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Schnittstelle Kunst –Vermittlung

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Academic year: 2022

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Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen e.V.

Carmen Mörsch, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Hg.)

Schnittstelle

Kunst –

Vermittlung

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Modellprojekt „Schnittstelle Kunst – Vermittlung.

Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“

Die vorliegende Publikation entstand im Rahmen des Modellprojektes „Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“ des Landesverbandes der Kunstschulen Niedersachsen e.V. in Kooperation mit dem

Kulturwissenschaftlichen Institut KUNST – TEXTIL – MEDIEN der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

Das Projekt wurde vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert.

Die Publikation haben gefördert:

Die Verantwortung für die Inhalte dieser Veröffentlichung liegt bei den AutorInnen.

Projektkonzeption, -leitung und -koordination

Dr. Sabine Fett, Geschäftsführerin des Landesverbandes der Kunstschulen Niedersachsen Mitarbeit 00 und 005: Sabine Beck

Wissenschaftliche Begleitung

Prof. Carmen Mörsch, Kulturwissenschaftliches Institut KUNST – TEXTIL – MEDIEN, Seminar Materielle und Visuelle Kultur, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Mitarbeit: Constanze Eckert Forschungsteam aus den Kunstschulen

Manfred Blieffert, Ute Duwensee, Malte Ewert, Christel Grunewaldt-Rohde, Renate Hansen, Sylvia Christina Händel, Margret Hemme, Ute Ketelhake, Cornelia León-Villagrá, Bill Masuch, Katrin Mohr, Martina Niemann, Barbara Kleinitz, Gunnar Peppler, Benjamin Pfeiffer, Nina Pohovski, Britta Schiebenhöfer, Ina Schlüter-Zech, Thorsten Streichardt, Margaretha Stumpenhusen, Anne Roecken-Strobach, Rainer Strauß, Monika Witte

Herausgegeben vom Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen e.V., Carmen Mörsch und der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Redaktion: Carmen Mörsch, Constanze Eckert Konzept: Carmen Mörsch, Constanze Eckert Lektorat: Sabine Fett

Gestaltung und Satz: Thomas Robbers Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar

Titelbild: Fotomontage, Projektteam Osnabrück; Hintergrundzeichnungen: Entwurf eines Denkmals für Heinrich Göbel (Torge Tonn, Kunst- und Kreativschule in Springe); Skizze für Video „Das Werk ruft“ (Thorsten Streichardt, Kunstschule miraculum Aurich)

Programmierung der DVD: Benjamin Pfeiffer Verlag und Vertrieb: transcript Verlag, Bielefeld ISBN 978--899-7-5

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© 2007 für Texte und Bilder bei den AutorInnen

© 2007 transcript Verlag, Bielefeld

Bildnachweis:

Kunstschule Aurich: Text Thorsten Streichardt: Videoteam von „Das Werk ruft“

Kunstschule Lingen: Reinhard Prüllage

Kunstschule Stuhr: Ute Duwensee, Monika B. Beyer This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 3.0 License.

This work is licensed under a Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 3.0 License.

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Inhalt

Grußwort Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, Lutz Stratmann | 8 Grußwort Dr. Rüdiger Kamp, Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes

der Kunstschulen Niedersachsen e.V. | 10

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“. Modellprojekt 2005 / 2006 Sabine Fett | 12

Rezept Sabine Fett | 22

Forschung, Entwicklung und Dokumentation bei „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ Carmen Mörsch | 24 Wissenschaftliche Begleitung oder der Versuch, das Unsystematische zu systematisieren Manfred Blieffert | 32 Die „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunstschule miraculum, Aurich | 34

„Kunstschule muss sich immer neu erfinden“, „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

in der Kunstschule miraculum in Aurich Carmen Mörsch und Constanze Eckert | 37 Das Werk ruft Martin Peinemann | 45

Wie „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ zu neuen Denkweisen über Partizipation anregen konnte Benjamin Pfeiffer | 49

„wasserwerken“ – eine runde Sache Ramona Seeberger | 52 Projekt „wasserwerken“: unser Kommentar Familie Musolf | 56

Kommentar zum Modellprojekt „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ Sonja Wegner | 59

Ein paar liebevolle Worte zu einer produktiven Gegenbewegung oder Trotzreaktion Nina Pohovski | 61 Leichter getan als gesagt Thorsten Streichardt | 65

Der gefühlte Durchblick Rainer Strauß | 76

Empfehlung für andere Kunstschulen / Transfer Team miraculum | 79

Die „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunstschule KunstWerk, Hannover | 80 Die Idee Kerstin Hallmann | 82

Die Umsetzung Britta Schiebenhöfer | 86

Anspruch und Realität der Computerarbeit im zeitr@um Detlef Uhte | 89 Schauplatz II – Das Regal Katrin Mohr | 93

Gesammelte Augenblicke aus dem Projekttagebuch 1: Kokeln Team KunstWerk | 100 Gesammelte Augenblicke aus dem Projekttagebuch 2: Papierschlangen Team KunstWerk | 101 Im Jugendatelier Elke Lückener | 102

Kinderateliers Anja Busse | 104

Gesammelte Augenblicke aus dem Projekttagebuch 3: Performance Team KunstWerk | 107 Zeit zum Wachsen Katrin Mohr | 108

Öffentliche Wahrnehmung Katrin Mohr | 113

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Gesammelte Augenblicke aus dem Projekttagebuch 4: Wunschpunkte Team KunstWerk | 115 Das Prinzip Regal. „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunstschule KunstWerk in Hannover

Carmen Mörsch und Constanze Eckert | 117

Das Regalprinzip: Gebrauchsanweisung Team KunstWerk | 123

Die „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunstschule Lingen | 124

„Tunnelblick“ oder: „In die Tiefe gehen“ Christel Grunewaldt-Rohde | 126 Plattform I „Engel der Geschichte“ Malte Ewert | 131

Plattform II „In die Tiefe gehen“ Margret Hemme | 135

Plattform III „Kunst mit Füßen treten“. Eine überdimensional große Filzaktion Ina Schlüter-Zech | 141 Plattform IV „Tunnel-Aus-Züge“. Sammeln – Aufbewahren Martina Niemann | 145

Plattform V „immobil – Ort für Wirklichkeitssprünge“ Eric Wagner | 151

Kunst für die Baustelle, „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunstschule Lingen Carmen Mörsch und Constanze Eckert | 154

Präsentation über die örtliche Presse Christel Grunewaldt-Rohde | 161

Die „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunstschule IKARUS, Lüneburg | 162 Raus aus dem Keller, „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunstschule IKARUS in Lüneburg

Carmen Mörsch und Constanze Eckert | 164

Nach den Regeln der Kunst. Künstlerische Kunstvermittlung in Kunstschulen Bill Masuch | 172 Mitmachen? Unbedingt! Trotz alledem! Margaretha Stumpenhusen | 181

Die (zu) schaffende Gratwanderung zwischen Steuerung und Offenheit in partizipativ angelegten künstlerischen Bildungsprojekten Gunnar Peppler | 187

Rede zur Ausstellungseröffnung „Expedition STADTraum“ Ulrich Mädge | 193

Last, Lust und Frust: das Modellprojekt aus der Sicht der ehrenamtlichen Kassenwartin Anne Linhsen | 196 Die Kooperation zwischen der Kunstschule IKARUS und dem Gymnasium Oedeme Hilke Kohfahl | 200

„Expedition STADTraum“: Film im öffentlichen Raum – „Wenn Sophie Calle das darf, dann dürfen wir das auch!“

Miriam Drebold und Christina Harms | 203

Notizen aus einem Workshop über Blicke auf TeilnehmerInnen | 206

Die „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Musik- und Kunstschule Osnabrück | 212 Auf Kunst antworten, „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Musik- und Kunstschule Osnabrück

Carmen Mörsch und Constanze Eckert | 214

„10. Mai 2005 – Document“. Gedanken zu den einzelnen Arbeiten Fritjof Mangerich, Pia-Kathrin Wörderhoff, Jewgenij Kovalev, Gundolf Meyer, Birgit Grundler, Mari Socolova, Fenna Holst, Johanna Kamp, Johanna Köster | 222

Selbstbetrachtung Renate Hansen und Monika Witte | 237

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Zu „Document“ Oliver Meyer | 244

Kunstschulen durch Modellprojekte weiterentwickeln Manfred Blieffert | 247

Rede zur Ausstellungseröffnung „10. Mai 2005 - Document“ der Musik- und Kunstschule der Stadt Osnabrück Reinhard Sliwka | 253

Arbeiten mit dem Alltag: ein Vorschlag zum Ausprobieren Renate Hansen und Monika Witte | 257 Die „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunst- und

Kreativschule, Springe | 258

Im falschen Film? „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunst- und Kreativschule in Springe Carmen Mörsch und Constanze Eckert | 260

Vorschläge für Springe Mariel Tarela mit Kindern aus Springe | 272 Im Gespräch Cornelia León-Villagrá und Felix Thalheim | 278

Vorschläge für das Gedenken an Heinrich Göbel in Springe Mariel Tarela mit Kindern aus Springe | 283 Kinder und Stadtplanung Werner Alder | 287

