Ergänzungen
zum talmudisch-aramäischen Wörterbuch
Von Leo Peijs, Münclien
I Das beim Studium von Talmud und Midrasch am häufigsten konsul-
' tierte Wörterbuch ist zweifellos dasjenige von J. Lew^, und zwar mit
Recht, denn in keinem anderen werden die schwierigen Wörter so aus¬
führlich mit dem Kontext zitiert, übersetzt und erklärt. Wenn nun einer¬
seits der Vorzug des LEvy'schen Wb. in seiner Gründlichkeit und
Ausführlichkeit besteht, so war andrerseits absolute Vollständig¬
keit, also Erfassung sämtlicher Wörter und Wortbedeutungen der tal¬
mudischen Literatur (Talmud und Midrasch) von vornherein schon des¬
halb nicht zu erwarten, weil Levy auf lexikographischem Gebiet nur
recht lückenhafte Vorarbeiten zur Verfügung standen*. So ist es nicht
weiter verwunderlich, daß sich uns im Laufe jahrelanger Benutzung des
Levy eine stattliche Liste von Wörtern und Wortbedeutungen ergeben
hat, die in diesem Wb. nicht verzeichnet sind. Nur von solchen soll in
diesem Aufsatz die Rede sein, also nicht etwa von Ergänzungen und
Beiträgen zur Etymologie der Wörter. Auch beschränkt sich unsere
Aufstellung, wie ja der Titel besagt, auf aram. Ergänzungen, während
die Ergänzungen zum talmudisch-hebr. Wb. in einem besonderen Auf¬
satz folgen sollen.
Bei der Ausarbeitung unserer Notizen für die Publikation wurden zu
jedem Wort auch die nach Lew erschienenen Talmud-Wbb. verglichen,
nämlich A. Kohut (mit den Ergänzungen von Keauss), M. Jasteow
und G. Dalman*. Alle diese Wbb. sind vom Werk Levys stark ab-
1 Die vollständigen Titel der in unserer Arbeit nur mit Verfassernamen zitierten Werke findet sich am Schluß dieser Einleitung.
2 Hierzu Levy im Vorwort zu seinem Wb., S. VII: „Ein flüchtiger Blick
in die bereits vorhandenen, mehr oder minder wichtigen, lexikographischen Arbeiten, die in älterer und neuerer Zeit auf dem Glebiet der rabbinisehen Literatur geliefert ^vurden, genügt, um einzusehen, daß selbst in den, keines¬
wegs zu unterschätzenden Werken hervorragender Autoren eine große
Lückenhaftigkeit vorhanden sei." Von seinen Vorgängern nennt Levy den
Aruch des R. Nathan (Anfang des 12. Jahrh.); das Lexicon Chaldaicum,
talmudicum et rabbinicum von J. Buxtorf (Anfang des 17. Jahrh.); Supple¬
mente zum Aruch von B. Musafja, und Kether Kehuna (blos bis zum Buchst.
Jod) von David Kohen de Lara (beide Mitte des 17. Jahrb.); Erech Miliin
(nur Buchstabe Alef) von S. L. Rapoport und Beiträge zur Sprach- und
Altertumsforschung von M. Sachs (beide Mitte des 19. Jahrb.).
^ Wo in unseren Ausführungen von ,,Wbb." schlechthin die Rede ist, sind
Levy und die soeben genannten gemeint.
Ergänzungen zum tahnudisch-aramäischen Wörterbuch 267
hängig, jedoch hat Jastrow (obwohl auch seine Abhängigkeit von
Levy gleich in den ersten Rezensionen festgestellt wurde, vgl. Samuel
ELrauss, MGWJ 99, 1895, S. 385) selbständig Material zutage gefördert,
was sich in unserem Fall dadurch zeigte, daß wir folgende von uns
notierten Ergänzungen zu Levy bei Jastrow bereits ,, vorweggenom¬
men" fanden: •'t3''!PB PI. von Sü"'E'D : nicht nur „kleine Münzen", sondern
auch: „kleine (münzengroße) Flecken" (Gittin 67b Z. 11 v. u.); xmiam
(andere Lesart Kma^m): , .Erbarmen" (Baba hatra 16a Z. 25); •'is II
Pael: ,, verbrennen" (Baba hatra 24b letzte Z.)^. Im Wb. von Kohut
fanden wir keine unserer Ergänzungen ; ebensowenig bei Dalman, was ja
nach der ganzen Anlage dieses knappen, im Wortbestand ganz auf Levy
beruhenden Handwörterbuches von vornherein nicht zu erwarten war.
Beiträge und Berichtigungen zu den Wbb. finden sich in Zeitschriften
und Sammelbänden verstreut. Es handelt sich jedoch naturgemäß meist
um Anmerkungen zum gebotenen Wortschatz, nicht um neue Wörter
und Wortbedeutungen. Wir konnten u.a. einsehen: Felix Perles,
Nachlese zum neuhehr, und aram. Wörterbuch, in der Festschrift für Adolf
Schwarz, Berlin/Wien 1917, S. 293—310; Louis Ginzberg, Beiträge
zur Lexikographie des Aramäischen, ibid. S. 329—360; Ismar Elbogen,
Bemerkungen Ignaz Goldzihers zu Levys Neuhebr. Wörterbuch, MGWJ
78 (1934), S.34— 41.
Als Anhang zur 2. Aufl. des Wb. von Levy (1924) und auch als Son¬
derdruck erschienen Lazarus Goldschmidts „Nachträge" (s. unser
Abkürzungsverzeichnis s.v. Levy Wb.). Es ist merkwürdig, daß Gold¬
schmidt in seinem Vorwort zur 2. Aufl. des Levy (S. IX, Anm. 2)
Dalman und Kohut als Absehreiber Levys bezeichnet, seine eigenen
„Nachträge" aber zum größten Teil keine sind, sich vielmehr bereits bei
Jastrow finden (der damals bereits seit über 20 Jahren erschienen war!),
soweit sie nicht schon gar im Levy selbst stehen und nur von Gold¬
schmidt übersehen worden sind. Hier einige Beispiele hierfür, bis zum
Buchstaben n (wir wählten nur aram. Beispiele, außer einigen hebr., die
als solche gekennzeichnet sind) :
Goldschmidt zu I, S. 565 ma« = Jastrow S. 1, Sp. 2, Z. 2 v. u.
Goldschmidt zu ibid. xmax = Jastrow S. 3, Sp. 2, Z. 4
' Es ist gewiß kein Zufall, daß Jastrow in allen drei Fällen keine andere
als die auch von uns notierte Belegstelle (nämlich die oben in Klammem
hinzugefügte) angibt, und also wohl keine andere gefunden hat ; es scheint
sich eben um Hapaxlegomena zu handeln. Übrigens hat Dalman keines der
drei Wörter in seine verbesserte 2. Auflage aufgenommen, für die ihm ja
Jastrow zur Verfügung stand (nach seiner eigenen Angabe zu Beginn des
Vorwortes zur 2. Aufl.).
m Leo Paus
Goldschmidt zu ibid. smSK = Levy I, S. 19, Sp. 1, Z. 3 v. u.ü
Goldschmidt zu ibid. I, S. 566 (hebr.) = Jasteow S. 13, Sp. 2,
Z. 21
Goldschmidt zu ibid. "tdm (hebr.-aram.) = Jasteow S. 63, Sp. 1, Z. 15
V. u.
Goldschmidt zu ibid. I, S. 567 iöd« = Jasteow S. 64, Sp. 1, Z. 15
Goldschmidt zu ibid. sirjK = Jasteow S. 902, Sp. 2, Z. 31
Goldsohmidt zu ibid. oiS (hebr.) = Jasteow S. 86, Sp. 1, S. 28
Goldschmidt zu ibid. irnON = Jasteow S. 98, Sp. 2, Z. 25
Goldschmidt zu ibid. nox = Jasteow S. 108, Sp. 1, Z. 3
Goldschmidt zu ibid. spiBX = Levy I, S. 147, Sp. 2, Z. 9!!
Goldschmidt zu I, S. 568 xpnVim snpN = Jasteow S. 113, Sp. 1,
Z. 8 V. u.
Goldschmidt zu ibid. xrinx = Jasteow S. 121, Sp. 1, Z. 5
Goldschmidt zu I, S. 569 «-"öDT Km^a = Jasteow S. 167, Sp. 1,
Z.9
Goldschmidt zu I, S. 570 K»"t5 na = Levy II, S. 156, Sp. 1,
Z.26!!
Goldschmidt zu ibid. xnna = Jasteow S. 191, Sp. 2, Z. 1
Goldschmidt zu I, S. 571 niti = Jasteow S. 265, Sp. 2, Z. 21
Goldschmidt zu ibid. «Van (zu Sota 10a) = Jasteow S. 282, Sp. 2,
Z. 10
Goldschmidt zu ibid. snnm = Jasteow S. 312, Sp. 2, Z. 19
Goldschmidt zu ibid. xmn = Jasteow S. 335, Sp. 1, Z. 1 v. u.
Goldschmidt zu I, S. 572 xsin = Jasteow S. 340, Sp. 1, Z. 9 v. u.
Goldschmidt zu ibid. «■'jD-in = Jasteow S. 368, Sp. 2, Z. 24
Was an ,, Nachträgen" noch übrigbleibt, sind hauptsächlich etymolo¬
gische Anmerkungen. Daß diese meist nicht stichhaltig sind, hat bereits
Felix Peeles in seiner Rezension der ,, Nachträge", OLZ 28 (1925) S.
318—321 nachgewiesen!.
Unsere obige Liste zeigt, wie schwer es ist, selbst für einen Mann wie
Goldschmidt, der den ganzen Talmud ins Deutsche übertragen hat,
über Levy und Jasteow hinaus etwas Wesentliches zum aram. Wörter¬
buch beizutragen.
