert (abgebildet bei Grebaut-Tisserant, Cocfjcej //, Tafel 16).

(9)

Probleme der äthiopischen Paläographie 145

Perspektiven auf diesem unerforschten Feld zu illustrieren, die eine systematische Untersuchung geboten erscheinen lassen.

III. ZUM ARBEITSPROGRAMM EINER ÄTHIOPISCHEN PALÄOGRAPHIE

Eine im Entstehen begriffene Schriftprobentabelle erfaßt die markanten, also

während der Geschichtsepochen wiederholt variierten Schriftzeichen jener Hand¬

schriften, die sicher oder annähernd zuverlässig zu datieren sind. Die bis jetzt erfa߬

ten etwa 50 Proben solcher Handschriften müssen mit Rücksicht auf eine möglichst sichere Ausgangsposition noch erweitert werden.

Alle für die äthiopische Paläographie relevanten Kriterien^' werden in methodische Raster überführt, deren Ziel nicht nur die Erstehung von Schriftzeichengenealogien ist: auch andere kodikographische Elemente wie Marginalzeichen, Striche, Worttren¬

ner, Satztrenner, die Anzahl von Kolumnen und Zehen und z. B. auch die Miniatu¬

ren müssen befragt werden. Aus dem Bereich der kodhcologischen Merkmale seien

als Beispiele nur die Größe der Handschrift sowie das Schreibmaterial, die Tasche (Mähdar), der Einband und die Prickings (zur Erstellung von Hhfslinien) genannt.

Auch orthographische Probleme gehören zur paläographischen Forschung: archaische

Schreibungen, oft etymologisch genauer, sind von moderner Schreibung zu unter¬

scheiden; auch der Konsonantenaustausch vollzieht sich bis ins 16. Jahrhundert

(teilweise bis ins 18. Jahrhundert) nicht unbedingt whlkürlich und muß daher

beachtet werden; und vieheicht bietet auch der Wechsel von der vierten zur ersten

Ordnung paläographische Anhaltspunkte.

Nach meiner bisherigen Erkenntnis ist der Gesamtbestand der Handschriften

auf etwa 20 bis 30 Grundtypen zurückzuführen, die für bestimmte Perioden der

Landesgeschichte charakteristisch sind. Um diese Grundtypen läßt sich wahrschein¬

lich nicht nur das repräsentative Material gruppieren, sondern vielleicht auch indi¬

viduelle und lokalbedingte Schreibung bestimmen.

Auch Fragen, die nur mittelbar die äthiopische Paläographie berühren, müssen

beachtet werden, so das Problem der Entwicklung der äthiopischen Schrift^* , die

bei der Auswertung der Inschriften bis zum 14. Jahrhundert relevant sind. Daß auch die geschichtlichen Gegebenheiten im Lande, der Einfluß der kirchlichen Hierarchie

oder des Herrscherhauses, daß mögliche Lokaltraditionen und außeräthiopische Ein¬

flüsse zu prüfen sind, liegt auf der Hand. Und schließhch sei mit dem Begriff ver¬

gleichende Paläographie angedeutet, daß parallele Untersuchungen in anderen

Sprachen des orientalischen Raumes für das Äthiopische nicht ohne Bedeutung sind.

35 Inzwischen sind etwa 35 zusammengetragen.

36 Vgl. dazu A. Grohmann, Über den Ursprung und die Entwicklung der äthiopischen Schrift = Archiv für Schriftkunde I (1918), 57-87; E. Ullendorff, Studies in the Ethiopic Syllabary = Africa 21 (1951), 207-17; M. Rodinson, Les Semites et l'Alphabet. Les ecritures sudarabi-

ques et ethiopiennes = L 'ecriture et la psychologic des peubles. Centre international de Syn¬

these: XXISemaine de Synthese, 3.-11.5. 1960, Paris 1963, 131-34.

(10)

TO THE POPE AND TO EMPEROR FREDERICK BARBAROSSA

By Edward Ullendorff, Oxford

In the present context I am neither able, nor do I propose, to go into the vast cycle of legends connected with Prester John, drawn in part from the set of Alexan¬

der legends and from many other overlapping cycles. I am here concerned, exclu¬

sively, with Prester John's medieval letters, their original language, variant versions, Vorlagen, etc. But first and foremost 1 wish to introduce to you his Hebrew letters.

In 1968 my friend and colleague. Professor C. F. Beckin^am,drew my attention

tothe nsana m's'sj'? ]ki' 'owts anan osio

which was published in Sebastian Miinster's Cosmographia universalis (book VI,

Basel 1550). Subsequently I found a number of fuller versions of this Hebrew

missive and came to be increasingly puzzled about the nature, language, author¬

ship, and original version or versions of these curious documents. Eventually,

Beckingham and I decided to publish a detailed account of these Hebrew letters

(C. F. B. to deal mainly with the historical (so-called) background and ramifications,

while E. U. was to work principally on the Hebrew texts and Vorlagestudien); both

of us shall consider the mythological motifs and the clues, linguistic, geographi¬

cal, and historical, offered by personal and topographical onomasrics, etc. Becking¬

ham had, of course, already dealt with the Prester John legend (including, briefly,

the famous letter with which we are concerned today) in his London University

(SOAS) Inaugural Lecture of 1966; and a further contribution, his 1979 Boyle

Memorial Lecture at Manchester University, on the quest for Prester John, is now

in the press {BJRL 1980).

In 1968 we were able to make a good deal of headway with this project, but

both of us were, unfortunately, forced by more pressing commitments to suspend

work on Prester John. As we return to him, after more than a decade's interval, we

find he has become even more elusive, and we are still very far removed from such

knowledge and familiarity with the subject as we possessed in 1969. However, we

are determined to persevere now and press on towards the target we have set our¬

selves.

Today's paper is, therefore, very much in the nature of a preliminary or progress report. The character of the material and our present state of unreadiness make this

inevitably a somewhat ill-organized and more than somewhat mconclusive

account — perhaps as insubstantial and spurious as its eponymous hero, Prester John

Though the letters in their manifold versions differ widely, none contains any

clear indicarion of its provenance and thus of the abode of PJ. In the letters to the

Byzantine Emperor Manuel II Comnenus (reigned 1143-1180), to Pope Alexander

III (1159-81), and to Frederick Barbarossa (1123-90) - there are later ones, cer¬

tainly m Hebrew, to Pope Eugenio of the year 1442 (i.e. Eugenius IV) - the only

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