Unter welchen Bedingungen können ehrenamtlich organisierte Kunstschulen

zusammen mit öffentlich finanzierten Kunstschulen in einem Modellprojekt arbeiten? Ute Ketelhake | 292 Kinder und Jugendliche fördern und fordern: E.ON Avacon sponsert „Kinder gestalten ihre Stadt“ | 295 Videowerkstatt „Star Mix“ Laura van Joolen | 297

Wie schließt man ein Projekt ab? Cornelia León-Villagrá | 300

Die „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der KuSS, Kunstschule Stuhr | 304 Neue Konstellationen, „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ in der Kunstschule Stuhr (KuSS)

Carmen Mörsch und Constanze Eckert | 306

Suchbewegungen − ab wann ist etwas Kunst? Ute Duwensee, Sylvia Christina Händel, Barbara Kleinitz | 314 Was bleibt – Vom Umgang mit Kooperationen Anne Roecken-Strobach | 333

Gegenstände als Erinnerungsträger Ute Duwensee | 337

DyNAMIT! Über das Lernen von Kunstschulen Constanze Eckert | 345

Im Paradox des großen K. Zur Wirkungsgeschichte des Signifikanten Kunst in der Kunstschule Carmen Mörsch | 360

Zeitschiene des Modellprojektes „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ | 380

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung“: Pressespiegel (Auswahl) | 381 AutorInnen | 383

Danksagungen | 389

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8

Sehr geehrte Damen und Herren,

Niedersachsen unterstützt und fördert die Kunstschulen unseres Landes als wichtige Orte außerschulischer Bildungseinrichtungen. Kunstschulen führen in krea- tiven Prozessen vor allem Kinder und Jugendliche mit fachspezifischen und fächer- übergreifenden Konzepten an künstlerische und gestalterische Bereiche heran. Sie sind sozusagen die Schnittstelle von Kunst und Bildung.

Der Landesverband der Kunstschulen begleitet die Kunstschulen seit über 0 Jahren auf diesem Weg. Das Modellprojekt „Schnittstelle Kunst – Vermittlung.

Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“ war für die teilnehmenden Kunstschulen eine besondere Herausforderung. Kunstschulen gehen in ihrer Praxis von der Kunst aus. Hier nun haben zeitgenössische Künstler und Künstlerinnen Kunst als Bildungspotenzial thematisiert und wichtige Positionen der Gegenwartskunst in Kommunikation, Konzepten und Strategien sichtbar werden lassen. In diesem Sinne haben die sieben Kunstschulen im Projekt „Schnittstelle“ interessante Ansätze und Methoden der Vermittlungsarbeit entwickelt und erprobt.

Ästhetische und künstlerische Bildung, wie sie in Kunstschulen gefördert wird, ist für das Aufwachsen, die Entwicklung der Persönlichkeit und für ein erfolgreiches Lernen von unschätzbarem Wert. Anstelle einer zweiten künstlichen Wirklichkeit mit einem uneingeschränkten Medienkonsum brauchen Kinder und Jugendliche heute mehr denn je wieder eine größere Bandbreite eigener Wahrnehmungs- und Aneignungsmöglichkeiten. Unsere Kunstschulen unterstützen diesen Entwicklungs- prozess, locken das kreative Potenzial junger Menschen heraus, wecken ihre Neugierde und machen ihnen Mut, Ungewohntes zu wagen. Dort erwerben sie Qualifikationen, die für den späteren Lebensweg so wichtig sind: Kreativität, Teamgeist, Denken in Zusammenhängen, Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität und fortwährende Lernbereitschaft. Kunstschulen fördern die ganzheitliche Persönlich keitsentwicklung und gleichzeitig das individuelle Gestaltungsvermögen, welches immer mehr zur Voraussetzung für eine erfolgreiche Bewältigung des beruflichen Alltags, aber auch einer sinnvollen Freizeitgestaltung wird.

Bildung als ganzheitliche Aufgabe verstanden benötigt Partner. Der Landes- verband, aber auch jede einzelne Kunstschule sind dabei für das Land Nieder- sachsen ein wichtiger Kooperationspartner. Mit ihren innovativen Angeboten und Unterrichtsformen fördern sie gezielt die ästhetische Bildung und sind gleichzei- tig ein wichtiger Impulsgeber für die Bildungspartner. Das hat auch das Projekt

„Schnittstelle“ unter Beweis gestellt und für dieses Engagement möchte ich den verantwortlichen Akteuren herzlichen danken.

Lutz Stratmann

Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur

Grußwort

RednerInnen beim Modellprojekt „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

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Aurich – Hannover – Lingen – Lüneburg – Osnabrück – Springe – Stuhr

Sieben Kunstschulen in Niedersachsen haben sich zwei Jahre lang auf eine Reise begeben. Eine Reise auf Wegen der Kunst und mit Kunst als Fortbewegungsmittel.

Begleitet worden sind sie von Zugestiegenen, die unterschiedlich lange verweilten, von zwei Forscherinnen, die den Kunstschulen als ‚kritische Freundinnen‘ zur Seite standen, und vom Landesverband.

In diesem Buch legen die Kunstschulen nun Zeugnis ab. Sie dokumentieren ihre Erwartungen, Hoffnungen, ihre Herausforderungen, Verunsicherungen und Erfolge an der „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“.

Das Ziel der Reise war nicht ein bestimmter Ort, sondern der Weg, der von zahlreichen Begegnungen bzw. „Schnittstellen“ gesäumt war. Denn dieser Weg orientierte sich an sogenannten partizipativen Positionen der Gegenwartskunst, die den zunächst passiven Betrachter zum aktiven Mitwirken an der Entstehung des Kunst‚werks‘ einlädt. In einer so verstandenen Offenheit vermischen sich Produktion und Vermittlung. Die Schnittstellenfunktion zeitgenössischer Arbeit wird zum eigent- lichen Kunst‚werk‘. „Da eine solche Kunst nur graduell von Kunstvermittlung zu unterscheiden ist, nämlich vor allem durch die Art und Weise ihres Auftretens und ihrer Legitimität innerhalb des Kunstsystems, kann“, so schreibt Pierangelo Maset,

„letztere mit Recht als eine der Dimensionen erachtet werden, die heute in der Lage ist, die Fortsetzung von Kunst mit zu ermöglichen.“

Der Landesverband legt seit über 0 Jahren regelmäßig mehrjährige Modell- projekte auf. Er verfolgt damit das Ziel, die Kunstschulen in ihrer inhaltlichen und strukturellen Weiterentwicklung zu fördern und zu stärken. Die Tradition der Modellprojekte ist zu einem bewährten Instrument der Qualitätsentwicklung gewor- den.

Dabei ist die Teilnahme einer Kunstschule an einem Modellprojekt für diese im- mer eine besondere Herausforderung, mit der sie Neuland betritt, an der sie aber auch wächst und sich weiterentwickelt.

Deshalb gebührt mein besonderer Respekt und Dank den Verantwortlichen und Mitwirkenden in den Kunstschulen, die in dem Modellprojekt „Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“ Hervorragendes geleistet haben. Ich hoffe, dass alle Beteiligten um wertvolle Erfahrungen reicher geworden sind. Und ich wünsche den Kunstschulen, dass sie so gerüstet für weitere Reisen, zu- künftig in ihnen heute noch unbekannte Gefilde aufbrechen werden.

Danken möchte ich außerdem Frau Professorin Carmen Mörsch und Frau Constanze Eckert. Beide führten mit Kompetenz, Ernsthaftigkeit und feinem Gespür für die Unwägbarkeiten des Analysierens, Reflektierens und Erforschens die teilnehmenden Kunstschulen durch die aufreibenden Gewässer der Projekt- und Forschungspraxis.

Grußwort

Momente mit Musik beim Modellprojekt „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

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Ein herzlicher Dank gilt auch Frau Dr. Sabine Fett, die maßgeblich für Konzeption, Leitung und Organisation des Modellprojektes verantwortlich zeichnete.

Ermöglicht wurde die Durchführung des Projektes „Schnittstelle Kunst–

Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“ durch eine Förderung des Landes Niedersachsen. Meinen Dank verbinde ich mit der Hoffnung, dass die erfolg- reiche Tradition der Modellprojekte des Landesverbandes bald seine Fortführung erfahren möge.

Dr. Rüdiger Kamp

Vorstandsvorsitzender des Landesverbandes der Kunstschulen Niedersachsen e.V.

Grußwort

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Sabine Fett

Kunst und Bildung – Anlass, Genese

Es war einmal ... Das jüngste Modellprojekt des Landesverbandes der Kunstschulen Niedersachsen, mit dem Titel „Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“, das von 005 bis 00 in sieben Kunstschulen durch- geführt worden ist, hat eine Vorgeschichte. Sie beginnt bereits 00, als die niedersächsischen Kunstschulen in einem moderierten Prozess ihr Konzept über- arbeiteten, das sie seitdem „bilden mit kunst“ nennen. Ihrem Selbstverständnis nach definieren sich die Kunstschulen als Kultureinrichtungen, in denen Bildungsprozesse mit den Künsten initiiert werden. Dies geschieht in erster Linie, indem sie Auseinandersetzungen mit den Qualitäten der Künste fördern, die sich durch deren Konzepte, Methoden, Medien, Werte und Werke vermitteln.

In einem größeren Zusammenhang verorten sich Kunstschulen mit ihrer ästhetisch-künstlerischen Ausrichtung in der kulturellen Bildung, die als Teil der Allgemeinbildung einen wesentlichen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung leistet.