In neuester Zeit hat vor allem Saul Liebebmann auf dem Gebiet
der talmudischen (hebr. sowohl als aram.) Lexikographie gearbeitet.
Seine in zahlreichen (mir z.T. nicht zugänglich gewesenen) PubU-
kationen verstreuten Anmerkungen verdienen es, gesondert publiziert
^ Vgl. übrigens ibid. S. 319 Fn. 1, die Zurückweisung der Vorwürfe Gold¬
schmidts gegen Kohut und Dalman.
Ergänzungen zum talmudisch-aramäischen Wörterbuch 269
zu werden^. Verdienstvoll wäre es auch, die modernen wissenschaftlichen
Midrasch-Editionen mit ihren zahlreichen Lesearten systematisch auf
neues lexikographisches Material hin zu untersuchen.
Unsere folgenden ,, Ergänzungen", in alphabetischer Reihenfolge an¬
geordnet, seien nur als bescheidener Beitrag und als Anregung zur Fort¬
setzung gewertet, schon deshalb, weil sie bei weitem nicht auf der Lek¬
türe des ganzen talmudiscben Materials basieren.
Abkürzungen :
a) Wörterbücher (nach der Roihenfolge des Erscheinens) :
Levy Targ. Wb. == Jacob Levy, Chaldäisches Wörterbuch über die Targumim,
Bd. I u. II, Leipz. 1867 f. (Photomeoharuscher Neudruck Köln 1959).
Levy Wb. = Id., Neuhebräisches und chaldäisches Wörterbuch über die
Talmudim und Midraschim, Bd. I — IV, Leipz. 1876—1889. Eine (unver¬
änderte) 2. Aufl. erschien Borl./Wien 1924, mit Anliang: Nachträge und
Berichtigungen von Lazarus Goldschmidt. (Photomechanischer Neu¬
druck: Darmst. 1963).
Kohut = Aruch ha-schalem, Aruch completum, auctore Nathane filio Jechielis,
ed. Alexander Kohut, Wien 1878—1892. Herangezogen wurde auch:
Samuel Krauss, Tosefet he-aruch ha-schalem, Additamenta ad librum
Aruch completum Alexandri Kohut, N.Y. 1955.
Jastkow = Marcus Jastrow, A Dictionary of the Targumim, the Talmud
Babli and Yerushalmi and the Midrashic Literature, Lond./N.Y. 1886—
1903. (Verkleinerter anastatischer Neudruck N.Y./Berl. 1926).
Krauss, Lehnwörter = Samuel Krauss, Oriechisclte und lateinische Lelm¬
wörter in Talmud, Midrasch u. Targum, 2 Bdd., Berl. 1898f.
Dalman = Gustav Dalman, Aramäisch-neuhebräisches Handwörterbuch zu
Targum, Talmud u. Midrasch, Fr. a.M. 1901. 2. verbesserte u. vermehrte
Aufl. Fr. a.M. 1922. (Wir benützten die 2. Aufl.).
Gesenius = Wilhelm Gesenius, Wörterbuch zum Alten Testament, 17. Aufl.,
bearbeitet von Frants Buhl, Leipz. 1915. (Unveränd. Neudruck Berl./
Gött./Heid. 1962).
Köhleb-Baumoartner = Ludwig Köhler u. Walter Baumgartner,
Wörterbuch zum Alten Testament, Leid. 1953.
b) Talmudübersetzungen:
Goldschmidt = Der Babylonische Talmud, übersetzt durch Lazarus Gold¬
schmidt, Berl. 1929—1936.
Soncino-XTbersetzung = The Babylonian Talmud, translated under the
editorship of Isidor Epstein, The Soncino Press, Lond. 1935—1948.
In seiner Würdigung der linguistischen Leistungen Liebermanns in
„Haarez" vom 11. 5. 62, S. 10 und 13, bemerkt Yecheskbel Kutscher:
„Nach, vorsichtiger Schätzung beläuft sich die Zahl der Wörter, über die
Liebermann in seinen verschiedenen Werken vom linguistischen Stand¬
punkt aus gehandelt hat, auf 2500—3000. 'Vom linguistischen Standpunkt'
will heißen : er klärte die grammatikalische Forrn eines Wortes, erklärte ein
Wort anders als bisher, warf neues Licht auf eine alte Erklärung u. dgl.
LiEBEBMANNs linguistische Beiträge erstrecken sich somit auf fast ein Zehntel
des mischnisch-talmudischen Wortbestandes." (Von uns aus dem Hebr.
übersetzt.) 18 ZDMG II7/2
270 Leo Prijs
c) Zeitschriften:
MGWJ = Monatsschrift für Geschichte u. Wissenschaft des Judentums.
OLZ = Orientalistische Literaturzeitung.
KDrfD12?1N = Herberge.
XrSttnX bedeutet sowohl Herberge als (in übertragenem Sinn, =
SrB2?1il Vva) Gastwirt, also sowohl hospitium als hospes, wie auch die
Wbb. richtig angeben. Für die verlängerte Form JOlTDtTIK gibt Levy
(I S. 180) und danach Jastrow (S. 36) nur die Bedeutung ,, Gastwirt"
an, nicht aber ,, Herberge". Vgl. aber Kidduschin 76b Z. 14 v.u.:
n-'SiTBnxa pana sans nirm ]Xa ,,wer einen Gelehrten in seiner
Herberge wohnen läßt". In den Wbb. ist also die Bedeutung , .Her¬
berge" nachzutragen.
13''S = wenn.
Levy (I S. 63) s. v. id'K gibt als Bedeutung nur an: ,,Wenn doch!
Wenn nur!" Diese Übersetzung macht nicht deutlich (ebensowenig wie
Jastrows entsprechende Übersetzung S. 48 s. v. ^yH: "If now; oh
that"), daß diese Konjunktion zwei getrennte Bedeutungen hat: 1)
optative: wenn doch, utinam; 2) konditionale: wenn. Aus den Bei¬
spielen Levys geht nun allerdings die konditionale Bedeutung hervor,
jedoch nur in ihrer irrealen Abwandlung: Baba mezia 75b ID""« snirn
SnV''a sn laV nax X"? Xa^air „wenn ich jetzt gestorben wäre, hätte ich
euch dies jetzt nicht sagen können". Der Redende ist tatsächlich nicht
gestorben. (Jastrow hat einfach von den 4 Belegen Levys 2 über¬
nommen, bietet also nichts Neues). Die Konjunktion hat aber auch ge¬
wöhnliche konditionale Bedeutung, mindestens an folgender Stelle:
Chullin 95 b z. 17: ma "'la'? smcN WBD Nnwn ND''« mV nax
,,er (Rab) sagte zu ihnen (den unaufmerksamen Köchen): Wenn (ihr
immer so schlecht wie) jetzt (aufpaßt), gebt ihr den Kindern meiner
Tochter Verbotenes zu essen".
Zu ID'N im allgemeinen wäre noch zu bemerken, daß das dieser Kon¬
junktion (in der Optativen wie in der konditionalen Bedeutung) beige¬
fügte Adverb urWTt manchmal nur einen Pleonasmus darstellt, manch¬
mal aber wörtlich aufzufassen ist (SDlPn = jetzt), wie das deutsche
,,nun", das ebenfalls sowohl verstärkende als temporale Bedeutung haben
kann.
Der Vollständigkeit halber sei noch angefügt, daß Dalman, Levy und
Jastrow folgend, und zwar noch eindeutiger als diese, nur die optative
Bedeutung vom ID'X angibt: ,,0h daß doch, oh wenn doch!" — Die
Vokahsierung ist in allen drei genannten Wbb. die gleiche: WS (d.i.
ISN); die etymologische Ableitung ist in jedem der drei eine andere:
Levy: ,, Wahrscheinlich griech. eixe" (hingegen Fleischer in den
Ergänzungen zum talmudisoh-aramäischen Wörterbuch 271
Nachträgen zu Levy, I, S. 280: ,, Zusammengesetzt aus ]''N wenn, und
einem dem ns, p usw. verwandten Deuteworte 13"); Jastrow: ,,=
nb""»«"; Dalman: ,,= Hin? X'^". Vgl. ferner L. Ginzberg in Krauss,
Tosefet (s.o. Abkürzungsverzeichnis s.v. Kohut), S. 423 s.v. 13''N.
yt5'''?13 = Ratsherr (hebr./aram. Fremdwort aus dem Griech.)
Ruth rabba Par. 1, Nr.4 gegen Ende: nnas ^"ilV n^ntJ? ]"'t5'''?13'?
,,(dies ist vergleichbar) einem Ratsherrn, der im Land weilte". Levy
Wb. I S. 199: „OÜiabia, OtsnVin OtsrVu, gr. ßouXeuTT)!; Senator, Rats¬
herr, Rat". Unsere Form wird bei Levy als Plural-Form ange¬
geben, mit Belegen. An unserer (von Levy nicht herangezogenen)
Stelle erscheint aber ]''ü"''?ia als Singular. Daß unsere Lesart korrekt ist
und pB'''713 auch als Singular-Form gebraucht wurde, beweist indirekt
Levy- selbst, ibid. Z. 4 v.u., wo er in einer Echa rabba-Stelle Nia'SV
fOVVia konjiziert zu DüvVl3 UnayxV (,,zu einem Ratsherrn gemacht
zu werden"). In Wirklichkeit braucht l^'BT'Via nicht konjiziert zu wer¬
den, — es ist eben, wie unser ]'t3'''?13, eine der in Umlauf gewesenen
Singular-Formen. Unbestritten bleibt, daß in den meisten Fällen, in
denen das Wort mit der w-Endung vorkommt, der Plural gemeint ist:
,, Ratsherren".
