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Zu arabisch fahJiär.
Von Mark Lidzbarski.
Das arabiscbe ^Lij gebt sicher über das Aramäische auf baby¬
lonisch pdhäru „Töpfer" zurück. Es findet sich in dem uns zu¬
gänglichen Schrifttum zuerst Kor. 55,13: „(Gott) schuf den Menschen
aus Ton gleich ^Li^i". Aber keiner der arabischen Erklärer faßt
hier jLjcväJ! im Sinne von „Töpfer" auf, obwohl dieses ganz gut 8
passen würde : „gleich dem Töpfer", sondem sie sehen darin den
Sinn „Tongeräte" oder „Krüge". Von den europäischen Gelehrten
wird angenommen, daß ^Li? aus Mißverständnis von Muhammed in
diesem Sinne gebraucht oder von seineu Erklärern so gedeutet sei,
vgl. Nöldeke, Mand. Grammatik, p. 120, n. 2; Neue Beiträge lo
zur semit. Sprachwissenschaft, p. 23, n. 1; Fraenkel, Aram.
/Fremdwörter, p. 70; Fischer, Arab. Chrestomathie, p. 96. Diese
Annahme ist nicht richtig.
Wie im Babylonischen bedeutet auch im Aramäischen N^nB,
■■ ursprünglich „Töpfer". In der PsTttä hat es nur diesen Sinn, is
Es findet sich in ihr besonders in der Verbindung J; .. o> « jjJ», Jv«»3 wjjSb- Auch da hat J; -^o» den Sinn „Töpfer", vgl. -isii -bs.
Aber sonst wird jjjjo durch die Nennung des Materials, nicht des
Herstellers, gekennzeichnet. Man sagt anr iNM, qoa "(NW, onD inm,
vgl. schon die Inschrift Nerab 2. Man sehe auch, wie z. B. in dem so
Satze b^/ ix5|oDj o/ ?oAa J^oijj |j|x) Joo) .Ja»
JV-Ä? ^/ .JoOdOy s2>/ U/ .op II. Tim. 2, 20 J;^ auf einer
Stufe mit j^cxj, j»Ji», Jm-Ä steht. In Lev. 6, 28 (21); 11, 33
hat die PSittä Jv-^Sj jjjjD, wo der Hebräer icin-'b?, Onkelos iNtt
190 Lidzbarski, Zu arabisch faffljär.
SjOm hat. wkj|2D sollte ja auch eher das Handwerkszeug des
Töpfers bezeichnen. So scheint mir die Verbindung nns "jSW zu
einer Umdeutung des Wortes ins geführt zu haben, und man faßte
es im Sinne von Ton auf Bei Jv-^J kann J ',..o> noch den
Sinn ,Töpfer' haben, allenfalls auch in iriD"''! C]cn Dan. 2,41;
J; inO> « Psittä Ps. 22, 16. Aber man sehe, wie dort ihm in
demselben Satze ND-U qcn entspricht, während der Hebräer Ps. 22,16
nur ioin hat. Bei den Verbindungen J; ^.o> « Jfcs^ ^^^'^ RabuJae ed. Overbeck, p. 183, 2f, j ',..o> « J' >i.o> Assemani, Cat. bibl.
apost. Vaticanae II, p. 344,30 ist nun, obwohl sie dem Sinne
nach Jv-wÄJ JjJsD nahe stehen, die Auffassung von J', ..o> als Töpfer
nicht mehr möglich. Und auch allein findet sich nnp im Sinne
von verarbeitetem Ton und zwar in den verschiedenen aramäischen
Dialekten. In den Targumen steht es in der Bedeutung von Ton,
Scherbe: snn2 iTib-S Jes. 45, 9; ino Ps. 22, 16; Hiob 2,8, wo
der Hebräer ii;nn hat. Die Psittä hat Ps. 22, 16 J',..oi « Js^, Jes.
45, 9 und Hiob 2, 8 nur \S)^. '
Im rechten Ginza, p. 181, 23 heißt es: N'ttNT NrNWia': ']'':Nn
NmiOT SCElUn NONnSn N^INUbl a-0t«3 NttSWn N-NnNEl NilNWb
p'ONM ,Jene Seelen gleichen Gef&ßen von Ton , der Schwärze an¬
nimmt, und Gefäßen von Kupfer, das Schmutz und Rost hervor¬
bringt'. Hier wird bei der Verbindung NinET deutlich Nnnc
als Ton aufgefaßt.
