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Wissenschaft aus erster Hand

Gestörter taG-NacHt-rHytHmus macHt Lust auF aLkoHoL

Prof. Dr. rainer spanagel, Zentralinstitut für seelische Gesundheit, mannheim

(mannheim, Juli 2006) – Ist die innere Uhr verstellt, so steigt die Lust auf Alkohol. Das zeigten Versuche an unseren Mausmutanten. Wir stellten fest, dass Mäuse mit einer bestimmten Mutation des Per2-Gens dem Alkohol sehr zugetan sind. Das Gen steuert zusammen mit anderen Erbanlagen den Schlaf-Wach-Rhythmus. Bei Mäusen mit mutiertem Per2-Gen ist dieser Rhythmus gestört. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich diese Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen. Bereits jetzt wissen wir, dass Jugendliche mit bestimmten Mutationen im Per2-Gen mehr trinken als ihre Alters- genossen. Außerdem leiden Menschen, bei denen der Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander geraten ist, häufiger unter Alkoholproblemen.

Im Experiment wurden die Käfige der Mäuse mit zwei Trinkvorrichtungen ausgestattet, von denen die eine Wasser und die andere Alkohol enthielt. Mäuse mit der Mutation im Per2-Gen tranken dreimal so viel Alkohol wie ihre Artgenossen ohne diese Mutation. Wir untersuchten die Tiere genauer und stießen auf eine Erklärung für dieses Verhalten: Im Gehirn der genetisch veränderten

Mäuse lagen hohe Konzentrationen des aktivierenden Botenstoffs Glutamat vor. Glutamat ist auch im Gehirn alkoholkranker Men- schen vermehrt zu finden. Bisher wurde das damit erklärt, dass der Körper die einschläfernden Effekte des Alkohols auszugleichen versucht, indem er größere Mengen des „Muntermachers“ Glutamat produziert. Unsere Ergebnisse sprechen aber dafür, dass man- che Menschen – genau wie die Mäuse – mit mutiertem Per2-Gen von Anfang an relativ viel Glutamat im Gehirn haben. Sie vertragen dann mehr Alkohol und trinken deshalb auch mehr.

Die Glutamatwirkung im Gehirn lässt sich mit bestimmten Medikamenten abschwächen. Therapeuten setzen sie deshalb zur Behand- lung der Alkoholsucht ein. Allerdings spricht nur ein Teil der Alkoholiker auf die Behandlung an. Bei unseren alkoholkranken Mäusen erzielten wir mit so einem Medikament sehr gute Erfolge: Die Glutamatkonzentration im Gehirn der Tiere sank – parallel dazu nor- malisierte sich ihr Alkoholkonsum. Dieser Versuch liefert wichtige Hinweise für die Therapie der Alkoholkrankheit beim Menschen.

Wahrscheinlich wirkt das Medikament hauptsächlich bei Personen, deren Glutamat-Stoffwechsel gestört ist, zum Beispiel wegen einer Mutation im Per2-Gen. Mittlerweile arbeiten wir an einem Test, der diese Patienten zuverlässig identifiziert. Dadurch können wir hoffentlich bald vorhersagen, wem solche Medikamente helfen.

auch gestresste mäuse greifen zur Flasche

Nicht nur Veränderungen im Per2-Gen beeinflussen unser Trinkverhalten. Wir untersuchten außerdem Mäuse bei denen durch einen genetischen Defekt das sogenannte CRH1-Protein nicht funktioniert und verglichen sie mit gesunden Mäusen. Das CRH1-Protein ist eine Andockstelle für ein Hormon, das bestimmte Stresssituationen beeinflusst.

Sowohl die normalen Mäuse als auch die Tiere mit dem CRH1-Gendefekt waren zunächst Gelegenheitstrinker und tranken eher Was- ser als Alkohol. Doch nach einigen Wochen unter Stress, zum Beispiel durch ein kurzes Bad in Wasser oder einen fremden Artgenos- sen im Käfig, stieg der Alkoholkonsum der Mäuse mit dem CRH1-Defekt um das Dreifache. Die Mäuse ohne Gendefekt änderten ihre Trinkgewohnheiten auch unter diesen Bedingungen nicht. Es hat sich gezeigt, dass auch beim Menschen Träger einer bestimmten genetischen Variante des CRH1-Gens ein größeres Risiko haben, an Alkoholismus zu erkranken. Schon bei Jugendlichen zeigen sich die Auswirkungen dieses Gendefekts: Sie lassen sich häufiger zu einem Saufgelage hinreißen, insbesondere dann, wenn sie unter Stress stehen. Es ist schon erstaunlich, wie gut sich die Ergebnisse an Mäusen auf den Menschen übertragen lassen.

GENial einfach! – NGFNdirekt: Alkoholismus Rainer Spanagel Foto: privat

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