Auch Krauss, Lehnwörter u. Jastrow verzeichnen pts'''7ia nur als
Plural, nicht aber als Singular.
ina = nach dem Tode von.
Zur Präpos. "ina (,,nachl") ist in den Wbb. (Levy, Kohut, Jastrow,
Dalman) die spezielle Bedeutung „nach dem Tode von" nachzutragen.
Aus Wendungen wie "]inaT ]Ha ,, derjenige, der nach dir kommt" =
,,dein Nachfolger" (so Aboda sara 10b, bei Levy zitiert und von Jastrow
übernommen) — geht diese spezielle Bedeutung nicht deutlich hervor,
da hier die gewöhnliche Übersetzung ,,nach" durchaus genügt, so daß
auf Grund nur dieser Stelle nicht von einem besonderen Terminus für
„nach dem Tode von" gesprochen werden könnte. Es gibt aber minde¬
stens noch eine deutlichere Stelle, die die Wbb. nicht anführen, nämlich
Baba mezia 19b Z. 38: max ma. Dies würde man, ohne Kenntnis des
Kontextes, übersetzen: ,,nach seinem Vater" (örtlich oder zeitlich); der
Zusammenhang lehrt aber, daß gemeint ist: ,,nach dem Tode seines
Vaters", nna erweist sich hier also deutlich als Terminus für ,,nach dem
Tode von".
Es sei noch angeführt, daß im Alt. Test, die hebr. Präpos. inx ('ins)
„nach" die gleiche spezifische Bedeutung haben kann. Gesenius macht
nicht darauf aufmerksam, hingegen Köhler-Baumgartner, durch
19»
272 Leo Pbijs
den Hinweis: „VinS = nach seinem Tod: Hiob 21, 21". Beweiskräftiger
als die Präpos. mit Suffix wäre, wie oben bei 103, die Präpos. mit einem
Nomen; tatsächlich findet sich ein Beispiel hierfür, das auch bei Köhler-
Baumgartner nicht erwähnt ist: Gen. 24,67: löK 'inx pnS"" Dfll'l
,,und Isaak tröstete sich nach (dem Tode) seiner Mutter".
Auch in Arab, gibt es eine Parallele zu unserem ira, in Wendungen
wie ha'dahü ,,nach seinem Tod".
nj Peal = (Datteln) ernten, eigtl. : abschneiden.
Für das hebr. ni Kal gibt Levy (I S. 304) als Bedeutung an: 1)
schneiden, abschneiden; 2) scheiden, umzäunen, Jastrow (S. 214 s.v.
ni Kal) hat die gleiche Einteilung, fügt aber zu 1) hinzu: insbesondere:
Datteln ernten. (,,esp. to harvest dates"). Für das aram. ni Peal gibt
Levy (I S. 305) nur an: umzäunen, also die zweite der beiden Bedeu¬
tungen; Jastrow (S. 205) hat außerdem eine Belegstelle (aus Esther
rabba) für die Bedeutung ,, abschneiden" im Sinn von ,, abziehen" (von
der Mitgift). Keines der beiden Wbb. — ebensowenig wie Kohut und
Dalman — führt die Bedeutung ,, (Dattel) ernten" an, die das Verbum
auch im aram. Peal hat: Ketubot 112a Z. 17 v.u. nra Will nö3
,, wieviel habt ihr davon (von den Dattelpalmen) abgeschnitten (= ab¬
geerntet) ?" Vgl. Raschi z. St.
7 in der Bedeutung von: nämlich, folgendermaßen u. ä.
In den Wbb. ist zu "T nachzutragen, daß dieses Relativpronomen auch,
in abgeschwächter Bedeutung, im Sinn eines Doppelpunktes gebraucht
wird. Wir haben hierfür zwei Belegstellen gefunden, die ihrer Struktur
nach einander gleichen: Chullin 7a Z. 29 ''an D''j7''1S Vb? )nan3 ""Na
'131 '7"'TKp mn T'N'' ]a onaa ,, welche Bewandtnis hat es mit dem (oben
erwähnten) Vieh der Gerechten? Folgende: Rabbi Pinchas ben Jair
ging einmal etc." Mit dem Wort ,, Folgende" versuchten wir, das 7
wiederzugeben. Es kann auch unübersetzt bleiben. Ganz ähnlich Schab¬
bat 21 b z. 39 prs N'lan nsum •'ar rbosa n"33 p3i um nsun "'S»-
Auch im Syr. kann T diese Bedeutung haben, vgl. Th. Nöldeke, Syrische
Grammatik^ § 367.
Im Alt. Test, ist -'S zu vergleichen, s. Gesenius Wb. s.v. •'3, wo als
besondere Gebrauchsweise dieses Relativpronomens angegeben wird:
, .Bisweilen dient ''3 auch zur Einführung direkter Rede (wie syr. das
griech. recitative oTt. ..): Tl »aiT ■'? laxni sie sagte: Gott hat gehört.
Gen. 29,33. 1. Chr. 21,18". Ebenso Köhler-Baumgartner. Die 9. Aufl.
des Gesenius (1883) hatte noch 2 weitere Beispiele: Ruth 1,10 und I
Sam. 10,19. Unsererseits möchten wir 2 Beispiele hinzufügen, die wir
Ergänzungen zum talmudisch-aramäischen Wörterbuch 273
nicht in den Wbb. fanden: Gen. 45,26 nns?3 fIN Vsa Vtm» Sin ''p)
und Ps. 59,8 57)3W "'S "D DnTnnB»3 mam nmsa ps-'a-' nm.
Im nachbibl. Hebr. fanden wir C7 in der Bedeutung unseres "7 zu Be¬
ginn der Pesach-Hagada (= Mischna Pesachim 116 a): mWn Vsa^;
hier ist allerdings auch die Übersetzung ,,denn" möglich.
Unser 7 findet sich auch im rabbinisehen Stil des Mittelalters: R. Nis¬
sim zu Chullin, 8. Abschn. S. 86, 2. Sp. Z. 45: "-sn^T b"t ]"aam ans
'IDI S2?TT'D. Auch die hebr. Entsprechung ü fanden wir bei mittelalter¬
lichen Autoren: Maimonides, Misehne Tora, Hilch. Abodat Kochabim
Kap. 1 § 2: wVsm iam IT miasas; nnV onais nnmai (hier ^ vor
direkter Rede!); Nachmanides, Neujahrspredigt, in Kitbe Ramban Ed.
ScHBWEL, 1. Bd., Jer. 1963, S. 218 Z. 12: p iriöSl«; Sin "[D pisn Vas
'tn minn.
sion == Tuch.
Kidduschin 30a Z. 23 v.u.: n''2?''1S SJOn ""lüT „(Chijja bar Abba
traf den Josua ben Levi), als er ein Tuch um den Kopf warf". Aus der
Fortsetzung der Gemara geht hervor, daß ein einfaches Stück Tuch
gemeint ist, im Gegensatz zu einem eigens zu einem Kopfbund verar¬
beiteten Tuch. Raschi z. St.: ,,Ein Stück Tuch (p7D), das an sich nicht
geeignet ist zur Umhüllung des Kopfes, sondern im allgemeinen als
Decke dient". Das Wort slOn fehlt bei Levy, Jastrow und den an¬
deren Wbb.
■«Vt Peal = aufheben (im Sinn von: annullieren).
■»Vt Peal bedeutet nicht nur: (einen Gegenstand) heben; daher auch
(Wasser) schöpfen (so Levy I S. 408 s. v. '^T), sondern auch, was Levy
nicht registriert, aufheben im übertragenen Sinn, also annullieren : Baba
batra 8a Z. 17 v.u.: SjVs nvbl ,,man hat (wörtl.: sie haben) sie (die
Steuern) zur Hälfte aufgehoben (erlassen)". Die Form 7\vbl ist die
gleiche wie 2 Zeilen nachher TtTIVf von niT. Jastrow führt eine ähnliche
Bedeutung (to relieve, lighten) unter ^bl Pael an, S. 310.
Afel = (eine Pflanze) aufziehen.
Levy (I S. 408) gibt als Bedeutung von -"Vt Afel nur an: ,, aufheben".
Einziges Beispiel: Sota 34a: n'Ons"? B?rs "'b'S'ai S11S?t5 .><üe Last, die
jemand selbst auf seine Schultern hebt". Jastrow gibt s.v. '•Vt Afel
(S. 308) auch nur die gleiche Bedeutung an wie Levy, mit dem gleichen
Beispiel. Afel hat aber auch die oben in der Überschrift angegebene
Bedeutung, imd zwar Schabbat 21a Z. 12 liei einer Beschreibung des
im Buch Jona (4,6) erwähnten Kikajon-Baumes: piü SnUH DID "75?
HTC (lies pVna?) ,,am Eingang der Läden zieht man ihn auf".
(Nach Raschi: als Spender von Schatten und Wohlgeruch).
274 Leo Pbijs
■»in Afel = denken; sprechen.
