Ältere Menschen in Mitte

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„Ältere Menschen in Mitte“

Potenziale des Alters erkennen - Nutzen und stärken!

Defizite des Alters anerkennen -

Hilfen und Unterstützung bereitstellen!

Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte

Diskussionsentwurf zur Weiterentwicklung der bezirklichen Seniorenpolitik

Erarbeitung:

Ausschuss für Gesundheit und Soziales der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin

Seniorenvertretung Mitte

Bezirksamt Mitte von Berlin, Abteilung Gesundheit und Soziales

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Herausgeber: Bezirksamt Mitte von Berlin Abteilung Gesundheit und Soziales

Bezirksstadtrat für Gesundheit und Soziales - Dr. Christian Hanke -

Müllerstraße 146, 13353 Berlin Informationen: Elke Harms

Sozialplanung 2009 42530

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

auch in Mitte wird sich der allgemein prognostizierte demographische Wandel der Ge-sellschaft zukünftig stärker bemerkbar machen. Zwar zählt der Bezirk – als bevorzugter Zuzugsort von meist jungen Menschen - auch weiterhin zu den „jüngeren“ Bezirken in Berlin, der Anteil der älteren Bürger und Bürgerinnen an der Bevölkerung wird sich aber auch hier erhöhen. Sehr viel stärker wird sich jedoch der Strukturwandel innerhalb der älteren Generation auf die zukünftigen Anforderungen der Seniorenpolitik auswir-ken. Noch deutlicher als bisher zeigt sich, dass die heutige ältere Generation keines-wegs eine homogene Gruppe ist. Das macht sich in unserem Bezirk nicht allein darin bemerkbar, dass der Anteil der älteren Menschen mit Migrationshintergrund stetig zu-nimmt; sie ist im Vergleich zu früher auch aktiver und individueller in der Lebensgestal-tung und verfügt über deutlich bessere gesundheitliche, bildungsmäßige sowie finan-zielle Voraussetzungen, um die eigenen Bedürfnisse entsprechend umzusetzen. Dabei darf allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, dass in unserem Bezirk insgesamt starke soziale Differenzierungen innerhalb der Bevölkerung bestehen, die sich auch in der Altersgruppe der Senioren und Seniorinnen bemerkbar machen.

Angesichts dieses Altersstrukturwandels sind alle gesellschaftspolitischen Bereiche gefordert, die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen älterer Menschen als Quer-schnittsaufgabe zu begreifen und im Sinne eines generationsübergreifenden Ansatzes und Miteinanders zu gestalten.

Ich freue mich daher ganz besonders, den nun vorliegenden „Diskussionsentwurf der Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“ vorzustellen. Gleichzeitig möchte ich an dieser Stelle den Mitgliedern der Arbeitsgruppe zur Erarbeitung des Entwurfs meinen Dank aussprechen. In einem intensiven Arbeitsprozess haben sie das vorliegende Konzept erarbeitet und somit eine wichtige Diskussionsgrundlage vorbereitet. Gemeinsam mit allen Akteuren der Altenhilfe und Seniorenarbeit im Bezirk, vor allem aber auch mit den Seniorinnen und Seniorinnen selbst, sollen die Leitlinien nun öffentlich diskutiert und weiter entwickelt werden.

Ich hoffe auf eine rege Beteiligung aller Akteure und freue mich auf einen konstruktiven Diskussionsprozess zur Weiterentwicklung der bezirklichen Seniorenpolitik.

Dr. Christian Hanke

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Inhaltsverzeichnis

Einleitung... 6

Präambel... 7

1 Ausgangslage ... 8

1.1 Akteure der Politik für SeniorInnen in Mitte... 8

1.2 Soziodemografische Lage älterer Menschen in Mitte ... 8

1.2.1 Sozialräumliche Verteilung älterer Menschen in Mitte... 9

1.2.2 Wirtschaftliche Situation älterer Menschen in Mitte...10

1.3 Bezirkliche Handlungsschwerpunkte der Seniorenpolitik...12

2 Potenziale des Alters erkennen - Nutzen und stärken! ... 13

2.1 Mitbestimmung und Mitwirkung ...13

2.2 Offene Altenhilfe...13

2.2.1 Begegnungsstätten...14

2.2.2 Stadtteilzentren und Nachbarschaftseinrichtungen ...15

2.3 Selbsthilfe und bürgerschaftliches Engagement...16

2.4 Lebenslanges Lernen...17

2.5 Prävention und Gesundheitsförderung ...19

2.6 Sport und Bewegung...20

2.7 Wohnen im Alter...21

2.8 Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe ...22

2.9 Kultur ...23

3 Defizite des Alters anerkennen – Hilfen und Unterstützung bereithalten!... 24

3.1 Mobilität erhalten – Barrierefreiheit verbessern ...24

3.2 Verbraucherschutz ...25

3.3 Schutz und Innere Sicherheit - Gewaltprävention...25

3.4 Beratung - Information – Koordination...26

3.5 Hilfen im Pflegefall ...28

3.6 Hospizarbeit ...29

3.7 Kultursensible Altenpflege...29

3.8 Ältere Menschen mit Behinderungen...30

3.9 Ältere Menschen mit psychischen Erkrankungen ...30

4 Entwurf - Bezirkliche Leitlinien ... 32

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Einleitung

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) des Bezirks Mitte hat in ihrer Sitzung vom 16.06.05 folgenden Beschluss gefasst:

„Das Bezirksamt wird ersucht, in Zusammenarbeit mit Freien Trägern der Seniorenar-beit, der Senior/innenvertretung und dem zuständigen Fachausschuss der BVV ein Konzept für eine flächendeckende bezirkliche SeniorInnen-Arbeit zu erstellen. Als Ar-beitsgrundlage dienen die Leitlininen der SeniorInnen – Politik Berlins.“

Diesem Beschluss folgend hat sich unter der Federführung der zuständigen Fachabtei-lung des Bezirksamtes Mitte, AbteiFachabtei-lung Gesundheit und Soziales, eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich aus Mitgliedern aller im Ausschuss für Gesundheit und Soziales ver-tretenen Fraktionen der BVV, der Vorsitzenden der bezirklichen Seniorenvertretung sowie MitarbeiterInnen des Sozialamtes zusammensetzte.

Ziel der Arbeitsgruppe war es, ein gemeinsames bezirkliches Konzept zu erarbeiten, das in einem weiteren Schritt im öffentlichen Diskurs mit den beteiligten bezirklichen Akteuren der SeniorInnen - Arbeit und Altenhilfe abgestimmt werden soll.

