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Die Beziehungen Gothas nach Äthiopien Gotha, 3. Dezember 2014

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Die Beziehungen Gothas nach Äthiopien

Gotha, 3. Dezember 2014

In Äthiopien verbinden viele Bürger den Namen der alten thüringischen Haupt- und Residenzstadt Gotha mit dem Aufbruch ihres Landes zu einer starken gebildeten afrikanischen Nation. Der Grund für die enorme Popularität Gothas auf dem afrikanischen Kontinent führt uns zurück ins Jahr 1640, in dem Herzog Ernst von Sachsen das neue Herzogtum Sachsen-Gotha mit der Haupt- und Residenzstadt Gotha begründet. Er übernahm ein völlig ruiniertes Land. Deshalb holte er die besten Wissenschaftler, Pädagogen und Staatsleute in seine Stadt und schaffte es innerhalb weniger Jahre sein Territorium zu dem mustergültigen „Teutschen Fürsten Stat“ zu formen, wie ihn der Staatsrechtler Veit Ludwig von Seckendorff in seinem bedeutenden Lehrbuch beschrieb.

Bereits in den ersten zehn Jahren seiner Regentschaft erkannte der weitsichtige Gothaer Regent die Bedeutung der evangelischen Religion und machte sich mit seinem „Ernestinischen Bibelwerk“ national für deren Förderung stark. Sein Land als protestantischer Musterstaat förderte die Kirche nicht nur im eigenen Staat. Besonders interessierte den Herzog die Entdeckung neuer Kulturen ganz speziell in Afrika.

1651 kam der in Erfurt geborene Wissenschaftler Hiob Ludolf (1624-1704) nach Gotha und berichtete dem Herzog von einer Begegnung mit dem äthiopischen Geistlichen Abba Gregorius in Rom. Der Herzog war von den Schilderungen begeistert, und bat Ludolf den fremden Geistlichen nach Gotha zu holen. Hiob Ludolf trat nun in Gothaer Staatsdienste und 1652 traf der Äthiopier Abba Gregorius in Gotha ein. Gemeinsam mit Hiob Ludolf führten sie die Gothaer Religionsgespräche ein, durchforsteten sie die alten Schriften der Bibliothek und erarbeiteten Wörterbücher. Beide leisteten durch ihre Arbeiten der Äthiopistik und der semitischen Sprachwissenschaft unschätzbare Dienste.

Hiob Ludolf erhielt 1653 vom Herzog die Genehmigung ein Haus unterhalb des Schloss- berges zu erwerben. Hier lud er immer wieder Schüler und fremde Wissenschaftler ein. Im gleichen Jahr begann er seine Tätigkeit als Prinzenerzieher am Hofe.

Am 2. Juni 1659 nahm er den Schüler Johann Michael Wansleben in seinem Hause auf. Er unterrichtete ihn in äthiopischen Studien. Ein Jahr später ist es Wansleben der von Gotha nach London aufbrach, um zwei Bücher von Hiob Ludolf nach London zu bringen. 1661 erschienen in der englischen Hauptstadt die von Ludolf und Abba Gregorius erarbeiteten Bücher

„Lexicon Aethiopico-Latinum“ und „Grammatica Aethiopica“. Nach dem Druck stellte sich heraus, dass sich viele Übermittlungsfehler eingeschlichen hatten und erst 1699 erschien eine Neuauflage des über Jahrhunderte populärsten Wörterbuches der äthiopischen Sprache in Frankfurt am Main.