Levy (I S. 450) bemerkt zu -"jn nur: „denken, sprechen" und ver¬
weist im übrigen auf das Targ. Wb. Dort (I S. 192) werden s.v. •'sn Peal 2
Beispiele aus dem Targum für die genannte Bedeutung angegeben, und
s.v. ""jn Afel ebenfalls ein Beispiel aus dem Targum für die gleiche Be¬
deutung, und zwar zu Jes. 27,8, wo aber die Lesart nicht sicher ist (""ja
Part. Afel oder •'jn Part. Peal.) Ein anderes Beispiel für das Afel scheint
es im Targum nicht zu geben, sonst hätte Levy nicht dieses unsichere
gewählt. Jastbow S. 331 s.v. -«jn bringt für das Afel (ebenfalls in der
obengenannten Bedeutung ,, denken, sprechen") ein Beispiel aus dem
Jerus. Tahnud (Berachot V, 9a: sn^niO ""ina in; Lesart auch hier
unsicher). Hierdurch könnte der Eindruck entstehen, daß unser ""in
Afel, wenn überhaupt (d.h. wenn die Lesarten richtig sind) nur im pa¬
lästinensischen Aram. vorkommt. Es gibt aber auch im babyl. Talmud
einen Beleg, und zwar Nidda 65 b Z. 20: ""DÖ na 'Jnai nains ''iV.V
,, anders verhält es sich mit der Heiratsurkunde, über die (d.h. über deren
Inhalt) man lange nachdenkt (oder: redet)". Auch hier ist freilich 'jna
(Part. Afel) nur die Lesart des Joel Sirkis (Glossen am Rand der Ed.
Wilna), aber die anderen Lesarten (1310 und mja, s. Ed. Wilna, — auch
Ms. München liest ■'nia) geben keinen rechten Sinn.
Zur Doppelbedeutung ,, denken" und ,, sprechen" sei noch bemerkt,
daß dies keine Eigenheit des Aram. allein ist, da ja auch das hebr. njn
Kal beide Bedeutungen in sich vereint, und zwar bereits im Alt. Test,
(s. die Bibel-Wbb.).
NTnn = Rückkehr, Umkehr (?).
Obwohl dieses Wort im Traktat Baba batra 12a Z. 28, wo es im Plur.
vorkommt (und mit der Präp. 3: '''mn3) auch ,, bergiger Boden" be¬
deuten kann, wie Levy I S. 455 s.v. xmn (s. vor allem auch Levy II
S. 393 s.v. S31D) und nach ihm ähnlich Jasteow S. 332 s.v. smn an¬
nehmen, so ist doch die Übersetzung ,, Rückkehr, Umkehr" (so laut
Tosafot Baba batra ibid. s.v. N3133 Sa''S n''S?3 "'Nl) wenn nicht vorzu¬
ziehen, so mindestens erwägenswert. Nach Levy ist der Sinn unseres
^"mn3 : ,,(Es handelt sich) um bergigen Boden (so daß das Pflügen länger
dauert)"; nach Tosafot: ,,(Es handelt sich) um die (Notwendigkeit
einer) Umkehr (des Pfluges, d.h. eines nochmaligen Pflügens, so daß das
Pflügen länger dauert)". Der Plur. zeigt nach beiden Auffassungen nur
an, daß der Fall öfters (,,bei bergigen Böden" bzw. ,, Umkehrungen des
Pfluges") eintreten kann, was in der deutschen Übersetzung auch durch
den Sing, zum Audsruck kommt. Auf Grund der 2. der obigen beiden
Möglichkeiten ist in den Wbb. s.v. Sinn die Bedeutung ,, Rückkehr,
Umkehr" nachzutragen. Zwar kann, solange nur unsere Stelle als Beleg
Ergänzungen zum talmudisch-aramäischen Wörterbuch 275
dient, diese Bedeutung nicht als gesichert gelten, jedoch ist diese zu¬
sätzliche Bedeutung, die ja wohl auch semantisch die primäre ist (der
Verbalstamm nn bedeutet: zurückkehren), schon deshalb naheliegend,
weil auch die hebr. Entsprechung ninn (s. Wbb. s.v.) diese Bedeutung
hat.
"IT Pael = buhlen.
Levy I S. 545 s.v. •'IT, SJT hat nur das Peal (,, buhlen") und das Itpeel
(gleiche Bedeutung). Er verweist zwar auf das Targ. Wb., wo auch das
Pael angegeben ist (,, = Peal"), jedoch stammen die Beispiele dort natür¬
lich alle aus dem Targum. Daß auch der Talmud das Pael von JUT ver¬
wendet, beweist Kidduschin 73a Z. 10 v.u.: •'VtSI UT» ,,sie buhlen fort¬
während". Jasteow S. 406 s.v. SIT nennt zwar auch das Pael, führt
aber außer einem Beispiel aus dem Targum nur Ketubot 81a an: pso
"•KIT pBO ■'KIT, es ist zweifelhaft, ob sie gebuhlt haben oder nicht".
An dieser Stelle kann aber ""JUT ebensogut als Peal erklärt werden (so
auch Levy!), oder aber als Nomen (•'KIT = Buhler, buhlerisch), dessen
Existenz ja zur Genüge belegt ist (s. Wbb. s.v. '»N3T).
Zu den Wbb. ist also nachzutragen, daß es einen sicheren Belegfür
•»IT Pael = buhlen nicht nur im Targum, sondern auch im Talmud gibt.
Die Pael- (und nicht Peal-)Form von 'JT ist in unserem Beispiel wohl
gewählt, um die Intensität und Kontinuität der Handlung auszudrücken.
(Die Kontinuität kommt ja außerdem durch das zugesetzte "»VtSI zum
Ausdruck, das dem hebr. D'sVim entspricht, also -"VtSI WÖ soviel wie
n^'sVim D"-«»).
ND-pT und sVlS"-!»:
ND'-pTa = gegen den Wind; tlV'lD"'tt;3 = mit dem Wind.
Rabba bar Bar Ghana, der Münchhausen des Talmuds, berichtet Baba
batra 73 b : „Als wir einst auf einem Schiff fuhren, segelte dieses an einem
Fisch vorbei, und brauchte 3 Tage und 3 Nächte, um von einer Flosse
zur anderen zu gelangen." Dann heißt es dort weiter: ]3S1 SD^pTS WS
S'?1D"'W3 „es (das Schiff) fuhr gegen den Wind (wörtlich: aufwärts) und
wir fuhren mit dem Wind (wörtlich: abwärts)". Unsere Übersetzung
(die mit der Soncino-Übersetzung übereinstimmt) folgt der Erklärung
Raschisz. St. : sVlB^W p'^TS pSI nim TJJD "[Vin nmiP .«0713 WS
pa pbin nn ""'V sVs p»3U p's n'' "ra? o'-m iVin nnnir i»d
,,es (das Schiff) fuhr gegen den Wind, wir fuhren mit dem Wind, denn
Wasser im Meer fließt ja nicht, es sei denn (wenn es) durch die darin
wehenden Winde (in Bewegung gesetzt wird)". Raschi will also sagen,
daß, da nicht von einem Fluß, sondern vom Meer die Rede ist, SS''pT3
und s'71D"'tt?a nicht die wörtliche Bedeutung ,, aufwärts" (von Stamm)
r]pT) bzw. , .abwärts" (vom Stamm Vsü) haben können, daß vielmehr
276 Leo Pbijs
gemeint sei: gegen den Wind bzw. mit dem Wind, was auch impUzieren
kann: gegen die (vom Wind erzeugte) Strömung bzw. mit ihr.
Unsere Wendung suchen wir vergebens bei Levy s.v. ND'p't (I S. 550),
wo nur die Bedeutungen ,,L aufgerichtet, 2. der aufgerichtete Pfahl,
Galgen" angegeben sind; und auch s.v. s'71D''E? (IV S. 597), wo als Be¬
deutung angegeben ist ,,der niedrige, untere Teil einer Sache, Schleppe,
Rand u. dgl.", fehlt unser n'71B''!2?3. Bei Jasteow s.v. ND''pt (S.408) fehlt
unsere Wendung ebenfalls, s.v. nVlD''» jedoch (S. 1566) findet sich als
S.Bedeutung dieses Wortes: "Moving downwards (miling with the
wind), Baba batra 73b, v. XS'-l»". Unter Slfs; (Flosse, S. 1567) wird
unsere Stelle übersetzt, im Sinn von Raschi. Dies brachte uns auf den
Gedanken, auch bei Levy s.v. (IV S. 548) nachzuschlagen, und
tatsächlich findet sich dort unser Passus, mit folgender, z.T. von Raschi
abweichender Übersetzung: ,,Das Schiff ging zwischen einer Floßfeder
und der anderen drei Tage und drei Nächte hindurch ; dasselbe schwamm
stromauf, wir aber saßen auf dem Hinterteil". Auch nach dieser, üb¬
rigens nicht sehr einleuchtenden Übersetzung haben sowohl als
sVlD""© in unserem Passus Bedeutungen, die bei Levy s.v. NB-ipT bzw. s.v.
8'71B''!2? zu ergänzen sind.
j?pt Itpeel = sich kümmern.
Levy (I S. 550 s.v. ppt) führt für das Itpeel nur dessen sekundäre
Bedeutung ,,sich begatten" an, während Jasteow (S. 410 s.v. ppt) zwar
die primäre Bedeutung des Itpeel, nämlich ,,sich kümmern" nermt,
aber nur, wie die beiden Belege ibid. zeigen, im Zusammenhang mit der
Auflösung von Gelübden. (Der Rabbi ,, kümmert sich" um das Gelübde,
d.h. er stellt fest, ob eine Auflösung möglich ist). Der Itpeel hat aber
ganz allgemein die Bedeutung ,,sich kümmern", z.B. Schebuot 41a Z. 6
v.u. n"""? p''pp7rn mV ,,wir kümmern uns nicht um ihn", d.h. wir brau¬
chen uns nicht um ihn zu kümmern. Bei Dalman s.v. ppt Itpeel (S. 132)
fehlt die Bedeutung ,,sich kümmern", ebenso wie bei Levy, gänzlich.
'7''3n = erhitzt, warm.
Schabbat 86b Z. 21 ff. kommt dreimal die Wendung vor: in''"'BU "j'Sn,
ebenso Aboda sara 31b letzte Z. und Nidda 34b Z. llff. (an letztgenann¬
ter Stelle ebenfalls dreimal). Raschi erklärt '7''3n durch DH warm, wo¬
nach die Stellen zu übersetzen sind: „Ihre Körper sind erhitzt". Dem¬
nach dürfte unser '?"'3n mit h^n ,, warmer Hauch, Dampf" verwandt sein.