In diesen Arbeitsprozess wurden auch alle Fachabteilungen des Bezirksamtes einbe-zogen. Ein besonderer Dank gilt auch Herrn Dr. Heinz Trommer, Sprecher des Arbeits-kreises „Altern und Gesundheit“, Gesundheit Berlin e. V., für seinen Beitrag zum The-ma Prävention und Gesundheitsförderung.

Als Arbeitsgrundlage dienten die „Berliner Leitlinien der Seniorenpolitik“. Unter Berück-sichtigung der spezifischen Lage älterer Menschen im Bezirk Mitte wurden die Berliner Leitlinien jedoch den bezirklichen Gegebenheiten und den begrenzten Möglichkeiten der direkten Einflussnahme durch das Bezirksamt angepasst.

Als Ergebnis dieses intensiven Arbeits- und Diskussionsprozesses liegen nun die Ent-würfe der „Leitlinien der SeniorInnenpolitik im Bezirk Mitte“ sowie das „Konzept der SeniorInnen – Arbeit“ vor.

Dabei ist zu beachten, dass sowohl die Erstellung der bezirklichen seniorenpolitischen Leitlinien wie auch die Konzeption als zukunftsorientierter Prozess verstanden wird, den es im öffentlichen Diskurs weiter zu entwickeln gilt.

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Präambel

Angesichts des demografischen Wandels sind alle gesellschaftspolitischen Bereiche gefordert, die spezifischen Bedürfnisse und Anforderungen älterer Menschen als Quer-schnittsaufgabe für alle Politikfelder zu begreifen und im Sinne eines generationsüber-greifenden Ansatzes und Miteinanders zu gestalten.

Wir - die Mitglieder der Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines bezirklichen Konzeptes der SeniorInnen - Arbeit in Mitte – haben uns dieser kommunalpolitischen Aufgabe gestellt. Mit der Vorlage des Entwurfs „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“ möchten wir einen Diskussionsprozess eröffnen, dessen Ziel es ist, die bezirkliche Politik für ältere Menschen gemeinsam mit allen Beteiligten nachhaltig zu gestalten und weiter zu ent-wickeln.

Wir sind dabei in erster Linie nicht von einem defizitorientierten Altersbild ausgegan-gen, sondern begreifen die „Lebensphase Alter“ als Chance sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft insgesamt. Es ist uns wichtig, dazu beizutragen, ein neu-es, realistisches und differenziertes Altersbild in der Gesellschaft voran zubringen. Dennoch ist uns bewusst, dass mit zunehmenden Alter - vor allem in der Hochaltrig-keit - auch gesundheitliche Einbußen und nachlassende LeistungsfähigHochaltrig-keit zu ver-zeichnen sind und notwendige, bedarfsgerechte Unterstützungsangebote bereitgehal-ten werden müssen.

Das vorliegende Konzept steht daher unter dem Leitmotiv:

Potenziale des Alters erkennen - Nutzen und stärken!

Defizite des Alters anerkennen – Hilfen und Unterstützung bereitstellen! Es ist uns sehr wohl bewusst, dass die direkten Gestaltungs- und Steuerungsmöglich-keiten der bezirklichen Seniorenpolitik - insbesondere die der Altenhilfeplanung – in den letzten Jahren stark eingegrenzt worden sind. Dies liegt zum einen an der bekann-termaßen äußerst engen Haushaltslage der Bezirke, zum anderen auch an übergeord-neten Regelungen und Gesetzgebungen, die eine direkte Beteiligung und Einfluss-nahme der Bezirke nicht vorsehen.

Bei der Erarbeitung des Konzeptes haben wir uns daher stets bemüht, den Blick für das „Machbare“ zu behalten und dabei das „Notwendige“ nicht aus den Augen zu ver-lieren.

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“ 1 Ausgangslage

1.1 Akteure der Politik für SeniorInnen in Mitte

Die Altenhilfeplanung ist nach § 75 SGB XII Aufgabe der Kommunen, in Berlin über-nehmen die Bezirke diese Aufgabe. Sie umfasst die spezifische Bedarfsermittlung vor Ort sowie die Angebotsplanung und –entwicklung in Zusammenarbeit mit der Senio-renvertretung sowie den örtlich vorhandenen Diensten und Trägern der Altenhilfe. In Mitte sind dies vor allem die Wohlfahrtsverbände, religiöse Gemeinden und Freien Trä-ger, Nachbarschaftseinrichtungen und Stadtteilzentren, Quartiers- und Stadteilmana-gement sowie sonstige Verbände, Vereine und die Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Mitte. Seniorenpolitik soll als Querschnittsaufgabe darüber hinaus in alle Politik- und Verwaltungsbereiche hineinwirken und muss als integraler Bestandteil jeg-licher Planungsbereiche entsprechende Berücksichtigung finden.

Der Bezirk entwickelt aufgrund seiner bedarfs- und sozialraumorientierten Kenntnisse und Erfahrungen – in Zusammenarbeit mit den Akteuren vor Ort – Handlungs- und Bedarfsschwerpunkte. Eine qualifizierte bezirkliche Sozial- und Altenhilfeplanung ist weiterhin unerlässlich.

1.2 Soziodemografische Lage älterer Menschen in Mitte

Insgesamt hat der Bezirk Mitte 316.912 Einwohner (Stand: 30.06.2005). Der Anteil älterer Menschen über 60 Jahren beträgt derzeit 19,4 % (61.421 Einwohner); Berlin-weit sind es 23,4%. Der Bezirk zählt damit im gesamtberliner Vergleich zu den „jungen Bezirken“. Dennoch nimmt die Zahl älterer Menschen auch im Bezirk Mitte weiter zu. Der Anteil der über 60jährigen hat sich seit 1999 um 5 % erhöht, während sich die Ge-samtbevölkerungszahl seitdem um 0,6% verringert hat.

Der Anteil der Frauen an der Altersgruppe erhöht sich mit zunehmendem Alter. So beträgt der Anteil der Frauen an der Altersgruppe 60 bis unter 65 Jahren zurzeit 47,7% an der Altersgruppe 65 Jahre und älter dagegen bereits 62,1%. Damit ist auch in Mitte eine Feminisierung der Bevölkerung mit steigendem Alter zu verzeichnen.