Um das Konzept „bilden mit kunst“ zu vertiefen, zu etablieren und gleichzeitig einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen, veranstaltete der Verband im Jahr 00 einen gleichnamigen Kongress in Hannover. Der Schwerpunkt lag dabei auf dem prozessualen Charakter der ästhetisch-künstlerischen Bildung. Im Rahmen von 5 parallelen Workshops, Plenarvorträgen und einer Podiumsdiskussion erhielten Kunstschulen, auf der Höhe aktueller Diskurse zur kulturellen Bildung, Anregungen, für die in der Folge Anlässe zu schaffen waren, mit denen die Relationen von Kunst und Bildung in der täglichen Praxis der Kunstschulen stärker in den Blick genommen werden sollten.

Exkurs: Die niedersächsischen Kunstschulen konnten zwischen 995 bis 005 im Rahmen einer jährlichen Projekt- förderung durch das Land Niedersachsen Mittel beantragen.

Das Land hatte dem Verband in dieser Zeit die Aufgabe übertragen, die Förderung inhaltlich und administrativ um- zusetzen. In den letzten Förderjahren seit 00 ging den Förderempfehlungen des Beirates ein Gutachterverfahren mit WissenschaftlerInnen des Fachbereichs Kulturwissenschaften der Universität Lüneburg voraus, mit dem unter besonderer

Konzeptpapier „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

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Berücksichtigung aktueller Kunst- und Kunstvermittlungsdiskurse die Anträge auf entsprechende inhaltliche, formale und pragmatische Kriterien hin beurteilt wurden. Das zum jeweiligen Projektantrag gehörende Gutachten wurde der antragstellenden Kunstschule mit dem Fördervotum des Beirates ausgehändigt.

Unabhängig von der Entscheidung zur Förderung dienten die Gutachten auf diese Weise den Einrichtungen zur konzeptionellen Einordnung ihrer Vorhaben.

Für den Landesverband war damit – neben den Fortbildungen, Modellprojekten, Veröffentlichungen und Veranstaltungen – auch die Projektförderung ein Instrument zur Etablierung eines für alle Kunstschulen geltenden Bildungskonzepts und zur Steuerung der Qualitätsentwicklung in den Einrichtungen.

In der Folgezeit des Kongresses wurden – wiederum in enger Zusammenarbeit mit den LeiterInnen und Leitern aus den Kunstschulen – Bedarfe, Notwendigkeiten, Inhalte und Strukturen der Einrichtungen hinterfragt und Vorstellungen für ein neues Modellvorhaben konkretisiert. Mitte 00 erfolgte die Ausschreibung zu einem neuen Modellprojekt mit dem Titel „Schnittstelle Kunst – Vermittlung.

Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“.

Das hier beschriebene beteiligungsorientierte Vorgehen zwischen Kunstschulen, Geschäftsstelle und Vorstand war immer schon – und im Besonderen bei der Erarbeitung dieses Projektes – Kennzeichen der Verbandskultur. Es wird für die transparente Kommunikation der unterschiedlichen Verbandsorgane als sinnvoll, wenn nicht sogar als erforderlich erachtet, um angesichts der institutionell sehr heterogen aufgestellten niedersächsischen Kunstschulen ein durch möglichst viele Einrichtungen getragenes Vorhaben erfolgreich durchführen zu können.

Modellprojekte zwischen Kunst – Bildung – Qualität – Innovation

Da der Landesverband seit 99 in Kooperation mit den Kunstschulen regelmäßig Modellprojekte zu aktuellen Themen durchführt, kann man gewissermaßen von ei- ner Tradition sprechen. Modellprojekte ermöglichen einer Auswahl an Kunstschulen, aktuelle Entwicklungen innerhalb von Kunst und Bildung aufzugreifen und sich mit ihnen über einen längeren Zeitraum auseinander zu setzen. Wünschenswertes Ziel dieser Auseinandersetzungen ist eine Erweiterung des Angebotsspektrums.

Zuweilen gelingt es auch, andere Kunstschulen ‚mit einem Virus zu infizieren‘, Vergleichbares zu tun bzw. zu ermutigen, sich auf Experimente einzulassen.

Dabei ist eine konstruktive Wechselwirkung zwischen Modell- bzw. Projektbereich und dem kontinuierlichen Kerngeschäft der Kunstschulen beabsichtigt. Insofern sind Modellprojekte ein entscheidendes Instrument des Landesverbandes zur Qualifizierung der Kunstschulen – in Bezug auf ihre Konzepte, ihre Methode und ihr Profil.

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“

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Auch wenn die Teilnahme an einem Modellprojekt für jede Kunstschule, unab- hängig von ihrer strukturellen Verfasstheit, immer eine Herausforderung darstellt, haben die Erfahrungen gezeigt, dass die beteiligten Kunstschulen in oben genann- tem Sinn profitieren können. Insbesondere der in der Regel mehrjährig angelegte Projekthorizont hat sich für die Nachhaltigkeit von Ergebnissen als äußerst vor- teilhaft erwiesen.

Exkurs: Neben Modellprojekten, die einen interdisziplinären Ansatz unter Einbezug von Literatur (99), Theater (99) und Musik (997/98)5 verfolgten, wurde 995, unter den Aspekten eines kunstspezifischen ästhetischen Arbeitens, das Modellprojekt „Wege zur Kunst“ ausgeschrieben und 997 bis 999 das Modellvorhaben „Ästhetisches Lernen“7 mit dem Konzept der Reggio-Pädagogik in der ästhetischen Früherziehung durchgeführt. Bereits in dem „Laboratorium Kunst“8 (997-000) war die Entwicklung neuer Konzepte und die Förderung des kontinuierlichen fachlichen Diskurses in künstlerischen und pädagogischen Fragen als eine Form der Selbstbildung von MultiplikatorInnen handlungsorientiert ange- legt gewesen. Das vorletzte, im Rahmen des BLK-Programms „Kulturelle Bildung im Medienzeitalter“ in vier Kunstschulen durchgeführte Projekt „sense&cyber“9 (000-00) widmete sich den Herausforderungen und Chancen für die ästhetisch- künstlerische Bildung durch die Hinzunahme digitaler Medien.

Grundsätzlich konstitutiv und daher unverzichtbar für die Modellprojekte ist eine begleitende Reflexion und Theoriebildung, um die „Kunstschule als Institution und Methode“ weiterzuentwickeln. Damit wird beabsichtigt, die in den Kunstschulen Tätigen darin zu unterstützen, ihre Praxis als einen Prozess ständiger Qualifizierung zu begreifen.

Auch wenn Modellprojekte ein innovativer und nachhaltiger Motor innerver- bandlicher Kommunikation und Perspektiven sind, beschränkt sich ihre Wirkung nicht nur auf das Innenverhältnis der Kunstschulen und des Verbandes. Denn durch die Besonderheit einer Teilnahme an einem Modellprojekt kann sich die jeweilige Kunstschule über das normale Maß hinaus vor Ort und überregional profilieren. Rückblickend lässt sich festhalten, dass durch die Verbindung von (eigener) Forschung und Praxis innerhalb der Modellprojekte die Kunstschulen auch in der Fähigkeit gestärkt wurden, sich als qualifizierte Partner in institutio- nellen Kultur- und Bildungszusammenhängen zu bewegen. Angesichts der ambitio- nierten Modellprojekttradition ist es den Kunstschulen in Niedersachsen gelungen, auch bundesweit zu einem Vorreiter in der Auseinandersetzung um zeitgemäße Kunstschulpraxis zu werden. Gleichermaßen hat sich das Land Niedersachsen mit den Modellprojekten des Verbandes ein bundesweites Renommee erworben, da diese Ausweis einer erfolgreichen niedersächsischen Kulturpolitik waren.

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“

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Die Präsentation von „Schnittstelle Kunst – Vermittlung.

Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“ 00 auf den interna- tionalen Veranstaltungen in Graz (Europäische Fachkonferenz

„Kulturelle Bildung in Europa. Ein Beitrag zu Partizipation, Innovation und Qualität“) und Wien (Fourth International Conference on Cultural Policy Research – iccpr), sowie 007 auf dem Bundeskongress des BDK („[Un]vorhersehbares in kunstpädagogischen Situationen. Kunst – Kultur – Bild: in Kontexten lernen“) in Dortmund waren Höhepunkte in der Außendarstellung des Modellprojektes in internationalen und nationalen Fachkreisen.

... dass ein Prophet daheim nichts gilt. Das aktuelle Modellprojekt bildet in dieser Tradition bedauerlicher Weise einen vorläufigen Abschluss. Trotz der unübersehbaren Vorteile für Kunstschulen selbst wie auch für kultur- und bildungspolitische Entwicklungen, da die Modellprojekte des Landesverbandes einen Forschungsansatz verfolgen, ist eine zukünftige Fortsetzung der mit Mitteln des Landes

Niedersachsen geförderten Modellprojekte zum jetzigen Zeitpunkt gefährdet.