So auch Soncino-Übersetzung (an der Stelle in Schabbat) : "Their bodies
are heated"; ähnhch Goldsohmidt (ibid.): ,,Ihr Körper wärmt". Wir
fanden dieses '?"'3n in keinem der Wbb., weder s.v. Vsn Part. Peal, noch
S.v. V'Sn. Die unter Van in den Wbb. angegebenen Bedeutungen („ver-
Ergänzungen zum talmudisoh-aramäischen Wörterbuch 277
wunden, verderben" u.ä.) passen nicht auf unsere oben angeführten
Stellen.
nsVpn = dörfisch, zum Dorf (eigtl. Feld) gehörig.
Schabbat 141a Z. 27 nsVpn pa ein dörfischer Bau. nsVpn, eigentlich
„zum Feld gehörig", ist von Vpn „Feld" gebildet, mit der Zugehörig¬
keits-Endung, wie etwa nSDID persisch von DIB Persien. Levy II S. 102
s.v. TMtbpn hat nur die substantivische Bedeutung ,, Landmann, Dorf¬
bewohner", ebenso Jastkow S. 497, der zusätzlich ein Beispiel für die
übertragene Bedeutung ,, ungebildeter Mensch" anführt.
XSnn = Einschnitt (in der Erde), Graben.
Lbvys Angaben erwecken den Eindruck, daß dieses Wort nur im
Targum vorkommt, da Levy das Wort nur im Targ. Wb. (I S. 284) an¬
führt, mit 2 Beispielen aus dem Targum (zu Hiob 38,24 S""» 'Snn
„Wassergräben" und zu Jos. 11,8 x»-« -"snn „Gräben am Meer").
Jastrow (S. 502 s.v. KS''nn) hat einfach die beiden genannten Targum-
Beispiele von Levy übernommen. Das Wort findet sich aber auch im
Tahnud, Schabbat 20b Z. 6 v.u.: 'snm XnaDIS „die schwarzen (Pflan¬
zen) der Gräben".
Es sei noch angemerkt, daß die Bedeutung von NS''in durch die hebr.
Entsprechung fnn gesichert ist, für die Levy (II S. 115 s.v. 'j'nn)
nicht weniger als 8 Belege aus dem Talmud bringt, alle in der Bedeutung
,, Einschnitt, Vertiefung, Graben".
Dnn Pael = unterschreiben lassen.
Kidduschin 76b Z. 10 v.u. •'»nnai y''! „man prüft sorgfältig (die
Glaubwürdigkeit der Zeugen) und läßt (sie erst dann) unterzeichnen".
Levy I S. 128 s.v. nnn verzeichnet nur das Peal, in der Bedeutung von
,, siegeln, schließen", ferner: ,, unterzeichnen". Im Targ. Wb. I S. 290
(und danach in Jasteow S. 514) ist auch das Pael verzeichnet, aber nur
in der Bedeutung , .befestigen, verschließen", sowie das Itpaal, in den
Bedeutungen ,, versiegelt, besiegelt werden" und „befestigt, verstopft
werden". In den oben genannten (sowie in den übrigen) Wbb. ist ann
Pael in der Bedeutung ,, unterschreiben lassen, unterzeichnen lassen'
nachzutragen. Die obige Stelle kann allerdings auch, ohne daß sich dadurch
der Sinn ändert, übersetzt werden: ,,Man prüft sorgfältig (die Glaub¬
würdigkeit der Zeugen) und (dann erst) unterzeichnen sie". Dann hätte
Dnn Pael die gleiche Bedeutung wie das Peal, also ,, unterzeichnen",
genau wie das hebr. Dnn sowohl im Kal als im Piei diese Bedeutung hat
(s. Levy s.v. Dnn, hebr., I S. 127f ). In diesem Fall wäre in den Wbb.
nachzutragen: „Dnn Pael = unterzeichnen, wie Peal".
278 Leo Pbijs
T1Ö Itpeel = beunruhigt, verwirrt werden.
Lew II S. 186 gibt s.v. Tiü Peal die Bedeutungen ,,1. vertreiben,
verstoßen. 2. verschließen, zuschließen" an, im Targ. Wb. I S. 318
außerdem das Itpeel zu Nr. 1, nämlich , .vertrieben, fortgestoßen wer¬
den". Jastrow S. 550 nennt für das Peal außerdem die Bedeutung:
,, beunruhigen, verwirren" (to trouble, stir up, keep in commotion), und
davon auch das Itpeel: ,, beunruhigt, verwirrt werden" (to be troubled).
Da Jastrows einziger Beleg für die zuletzt genannte Bedeutung (Bera¬
chot 35b Z. 25 mön X*?!) auch als Peal gelesen, werden kann (wobei
dann das pron. refl. zu ergänzen wäre: ,, damit ihr euch nicht beun¬
ruhigt"), soll hier als sicherer Beleg für das Itpeel Schabbat 9 b Z. 20
zitiert werden: T-lüm n"'raT3 XT'DS --Tn KnVn ein Glerber soll, wenn
die Zeit des Gebetes gekommen ist, nicht seine Werkstatt inspizieren,
,, vielleicht würde er etwas Schadhaftes an seiner Ware sehen und (da¬
durch) beunruhigt werden", wodurch er vergessen könnte, das Gebet
zu verrichten.
an' Afel = geben.
Lew I S. 276 gibt für an"" Peal zwei Bedeutungen an: 1. sitzen,
weilen; 2. geben. Jastrow S. 602f. trennt die beiden Bedeutungen noch
mehr, indem er zwischen an"" I ,, sitzen, weilen" und an"" II ,, geben"
unterscheidet. Eine Afel-Form gibt es nach beiden Wbb. nur von der
I.Bedeutung (,, sitzen"), also: ,, sitzen lassen", ,, setzen". Das Afel hat
aber auch die Bedeutung , .geben", wofür als Belegstelle Sanhedrin
28b Z. 7 v.u. diene: -[V nTamXT '•pat!^ xV ..sie gestatten mir nicht,
daß ich es dir (als Geschenk) gebe". Also an"" Afel eigentlich kausativ:
,, geben lassen, aushändigen lassen", was aber vereinfacht mit ..geben"
übersetzt werden kann. Die Ubersetzung ..geben lassen" wird in der
obigen Sanhedrin-Stelle durch den Kontext gefordert, während ,, setzen"
o.ä. kaum in Frage kommt. In den Talmudübersetzungen lautet der
Satz auch dementsprechend: ,,They don't permit me to give you pos¬
session" (Soncino-Übersetzung) bzw. ,.Sie lassen mich nicht es dir zu¬
erkennen" (Goldschmidt). Die Übersetzung unseres HTaniX ist also
wohl nicht bestritten, nur war bisher die sich daraus ergebende lexiko¬
graphische Bestandaufnahme nicht vorgenommen worden, was wir
hiermit nachholen wollten.
n»»a = Tat, Handlung.
(Hebr. Wort als Fremdwort in Aramäischem.)
Horajot 14a Z. 6 in"t£>S?a IWXT XD'H wenn ihre Handlungen nutz¬
bringend sind; ibid. Z. 7 in^TO» Unx xV „ihre Handlungen sind nicht
Ergänzungen zum talmudisoh-aramäischen Wörterbuch 279
nutzbringend". Dem hebr. nfMÖ entspricht im aram. das Wort Siaw.
Zu erwarten wäre also in obigen, sonst ganz aram. Sätzen beidemal:
in''''13iy. Statt dessen ist das hebr. nt!?S?» verwendet, jedoch mit dem
aram. Personal-Suffix. Das Wort n2?»a ist also hier sozusagen aramäi-
siert worden, was als Anmerkung zum Artikel Ttwun in den talmudischen
Wbb. (Levy III S. 169, Jastkow S. 819) hier verzeichnet sei.
Iii Afel = heranziehen; zu überzeugen versuchen.
Genesis rabba (Ed. Warschau) 36,8 pn"? linV lax „er (Chara)
sprach zu ihnen (seinen Brüdern) und überzeugte sie" (IVKI Wortspiel
mit lyrt Gen. 9,22). Die Ableitung und Bedeutung unseres T"!»! wurde
richtig erkannt vom Kommentar Jefe Toar, zitiert vom Kommentar
Ez Joseph z.St.: iT-xinxi ^^sm D-unriD nD-»a ywbn pnV t-jxi in
"iVim T'atÖ» naSöa OaV ymnb xair „er (der Midrasch) erklärt homile¬
tisch (Gen. 9,22) wie T-lKI, was ein Ausdruck des Heranziehens ist,
wie ja auch der Targum von latPD (Ex. 12,21) lautet: IT'JJnS; denn er
(Cham) wollte ihr (der Brüder) Herz zu sich heranziehen mit Argumenten,
die er (der Midrasch) in der Fortsetzung erwähnt". (In der Fortsetzung
werden die Argumente angeführt, mit denen Cham die Brüder gegen
den Vater aufzuwiegeln versuchte). Unsere Form TJN ist die kausative
Form des in Levy III S. 332 s.v. Iii Nr. 3 erwähnten „fließen", eigtl.
„sich hinziehen, gehen", das auch im Bibl.-Aram. und im Aram. des
Targum vorkommt. Also "fiH eigtl.: ,,jm. heranziehen", aber hier in
übertragener Bedeutung, wie hebr. ymä in der Bibel (Cant. 1,4) und im
Nachbiblischen. Diese Bedeutung des Afel von 113 ist zu den Wbb.