Zunehmend erreichen auch die Arbeitsmigranten der sogenannten 1. Generation das Rentenalter. Seit 1999 ist die Zahl der älteren Migranten über 60 Jahre im Bezirk Mit-te um 52% gestiegen. Waren im Jahr 1999 insgesamt 5.741 nichtdeutsche Einwohner 60 Jahre und älter, so sind es heute 8.724. Der Anteil der Seniorinnen und Senioren nichtdeutscher Herkunft beträgt mittlerweile rund 14% an den über 60jährigen. Damit liegt der Bezirk deutlich über dem Berliner Durchschnittswert von 5,5%. Das bedeutet zugleich, dass fast 20 % aller nichtdeutschen SeniorInnen in Berlin im Bezirk Mitte le-ben. Darin sind noch nicht die mittlerweile Eingebürgerten sowie die im Bezirk leben-den Aussiedler einbezogen. Nach Einschätzung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales1 würde sich der Anteil an den Senioren noch um ca. 30% erhöhen, wenn

man diese Bevölkerungsgruppen mit einbezieht.

Laut der Bevölkerungsprognose 2002 - 2020 der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wird sich der Anteil der älteren Menschen über 65 Jahren im Bezirk Mitte bis zum Jahr 2010 nur gering von derzeit 13,4% auf 14,8% und bis zum Jahr 2020 auf 15,1% der Bevölkerung erhöhen. Es wird jedoch einen erheblichen strukturel

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Leitlinien der Berliner Seniorenpolitik, Seite 34; Hrsg: Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucher-schutz ; Berlin 2005

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

len Wandel innerhalb der Altersgruppe geben, da ein deutlicher Anstieg der Zahl älte-rer Migranten zu verzeichnen sein wird. Ihr Anteil an den über 65jährigen wird überpro-portional ansteigen. Das heißt, dass im Jahr 2010 mindestens 15 % der über 65jährigen im Bezirk nichtdeutscher Herkunft sind; im Jahr 2020 wird ihr Anteil voraus-sichtlich bezirksweit 21,5% betragen. In Stadtteilen, die bereits heute einen hohen An-teil an nichtdeutschen Einwohnern haben, wird der AnAn-teil an den Senioren mit Migrati-onshintergrund aber noch deutlich höher sein.

1.2.1 Sozialräumliche Verteilung älterer Menschen in Mitte

Die sozio-demografische Bevölkerungsstruktur der Gruppe älterer Menschen ist im Bezirk Mitte in den einzelnen Sozialräumen unterschiedlich ausgeprägt. Sie unter-scheidet sich demografisch vor allem in Bezug auf den prozentualen Bevölkerungsan-teil wie auch hinsichtlich des AnBevölkerungsan-teils nichtdeutscher SeniorInnen an der Altersgruppe. Soziografisch betrachtet ergeben sich darüber hinaus vor allem im „Ost – West – Ver-gleich“ - aufgrund der verschiedenen, sozialisationsbedingten Lebens- sowie Er-werbsbiografien Unterschiede, die sich sowohl kulturell als auch bezogen auf die indi-viduelle wirtschaftliche Situation bemerkbar machen.

Die zukünftige strukturelle Veränderung der Generation älterer Menschen in Mitte wird bei der Betrachtung der Altersgruppe der 55 bis unter 65jährigen bereits jetzt deutlich: Während der Anteil älterer Migranten an der Altersgruppe der über 65jährigen noch durchschnittlich 12% beträgt, liegt er in der Altersgruppe der zukünftigen SeniorInnen bereits bei über 23%. In den Stadtteilen mit einem ohnehin hohen Anteil nichtdeutscher Einwohner, wie z. B. im Wedding und Tiergarten, liegt er zum Teil deutlich über dem Durchschnittswert. So sind bereits heute im Planungsgebiet Wedding Zentrum 41 % aller Einwohner zwischen 55 und 65 Jahren nichtdeutscher Herkunft; im Gebiet um die Osloer Straße sind es 33%.

Tabelle 1: Anteil der 55 bis unter 65jährigen Einwohner an der Gesamtbevölkerung sowie der Anteil der nichtdeutschen Einwohner an der Altersgruppe

Planungsgebiet Bevölkerung

insgesamt

55 - 64 Jahre davon

nichtdeutsch

absolut in % der

Ge-samtbevölkerung absolut In % der 55-64jährigen

1.1 – Tiergarten Süd 12 493 1 538 12,3% 327 21,3% 1.2 - Regierungsviertel 9 276 1 489 16% 284 19,1% 1.3 - Alexanderplatz 45 065 4 860 10,8% 376 7,7% 2.1 – Moabit West 40 209 4 359 10,8% 1 144 26,2% 2.2 – Moabit Ost 34 615 3 923 11,3% 907 23,1% 3.1 – Osloer Straße 31 614 3 236 10,2% 1 087 33,5% 3.2 – Brunnenviertel Nord 33 711 3 571 10,6% 454 12,7% 3.3 – Brunnenstraße Süd 22 570 1 166 5,1% 90 7,7% 4.1 - Parkviertel 38 970 4 967 12,8% 878 17,7% 4.2 - Wedding Zentrum 48 389 4 418 9,1% 1 809 41% Insgesamt 316 912 33 527 10,6% 7 925 23,6%

Quelle: Statistisches Landesamt Berlin. Stand 30.06.2005

Die meisten über 65jährigen Einwohner wohnen im Ortsteil Mitte in den Planungsräu-men Regierungsviertel und Alexanderplatz. Dort sind 17% bzw. 19% aller Einwohner älter als 65 Jahre. Einen ähnlich hohen Anteil älterer Einwohner hat auch das Pla-nungsgebiet Parkviertel im ehemaligen Altbezirk Wedding mit 18,5%. Den geringsten

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Anteil (6,5%) an über 65jährigen Einwohnern hat das Planungsgebiet Brunnenstraße Süd.

Bezogen auf den Anteil der Migranten an der Altersgruppe zeigt sich auch hier, dass die meisten über 65jährigen Migranten in den Stadtteilen leben, die ohnehin über einen hohen Anteil nichtdeutscher Einwohner verfügen. Den höchsten Anteil haben die Pla-nungsgebiete Tiergarten Süd mit 20 % und Wedding Zentrum mit 21%. Die wenigsten über 65jahrigen Migranten wohnen im gesamten Altbezirk Mitte sowie im Altbezirk Wedding im Planungsgebiet Parkviertel.