Konzeption der ‚Schnittstelle‘

Um der Kunst in ihrem Namen auch gerecht zu werden, hat der Verband in den letzten 0 Jahren immer wieder Anlässe (Fortbildungen, Modellprojekte, Exkursionen) geschaffen, Kunstschulen und zeitgenössische Kunst zusammen- zubringen. Mit der Fokussierung auf die Schnittstellen zwischen Kunst und Vermittlung bildeten in dem aktuellen Modellprojekt Positionen und vor allem Strategien – nicht Materialien, Techniken, Werke – gegenwärtiger Kunst seit den 90er Jahren des 0. Jahrhunderts eine Orientierung, bei denen Vermittlung imma- nenter Bestandteil der künstlerischen Aussage ist.0 Für die Arbeit der Kunstschulen an diesen Schnittstellen waren diejenigen künstlerischen Projekte interessant, die die traditionellen Zuschreibungen in KünstlerIn, Kunstwerk, VermittlerIn, BetrachterIn durch flexible Rollen und AkteurInnen aufheben, und in denen bei- spielsweise die BetrachterInnen zu MitgestalterInnen eines Kunstwerkes werden, oder das Kunstwerk als Objekt seine Bedeutung verliert. Früher Wegbereiter dieser Richtung war Marcel Duchamp, der bereits in seinem Vortrag The Creative Act von 957 den/die BetrachterIn in ein neues Verhältnis zur Kunst setzte, indem er ihm/

ihr eine mitkonstituierende Aufgabe an der Vollendung des Kunstwerks zuschrieb.

Mit dieser Kunst, die sozusagen in einem interaktiven Prozess entsteht, an dem mehrere AkteurInnen als nur der Künstler bzw. die Künstlerin beteiligt sind, geht

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“

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der Wandel von der Kunst als einem Ergebnis eines genialischen Aktes eines/r Künstlers/in zum Prozess als künstlerische Aktion einher. Indem die zeitgenössische Kunst den ‚romantischen‘ Subjekt-(KünstlerIn) und Autonomie-(Kunst)gedanken in Frage stellt, wird sie ihrer Säkularisierung gerecht. An die Stelle bisheriger Gewissheiten treten Strukturen, die aus dem Scheitern der Repräsentation und der Infragestellung von festen Identitäten folgen und sich durch ein komplex ver- netztes und mehrdeutiges Nebeneinander auszeichnen.

Helmut Hartwig hat die Intention der Kunstvermittlung, die gleichzeitig dem Modellprojekt zu Grunde lag, treffend mit folgenden Worten beschrieben:

„Traditionell beginnt dagegen Kunstvermittlung mit der Gegebenheit von Kunst.

Wo die Vorgängigkeit der Kunst nicht gegeben ist (sein soll), nicht anerkannt wer- den soll, muß im Prozeß der Vermittlung sowohl die Kunst wie der Kunstbegriff (mit)-gebildet werden. Die VermittlerInnen übernehmen also die Verantwortung für eine Art vorgängige Nichtigkeit des Anfangs. Ein riskantes Unternehmen, denke ich. Der Anfang kann alles und nichts sein. Sozial: auch jenseits von Kunst und Wissen. Im Alltag. Bei der Not und den einfachen Gegenständen und trivialen Szenen. Bei Bedürfnissen, die fiktiv sind ...“

Wenn also die Ablösung von der KünstlerIn- und Kunstautonomie wie von einem abgeschlossenen Werkcharakter durch eine Intensivierung der Teilhabe als Handeln statt wie bisher im Sehen und Nachvollziehen erfolgt, dann bestand die Herausforderung für die am Modellprojekt teilnehmenden Kunstschulen da- rin, die mit diesem offenen Verständnis von Kunst einhergehende Unsicherheit und Unabgeschlossenheit auszuhalten. Da Kommunikation und Konzepte anderer Menschen in die Schaffung und Vermittlung von Kunst mit hineinspielen, galt es für die Kunstschulen Wege in der „Kunst mit Leuten“ zwischen Steuerung und Unvorhersehbarem zu finden.

Auch um das Konzept „bilden mit kunst“ fortzuschreiben, sollten sich die Kunstschulen in dem Modellprojekt mit den handlungsorientierten und sich im Prozessverlauf ereignenden Schnittstellen zwischen Kunst(produktion) und Bildung(sarbeit) auseinander setzen. Weniger die Kunst als Darstellungsform war maßgeblich, sondern die Kunst als Handlungsform und als eine besondere Art der Kommunikation, die im Prozess und nicht in einem Resultat sichtbar und be- wusst wird. Dieser Ausgangspunkt sollte in den Kunstschulen Fragen zum Wandel des Kunstbegriffs, des Ideen-, KünstlerIn-, Werk-, Produktions-, BetrachterIn- bzw.

NutzerIn- und Vermittlungsbegriffs anstoßen.

Wichtigstes Ziel dieses Modellprojektes war damit, ein konzeptuelles Verständnis in die Kunstschulen einzuführen, das sich aus Strategien der Gegenwartskunst ableitet. Wenn Kunst und Kunstvermittlung nicht mehr nur an den bekannten und anerkannten Orten der Kunst, wie Atelier, Museum, Galerie, Kunstschule, Kunstunterricht stattfinden und nicht mehr durch einen linearen

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“

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Verlauf von Produktion – Vermittlung – Rezeption gekennzeichnet sind, sondern sich künstlerische und pädagogische Praxis an ‚kunstlosen‘ Orten zu einer von der Kunst aus gedachten Pädagogik vermischen, welche Konsequenzen lassen sich hieraus für die zukünftige Arbeit bzw. die Institution der Kunstschulen ziehen? Den Kunstschulen sollte dieses Modellprojekt neue Anregungen für ihre methodische Praxis geben, die eine künstlerische Haltung als integralen Bestandteil zeitgenös- sischer Kunst in ihrer Entstehung und Vermittlung akzeptiert.

Auch wenn diese Konzeption des Modellprojektes nur den übergeordneten Rahmen bildete, den die Kunstschulen individuell ausgestalteten, waren für die Antragsbegründung und -bewilligung folgende Kriterien relevant:

– Kontextualität – Aktualität

– Handlungs-/Prozessorientierung und Partizipation – Experimenteller Charakter und Originalität des Konzeptes – Nachhaltigkeit

– Eltern- und Schülerarbeit

– Teilnahme an begleitenden Fortbildungen

– Bereitschaft zur Kooperation mit der Begleitforschung

– Nachgewiesene Qualifikationen der ProjekteignerInnen und DozentInnen.

Mit der Auswertung sollte ein Konzept zur weiteren Verwendbarkeit der gewonnenen Erfahrungen aus dem Modellprojekt im Praxisalltag der jeweiligen Kunstschule vorgelegt werden, das ein bis zwei zukünftige „Angebots- Modelle“ enthält. Wünschenswert waren außerdem Vorschläge, wie die Ergebnisse anderen Kunstschulen zugänglich gemacht werden können. Darüber hinaus wurde den TeilnehmerInnen empfohlen, den Projektverlauf im Hinblick auf die Auswertung und Abschlusspublikation fortlaufend zu dokumentieren (z.B.

durch Text, Interview, Bild, Film, Presse).

Die Kunstschulen legten sich mit ihrer Bewerbung zum . Oktober 00 für eine Teilnahme über die Laufzeit von zwei Jahren fest und wurden in zwei Durchgängen in einer weiteren Antragsrunde zum . April 005 für die endgültige Teilnahme ausgewählt. Die Beteiligung am Modellprojekt setzte die Konzepterstellung für die gesamte Projektdauer, die Durchführung der Projekte und deren Auswertung und Dokumentation voraus. Ein Novum war, dass den Praxisphasen eine finanzierte vierteljährliche Konzeptionsphase vorausging, um den interessierten Kunstschulen einen fundierten Einstieg und eine seriöse Vorbereitung ihrer Projekte zu ermög- lichen.

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“

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Gelegenheiten zur Kommunikation der teilnehmenden Kunstschulen, zum Austausch, zur kritischen Reflexion und für den inhaltlichem Input boten neben drei begleitenden Fortbildungen vor allem die fünf Round Tables, die von der Begleitforschung konzipiert und durchgeführt wurden. Aufgabe der wissen- schaftlichen Begleitung sollte die Forschung an der Modellprojekt-Praxis der Kunstschulen und die Dokumentation mit einer Auswertung durch eine Einordnung in den theoretischen Kontext sein. Daraufhin entwarf die wissenschaftliche Begleitung ein teambasiertes Forschungsdesign, in dem Forschung, Entwicklung und Erkenntnis miteinander verbunden waren und in dem die MitarbeiterInnen der Kunstschulen selbst in den Stand von ForscherInnen in ihren Projekten versetzt wurden. Zentrales Instrument der Teamforschung waren die Runden Tische, auf denen sich Projektpraxis und Projektentwicklung verschränkten. Diese für alle ver- bindlichen Settings trugen durch die Auseinandersetzungen über die Erfahrungen und Ergebnisse in den Projekten, durch theoretische Kontextualisierungen sowie die Erarbeitung von Forschungs- und Dokumentationsmethoden maßgeb- lich zu einem nachhaltigen Erkenntnis- und damit Qualifizierungsgewinn für die Beteiligten bei.5

Ein ursprüngliches Forschungsinteresse des Verbandes bestand darin, Einfluss, Veränderungen und Konsequenzen der Modellprojekterfahrungen auf die Institution Kunstschule in ihrer Arbeit (Struktur, Methode, MitarbeiterInnen) und Rolle (in der Öffentlichkeit, gegenüber den TeilnehmerInnen, Eltern und innerhalb der kulturellen Bildung) zu benennen sowie Entwicklungen gegenüber der bis- herigen Kunstschularbeit in Bezug auf Rollenverständnisse und Kunstbegriffe zu beschreiben. Letztendlich konzentrierten sich Kunstschulen, Begleitforschung und Verband auf die folgenden Forschungsfragen:

– Welche Dynamisierungsprozesse erzeugt das Modellprojekt in Bezug auf die Arbeit in den Kunstschulen?