(Levy s.o., Jastbow S. 870f s.v. im Afel) nachzutragen.
nni Peal, mit b = sich entwickeln zu, werden zu.
nni ,, herabsteigen" (Levy III S. 37,5; Jastbow S. 897) entspricht in
der Bedeutung dem hebr. Ti\ Folgende spezielle Bedeutung ist in den
Wbb. nicht angegeben: Pesachim 52b Z. 33 KTBV n^nn NSTl ,,wenn
die Frucht fertig ist", eigentlich : wenn sie (die unreife Frucht) zur (reifen)
Frucht wird. Zur Bedeutungsentwicklung ,, herabsteigen" > ,,sich ent¬
wickeln zu" > ,, werden zu" sei auf die interessante parallele Bedeutungs¬
wandlung des lat. devenire (,, herabkommen") hingewiesen, das in spä¬
teren Zeiten zur Bedeutung ,, werden" gelangte (daher auch franz.
devenir) ; vgl. W. v. Wabtbübg, Französisches Etymol. Wörterbuch s.v.
devenire.
Zu nni Peal sei hier noch angemerkt, daß in den Wbb. die folgende
idiomatische Redewendung nicht angegeben ist: Ketubot 19a Z. 17
Kl^l'? Inn ,, kommt vors Gericht!" Wörth: Steigt herab zum Gericht!
280 Leo Pbijs
Vsi Peal = einfallen, in den Sinn kommen.
Levy (III S. 420) hat nur die wörtliche Bedeutung ,, fallen, herab¬
fallen, niederfallen" (ebenso Targ. Wb. II S. 120). Vd3 Peal hat aber
auch die übertragene Bedeutung ,, einfallen, in den Sinn kommen".
(Zu beachten ist die parallele Bedeutungsentwicklung in der deutschen
Sprache: vom wörtl. ,, fallen" zum übertr. ,, einfallen"). Wir fanden für
diese übertragene Bedeutung folgenden Beleg: Sanhedrin 99b Z. 2 v.u.
snsaiT n'''? nVsi „es fiel ihm eine Lehre ein". Jasteow S. 924 s.v. Vbs
Peal zitiert ein Beispiel, in dem die übertragene Bedeutung bereits
durchschimmert, aber noch nicht deutlich zutage tritt, nämlich Megilla
15b: rrrisna XnV"'» n-'b nVöl ,, etwas kam ihm in den Sinn", wörtl.
,,fiel in seinen Sinn". Hier ist zu n^DJ noch HTlBia hinzugefügt, sodaß
hier hVdI wörtlich aufgefaßt werden kann, und erst die ganze Wendung
rrnsna rrb Tlbüi die übertragene Bedeutung ,,es fiel ihm ein" erhält;
an unserer Stelle hingegen ist weder HTIsna noch ein ähnlicher Ausdruck
hinzugefügt, sodaß n""*? aVoi allein die genannte Bedeutung hat.
KB*1 Pael = dislozieren.
Chullin 91a Z. 12 v.u. wnna KnS nmns» ,,er (der Engel)
kam von hinten (wörtl. von seiner, d.i. Jakobs Rückseite) und dislozierte
sie (die Ader) an beiden (Hüften)" (weshalb die ,, Spannader" an beiden Seiten zum Genuß verboten ist). Xtfl Pael bedeutet hier: ,, dislozieren".
Sowohl Levy (III S. 446) als Jastrow (S. 939) und ebenso die anderen
Wbb. geben s.v. NS>3 nur die Bedeutung , .vergessen" an. Unser , .dislo¬
zieren, fortstoßen" dürfte die primäre Bedeutung der Wurzel NltfJ sein,
,, vergessen" die sekundäre, weil übertragene Bedeutung (aus dem Gte-
dächtnis fortstoßen).
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß in der Fortsetzung des
Talmuds das hebr. ns^l Kal in der intrans. Bedeutung ,,sich dislozieren"
vorkommt: ChuUin ibid. Z. 9 v.u. iai|?aa T\^it riTOPl Tl inpl HdV
n"7S1 ,, warum wird sie (die Spannader) gid fia-Tiasche genannt? Weil
sie sich (von ihrer ursprünglichen Stelle) disloziert hat (hebr. : nascha)
und oberhalb (ihrer ursprünglichen Stelle) zu liegen kam". Raschi er¬
klärt rr^l durch TDj?. Auch dieses hebr. n8*3 fehlt bei Levy ibid. s.v. ns^l,
ist aber bei Jastrow S. 938 s.v. nt£*3 (neben der bereits im Alt. Test, vor¬
kommenden Bedeutung ..vergessen") verzeichnet, ebenso bei Ewen-
Schoschan s.v. ntTl Nr. 1.
'Vs7 Peal = heraufgehen (im Preis).
Levy III S. 652 s.v. "b-ä verweist auf das Targ. Wb.. wo es (II S. 217
s.v. •'Vs?) heißt: "Peal im Chald. wie es scheint ungebräuchlich und nur
in hebr. Form anzutreffen: Eil. 3,11 psVlT "'VlV „die Wallfahrer an den
Ergänzungen zum talmudisoh-aramäischen Wörterbuch 281
hohen Festen". Das gleiche sagt Jastrow S. 1082 s.v. ■'Vs? Peal und
Dalman S. 313 s.v. nVs7. Vgl. aber Baba batra 7a Z. 38ff. (oft.) lV»
mnV ,,sie sind beidseitig (im Preis) heraufgegangen". Es kann auch
das Pael gemeint sein: „sie haben gegenseitig (den Wert) erhöht". In
diesem Fall wäre in den Wbb. s.v. ■'Vs? das Pael zu ergänzen, das dort
überhaupt nicht vorkommt. Daß unser lVs7 nicht etwa eine hebr. Form
darstellt (von Ttbv), beweist nicht nur die aram. Fortsetzung "'IfVlb,
sondern auch die aram. Relativpartikel T, die dem iVv in einigen
Fällen vorausgesetzt ist. (Im ganzen kommt die Wendung 5 mal vor:
Z. 38 "--nnV und mn'? iV» xVi, Z. 39 mn"? iVs? xVi und
mn*? i*?»!, z. 40 mnV iV» ub).
''bs Afel = nützen, von Nutzen sein, taugen.
Gittin 67b Z. 9 v.u.: nss? iVs?» nbt ,,denn die Knechte taugen
nichts"; ebenso ibid. 68a Z. 17: 'ö'STä sVl nas? „Knechte, die nichts
taugen". Das Peal ''bv entspricht in der Grundbedeutung dem hebr.
nVsj (s. den vorigen Artikel dieser Ergänzungen), also bedeutet das Pael
in unserer Wendung eigentlich: ,, (etwas Nützliches) her auf bringen, zu¬
standebringen"; vgl. hebr. IT'S Tibvn ,,es ist ihm gelungen", eigentlich:
,,er hat etwas in seiner Hand heratifgebracht" bzw. n'3 Olfl nVsn
„es ist ihm nicht gelungen", eigentlich: ,,er hat in seiner Hand Scherben
heraufgebracht" ; — Belege aus dem Talmud für beide Wendungen s. bei
Ewen-Schoschan s.v. nVs? Hifil. Unser aram. "•VSN ,, nützen" fanden wir
nirgends registriert: Levy s.v. ^b}3 (s. vor Art.) hat den Afel überhaupt
nicht, das Targ. Wb., auf das Levy ibid. verweist, hat das Afel nur in
der Bedeutung: ,, abschätzen, taxieren; aufwiegen". Jasteow S. 1082
s.v. •''7S7 Afel kennt nur die gleiche Bedeutung wie das Targ. Wb. ("to
balance, to estimate, to value"), ebenso Dalman S. 313 s.v. Hbv Afel
(,,1. abschätzen; 2. aufwiegen").
Sme = Fontanelle.
Aboda sara 26a Z. 23: n-""? xVopI KniDX XT H'''? Xmm pa"'T „manch¬
mal legt sie ihre Hand auf die Fontanelle (des Säuglings) und tötet ihn".
Raschi erklärt das Wort xmB durch pUTl bv Dipö pim bv inSÖ
DDI") ,,die Stirne des Säuglings, (und zwar) die Stelle, an der das Ge¬
hirn des Säuglings weich ist". Also: die Fontanelle. Das Wort findet sich
weder bei Levy noch bei Jastrow (geschweige denn in den anderen
Wbb.). Es dürfte verwandt sein mit dem hebr. nmo ,,das Loch, worin
sich die Türangel befindet" (Levy IV S. 18). Nicht identisch ist unser
Wort natürlich mit dem hebr. nSIB, = aram. KniB ,, Färberröte", Levy
IV S. II.
282 Leo Prijs
IpQ Afel = untersuchen, prüfen.
Aboda sara 4b Z. 15 v.u.: tun TpB»T IVB ,,weil (am Neujahrstag)
das (göttliche) Gericht (den Menschen) untersucht (soll das Musaf-
(jiebet mit der Gemeinde verrichtet werden, wodurch seine Wirkung
erhöht wird)". Min ,, (göttliches) Gericht" steht hier (wie Dan. 7,10) im Sinn von ,, (göttlicher) Gerichtshof", womit (hier wie dort) Gott in seiner
Eigenschaft als Richter gemeint ist. lj?D Afel hat hier die gleiche Be¬
deutung wie hebr. IpD Kal. Die kausative Form verlangt eigentlich die
Übersetzung ,,läßt prüfen, läßt untersuchen" (durch Boten, Engel
o.ä.), jedoch ist dieser kausative Sinn hier ebensowenig wörtlich zu
nehmen wie bei der anderen Bedeutung von ips Afel: ,,zur Bewahrung
geben", eigentlich: ,, aufbewahren lassen", — von IpQ Peal ,, aufbe¬
wahren" —, aber in Wirklichkeit abgeflacht zu einem Synonym mit
ipo Peal. (Zur ,, Abflachung" der Bedeutung vgl. bibl.-hebr. Hifil
,, schicken" = Tibv Kal.) Die letztgenannte Bedeutung von ipQ Peal-
Afel wird in den Wbb. aufgeführt (Levy IV S. 88 s.v. tpQ, — statt
,,Nif" muß es dort heißen: ,,Af."; Jastrow S. 1207). Die Bedeutung ,, untersuchen" jedoch ist in diesen beiden (ebenso wie in den anderen) Wbb. beim Afel zu ergänzen.