Tabelle 2: Anteil der über 65jährigen Einwohner an der Gesamtbevölkerung sowie der Anteil der nichtdeutschen Senioren an der Altersgruppe

Planungsgebiet Bevölkerung insgesamt 65 Jahre und älter davon nichtdeutsch

absolut in % der

Ge-samtbevölkerung absolut In % der über 65jährigen

1.1 – Tiergarten Süd 12 493 1 560 12,5% 311 20 % 1.2 - Regierungsviertel 9 276 1 571 17% 168 10,7% 1.3 - Alexanderplatz 45 065 8 550 19% 236 2,8% 2.1 – Moabit West 40 209 4 648 11,6% 740 15,9% 2.2 – Moabit Ost 34 615 4 903 14,2% 662 13,5% 3.1 – Osloer Straße 31 614 3 778 12% 701 18,6% 3.2 – Brunnenviertel Nord 33 711 5 068 15% 760 15% 3.3 – Brunnenstraße Süd 22 570 1 464 6,5% 77 5,3% 4.1 - Parkviertel 38 970 7 200 18,5% 484 6,7% 4.2 - Wedding Zentrum 48 389 5 362 11% 1 141 21,3% Insgesamt 316 912 44 104 13,9% 5 280 12%

Quelle: Statistisches Landesamt Berlin. Stand 30.06.2005

1.2.2 Wirtschaftliche Situation älterer Menschen in Mitte

Die wirtschaftliche Lage älterer Menschen gestaltet sich im Bezirk Mitte sehr unter-schiedlich und ist abhängig von dem persönlichen Einkommen in der Erwerbsphase, insbesondere der Dauer der Berufstätigkeit bzw. von Unterbrechungen wegen Erzie-hungszeiten oder Arbeitslosigkeit.

Renten und Pensionen sind in der Regel die Hauptbezugsquellen des überwiegenden Lebensunterhalts, wobei die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung die weit-aus wichtigste Einkunftsquelle ist2.

Der „Sozialstrukturatlas Berlin 2003“3 weist für den Bezirk jedoch eine schlechte

Sozi-alstruktur aus. In der Rangfolge der 12 Berliner Bezirke liegt Mitte auf dem vorletzten Rang gefolgt von Friedrichshain–Kreuzberg. In Bezirken mit einer schlechten Sozial-struktur - begründet durch hohe Arbeitslosigkeit, hohe Anzahl an Sozialhilfeempfän-gern, schlechte Bildung und geringem Einkommen – ist der Anteil von älteren Men-schen geringer und die Lebenserwartung niedrig. Entsprechend niedrig sind hier auch die Anteile der Personen mit überwiegendem Lebensunterhalt aus Rente bzw. Pensi-on. In Mitte beträgt ihr Anteil 17% ; berlinweit sind es 23%.

2

Publikation Nr. 4 Fakten und Felder der freien Seniorenarbeit; Hrsg.: Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e. V. ; Bonn 2005

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Obwohl im Bezirk Mitte die meisten älteren Menschen gegenwärtig nicht unmittelbar von „Altersarmut“ betroffen sind, ist die wirtschaftliche Lage bestimmter Gruppen von SeniorInnen im Bezirk schlechter als im Bundes- und Landesdurchschnitt.

Die Analyse der Sozialhilfedichten in Mitte nach einzelnen Altersgruppen belegt diese Aussage4: „Während bundesweite Auswertungen übereinstimmend einen Rückgang

des Sozialhilferisikos mit zunehmendem Alter feststellen, steigt in Mitte das Sozialhilfe-risiko ab dem Alter von 55 Jahren noch einmal deutlich an. Die Ursache dafür liegt wahrscheinlich an der Struktur des Arbeitsmarktes. Verlieren Menschen in diesem Alter ihrer Erwerbsfähigkeit, dann ist es für sie aufgrund ihres Alters selten möglich, wieder in Erwerbstätigkeit zu gelangen. Sie verbleiben in der Sozialhilfe bis vorrangige Leis-tungen wie z.B. Renten einsetzen. In Berlin Mitte bleibt aber auch das Sozialhilferisiko für die über 65jährigen auf einem hohen Niveau. Während alle Untersuchungen der letzten Jahre zu dem Ergebnis kamen, dass das Armutsrisiko für Menschen über 60 Jahren deutlich zurückgegangen ist (....) muss für Berlin Mitte festgestellt werden, dass ältere Menschen hier ein höheres Sozialhilferisiko tragen.“

Zum Vergleich: Der Erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung weist für Personen über 65 Jahren eine Sozialhilfequote von insgesamt 1,3 % aus. In Mitte be-trägt sie dagegen 5,8%. Die Unterschiede zwischen den „Altbezirken“ sind dabei gra-vierend: Während im Altbezirk Mitte die Sozialhilfedichte der über 65jährigen mit 2,6% noch relativ gering ist, tragen die Rentner in Wedding“ mit 6,5% und in „Alt-Tiergarten“ mit 7,4 % ein höheres Sozialhilferisiko.“5

Dabei wird auch deutlich, dass die hohen Sozialhilfequoten der Rentner aus einem hohen Anteil nichtdeutscher Empfänger resultieren: Während etwa 4 % der deutschen Rentner in Mitte Sozialhilfe beziehen, liegt der Anteil bei den nichtdeutschen Rentnern bei rund 22 %.

Das Frauen gegenüber Männern generell immer noch geschlechtsspezifische Ein-kommensnachteile in allen Qualifikationsstufen und in allen Altersgruppen haben, macht sich auch im Rentenalter bemerkbar. Aufgrund geringerer Rentenansprüche sind sie daher auch häufiger auf Sozialhilfeleistungen angewiesen.

Wir befürchten für die Zukunft, dass sich die schlechtere wirtschaftliche Lage der Seni-orInnen in Mitte generell noch weiter verstärken wird, da im Bezirk der Anteil der Ge-ringverdienenden und Langzeitarbeitslosen – vor allem in Wedding und Tiergarten - besonders hoch ist. Wer über viele Jahre hinweg keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung findet, muss bei der Altersrente mit erheblichen Einbußen rechnen. Gerade Frauen werden zukünftig aufgrund ihrer im Vergleich zu Männern geringeren Verdienst- und Karrieremöglichkeiten in weitaus stärkerem Maß von Altersarmut betrof-fen sein. Auch Migranten werden hiervon überproportional betrofbetrof-fen sein, da sie häufig Tätigkeiten im Niedriglohnsektor ausüben und zudem aufgrund von dauerhafter und frühzeitiger Arbeitslosigkeit geringe Rentenansprüche erwerben.