Für das Syrische vgl. Euseb's Theophanie ed. Lee I, cap. 75,
zweite Seite, Z. 7 v. u., wo vom menschlichen Körper gesagt wird,
er sei J-, .-0> )Oj33 Lo^op »wie irgend ein Tongerät'. Von Johannes
dem Barmherzigen von Alexandrien , einem älteren Zeitgenossen
Muhammed's, führt sein Biograph Leontios von Neapolis die Worte
an: rl yaQ Kal etfit 6 raneivos; ov^l anb nrjlov inXaG9-r}v, od-ev
iarlv xal ri nkCv&og;^) der syrische Übersetzer^) schreibt für den
zweiten Satz: J;>>3 ''^O.^^b^l fc\:a^<' Jj-«^ ^ joO) JJ. Er
gibt nXlv&og frei durch ]\n-^ statt durch j ^S^ wieder. Die Worte
stehen dadurch der koränischen Sure nahe. Trotzdem ist nicht an¬
zunehmen , daß der Übersetzer durch den Koran beeinfiußt war.
1) Vgl. H. Geizer, Leontios' von Neapolis Leben des Heiligen Johannes des Barmherzigen (Sammlung ausgew. kircheu- und dogmengeschichtlicher Quellenschriften V), Freiburg 1913, p. 79,4.
2) Bedjan's Acta Martyrum IV, p. 382, 11.
Lidzbarski, Zu arabisch fah^r. 191
Ihm schwebte eher i"gend eine Stelle bei einem syrischen Schrift¬
steller vor, die freilich indirekt auch auf Muhammed eingewirkt
haben kann.
In der Glosse zu der angeführten Stelle II. Tim. 2, 20 in
Hoffmann's Opuscula Nestortana, p. 160 unt. wird J',n,o> im 6
Sinne von Ton aufgefaßt. Nach Bar Ali bei Payne-Smith 3085
ist J ', ."■& ein in der Sonne getrocknetes, ^^'^ Feuer ge¬
branntes Tongerät. Spätere Syrer wollen J ', .-0> in und Jv>»3
trennen. Dieses soll bald den Töpfer, bald die Töpferei bezeichnen,
vgl. Payne-Smith, a. a. 0. Die Sonderung seheint mir ebenso künst- lo
lich zu sein, wie die Schreibung -ins Ninf für „Ton, Scherbe' in
den vokalisierten Targumdrucken.
Im Neusyrischen findet sich für „Tongerät' J;''.o> , vgl. Nöldeke,
Neusyr. Grammatik, p. 98, 4. Wir haben hier denselben Laut¬
wandel wie bei ins Dan. 2, 41. 15
Man spricht im Leben öfter von Töpfen als vom Töpfer, so
drängte denn im Syrischen die jüngere Bedeutung die ältere zurück,
und man bildete für „Töpfer' ein neues Wort, das von •, '.o^ ab¬
geleitete j"^«5>. In der PSittä findet sich dieses Wort noch nicht,
jedoch in den jüngeren Versionen, vgl. Payne-Smith, a. a. 0. Selbst- *o
verständlich war das neue Wort im Munde des Volkes seit langem
in Gebrauch , als es in die Schriftsprache Aufnahme fand , in der
die ältere Form durch den Gebrauch in der Psittä festgehalten
wurde. Die Sprache der jetzigen Nestorianer scheint das Wort
nicht zu haben. Die neusyrische Bibelübersetzung von ürmia hat 25
für „Töpfer' das türkische ^/qo.
' Ji '
Der Wandel in der Bedeutung von NirtE hat danach langß
vor Muhammed stattgefunden. Es ist sogar möglich, daß als das
Wort zu den Arabern gelangte, es bei den Aramäern in der Volks¬
sprache und in der Sprache derer, die nicht durch die ältere Schrift- so
Sprache beeinflußt waren, nicht mehr im Sinne „Töpfer" gebraucht
wurde. Die Araber haben von den Aramäern nicht Ton, sondern
Tongeräte bezogen, daher hat^i.^ bei ihnen vorwiegend diesen Sinn.