Anmerkung zum Itpaal von ipB: Im gleichen Traktat Aboda sara
kommt IpQ auch im Itpaal vor, in der Bedeutung ,, befohlen werden".
(14a Z. 17 und 21a Z. 2 v.u.). Levy bietet (im Targ. Wb.) für dieses
ipB Itpaal nur Beispiele aus dem Targum, aber nicht aus dem Talmud;
jedoch führt Jastrow die beiden Aboda sara-Stellen an.
ms Itpeel = genannt werden.
Levy IV S. 177 erwähnt s.v. ms Peal außer der gewöhnlichen Be¬
deutung ,, schreien" (wie hebr. Kal) auch die zusätzliche Bedeutung
,, nennen, den Namen ausrufen". Das Itpeel erwähnt Levy überhaupt
nicht, ebensowenig wie Jastrow (S. 1266) und die anderen Wbb. s.v.
Und doch kommt diese Stammform vor, und zwar als Passiv der zu¬
sätzlichen Bedeutung ,, nennen", im Midrasch Gen. rabba Ed. Warschau
42,6: ms "»na mitssa pn xm mx ■'i'? T'X .d^tj iVa "jsnni
am*?» imx ID'Vam nnx ,,zu 'Tid'al, König von Gojim' (Gen. 14,1)
bemerkt R. Lewi: Dies (nämlich Grojim, eigtl.: Völker) ist ein Ort dort
in Rom, der so (Gojim) genannt wird'); sie nahmen einen Menschen
(nämlich den Tid'al) und setzten ihn zum König über sich".
! Vielleicht, weil dort Angehörige verschiedener Völkerstämme zusammen¬
gekommen sind, s. Raschis Bibelkommentar z.St.
Ergänzungen zum talmudisch-aramäischen Wörterbuch 283
uni Afel = laufen lassen, durchlaufen lassen, übertr.: (den Lehrstoff)
durchnehmen.
Levy IV S. 430 bringt vom Verbum um (das mit dem hebr. ver¬
wandt ist) nur das Peal, das ,, laufen" bedeutet. Im Targ. Wb. II S. 410
führt Levy auch das Afel an, in der Bedeutung ,, laufen machen", mit
einem Beispiel aus dem Targum (Onkelos zu Gen. 41,14). Jastrow hat
S. 1454 s.v. om ebenfalls das Afel, er hat jedoch einfach die Angabe
Levys im Targ. Wb. übernommen, mit dem gleichen Beispiel! Das Afel
findet sich aber auch im Talmud, Baba batra 22a Z. 11 v.u., wo es die
in den Wörterbüchern überhaupt nicht vermerkte Bedeutung ,, laufen
lassen" in übertragenem Sinn hat, im Bezug auf das Lehrpensum, das
man ,, durchlaufen läßt", d.h. durchnimmt, durchlernt: priS"" "13 pm 31
X3K -13 xnx 31 nnn3 wma nVsV Vistt •'api» xar mn nVa t£>n
nbaV V""'» nm TPnsyaiPV ,,Rab Nachman bar Isaak war Oberhaupt
des Gelehrtenkollegiums. Jeden Tag, bevor er sich in das Kolleg begab,
nahm Rab Adda bar Abba mit ihm den Lehrstoff durch, und dann erst
begab er sich in das Kolleg".
•"a") Peal = (Schuhe) anlegen.
Zu ^Ö"l (gewöhnlich , .werfen") gibt Levy IV S. 454 als Sprachge¬
brauch an: Menachot 42a •'üin "'ai .,er warf Fäden, d.h. er legte Schau¬
fäden an das Kleid an". Hierzu ist zu ergänzen, daß das Verbum auch
für das Anlegen der Schuhe gebraucht wird, was besonders erwähnt
werden muß, weil sich hier das Verbum viel weiter von seiner Grund¬
bedeutung entfernt, als beim , .Anlegen" der Schaufäden, — da ja die
Schaufäden tatsächlich durch das Loch am Zipfel des Gewandes ..ge¬
worfen" werden. Belegstelle für '■ai = ,, (Schuhe) anlegen": Ketubot
65b Z. 1 "JNOa ''an "SytSIS? n'-Vtr sin --Nn ,, dieser Tannaite (der der
Ansicht ist, daß der Mann seiner Frau dreimal im Jahr neue Schuhe
kaufen müßte, aber nur einmal im Jahr neue Kleider, behandelt die
Frau wie eine Person, die gleichsam) nackt ausgezogen ist und Schuhe
anhat' '. Diese spezielle Bedeutung von "»ai ist auch zu Jastrow S. 1482
s.v. ""m und zu den anderen Wbb. nachzutragen.
"IW (hebr. und aram.) sämtliche, alle.
Levy IV S. 492 s.v. -|S??: ,,( = bibl.-hebr.) das Übrige". Ebenso
Jastbow S. 1509 s.v. Die gleiche Bedeutung geben Levy und Jastrow
bei der aram. Form IN»,T : NliW*T T : an. Hierzu ist zu ergänzen,^ im Hebr. so-
wohl als im Aram., die Bedeutungsabwandlung: , .sämtlich" (eigentlich,
da "MW ein Nomen ist: ,,die Gesamtheit von" o. dgl., jedoch übertragen
wir im Folgenden stets der Einfachkeit halber stets durch ein Adjektiv).
So lautet die 2. der 4 Fragen der Pesach-Hagada : f'jDIN UN r\'h^bT\ VD3t»
284 Leo Pbijs
nia ntn n'?'''?n mj?")"' IWr „in allen anderen Nächten essen W
sämtliche Kräuter (in manchen Übersetzungen: allerlei Kräuter, oder:
Kräuter nach Belieben), diese Nacht Bitterkraut". Hier ist nicht die
Rede von ,, übrigen Kräutern", etwa unter Ausschluß des Bitterkrautes,
da ja in den anderen Nächten aueh Bitterkraut gegessen werden darf. —
Wie INB? von der Grundbedeutung „übrig" zur Bedeutung ,, sämthch"
gelangte, ist ersichtlich aus dem folgenden (aram.) Beispiel aus dem Tal¬
mud, Makkot 22 b Z. 7: •'irrN IW 'NirDÜ HDD „wie töricht sind doch
die Menschen alle"! Die Soncino-Übersetzung gibt den Satz wieder
durch: "How dull are those other people!" und bemerkt hierzu: "Others
than cultured people who generally show respect to scholars." Also: die
,, anderen" Menschen sind diejenigen, die nach Abzug der außerge¬
wöhnlichen, gegen Torheit gefeiten Menschen übrig bleiben. Trotzdem
wäre die Übersetzung ,,die übrigen Menschen" hier falsch. Sinngemäß
hingegen wäre auch die Übersetzung: ,,die gewöhnlichen Menschen".
(Raschi z.St.: DIH Ua ai") d.i. ,,die meisten Menschen", ,,die große
Masse der Menschen"). Vgl. auch Jeruschalmi Sota 6b Q^mn IW, wo¬
für die Parallelstelle Babli Gittin 90a Z. 3 v.u. mX Va hat!
Der gleiche Bedeutungsübergang liegt übrigens auch in arab. sair
vor, vgl. z.B. Hariri, Durrat al-6auwäs ed. Thoebecke 3,4 v.u.ff., J.
Fück, Arabiya, Akad.-Verl. Berlin 1950, 114,17.
Zum Schluß sei noch angefügt, daß Kohut und Dalman zu unserem
Wort, wie zu den meisten Wörtern, nichts über Levy und Jastkow
Hinausgehendes bieten.
»aw Pael = bedienen.
Levy IV S. 577 führt die Bedeutung , .bedienen" unter s?aB? Peal
Nr. 2 an (Nr. 1: , .Hören, aufmerken, verstehen"): ,,2. bedienen, eig.
hörig sein. Berachot 41b: "]ryat£>3 wir würden dich bedienen, d.h. stets um dich sein. Megilla 38 b: laV rT'VaWT ""V Snu es wäre mir lieb, wenn
ich dich (den Herrn) bediente". Jasteow S. 1599 hat genau die gleichen
2 Beispiele, (die er gewiß von Levy übernommen hat), aber nicht unter
SaiP Peal Nr. 2. sondern unter S?aB? Pael (Nr. 2: to minister to. to be an
attendant of). Bei Levy existiert S7aB? Pael überhaupt nicht, wie um¬
gekehrt bei Jastbow s?aw Peal Nr. 2 wegfällt. Die Meinungsverschieden¬
heit zwischen Levy und Jastbow bezieht sich also nicht auf die Be¬
deutung der beiden Stellen (diese geht klar aus dem Zusammenhang
hervor: ,, bedienen"), sondern auf die Stammform. Die beiden Verbal¬
formen irsyaB^J und n^saw können tatsächlich sowohl als Peal wie auch
als Pael vokalisiert werden. Die Bedeutungsentwicklung aus der Grund¬
bedeutung ..hören" ist nach beiden Möglichkeiten die gleiche: „hören"
> „hörig sein" > ..dienen", nur ist nach der 2. Möglichkeit (Pael) Inten-
Ergänzungen zum talmudisch-aramäiachen Wörterbuch 285
sität der Handlung impliziert (hierzu ist das synonyme üliVf Pael zu ver¬
gleichen). Die Frage nach der Stammform (und damit auch nach der
Vokalisation) der beiden Verbalformen müßte offen bleiben, wenn in
den Texten kein weiteres Beispiel für yat£? = ,, dienen" vorkommen
würde, das unzweideutig nur als Peal oder nur als Pael gelesen werden
kann. Tatsächlich fanden wir nun ein solches Beispiel: Berachot 47b
Z. 31 133"l"? m'? S?a2?a7 Nnö"'Vn ia ».wm an „Rab Menasehe bar
Tachlifa, der die Gelehrten bediente". (Raschi erklärt S?ai£>a als tr?at?a).