4

Siehe dazu: Soziale Polarisation in Berlin Mitte. Zur sozialräumlichen Konzentration und Sozialstruktur der Sozialhilfe-empfänger in Berlin Mitte; Hrsg.: Institut für Angewandte Demographie GMBH.;Berlin 2004

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

1.3 Bezirkliche Handlungsschwerpunkte der Seniorenpolitik

Die besonderen Schwerpunkte für die künftige Seniorenpolitik im Bezirk Mitte werden aufgrund und unter Berücksichtigung der vorab beschriebenen spezifischen bezirkli-chen Gegebenheiten auf folgende Handlungsfelder gelegt:

 Stärkung von nachbarschaftlichen Unterstützungsangeboten in Begegnungsstätten und Nachbarschaftseinrichtungen (Aufbau von Hilfsnetzwerken).

 Förderung der Eigeninitiative in den Begegnungsstätten und Ausbau des generati-onsübergreifenden Ansatzes.

 Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und Nutzung des Erfahrungswis-sens zur gesellschaftlichen Teilhabe und Mitgestaltung.

 Entwicklung gezielter Gesundheitsförderungsangebote zur Erhaltung der sozialen, geistigen und körperlichen Beweglichkeit.

 Förderung der interkulturellen und kultursensiblen Öffnung der Altenhilfe.

 Ausbau und Förderung bedarfsgerechter Hilfen und Unterstützungsangebote im Alter.

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

2 Potenziale des Alters erkennen - Nutzen und stärken!

2.1 Mitbestimmung und Mitwirkung

Politische bzw. gesellschaftliche Entscheidungen, die ältere und alte Menschen betref-fen, werden von Institutionen ( arlamenten, BVV und Verwaltungen) gefällt, in denen diese Altersgruppe selbst kaum oder gar nicht vertreten ist. Die Bedürfnisse und Prob-leme der Älteren werden daher dort nur unzureichend artikuliert.

Ältere und alte Menschen müssen deshalb in die Lage versetzt werden, ihre Interessen schon im vorparlamentarischen Raum in den Prozess der Entscheidungsfindung ein-zubringen, notwendige Änderungen zu begründen und an Lösungen mitzuarbeiten. Dieser Aufgabe können sich in besonderer Weise die Seniorenvertretungen und Beirä-te annehmen, da sie durch ihre EntsBeirä-tehungsweise und ihre Zusammensetzung grund-sätzlich parteiunabhängig und verbandsneutral sind. Auch haben sie durch ihre unmit-telbare Nähe zu den Sorgen Älterer sowie durch die eigene Betroffenheit für diese Be-lange eine besondere Kompetenz. Als Interessenvertretung der älteren Generation haben die Seniorenvertretungen die Aufgabe, den Bezirk hinsichtlich der Lebensum-stände von älteren und alten Menschen zu beraten.

Die gesellschaftliche Teilhabe und das bürgerschaftliche Engagement der älteren und alten Menschen, welches sich in den Seniorenvertretungen zeigt, ist sowohl für die Älteren selbst als auch für die Gesellschaft zunehmend von Bedeutung und wird von uns unterstützt und gefördert.

Obwohl der Anteil älterer Migranten an der Bevölkerungsgruppe der SeniorInnen im Bezirk stetig ansteigt, sind sie in vielen gesellschaftspolitischen Bereichen immer noch unterrepräsentiert. Es müssen im Hinblick auf die demografische Entwicklung in Mitte zukünftig verstärkte Anstrengungen unternommen werden, engagierte Migranten, de-ren Potenziale und Erfahrungen in alle gesellschaftspolitischen Bereiche einzubezie-hen und vor allem auch für die Arbeit in der Seniorenvertretung zu gewinnen.

2.2 Offene Altenhilfe

Als offene Altenhilfe werden die Einrichtungen, Maßnahmen, Angebote und Veranstal-tungen bezeichnet, die den Bereichen der allgemeinen Beratung, der Freizeitangebote und Beschäftigung der älteren Menschen zuzurechnen sind. Offene Altenhilfe ist nicht nur ein ergänzendes Angebot zur professionellen gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung älterer Menschen, sondern stellt einen eigenständigen, gesellschaftlichen Gestaltungsbereich dar. Dazu gehören u.a. Bildungsangebote und Kulturarbeit, Enga-gementförderung und Partizipation in allen gesellschaftspolitischen Bereichen.

Im Bezirksamt finden sich in den einzelnen Fachabteilungen entsprechenden Angebote für SeniorInnen, u.a. in den Bereichen Bildung, Kultur und Sport. In der Abteilung Ge-sundheit und Soziales ist der Bereich Kulturelle Seniorenarbeit zuständig für die Orga-nisation und Koordination der vom Bezirksamt entwickelten und in Kooperation mit anderen Trägern angebotenen Veranstaltungen, die zielgerichtet die Gruppe der älte-ren Menschen ansprechen. Um die Veranstaltungen den Bedürfnissen und Wünschen der SeniorInnen anzupassen, werden die Angebote ständig hinterfragt und erweitert. Zukünftig wird eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Trägern der Begegnungsstät-ten sowie den Quartiersmanagern vor Ort angestrebt, um die SeniorInnen in den Kie-zen gezielter zu ereichen. Von besonderer Bedeutung wird auch die Entwicklung von Angeboten für und mit älteren Migranten gesehen.

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

2.2.1 Begegnungsstätten

Die Angebote der offenen Altenhilfe werden mittlerweile - neben den klassischen Se-niorenfreizeitstätten - auch von und bei verschiedenen Trägern (Freie Träger, Nach-barschaftseinrichtungen, Wohlfahrtsverbände, Vereine, Kirchengemeinden usw.) im Bezirk Mitte unterbreitet.

Freizeitstätten sind auch zukünftig grundsätzlich als Begegnungsstätten für vielfältige Angebote älterer Menschen unverzichtbar, gerade vor dem Hintergrund der demogra-phischen und strukturellen Entwicklung. Sie dienen der Kommunikation, der Unterhal-tung sowie der Informationsvermittlung und entsprechen damit wichtigen Bedürfnissen älterer Menschen. Sie gewährleisten darüber hinaus gesellschaftliche Teilnahme und Partizipation. Zudem tragen sie wesentlich zur Förderung des sozialen, ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagements bei.