1661 schrieb der Gothaer Gelehrte Jeremias Wittich in einer Reisebeschreibung, das in Gotha ein Gasthof „ad insigne Aethiopsis“ mit dem Zeichen des Mohren besteht. Unklar ist bis heute, wie die nicht aus einheimischem Sandstein gefertigte Mohren-Figur nach Gotha kam. Im Jahre 1663 brach Ludolfs Schüler, Johann Michael Wansleben, im Auftrag von Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha zu einer Afrika-Expedition auf, von der er dem Herzog einen heute noch erhaltenen Bericht fertigte. Ludolfs Studien und Forschungen gingen weiter. 1668 erschienen das „Lexicon Amharica-Latinum“ und die „Grammatica induae Amharicae“ wieder in Frankfurt am Main, beide Bücher waren abermals ein Gemeinschaftswerk von Hiob Ludolf und Abba

Gregorius aus ihren Gothaer Forschungen. Mit dem Tod von Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha verlor Hiob Ludolf seinen großen Förderer. Da er selbst der Erzieher des neuen Regenten war, konnte er seine Arbeiten nahtlos fortsetzen.

Bis zu seinem Tod 1704 blieb der Kontakt des international anerkannten Wissenschaftlers nach Gotha bestehen. Bereits 1681 konnte er aus seinen Gothaer Forschungen die „Historica Aethiopica“ veröffentlichen, die bis ins 21.

Jahrhundert eine unerlässliche Wissensquelle für das Studium des mittelalterlichen Äthiopiens ist. Verschiedene Regenten forderten in den folgenden Jahren den der äthiopischen Sprache mächtigen Wissenschaftler Ludolf zu diplomatischen Missionen auf.

Im 18. Jahrhundert sind die einhundert Jahre alten Beziehungen zum afrikanischen Kontinent, durch die Forschungen in der Herzoglichen Bibliothek ständig präsent.

Der 1664 erbaute Gasthof „Zum Mohren“ erhielt einen Rokokogiebel, der mit einer Sandsteinfigur des Mohren verziert wurde.

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Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg, den die Nachwelt als den „Astronom auf dem Thron“ verehrt, war für seine naturwissenschaftlichen Forschungen und deren Förderung bekannt. Die von ihm geförderte „Großloge“

erhielt ab 1784 Sitz in Gotha, er selbst bekam den Namen „Prinz von Abessinien“, was an die Liebe seines Urgroßvaters nach Äthiopien erinnern sollte. Der in Gotha gebürtige bedeutende Naturwissenschaftler Johann Friedrich Blumenbach (1751-1840) war ein entschiedener Gegner der damals vorherrschenden Wissenschaftlermeinung, dass die schwarze Rasse eine der europäischen Rasse unterlegene Menschenart ist.

Aus diesem Grunde kaufte er 1791 einen äthiopischen Schädel und belegte an ihm die gleichen Entwicklungs- stufen der Menschheit.

Die 1785 gegründete Verlagsanstalt von Justus Perthes, dokumentierte von Gotha aus die Farben des Weltbildes und lies die letzten unerforschten Landschaften der Erde entdecken. Schon 1822 gab der Gothaer Historiker Prof.

Johann Georg August Galletti (1750-1828) sein „Allgemeines geografisches Wörterbuch“ heraus und erarbeitete sein Buch „Allgemeine Welterkundung oder Enzyklopädia für Geografie, Statistik und Staatengeschichte“, in der er konkrete Beschreibungen der äthiopischen Landschaft, der Menschen, der Sprache und der Religion abgab. Am Anfang des 19. Jhd. beginnen deutsche Forscher den Spuren von Hiob Ludolph zu folgen. 1849 erreicht deutsche Forschungsreisende Georg Schimper die äthiopische Stadt Adua. Ihm folgt 1850 Theodor Heuglin. Beide dokumentieren ihre Forschungsreisen in der ersten geografischen Zeitschrift der Welt „Petermann geographische Mitteilungen“, die von Gotha aus in die ganze Welt exportiert wird. Auch Heinrich Barths „Reisen und Entdeckungen in Nord- und Centralafrika“ erscheinen 1857/58 erstmals in Gotha. Der Gothaer Wissenschaftler August Petermann gibt Forschungsreisenden konkrete Aufträge zur Erkundung Afrikas, insbesondere Äthiopiens.

Bis 1894 erschienen immer wieder Berichte über Neuentdeckungen in Äthiopien in dieser weltweit geachteten Fachzeitschrift.