Die Partizipform schließt das Peal aus, die Stammform, ist also in diesem
Fall und daher auch in den beiden obigen Belegstellen Pael. Es ergibt
sich also, daß „»a© Pael = bedienen", bisher bloße Möglichkeit, im
aram. Wb. nunmehr als gesichert erscheinen kann. Die Angaben Levys,
und des ihm folgenden Dalmans (S. 428 s.v. satT) sind entsprechend zu
berichtigen.
Vdc? Afel = (herab)fließen lassen.
Levy IV S. 596 gibt als Bedeutung des Afel von Vs» nur an: „beugen,
erniedrigen" (ebenso Targ. Wb. II S. 506). Ähnlich Jasteow S. 1617
s.v. Afel: ,,1. to lower. 2. to carry down". Der Afel von VbIT hat
aber auch die Bedeutung „(herab)fließen lassen", wie aus Aboda sara
26a Z. 28 hervorgeht: «■'BIS ""a SaT WTa NiV-DWa Xp». Diese Stelle
wird in Levy übersetzt, aber nicht s.v. VbIT, wo sich nicht einmal ein
Hinweis findet, sondern s.v. «""BIX, I S. 44: ,,Ich ließ ihr Blut in solcher
Menge fließen (d.h. ich tötete als Hebamme so viel Kinder) wie der
Schaum des Flusses". Diese Bedeutung von büV Afel ist in allen Wbb.
zu ergänzen.
by>V Afel = nehmen lassen, geben.
Sanhedrin 77b Z. 7 v.u. und Chullin 16a Z. 7: nnan"? nTBDT jXa "'XH
X'an KpTa rr'Vs? "^''plPXI ,,wer seinen Mitmenschen bindet und einen
Wasserstrahl auf ihn richtet" (wörtlich: „ihm einen Wasserstrahl gibt,
ihn einen W. nehmen läßt"). Bei Levy IV S. 603 s.v. bpV fehlt das Afel
überhaupt, Jasteow S. 1623 s.v. Vp© nennt dafür ein einziges Beispiel:
Pesachim 57b mVpi^X („er ließ ihn nehmen", ,,er gab ihm", nämlich
seine Strafe, Subjekt: Gott), jedoch liest dort Ms. München nach Jas¬
trows eigener Angabe TJ'^bpV, was Jasteow als mit dem Afel gleich¬
bedeutendes Pael auffaßt. Auch Levy — nicht s.v. VplP, sondern s.v.
XDD1-)t373 : III S. 95 — liest an dieser Pesachim-Stelle mit Ms. München
Tl''bpV, faßt die Form aber als Peal: ,,er nahm sie", nämlich die Strafe,
Subjekt: der Mensch. Unser obiges Zitat aus Sanhedrin und Chullin ist
also bei Levy (und ebenso bei Dalman und Kohut) nachzutragen als
Beleg für das Vorkommen von bpV Afel überhaupt, und bei Jasteow
als einziger sicherer Beleg dafür.
20 ZDMO 117/2
286 Leo Pbijs, Ergänzungen zum talmudisch-aramäischen Würterbuch
Die Konstruktion mit Vs? in unserem Beispiel (rT"*?!? V^ptZ^N) ist wohl
nicht nur örtlich zu verstehen (er gab auf ihn herauf), sondern impliziert
auch das Aufgezwungene der Handlung, wie das deutsche ,,er legte auf
ihn" in der abgewandelten Form: ,,er legte ihm auf, er auferlegte ihm".
nan Peal = müde sein.
Zur gewöhnlichen, in den Wbb. s.v. nan (Levy IV S. 650, Jastko
S. 1675) angegebenen Bedeutung ,, staunen, sich wundern" ist die Be¬
deutung ,,müde sein, matt sein" zu ergänzen, auf Grund von Sanhedrin
95a Z. 21: wnan in"? nas lUTXn n'-a hot nax „sie (nämlich die
Heerführer Sancheribs) sagten (zu Sancherib, als das assyrische Heer
vor der Stadtmauer Jerusalems angelangt war): Laßt uns noch heute
an ihm (dem Tempel) Hand anlegen ! Da antwortete er ihnen : ihr seid
müde (vom langen Marsch)". (Vgl. II Kön. Kap. 18 und 19). Die gewöhn¬
liche Bedeutung ,, erstaunt sein" paßt nicht in den Zusammenhang.
Raschi versucht zwar, in seiner 1. Interpretation, diese Bedeutung auch
hier aufrecht zu erhalten, kommt aber in der 2. Interpretation davon
ab, indem er bemerkt: nnwni Wnan X"*? ,,nach einer anderen Er¬
klärung bedeutet iriTian: ihr seid ermüdet". So übersetzt auch Gold¬
schmidt und die Soncino-Übersetzung. Es hat sich also beim Verbum
nan aus der Hauptbedeutung ,, erstaunt sein" (eigentlich.: starren") die Nebenbedeutung ,,matt sein" (eigentlich: ,, starr, betäubt sein") ab¬
gezweigt. Vgl. die gleiche Bedeutungsentwicklung beim bibl.-hebr. Ver¬
bum aw, das (zumindest laut der 9. Aufl. des Gesenius s.v. nan und
Levy s.v. nan) mit nan verwandt ist. — Im Pael hat auch nach Levy
das Verbum nan die von uns behandelte Nebenbedeutung, oder wenig¬
stens eine ähnliche: ,,Pael: schwächen. Part. Pass. Pesachim 74b unt.
xnana xVn schwacher, verdünnter Essig". (Levy s.v. nan). Da Jas¬
teow den Pael von nan nicht anführt, fehlt bei ihm die Nebenbedeutung
gänzlich.
Zum arabischen Dialekt von 'Ainäb (Libanon)
Von Heinz Grotzfeld, Münster i. W.
Das Orient-Institut der DMG in Beirut besitzt nunmehr dank einer
Zuwendung der Stiftung Volkswagenwerk ein Sommerhaus in dem Berg-
dörfchen 'Ainäb, in das während der Sommer- und Herbstmonate der In¬
stitutsbetrieb aus dem feucht-heißen Beirut verlegt Avird (s. ZDMG 115,
1965, S. *22*). Bereits seit 1962 verbrachte das Institut Sommer und
Herbst in dem gleichen Haus, das damals nur gemietet war.
'Ainäb (lokale Namensfoim 'Ainäb) zählt etwa 6— TOOEinwohner^, liegt
etwa 8O0 m über Meeresniveau südsüdöstlich von Beirut in einer Ent¬
fernung von 15 km Luftlinie und rund 30 Straßenkilometern vom Stadt¬
zentrum. Die Verkehrsverbindungen nach Beirut sind im Vergleich zu
andern libanesischen lieux d'estivage ausgesprochen schlecht : Von 'Ainäb
selber fährt weder eine Buslinie noch eine Servicetaxiliiiie nach Beirut oder
Alay, so daß man auf die Linie Beirut — Abay — Kfar Matta angewiesen ist.
Wegen seiner über die Hälfte drusischen Bevölkerung wird der Ort über¬
dies vom Hauptstrom der Sommergäste gemieden. So kommt es, daß
'Ainäb noch manches von seiner rustikalen Ursprünglichkeit bewahrt hat.
Einen dialektologisch interessierten Referenten des Orient-Instituts
mußte es natürlich reizen, den Dialekt, der sozusagen vor der (Sommer)-
Haustür gesprochen wird, näher zu untersuchen. Nachdem durch andere
Arbeiten, besonders die des P. Henri Fleisch S J, die Dialekte der Christen
recht gut bekannt sind^, kam nur eine Beschäftigung mit der Sprache der
Drusen in Betracht. Obwohl mir durch frühere Erfahrungen klar war, daß
für Tonbandaufnahmen von Dialekten viel Geduld investiert werden
muß, hatte ich die Schwierigkeiten zu gering eingeschätzt. Ich brauchte
nahezu zwei Monate, um zu brauchbaren Aufnahmen zu kommen.
Es war ein Glücksfall, daß der Wächter des Sommerhauses 2amil
Zaydän, Druse, aus 'Ainäb gebürtig, früher Polizist, nun Inhaber eines
kleinen Ladens mit Restam-ant im Dorf, einiges Verständnis für mein Vor-
! Eine genaue Statistik der libanesischen Bevölkerung aus jüngerer Zeit
fehlt, so daß man auf Schätzungen angewiesen bleibt. Die angegebenen Zah¬
len wurden von dem örtlichen Gendarmerieposten im Laufeiner Unterhaltung
beiläufig genarmt und zufällig auf Tonband mitaufgezeichnet, wo ich erst
hinterher auf sie aufmerksam wurde.
' Hier ist besonders zu nennen : H. Fleisch : Textes en arabe dialectal de la montagne libanaise. Limite entre parlers non-diffirentiels et parlers diffirentiels.
in : Mölanges de l'Universitö Saint Joseph XL, 1964, S. 313—374. Der nächst¬
benachbarte beschriebene Dialekt ist der von Dfün (Dfoün), etwa 4 km süd¬
östlich von 'Ainäb, in der genannten Arbeit S. 352—9.
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