Es bedarf jedoch vielfältiger Initiativen und Aktivitäten, um ihre Attraktivität zu erhöhen und den gewandelten Bedürfnissen der heutigen und zukünftigen älteren Generation anzupassen. Aufgrund des zunehmenden Anteils älterer Migranten sollen sich die An-gebote und Einrichtungen zukünftig verstärkt interkulturell bzw. kultursensibel ausrich-ten und damit integrativ wirken.

Die Begegnungsstätten sollen sich – sozialraumorientiert - in das vorhandene Netz von Nachbarschaftseinrichtungen bzw. Stadtteilzentren einpassen und so Möglichkeiten für notwendige generationsübergreifende Kontakte bieten. Es muss eine Öffnung der vor-handenen Einrichtungen für neue Gruppen und Interessenten stattfinden. Die Räum-lichkeiten müssen auch für selbstorganisierte Aktivitäten zur Verfügung stehen. Gemäß des Grundsatzes der Hilfe zur Selbsthilfe sollen Ansätze gefördert werden, den laufen-den Betrieb und die Organisation solcher Einrichtungen laufen-den Besuchern selbst zu über-tragen.

Die ehemals bezirklichen Seniorenfreizeitstätten in Mitte sind mittlerweile alle in freie Trägerschaften übergegangen. Mit der Übergabe der Seniorenfreizeitstätten an ver-schiedene Träger ist auch der oben formulierte Anspruch verbunden, die Einrichtungen - den neuen Anforderungen entsprechend – zu generationsübergreifenden und inter-kulturellen Begegnungsstätten im Stadtteil weiterzuentwickeln. Die Vielfalt der Träger-landschaft im Bezirk Mitte mit ihren unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten und Erfah-rungsansätzen bietet die Chance, diese Anforderungen umzusetzen.

Der Bezirk begleitet und unterstützt den Entwicklungs- und Vernetzungsprozess, indem er gemeinsam mit den Trägern der Begegnungsstätten sowie weiteren relevanten Ak-teuren im Bezirk geeignete Maßnahmen zur Umsetzung der formulierten Anforderun-gen erarbeitet.

Für die vorab genannten Prämissen der Arbeit der Begegnungsstätten gibt es im Be-zirk Mitte bereits Ansätze, Modelle und Erfahrungen, die es auszubauen gilt. Es hat sich dabei jedoch gezeigt, dass eine qualitative Umsetzung der Anforderungen und die damit verbundene behutsame Öffnung der ehemaligen Seniorenfreizeitstätten hin zu Begegnungsstätten im Stadtteil einer professionellen, den Prozess unterstützenden Begleitung bedarf.

Dieser Prozess impliziert, in den zu entwickelnden Begegnungsstätten auch einen Wandel im Bewusstsein der etablierten Besucher zu initiieren. Hierbei bedarf es der einfühlsamen Steuerung von Gruppenprozessen, die ein hohes Maß an sozialer Kom

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

petenz erfordert. Es gilt. Vorurteile abzubauen, Wertediskussionen zu begleiten und die ältere Generation für die Bereitschaft, innovative Veränderungen zu akzeptieren und mitzutragen, zu gewinnen. Diese komplexe Aufgabe bedarf einer permanenten Prä-senz in der Einrichtung und ist nur professionell und fachlich fundiert zu leisten.

Die zurzeit zur Verfügung stehenden Ehrenamtlichen sowie die häufig wechselnden Mitarbeiter, die im Rahmen von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zeitweise be-schäftigt werden, sind der Aufgabenstellung allein nicht gewachsen.

Zur Beibehaltung einer kontinuierlichen qualitativen SeniorInnen-Arbeit müssen daher geeignete Qualifizierungsmaßnahmen für die ehrenamtlich Tätigen entwickelt werden. Die finanziellen Handlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten der Altenhilfe, insbeson-dere der Freizeiteinrichtungen, sind durch die angespannte Haushaltslage im Bezirk derzeit nur noch begrenzt gegeben. Um den oben genannten Anforderungen dennoch gerecht zu werden, bedarf es zukünftig nicht nur verstärkter Vernetzungs- und Koope-rationsstrukturen der einzelnen Träger im Bezirk.

Zur nachhaltigen Sicherung der Qualität in den Einrichtungen müssen verlässliche Fi-nanzierungskonzepte erarbeitet werden, deren Basis auch über die derzeit übliche Finanzierung durch Mittel im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gesichert werden kann.

2.2.2 Stadtteilzentren und Nachbarschaftseinrichtungen

Stadtteilzentren und Nachbarschaftseinrichtungen richten sich mit ihren Angeboten und Strukturen an Menschen aller Generationen. Dabei wird sowohl auf die besonderen Ansprüche und Bedarfslagen einzelner Gruppen geachtet, als auch die Begegnung und das Zusammenwirken über die Gruppengrenzen hinaus im Stadtteil gefördert. Die Inhalte, Arbeitsfelder und Angebote von Nachbarschaftseinrichtungen und Stadt-teilzentren orientieren sich dabei an den Grundsätzen sozial-kultureller Arbeit. Im Beg-riffspaar „sozial-kulturell“ wird der besondere Anspruch der Nachbarschaftseinrichtun-gen deutlich, sich nicht nur um die im engeren Sinne „sozialen Belange“ der Stadtteil-bewohner kümmern zu wollen, sondern vielfältige Beiträge für eine bessere Lebens-qualität im Wohnumfeld zu leisten.

In den bezirklichen Stadtteilzentren und Nachbarschaftseinrichtungen gibt es je nach Bedarf und Engagement der BewohnerInnen einzelne Angebote und Strukturen für und von älteren Menschen, die sich aktiv ins Gemeinwesen einbringen möchten.

Die Angebote in den Stadtteilzentren sind gemeinsam mit den Akteuren und den Be-wohnern vor Ort weiter zu entwickeln und auszubauen. Eine Vernetzung mit den vor-handenen Einrichtungen für SeniorInnen ist anzustreben, um unnötige Doppelangebo-te zu vermeiden und vorhandene Ressourcen zu nutzen.