Es liegt kein Anlaß vor zur Annahme, daß der Gebrauch des Wortes
bei den Arabern in dieser Bedeutung nur durch die Koranstelle S5
hervorgerufen sei. Im Sinne „Töpfer' findet es sich, soweit ich
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192 Lidzbarski, Zu arabisch falAär.
sehe , bei ihnen nicht. Das Vorkommen in der arabischen Bibel¬
übersetzung (vgl. Nöldeke, Neue Beiträge, a. a. 0.) ist vereinzelt und durch die PSittä beeinflußt. Jes. 29, 16; Jer. 18, 2 0^.; 19,1, 11
steht das der gesprochenen Sprache entnommene ^^^^[i. Jes. 45, 9
6 hat Thr. 4, 2 J,l^s»L9. Das arabische ^L^^ unterscheidet sich
in der Bedeutung nur insofern vom Gebrauche im Aramäischen als
es kollektivischen Sinn hat. Es scheint besonders Gegenstände aus
gebranntem Ton zu bezeichnen, vgl. Taliari, Tafsir, erster Druck,
Bd. XXVII, p. 66, 1 und Misbah, s. v. Das einzelne Tongerät, der
10 Krug, wird ä^Li? genannt, vgl. den Hadith im Lisän VI, p. 355 unt.
Aber natürlich ist = (vgl. Gharib el-qorän, Kairo 1324,
p. 380 unt.) kein eigentlicher Plural davon {Muhassas X, p. 60 1. u. ; Lisän, a. a. 0.).
Für „Töpfer' sind verschiedene Neubildungen in Gebrauch,
15 siehe oben und Dozy, SupplSment II, p. 244 f. i^jJ^ entspricht
j^'tLS)- In J.y>Ls ist wohl ^Lii zusammengezogen. Ich
möchte aus dieser Form nicht den Schluß zieben, daß die Schrei¬
bungen j ;..o> , Nins (s. oben) zu Recht bestehen. Sie können auch
durch das arabische Wort beeinflußt sein.
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Futuwwa und Mal ama.
Von Bicliard Hartmann.
Bereits dem stets bewundernswert gründlicben Kenntnisreicb-
tum von Quatremfere (Histoire des Sultans Mamlouks par Makrizi,
I, 1, S. 58) und der immer wieder Staunen abnötigenden Vielseitig¬
keit und Arbeitskraft Jos. v. Hammer's (Journ. As., 4. ser. XIII
und 5. ser. VI) danken wir Hinweise auf den aristokratiscben 5
Futuwwa-Verband, der besonders unter den Auspizien des 'abbäsi-
discben Cbalifen an-Näsir (575—622 = 1180—1225) eine Nach¬
blüte erlebte. Mit Recht hat v. Hammer nachdrücklich auf die
Bedeutung hingewiesen , die dieser Einrichtung im Hinblick auf
das Verständnis des christlichen Rittertums zukommt. Wenn man lo
auch der Auffassung, daß das Rittertum in seinen wichtigsten Zügen
unter dem Einfluß des Morgenlandes entstanden sei, vorerst mit
Zurückhaltung gegenüberstehen muß, so verdienen die Berührungs¬
punkte zwischen den Erscheinungen des abend- und des morgen¬
ländischen Kulturlebens doch auch gerade in dieser Hinsicht ernste is
Beachtung. Seit v. Hammers Zeit sind wohl mancherlei Einzel¬
beiträge zur Kenntnis des morgenländischen Rittertums, wenn man
einmal diesen Namen gebrauchen darf, geliefert worden. Eine gründ¬
liche üntersuchung steht aber m. W. noch aus. Zweifellos läßt
sich noch viel Material zusammentragen. Hier sei nur nebenbei 20
an das Formular eines Futuwwa-Taklid erinnert, das sich bei §ihäb
ed-Din 'Abu 't-Tanä Mahmüd (f 725 = 1325), Husn at-Tawassul
(Cairo 1298), S. 11*4 ö'. findet. Übrigens werden wir nähere Kunde
vom Zeremoniell des morgenländischen Rittertums von J. v. Kara¬
bacek zu erwarten haben, vgl. Sb. W. A. 157, 1, S. 24. 25
In eine ganz andere, ebenfalls vom Gesichtspunkt der Futuwwa
beherrschte Welt, als die der aristokratischen Fitjän vom Schlage
an-Näsir's und seiner Kreise hat uns die Arbeit des uns vorzeitig durch den Krieg entrissenen Herm. Thorning, Beiträge zur Kenntnis des isla¬
mischen Vereinswesens (Türkische Bibliothek, Bd. 16) zum ersten s'
Mal eingeführt. Wir lernen hier die Futuwwa als leitendes Prinzip
der Handwerkerzünfte kennen. Der aristokratische Charakter fehlt
hier also. Thorning, der an der Hand der Zunftliteratur, deren
Zeitichrift der D.M.G. Bd. 72 (1918). 13