– Welche dieser Prozesse werden von den AkteurInnen als produktiv und zukunftsweisend erachtet?

– Wie sind diese Prozesse zu verstetigen?

Von Anbeginn und bis zum Ende haben sich die Begleitforscherinnen Carmen Mörsch (Prof. für Materielle Kultur und ihre Vermittlung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) und Constanze Eckert (Künstlerin und Kunstvermittlerin aus Berlin) mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den folgenden Kunstschulen dem intensiven Prozess des Modellprojektes Titel „Schnittstelle Kunst – Vermittlung.

Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“ ausgesetzt:

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“

(20)

miraculum, Kunstschule und MachMitMuseum der Stadt Aurich Kunstschule KunstWerk e.V., Hannover

Kunstschule, Kunstverein Lingen e.V., Lingen Kunstschule IKARUS e.V., Lüneburg

Kunstschule der Musik- und Kunstschule der Stadt Osnabrück Kunst- und Kreativschule, Kunst im Bahnhof e.V., Springe KuSS – Kunstschule Stuhr e.V., Stuhr

Ich wollte, du und ich, wir wären auch dabei gewesen.

Anmerkungen

Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen (Hg.) (00): bilden mit kunst. Bielefeld:

transcript Verlag.

Aus diesen Mitteln wurden zum überwiegenden Teil auch die Modellprojekte des Landesverbandes finanziert.

Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen (Hg.) (99): Eindrücke – Literatur- und Druckwerkstätten in Kunstschulen. Hannover.

Sattelmacher, Bettina (99): Modellprojekt: Theater an Kunstschulen. In: i, Landesverband der Kunstschulen. , April, 8-9. Siehe außerdem zu interdisziplinären Projekten (99- 9): Landesverband der Kunstschulen (Hg.) (995): Kunstschulen verbinden. Projekte im Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen e.V. Hannover.

5 Landesverband der Kunstschulen (Hg.) (999): KlangForm. Cross-over für Kunst & Musik.

Ein Modell von Kunstschulen und Musikschulen. Hannover.

Sattelmacher, Bettina (99): Wege zur Kunst. In: Kunstschulen verbinden. , . Ferner:

Pögel, Veronika, Ulrich Schünke, Malte Ewert (99): Modellprojekt Wege zur Kunst. In:

Kunstschulen verbinden. , 0-.

7 Damson, Karin (998): Ästhetisches Lernen. Eine Standortbestimmung und Begriffsklärung.

In: Kunstschulenverbinden. , -7. Ferner: Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen (Hg.) (999): Die Grammatik der Kreativität. Hannover: LKD-Verlag.

8 Wiesner, Hartmut, Susanne Wiesner (Hg.) (998): Laboratorium Kunst. Wilhelmshaven:

Brune Druck- und Verlags-GmbH. Ferner Landesverband der Kunstschulen in Niedersachsen (Hg.) (000): Kunstschule „Die Werft“ Wilhelmshaven: Hartmut Wiesner, Susanne Wiesner:

Laboratorium Kunst. Wilhelmshaven: Brune-Mettcker Druck- und Verlagsgesellschaft 9 Lemke, Claudia, Torsten Meyer, Stephan Münte-Goussar, Karl-Josef Pazzini, Landesverband mbH.

der Kunstschulen Niedersachsen (Hg.) (00): sense&cyber. Kunst, Medien, Pädagogik.

Bielefeld: transcript Verlag.

0 Folgendes sind Auszüge aus der Ausschreibung vom . Juli 00.

Duchamp, Marcel (957): The Creative Act. In: Michel Sanouillet & Elmer Peterson (Hg.) (975): The essential writings of Marcel Duchamp. London, 8-0.

Hartwig, Helmut (00): Kunstvermittlung als. Berlin: Vortrag in der NGBK am 0. Januar 00. Vgl. http://www.kunstimkontext.udk-berlin.de/ngbk/.

Ausspruch von Carmen Mörsch auf dem . Round Table am 8. Juni 005 in Oldenburg, nach „Art with People“. Artist Newsletter Publication. Sunderland. o. J.

Maset, Pierangelo (00): Kunstpädagogik als Praxisform von Kunst?. In: Carl-Peter Buschkühle (Hg.) (00): Perspektiven künstlerischer Bildung. Köln: Salon-Verlag, 05 ff.

5 Vgl. Mörsch, Carmen (005): Kritische Freundinnen: die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts. In: Kunstschulenverbinden. , -.

Letzter Satz des Erzählers aus dem Grimm’schen Märchen „König Drosselbart“.

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“

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0 Literatur

Damson, Karin (998): Ästhetisches Lernen. Eine Standortbestimmung und Begriffsklärung. In:

Kunstschulenverbinden. .

Duchamp, Marcel (957): The Creative Act. In: Michel Sanouillet & Elmer Peterson (Hg.) (975): The essential writings of Marcel Duchamp. London.

Hartwig, Helmut (00): Kunstvermittlung als. Berlin: Vortrag in der NGBK am 0. Januar 00: http://www.kunstimkontext.udk-berlin.de/ngbk/.

Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen (Hg.) (99): Eindrücke – Literatur- und Druckwerkstätten in Kunstschulen. Hannover.

Landesverband der Kunstschulen (Hg.) (995): Kunstschulen verbinden. Projekte im Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen e.V.. Hannover.

Landesverband der Kunstschulen (Hg.) (999): KlangForm. Cross-over für Kunst & Musik. Ein Modell von Kunstschulen und Musikschulen. Hannover.

Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen (Hg.) (999): Die Grammatik der Kreativität.

Hannover: LKD-Verlag.

Landesverband der Kunstschulen in Niedersachsen (Hg.) (000): Kunstschule „Die Werft“

Wilhelmshaven: Hartmut Wiesner, Susanne Wiesner: Laboratorium Kunst. Wilhelmshaven:

Brune-Mettcker Druck- und Verlagsgesellschaft mbH.

Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen (Hg.) (00): bilden mit kunst. Bielefeld:

transcript Verlag.

Lemke, Claudia, Torsten Meyer, Stephan Münte-Goussar, Karl-Josef Pazzini, Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen (Hg.) (00): sense&cyber. Kunst, Medien, Pädagogik.

Bielefeld: transcript Verlag.

Maset, Pierangelo (00): Kunstpädagogik als Praxisform von Kunst?. In: Carl-Peter Buschkühle (Hg.) (00): Perspektiven künstlerischer Bildung. Köln: Salon-Verlag.

Mörsch, Carmen (005): Kritische Freundinnen: die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts. In: Kunstschulenverbinden. .

Pögel, Veronika, Ulrich Schünke, Malte Ewert (99): Modellprojekt Wege zur Kunst. In:

Kunstschulen verbinden. .

Sattelmacher, Bettina (99): Modellprojekt: Theater an Kunstschulen. In: i, Landesverband der Kunstschulen. , April.

Sattelmacher, Bettina (99): Wege zur Kunst. In: Kunstschulen verbinden. .

Wiesner, Hartmut, Susanne Wiesner (Hg.) (998): Laboratorium Kunst. Wilhelmshaven: Brune Druck- und Verlags-GmbH.

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit in Kunstschulen“

Begleitforschung, Situationen

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Butter

Backtriebmittel und Mehl,

fein gesiebt, damit es sich gut verteilen kann

braunen und raffinierten Zucker

Vanillezucker und eine Prise Salz

Eier und Milch

Pfeffer

Haselnüsse und Walnüsse, nicht allzu klein gehackt

Rum

Alle Zutaten mit einem Handrührgerät gut verrühren und den Teig in eine gefettete Auflaufform geben und ca. 5 Minuten bei 75 Grad backen.

Nach dem Backen in noch warmem Zustand mit fein gesiebtem Puderzucker bestreuen.

Guten Appetit!

Geld, und zwar ausreichend, um die Idee angemessen mit den Beteiligten umsetzen und die Ergebnisse vermitteln zu können.

eine Idee, die übergreifend das gesamte Modellprojekt trägt und die zukünftige Praxis der Kunstschulen antizipiert; eine Idee, die das einzelne Kunstschulprojekt leitet.

Kunstschulen, die in ihrer individuellen Struktur möglichst repräsentativ die Kunstschullandschaft abbilden.

Fachkräfte, die in den Bereichen Kunst, Kultur und Pädagogik ausgebildet sind.

TeilnehmerInnen: Große, kleine, je nach Projektkonzept der Kunstschule.

Fortbildungen, die zur Vertiefung des thematischen Zusammenhangs beitragen.

eine wissenschaftliche Begleitung, die in einem Teamforschungsprozess Forschung, Projektentwicklung und Wissensproduktion miteinander verschränkt.

einen Verband bzw. ein Projektmanagement für die Struktur und Organisation des Projektes sowie für den Zusammenhalt der Beteiligten.