In Mitte trifft sich seit zwei Jahren regelmäßig der „Arbeitskreis Stadtteilarbeit in Mitte“, in dem die Träger der drei Stadtteilzentren im Bezirk, die Selbsthilfe-, Kontakt- und Beratungsstelle Mitte, verschiedene Nachbarschafts- und Senioreneinrichtungen sowie MitarbeiterInnen der Bezirksverwaltung6 zusammen an einem bezirklichen Konzept zur

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Sozialplanung, die Plan- und Leitstelle für Gesundheit,, bezirkliche Koordinatorin für das Quartiersmanagement (BzBmRef)

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

bedarfsgerechten Vernetzung und Kooperation der Nachbarschafts- und Selbsthilfear-beit im Stadtteil arSelbsthilfear-beiten. In diesen Prozess sind auch die Quartiers- und Stadtteilma-nagementgebiete im Bezirk Mitte weiter einzubeziehen, um sozialraumorientierte und bedarfsgerechte Angebote und Maßnahmen gemeinsam mit den Bewohnern vor Ort zu entwickeln und umzusetzen.

2.3 Selbsthilfe und bürgerschaftliches Engagement

Uns ist bewusst, dass Selbsthilfefähigkeit und die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement jedes Einzelnen auf einer selbstbestimmten Lebensführung basieren und im Wesentlichen die Erfüllung folgender Vorrausetzungen erfordern:

 Gesundheit.

 Finanzielle Absicherung des Lebensunterhaltes.  Fähigkeit, Wege aus der Isolation des Alters zu finden.

 Das soziale Umfeld zu kennen und über soziale und gesellschaftliche Angebote informiert zu sein.

 Möglichkeiten zu schaffen und wahrzunehmen, sich mit anderen Menschen aus-tauschen zu können, um gesellschaftliche Teilhabe zu erfahren und zu gewinnen.  Eigene Kompetenzen und Stärken zu erkennen und ausbauen.

 Geistige Potentiale zu wecken und weiterzugeben.

Der Bezirk und alle beteiligten Akteure sind daher weiterhin bestrebt, Informationen über die entsprechenden Angebote weiterzugeben und geeignete Zugangsmöglichkei-ten zu schaffen, unter Berücksichtigung der differenzierZugangsmöglichkei-ten Lebenslagen und Fähigkei-ten älterer Menschen sowie der unterschiedlichen Bedarfe und Ansprüche.

Seniorenselbsthilfe ist nach wie vor wichtiger Bestandteil der sozialen Arbeit im Bezirk Mitte. Sie entspricht dem Wunsch vieler älterer Menschen nach selbstbestimmter, selbstorganisierter Lebensgestaltung und Kommunikation mit Menschen mit gleichen Interessen, nach sozialen Kontakten sowie dem Austausch mit jüngeren Menschen. Das freiwillige, soziale Engagement älterer Menschen für die Gesellschaft umfasst auch im Bezirk Mitte ein breites Spektrum, das von der Nachbarschaftshilfe über frei-willige Tätigkeiten in (Sport-) Vereinen, religiösen Gemeinden, Schulen, Kindertages-stätten, Bibliotheken sowie in der Mitwirkung in Selbsthilfegruppen und Bürgerinitiati-ven bis hin zum traditionellen Ehrenamt in den Sozialkommissionen des Bezirks reicht. Unter ehrenamtlichen Tätigkeiten werden gemeinhin freiwillige, nicht auf Entgeld aus-gerichtete Tätigkeiten im Rahmen von Organisationen und Vereinen verstanden. Dabei ist ein Paradigmenwechsel der Motivation zum freiwilligen Engagement zu berücksich-tigen. Während beim „klassischen“ Ehrenamt die Beteiligten ihre ehrenamtliche Tätig-keit oft über einen langen Zeitraum ihres Lebens ausüben und das Engagement für andere im Vordergrund steht, gewinnt beim neuen Ehrenamt auch der individuelle Nut-zen stärkere Bedeutung. An erster Stelle steht dabei der Wunsch, sich an der Mitges-taltung der Gesellschaft zu beteiligen. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist der Wunsch nach generationsübergreifenden, sozialen Kontakten mit anderen Menschen.7

Es hat sich gezeigt, das bürgerschaftliches Engagement in weiten Teilen ein Mit-telstandsphänomen ist und u.a. abhängig von den oben genannten Bedingungen ist. Zur Überwindung von sozialen Differenzierungen und Hemmnissen müssen daher die

7 Siehe dazu auch: Fakten und Felder der freien Seniorenarbeit.; Hrsg: Publikation Nr. 14;Bundesarbeitsgemeinsachft

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

unterschiedlichen Bevölkerungsstrukturen im Bezirk berücksichtigt werden und eine adäquate Anpassung der Angebote an die unterschiedlichsten Bedürfnisse erfolgen. Gemeinsam mit anderen regionalen und überregionalen Akteuren, deren Kenntnissen und Erfahrungen, sollen übergreifende bürgerschaftliche Netzwerke geschaffen wer-den.

Bürgerschaftliches Engagement und Selbsthilfe bedürfen der öffentlichen Förderung und Unterstützung, insbesondere durch Bereitstellung einer engagementförderlichen Infrastruktur. Engagementfördernde Rahmenbedingungen können die Beteiligung älte-rer Menschen erhöhen. Der Bezirk unterstützt daher Maßnahmen und Projekte, die die Potenziale älterer Menschen fördern, nutzen und qualifiziert einsetzen und damit neue Chancen für bürgerschaftliche Netzwerke eröffnen.

Im Bezirk gibt es bereits vielfältige etablierte Strukturen, die zur Unterstützung des frei-willigen Engagements konzipiert wurden. Seit zwei Jahren gibt es im Bezirk z. B. die Freiwilligenagentur Wedding. Träger der Freiwilligenagentur Wedding sind das Be-zirksamt Mitte von Berlin, die NachbarschaftsEtage der Fabrik Osloer Str. e.V., das Nachbarschaftshaus Prinzenallee e.V. und der AWO Kreisverband Mitte e.V., die in einer Trägerrunde zusammenarbeiten. Eine Erweiterung der Trägerschaft ist geplant und wird aktiv betrieben. Die Freiwilligenagentur Wedding ist bereits gut in die Freiwilli-genstrukturen im Land Berlin eingebunden: Sie ist Mitglied in der Landesarbeitsge-meinschaft Freiwilligenagenturen Berlin (LaGFa) und arbeitet eng mit der Freiwilligen-agentur Kreuzberg/Friedrichshain zusammen.