Die spektakulärste Entdeckungsreise beginnt jedoch im Frühjahr 1862, denn Herzog Ernst II. von Sachsen-Coburg und Gotha begibt sich mit seiner Frau Alexandrine auf eine Reise nach Äthiopien. Er wird von dem Tierforscher Alfred Brehm, dem Schriftsteller Friedrich Gerstäcker, dem Fürsten Hermann von Hohenlohe, dem Prinz Eduard von Leiningen, dem Ehepaar von Reuter, dem Doktor Hassenstein, dem Maler Robert Kretschmer und weiteren zehn Personen Dienerschaft begleitet. Es war wohl August Petermann, der als Ideengeber für diese Reise galt, der schließlich auch 1864 in seinen Mitteilungen die erste Schilderung der Reise veröffentlichte. Herzog Ernst war der erste deutsche regierende Staatschef, der dem afrikanischen Kontinent eine offizielle Reise abstattet. Interessant ist, dass die Franzosen 1897 mit dem Bau einer Eisenbahnlinie von Addis Abeba über Dire Daua nach Djibouti ans

„Rote Meer“ begonnen haben. Diese Eisenbahnlinie führt über ein großes Viadukt, welches den Gotha-Shet = Gotha-Fluss überquert.

Nach der Wiedererlangung der deutschen Einheit und der Überwindung der Folgen der vierzigjährigen deutschen Teilung, widmete sich die Gothaer Stadtpolitik ab 2005 verstärkt einer Neuentdeckung der Beziehungen nach Äthiopien. 2005 und 2006 kommen jeweils die Botschafter Äthiopiens zu einem Besuch nach Gotha, seit 2011 ist das Mitglied der königlichen Familie Prinz Asfa Wossen Asserate regelmäßiger gern gesehener Gast in Deutschlands ältester Stadt mit Beziehungen nach Äthiopien. 2013 gibt er eine internationale Tagung „Orbis Aethiopicus“ in Gotha, die der Auffrischung der Beziehungen dient. Das Engagement von Almaz und Karl-Heinz Böhm seit 1982 in Äthiopien wurde im Jahre 2012 mit der Verleihung des Preises „Der Friedenstein“ in Gotha geehrt, weil sich beide mit ihrer Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“ bleibende Verdienste um das äthiopische Volk erworben haben. Im Jahre 2013 reiste der gebürtige Gothaer Andreas Kieling, Deutschlands bekanntester Tierfilmer, nach Äthiopien, um dort eine Tierreportage über den afrikanischen Wolf zu produzieren, die 2014 im ZDF ausgestrahlt wurde.

Am 19.12.2013 traf ein Brief des Bürgermeisters der Stadt Adua in Gotha ein, in dem der Bürgermeister den Stadtrat zu Gotha bittet, freundschaftliche Beziehungen nach Gotha aufnehmen zu dürfen.

Vom 27. August bis 1. September 2014 weilten der Bürgermeister von Adua, Ato Kiday, der Chef Wirtschaftsentwicklung der Region Tigrey (Bundesland), Ato Seifu und der Mitarbeiter des äthiopischen Außenministeriums, Ato Kassa zu einem ersten Besuch in Gotha. Sie besuchten Firmen und Vereine, das Kreiskrankenhaus Gotha und die musealen Sammlungen sowie das Barockfest. Einer der Höhepunkte der Gespräche war die Begegnung mit Stadträten der Stadt Gotha zu gemeinsamen Gesprächen.

Zurzeit gibt es Überlegungen, welche Projekte gemeinsam umgesetzt werden können. Diese sollen während des Aufenthaltes einer Gothaer Delegation im nächsten Jahr in Adua besprochen werden. Eine Antwort zum geplanten Besuch wird erwartet.

Impressum: Stadtverwaltung Gotha, Büro Oberbürgermeister, Referat für Presse, Öffentlichkeitsarbeit, Städtepartnerschaft und Kultur

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