Projekt- und Forschungspraxis sollten über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren angelegt sein, um eine nachhaltige Wirkung aus den Erfahrungen zu ziehen. Zusätzlich braucht es Zeit für die gemeinsame Erarbeitung einer Dokumentation.

Eine Abschlusstagung veranstalten und das Projekt zu anderen Anlässen präsentieren, um die Ergebnisse der Öffentlichkeit zu vermitteln.

Viel Spaß beim Lesen der Dokumentation!

für einen Norddeutschen Nusskuchen für ein Modellprojekt Man nehme:

Rezept

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(25)

Forschung, Entwicklung und Dokumentation bei

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

Carmen Mörsch, wissenschaftliche Begleitung von „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

Wozu dieses Buch

Die vorliegende Publikation richtet sich an verschiedene Interessengruppen.

Zum einen ist sie für die BetreiberInnen und NutzerInnen von Kunstschulen gedacht.

Die Lektüre sollte dazu provozieren, die Praxis in diesen Einrichtungen zu überdenken – insbesondere in Hinblick auf deren Verhältnis zu aktuellen Diskussionen um Kunst und Bildung. Sie sollte andererseits Lust darauf machen, im Anschluss selbst ein Experiment mit offenem Ausgang zu starten – auch wenn Geld und Zeit knapp und die vertrauten Methoden bewährt sind – und das Buch nicht nur Erfolgsgeschichten enthält. Stattdessen bietet es vielperspektivische Darstellungen von Projekten in sieben Kunstschulen an der Schnittstelle von Kunst und Vermittlung. Lernprozesse, Suchbewegungen und offene Fragen wer- den dabei nicht ausgelassen. Das Buch ist zuallererst auch für seine AutorInnen gedacht: Viele, die an „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ beteiligt waren, haben dafür geschrieben oder tauchen darin auf. Die Dokumentation der eigenen Praxis bleibt wegen notorisch knapper Ressourcen in der Kulturarbeit seit jeher auf der Strecke. Ein Modellprojekt bietet dazu vergleichsweise gute Möglichkeiten, und diese Chance haben wir genutzt.

Wir wünschen uns auch (kultur-)politische EntscheiderInnen als LeserInnen- schaft: Sie sollten sich über dieses Buch einen Eindruck verschaffen können, wel- che Voraussetzungen für eine qualitätvolle Arbeit an Kunstschulen notwendig sind, und sie sollten Lust bekommen, diese Arbeit in Zukunft weiter und besser zu fördern.

Und zu guter Letzt stellt das Buch eine Frage an die Fachöffentlichkeit, die sich mit Forschung im Feld der kulturellen Bildung befasst. Es war unser Ziel, eine Form zu finden, in der sich möglichst viele am Projekt Beteiligten artikulieren und wie- derfinden. Es war gleichzeitig unser Anspruch, Forschung zu betreiben. Das sind zwei Ansprüche, die nicht völlig unvereinbar sind, die jedoch ein Spannungsfeld generieren. Ist es uns gelungen, diese Spannung produktiv zu machen? Was bedeutet Wissenschaftlichkeit im Feld der kulturellen Bildung?

(26)

Was für ein Buch

Das Modellprojekt „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ beabsichtigte die pro- grammatische Weiterentwicklung der Jugendkunstschulen. Für die wissenschaft- liche Begleitung bedeutete dies, ihren Fokus nicht allein darauf zu legen, zu be- schreiben und zu analysieren. Darüber hinaus war sie gefordert, gemeinsam mit den Beteiligten Überlegungen für die Weiterarbeit nach dem Ende des Projektes anzu- stellen, sie bei ihren Lernprozessen zu begleiten und selbst in einen solchen einzu- treten. Korrespondierend mit auf Beteiligung angelegten Kunstprojekten, die Stoff für die inhaltliche Orientierung und die kritische Auseinandersetzung im Rahmen von „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ boten, fußte auch das Forschungsdesign im Modellprojekt auf Beteiligung – beim Herauskristallisieren von Fragestellungen, später bei der Prozessreflexion und bei der Auswertung und Dokumentation der Projekte. Forschung und Entwicklung waren dabei miteinander verschränkt.

Dementsprechend ist auch die Publikation vielstimmig angelegt. Neben den Texten der wissenschaftlichen Begleitung und der Geschäftsführung des Landesverbandes finden sich Stimmen von TeilnehmerInnen, Bürgermeistern, DozentInnen, Kunstschul- und ProjektleiterInnen. Momentaufnahmen und Interviewausschnitte stehen neben Reflexionen, Überblickstexten und Presseartikeln. Ein roter Faden zieht sich durch diese Collage: Alle sieben Projekte werden mit einer kurzen Übersicht eingeleitet. Zu jedem Teilprojekt gibt es außerdem einen Text der wis- senschaftlichen Begleitung, der auf die Beiträge der Akteure gleichsam antwortet.

Er fügt den Stimmen aus dem Projekt jeweils etwas hinzu, was sie unerwähnt lassen, verweist auf blinde Flecke und zieht ein Resümee über das, was den Kunstschulen aus dem Modellprojekt vielleicht bleibt und über das, was für sie noch zu tun bleibt.

Die Bilder, die das Buch wie ein Band durchziehen und ab und zu den Lesefluss unterbrechen, wurden zum Teil von den AkteurInnen in den Kunstschulen und zum Teil von der wissenschaftlichen Begleitung ausgewählt. Sie stehen für sich und gleichzeitig in einem assoziativem Verhältnis zur Textebene, funktionieren kommentierend und illustrierend gleichzeitig. Da in den Teilprojekten zahlreiche Videoarbeiten und Soundelemente entstanden sind, wird das Buch durch eine DVD ergänzt, die diese Ergebnisse und zusätzliche Materialien enthält.

Forschen im Team

Der Forschungsprozess im Modellprojekt orientierte sich an den seit den 970er Jahren zunehmend sich stärker etablierenden erziehungswissenschaftlichen Verfahren der Aktionsforschung und der Teamforschung. Diese unter anderem von Laurence Stenhouse an der University of East Anglia in Norwich und von

Forschung, Entwicklung und Dokumentation bei „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

(27)

Wolfgang Fichten an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg im Rahmen der Schulforschung entwickelte Methode resultiert aus zwei Einsichten: Nur eine forschende Haltung der Lehrenden kann zu einer wirksamen Anwendung erzie- hungswissenschaftlicher Erkenntnisse im Schulalltag führen, die über eine star- re Implementierung hinausgeht. Werden diese Erkenntnisse nicht gemeinsam mit den AkteurInnen erarbeitet, sondern ihnen nur als Resultate mitgeteilt, verpufft ihre Wirkung ebenso. Ein weiteres Anliegen ist es, das Machtgefüge zwischen Forschenden und Beforschten nicht zu ignorieren, sondern selbst zum Gegenstand der Untersuchung zu machen. All dies impliziert, dass alle Beteiligten Forschende und Beforschte sind. Forschung und Entwicklung sind dabei interdependent, d.h. neben einem theoriegeleiteten Erkenntnisinteresse steht das Interesse an einem gemeinsamen, gegenseitigen Qualifizierungsprozess. Die wissenschaftliche Begleitung versteht sich dabei mit Stenhouse als „kritische Freundin“ – als mode- rierend und strukturierend sowie als Impulsgeberin und Reflexionsinstanz, die ihre eigenen Analysekriterien offen legt.

Vorsicht

Eine derart partizipativ strukturierte Anlage sollte keinem naiven Emanzipations- oder Mitbestimmungsparadigma folgen. Im Gegenteil, bedeutet die Verlagerung der Kontrolle und Bewertung weg von den damit beauftragten ExpertInnen auf die Individuen, die gleichzeitig wieder die KontrolleurInnen kontrollieren, eine deutlich effektivere Form der Disziplinierung als eine schlichte Order oder das Abfragen von Ergebnissen. Michel Foucault hat zur Beschreibung dieser Verlagerung den Begriff der „Gouvernementalität“ geprägt, ein Kompositum aus „Gouvernement“

– „Regierung“ und „Mentalité“ – „Denkweise“.

Dadurch, dass neben bestimmten Leistungen – wie z.B. stabile oder wach- sende TeilnehmerInnenzahlen – zunehmend auch persönliche Einstellungen der AkteurInnen als Beleg für eine gute Praxis und somit für förderwürdig gelten – so zum Beispiel die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen oder die Fähigkeit, sich ge- genüber der immer weitergehenden Kürzung öffentlicher Mittel flexibel zu verhalten und selbst auf Sponsorensuche zu gehen, anstatt zu protestieren oder den Laden dicht zu machen – wird implizit gefordert, dass die betroffenen Subjekte nicht nur ihr Leistungsspektrum, sondern gleich auch noch und vor allem sich selbst ver- ändern. Dies bedeutet, dass die Kontrolle sich auf Bereiche erstreckt, die vorher Privatsache waren. Gleichzeitig wird sie subtiler, da die Mehrzahl der Betroffenen, die nun Beteiligte sind, den geforderten Selbstveränderungen zustimmt.

Es ist in der Teamforschung also notwendig, jeweils genau und für jede Situation kritisch zu analysieren, wie die Macht gerade verteilt ist – z.B. welche unhinter- fragten Vorannahmen die Kriterien für gute oder schlechte Praxis strukturieren,

Forschung, Entwicklung und Dokumentation bei „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

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welche Haltungen und Verhaltensweisen von wem aufgewertet bzw. diskreditiert werden und vor allem, welche Spielräume dabei jeweils bestehen. Es gilt, weniger euphorisch an ein solches Teamsetting heranzugehen als skeptisch und mit aus- reichend Selbstironie sowie in dem Bewusstsein um die Fragilität der Prozesse.

Wir hatten bei „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ das große Glück, in einem Team zu arbeiten, dass für jede Art von Zuschreibung äußerst sensibel war und den Mut hatte, auf diese hinzuweisen und sich notfalls auch offensiv zu verweigern.

Wie Constanze Eckert5 in ihrem Beitrag zeigt, sind die Kunstschulen in ih- rer eigenen Praxis und bei ihren Versuchen, diese im Rahmen der aktuellen Bildungsdebatte zu verorten, mit sehr ähnlichen Fragen konfrontiert. Möglicherweise ist die Teamforschung unter anderem wegen dieser Strukturähnlichkeit für die wissenschaftliche Begleitung in der kulturellen Bildung gut geeignet. Sie öffnet auf beiden Ebenen – der Forschungspraxis und der Vermittlungspraxis in den Einrichtungen – einen Diskussionsraum um die Frage „Wie bilden?“

Erwartungen und Werkzeuge

Im Mai 005 führten Constanze Eckert und ich eine Anfangserhebung zu den Erwartungen an die Begleitforschung in den sieben beteiligten Kunstschulen durch.

Zusammenfassend lassen sich diese wie folgt beschreiben:

. Blick von außen, konstruktive Kritik, Spiegeln bei Betriebsblindheit . Vernetzung der beteiligten Kunstschulen, Austausch über die Projekte

untereinander

. Kontextualisierung der Projekte durch theoretischen Input und andere Praxisbeispiele

. Bündelung und Veröffentlichung der Ergebnisse 5. Hilfestellung bei der Dokumentation

Diese Erwartungen wurden, wie die abschließende Auswertung des Forschungsprozesses durch das Team gezeigt hat, weitgehend erfüllt. Dies wurde möglich durch die Arbeit mit verschiedenen Werkzeugen. Das zentrale Element, sozusagen das Bindemittel, waren die Runden Tische. Es handelte sich um ins- gesamt fünf jeweils zweitägige Veranstaltungen an der Universität Oldenburg, bei denen die sieben Teilprojekte zusammenkamen. Sie dienten der Prozessbegleitung und Weiterbildung durch gegenseitige Information, Kritik und Beratung – in Bezug auf Dokumentationsweisen, Arbeitsmethoden, Problemlösungsstrategien oder der Theoretisierung der im Modellprojekt erprobten Verfahren. Auf ihnen auch wurde das Konzept für die vorliegende Publikation erarbeitet und beschlossen.

Forschung, Entwicklung und Dokumentation bei „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

(29)

8

Die wissenschaftliche Begleitung führte außerdem teilnehmende Beobachtungen und Interviews in den Kunstschulen durch, um die Schilderungen des Teams über Arbeitsbedingungen, Projektverläufe und Dynamisierungen mit der eigenen Wahrnehmung ergänzen und abgleichen zu können. Zusätzlich zeichneten eini- ge DozentInnen den Verlauf ihrer Projekte in Tagebüchern auf. Im Sinne einer Triangulation verhielt sich die begleitende theoriegeleitete Reflexion dazu interde- pendent: Eine Betrachtung des Modellprojektes vor dem Hintergrund historischer und gegenwärtiger Diskurse aus Kunsttheorie und kultureller Bildung diente zur Perspektivierung des empirischen Datenmaterials und umgekehrt.

Auch die nun anstehende Rezeption des Projektes in verschiedenen Öffentlichkeiten gehört in den Forschungsprozess hinein, da diese wiederum Daten für seine Kontextualisierung liefert. Die Publikation markiert aus dieser Perspektive nicht das Ende des Projektes, sondern seine Fortsetzung.

Die Frage

Konsequenterweise werden die Forschungsfragen in der Teamforschung aus dem Erkenntnisinteresse der Beteiligten heraus entwickelt. Die Fragen der Kunstschulen im Rahmen von „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ waren vielfältig. Sie betrafen zum einen die das Projekt strukturierenden Kunstbegriffe und Konzeptionen kultu- reller Bildung. Zum anderen richteten sie sich auf durch das Modellprojekt poten- ziell auszulösende Dynamisierungsprozesse in den Kunstschulen: Auf den Umgang mit internen Veränderungen, genauso wie auf mögliche Verschiebungen ihrer Rolle in der Außenwahrnehmung. Der Umfang unseres Auftrags zwang uns dazu, uns auf die Untersuchung einer zentralen Frage zu beschränken. Diese stimmten wir mit dem Team und der Geschäftsführung des Landesverbandes ab. Sie lautete:

Welche Dynamisierungsprozesse erzeugt das Modellprojekt in Bezug auf die Arbeit in den Kunstschulen? Welche dieser Prozesse werden von den AkteurInnen als produktiv und zukunftsweisend erachtet? Wie sind diese Prozesse zu verstetigen?

KünstlerInnen forschen mit KünstlerInnen

Constanze Eckert und ich sind beide als Künstlerinnen ausgebildet. Seit vielen Jahren sind wir in der kulturellen Bildung tätig und seit unterschiedlich langer Zeit in der Begleitforschung in diesem Feld. Aus dieser Position heraus hat- ten wir zusätzliche Erkenntnisinteressen: Wir fragten nach den unterschiedlichen Rollenverständnissen und Kunstbegriffen, welche die Arbeit in den Kunstschulen prä- gen. Mein besonderes Interesse galt außerdem deren historischem Gewordensein, während Constanze Eckert im Verlauf des Projektes immer wieder auf die Frage

Forschung, Entwicklung und Dokumentation bei „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

(30)

zurückkam, wie und auf welchen Ebenen sich in den Kunstschulen Lernprozesse ereignen und auf welche Weise man sie unterstützen kann. Zu beiden Themen finden sich Beiträge in diesem Buch. Der beständige Abgleich mit unseren eigenen Erfahrungen als freiberuflich arbeitende Künstlerinnen und Kulturarbeiterinnen war uns dabei behilflich, Zugänge zu den Situationen in den Kunstschulen und den Prozessen in den Projekten zu entwickeln. Insbesondere erleichterte der geteilte Erfahrungshorizont die Kommunikation mit den Beteiligten. Er unterstützte die Herstellung einer relativen Vertrauensbasis, die für Teamforschungsprozesse un- abdingbar ist. Doch jede Chance birgt auch eine Gefahr. Oft fiel es uns aufgrund unserer Nähe zur Lebenssituation der Teammitglieder schwer, nicht ausschließlich emphatisch auf die Projekte und Arbeitsverhältnisse zu blicken und stattdessen die für den Forschungsprozess letztendlich notwendige Distanz zu wahren. Dies war besonders dann schwierig, wenn unsere eigenen Qualitäts- oder Kunstbegriffe mit denen in einem Teilprojekt kollidierten. Hier war es sehr hilfreich, dass wir zu zweit arbeiten konnten und uns daher die Möglichkeit zu gegenseitiger Korrektur und zum Perspektivwechsel gegeben war.

Wissensproduktion oder: Beforschte sind wir uns selbst

Unabhängig davon, dass die Beteiligung der Beforschten am Forschungsprozess unausweichlich kontrollgesellschaftliche Dimensionen aufweist, mit denen man umgehen muss, ist meines Erachtens ein auf Teams bauendes Design die produk- tivste Form der wissenschaftlichen Begleitung in der kulturellen Bildung. Das auf diese Weise produzierte, geteilte Wissen ist aus mehreren Gründen einzigartig.

Gegenüber dem, was zustande kommt, wenn ForscherInnen oder PraktikerInnen jeweils unter sich bleiben, bildet es ein zusammengesetztes Drittes. Durch das Zusammen- und Gegeneinanderspiel der einzelnen Beiträge spricht sich eine Reflexion des Forschungsprozesses selbst hindurch. Dazu gehört auch das Wissen um die Tatsache, dass Erkenntnisse in intersubjektiven Prozessen entstehen – eine Tatsache, die die Teamforschung stark zu machen weiß. Alle Ergebnisse, die in dieser Publikation versammelt sind, sind zumindest anteilig aus einem Diskussionsprozess heraus entstanden. Gleichzeitig wäre es verfehlt, ein emphatisches Verhältnis zur Vielstimmigkeit zu pflegen und zu meinen, hier äußerten sich freie Individuen auf jeweils einzigartige Weise. Im Gegenteil, es ist allen Schreibweisen ihre Überformtheit durch die jeweiligen Diskurse, in denen sie positioniert sind, deut- lich anzumerken: Die DozentIn schreibt anders als die Kunstschulleitung als der Bürgermeister als die wissenschaftliche Begleitung. Manchmal erscheint es, als wären die flüssigen Austauschprozesse an den Runden Tischen in den geschrie- benen Texten zu Standpunkten geronnen. Diese Positionalitäten daraufhin zu untersuchen, wie sie den Handlungsraum Kunstschule gemeinsam herstellen, ist

Forschung, Entwicklung und Dokumentation bei „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

(31)

0

nicht Aufgabe dieses Buches gewesen – es könnte aber als Quellenmaterial für eine dementsprechende Arbeit dienen.

Julia Kristeva entwickelt in ihrem Buch Fremde sind wir uns selbst die Figur des Fremden als einen uns nicht zugänglichen, weil verdrängten, Teil, den wir auf andere projizieren. Ähnliche Übertragungsprozesse geschehen, wie die Ethnopsychoanalyse gezeigt hat, auch in der Feldforschung.7 Das Setting der Teamforschung, wenn es ernst genommen wird, lässt die ForscherInnen bei die- sen Übertragungsprozessen nicht in Ruhe an ihrem Ort der Wahrheitsproduktion sitzen. Die Beforschten blicken zurück und zwingen die ForscherInnen, sich selbst als Beforschte zu erfahren. Die Diskussionen an den Runden Tischen bildeten bei

„Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ den Schauplatz für diese Wechselwirkungen.

Immer wieder mussten wir unsere eigenen Voreingenommenheiten überprüfen und zur Debatte stellen. Eine solche Struktur basiert auf gegenseitiger Anerkennung und der Bereitschaft, konflikthafte Situationen zu gestalten anstatt sich von ihnen regieren zu lassen. Sie vermindert nicht zuletzt die Wirkmächtigkeit von Ignoranzen, von Desavouierung und von impliziten ideologischen Vorannahmen.

Alle drei tendieren zur Vereindeutigung und Verfestigung, und alle drei entfalten sich unvermeidlicherweise, wenn es um Fragen der Kunst und der Bildung geht.

Denn Kunst und Bildung sind Begriffe, die niemals feste Definitionen haben wer- den, sondern denen eine permanente Neuverhandlung mit den damit verbundenen Kämpfen um Definitionsmacht zu Grunde liegt.

Unsere Hoffnung ist in dieser Perspektive zweierlei: Zum einen, dass die hier dokumentierten Erkenntnisse für die LeserInnen in ihre Kontexte, seien es Kunstvermittlung, die kulturelle Bildung, die Forschung oder die Kulturpolitik, übersetzbar sind – totale Verfügbarkeit ist dabei ausgeschlossen und ist auch nicht unser Ziel. Zum anderen, dass die an der Produktion dieses Wissens Beteiligten etwas aus den Prozessen von „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ gewonnen ha- ben, das ihnen für eine lustvolle, mutige und unvorhersehbare Weiterentwicklung ihrer Praxis nützlich ist. Für uns selbst, die wissenschaftlichen Begleiterinnen, können wir diese Hoffnung als erfüllt betrachten. Dafür möchten wir an dieser Stelle dem Forschungsteam von „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ noch einmal herzlich danken.

Forschung, Entwicklung und Dokumentation bei „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

(32)

Anmerkungen

Zur Genese und den inhaltlichen Voraussetzungen des Modellprojektes „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“ siehe den Beitrag von Sabine Fett S. ff.

Vgl. Stenhouse, Laurence (975). An Introduction to Curriculum Research and Development.

London: Heinemann.

Vgl. Fichten, Wolfgang, Ulf Gebken, Hilbert Meyer & Alexandra Obolenski (00).

Oldenburger Teamforschung und lebenslanges Lernen. Einblicke, (), -7.

Einen erhellenden Einblick in die Konsequenzen dieser Entwicklung für den Bildungsbereich findet man in dem Beitrag Lehmann-Rommel, Roswitha (00):

Partizipation, Selbstreflexion und Rückmeldung: gouvernementale Regierungspraktiken im Feld Schulentwicklung. In: Ricken, Norbert, M. Rieger-Ladich (Hg.): Michel Foucault:

Pädagogische Lektüren. Wiesbaden: VS.

5 Siehe den Beitrag von Constanze Eckert S. 5ff.

Kristeva, Julia (999): Fremde sind wir uns selbst. Frankfurt: Suhrkamp.

7 Nadig, Maja (997): Die Dokumentation des Konstruktionsprozesses. Theorie und Praxisfragen in Ethnologie und Ethnopsychoanalyse heute. In: Gisela Völger (Hg.): Sie und er. Frauenmacht und Männerherrschaft im Kulturvergleich. Köln: Rautenstrauch-Jost Museum für Völkerkunde, 77-85.

Literatur

Fichten, Wolfgang, Ulf Gebken, Hilbert Meyer & Alexandra Obolenski (00). Oldenburger Teamforschung und lebenslanges Lernen. Einblicke, ().

Kristeva, Julia (999): Fremde sind wir uns selbst. Frankfurt: Suhrkamp.

Lehmann-Rommel, Roswitha (00): Partizipation, Selbstreflexion und Rückmeldung:

gouvernementale Regierungspraktiken im Feld Schulentwicklung. In: Ricken, Norbert, M.

Rieger-Ladich (Hg.): Michel Foucault: Pädagogische Lektüren. Wiesbaden: VS.

Nadig, Maja (997): Die Dokumentation des Konstruktionsprozesses. Theorie und Praxisfragen in Ethnologie und Ethnopsychoanalyse heute. In: Gisela Völger (Hg.): Sie und er.

Frauenmacht und Männerherrschaft im Kulturvergleich. Köln: Rautenstrauch-Jost Museum für Völkerkunde.

Stenhouse, Laurence (975). An Introduction to Curriculum Research and Development.

London: Heinemann.

Forschung, Entwicklung und Dokumentation bei „Schnittstelle Kunst – Vermittlung“

(33)

Wissenschaftliche Begleitforschung oder der Versuch, das Unsystematische zu systematisieren

Manfred Blieffert, Stellvertretender Leiter der Musik- und Kunstschule Osnabrück Kunst ist kraus, individuell und innovativ.

Künstlerische Experimente haben nicht den Anspruch, wiederholbar, logisch und allgemeingültig zu sein, so wie wir es von wissenschaftlicher Forschung er- warten.

Kunstschulen sind junge, engagierte, nicht etablierte Institutionen. Sie ken- nen keine allgemeinen Lehrpläne, wie etwa der Physik- oder Kunstunterricht in der Schule oder die öffentlichen Musikschulen. Kunstschulen leben von der Individualität der in ihnen handelnden AkteurInnen. Statt eines Curriculums gibt es in Niedersachsen das Postulat „bilden mit kunst“.

Das vom Landesverband der Kunstschulen initiierte Modellprojekt „Schnittstelle Kunst – Vermittlung. Zeitgenössische Arbeit an Kunstschulen“ war von vornherein mit einer wissenschaftlichen Begleitforschung konzipiert. Vor dem oben beschrie- benen Hintergrund eine anspruchsvolle Aufgabe.

Spielt die zeitgenössische Kunst in den Kunstschulen eine Rolle? Und wenn ja, dann welche? Lässt sich die aktuelle Kunst überhaupt in Kunstschulen bearbeiten?

Und wenn ja, dann wie?

Und schließlich: Wie lässt sich ein solches Projekt überhaupt wissenschaftlich begleiten? Welche weiteren Forschungsfragen ergeben sich?

In dieser Situation fanden sich die sieben Kunstschulen wieder. Eingestiegen in ein herausforderndes Projekt, das mit den pädagogischen Erfahrungen und dem künstlerischen Alltag der Kunstschule in Einklang gebracht werden musste – und dann die Konfrontation mit der wissenschaftlichen Begleitforschung.

Im Vordergrund standen schließlich die Fragen: Hat das Modellprojekt die Kunstschulen nachhaltig verändert? Wie ist dies geschehen? Hat sich die jeweilige Kunstschule durch das Modellprojekt stabilisiert?

Auf insgesamt sechs Round-Table-Treffen und mehreren Fortbildungen wurden gegenseitig alle Konzeptionen und Projekte vorgestellt, reflektiert und diskutiert.

Auf diese Weise entstand bei allen ProjektteilnehmerInnen ein komplexes Wissen über die verschiedenen Ansätze, sich der zeitgenössischen Kunst in Kunstschulen anzunehmen. Die Kunstschulen haben zu diesen Fragen unterschiedliche Antworten gefunden. Es ist aber das Verdienst der wissenschaftlichen Begleitforschung, systematisch die Qualitäten jedes einzelnen Projektbeitrages herausgearbeitet zu

(34)

haben, und dies im kommunikativen Kontext aller am Modellprojekt beteiligten Kunstschulen.

Alle sieben Kunstschulen mussten sich in diesem Prozess positionieren, ihre Selbstansprüche und ihre Stellung in den jeweiligen Kommunen genau analy- sieren. Im kontinuierlichen Austausch untereinander wurde so ein unschätzbarer Mehrwert an Wissen und Können geschaffen. Es ist das Verdienst der wissen- schaftlichen Begleitforschung, in den Kunstschulen ein Mehr an Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl für die eigene Arbeit entwickelt zu haben.

Ein gemeinsames Projekt ohne diese verpflichtende Reflexion und Selbstreflexion hätte diesen Mehrwert niemals bewirken können. Insofern hat die wissenschaft- liche Begleitforschung nach außen und nach innen gewirkt. Sie hat einerseits Antwort auf die Frage nach der zeitgenössischen Kunst in Kunstschulen gegeben und andererseits durch die Standortbestimmung der einzelnen Institutionen zu einer deutlichen Qualitätssteigerung der Kunstschulen beigetragen.

Wissenschaftliche Begleitforschung oder der Versuch, das Unsystematische zu systematisieren

Runde Tische, Situationen

Referenzen

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