Ziele der Arbeit der FreiwilligenAgentur Wedding sind, das ehrenamtliche, freiwillige und bürgerschaftliche Engagement qualitativ und quantitativ zu stärken, Bürger und Bürgerinnen zu aktivieren, sich stärker für das Gemeinwesen einzusetzen mit dem Ziel, die Lebensqualität im Kiez zu verbessern, die Tätigkeitsfelder für freiwilliges Engage-ment zu erweitern und öffentlich zu machen und die öffentliche Diskussion zum freiwil-ligen Engagement zu fördern.

Der Bezirk Mitte wird darüber hinaus durch geeignete Maßnahmen, die es weiter zu entwickeln gilt, die Selbsthilfebewegung und das bürgerschaftliche Engagement unter-stützen, vorhandenes stabilisieren und ausbauen und Neues mit aufbauen.

2.4 Lebenslanges Lernen

Das Motto „Lebenslanges Lernen“ erhält im Zuge der derzeitigen Diskussion um die Verlängerung der Lebensarbeitszeit eine zentrale Bedeutung. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass ältere Menschen im Rahmen ihrer Erwerbsarbeit vergleichswei-se vergleichswei-selten an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, obwohl dievergleichswei-se für die berufliche Perspektive zunehmend an Bedeutung gewinnen. Zum anderen ist Bildung einer der Lebensbereiche, in dem auch Ältere jenseits ihres beruflichen Engagements an der Gestaltung der Gesellschaft teilhaben können. Kontinuierliche Weiterbildung auch im Alter ist allein aufgrund des stetigen technischen und sozialen Wandels uner-lässlich. Bildung im Alter dient zudem der sozialen Integration und qualifiziert für Parti-zipation und bürgerschaftliches Engagement.

Wir begreifen das Erfahrungswissen älterer Menschen als gesellschaftliches Potenzial, das es individuell und gesamtgesellschaftlich zu fördern und zu fordern gilt. Nachberuf-liches Engagement ist unbedingt erwünscht und sollte sinnvoll und sinngebend – auch zur Stärkung des Gemeinwesens - eingebracht werden. Wir wissen, das ältere Migran

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

ten über vielfältige Potenziale und Erfahrungen verfügen, die es zum Nutzen des Ge-meinwesens sowie einer nachhaltigen Integration auch der jüngeren Generation zu fördern und zu fordern gilt.

Zur Förderung und Entwicklung sowohl des bürgerschaftlichen Engagements als auch der Weiterbildung älterer Menschen im Sinne des lebenslangen Lernens müssen sich die Angebote der Bildungs- und Altenhilfearbeit vor allem auch auf die sehr heterogene Bildungs- und Sozialstruktur der SeniorInnen in Mitte einstellen. Die Angebote müssen daher unter Berücksichtigung der differenzierten Lebenslagen und Fähigkeiten älterer Menschen sowie der unterschiedlichen Bedarfe und Ansprüche entwickelt werden und geeignete Zugangsmöglichkeiten geschaffen werden. Dazu ist die Erarbeitung eines abgestimmten Konzeptes unter Beteiligung aller relevanten Akteure im Bezirk notwen-dig.

Die Volkshochschule in Mitte ist weitestgehend im Sinne der Förderung des „Lebens-langen Lernens“ auf die Bedürfnisse der SeniorInnen eingestellt. Dabei sind für die nachgefragte Bildungsarbeit folgende Prämissen wirksam zu machen:

 Menschen der älteren Generation, die Selbstständigkeit, Selbstbestimmung und Teilhabe an gesellschaftlicher Wirklichkeit und Entwicklung suchen, wünschen i.d.R. keine Zielgruppenprogramme! Sie fragen den „barrierelosen“ Zugang zu Wei-terbildungsangeboten nach, einzig bestimmt durch Vorkenntnisse, die Lernprozess und -ergebnis steuern.

Die Lerngeschwindigkeit ist individuell bestimmt; nicht per se generationszugehörig festlegbar.

 „50+“-Angebote kennzeichnen einzelne spezielle Zielgruppengrogramme, die in-haltlich (z.B. bei Körperarbeit) entsprechend auszuweisen sind.

Die öffentliche Weiterbildung an den Volkshochschulen Berlins wird im Sinne der Leitli-nien nur bedingt wirksam sein können, da besondere Entgeltermäßigungen für Ältere senatsseitig nicht mehr vorgesehen sind. Bezogen auf das Berliner Budgetierungsver-fahren und dem fortlaufenden demografischen Wandel - wie die zukünftig zu befürch-tende Zunahme der Altersarmut - gibt es hier leitlinienentsprechenden Handlungsbe-darf. Die öffentliche Weiterbildung der Volkshochschule Mitte bedarf daher eines Er-mäßigungssystems, das für den sozialstatus bedingt heterogenen Personenkreis bis-her fehlt.8

Vor allem die Bibliotheken im Bezirk sind originäre Orte lebenslangen Lernens; gerade auch für ältere Menschen. Zugleich ermöglichen sie durch die Bereitstellung von Litera-tur zu Altersfragen auch Austausch und kritische Reflexion von Wahrnehmungen und Meinungen des Alterns und des Altenbilds in der Gesellschaft.

Die Berücksichtigung der Lebenslagen, Interessen und Bedürfnisse älterer Menschen schlägt sich in den Medien- und Dienstleistungsangeboten der Öffentlichen Bibliothe-ken nieder. Den BibliotheBibliothe-ken fällt dabei neben der Bereitstellung von für die Zielgruppe der SeniorInnen relevanten Informationen auch die Aufgabe zu, neben der klassischen Lesekompetenz auch die Kompetenz im Umgang mit neuen Medien wie z.B. der Nut-zung von Online-Datenbanken, dem Internet und elektronischen Medien (CD-ROM, DVD) zu fördern.

8

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Die Nutzung neuer Medien gewinnt auch für die ältere Generation zunehmend an Be-deutung. Vor allem der Zugang zur Computer und Internetnutzung ist dabei von be-sonderem Interesse für ältere Menschen. Das Internet kann den SeniorInnen bis ins hohe Alter hinein eine selbständige Lebensführung ermöglichen. Die Kontaktaufnahme zu entfernt lebenden Verwandten, Freunden und Bekannten kann dadurch z.B. deutlich erleichtert werden.

Es gibt bereits verschiedene Computerkurse für SeniorInnen, die zum Abbau von „Be-rührungsängsten“ und zur Schulung der Internetnutzung beitragen. Neben den von privaten Bildungsträgern angebotenen Kursen bietet auch die Volkshochschule Kurs-angebote speziell für Senioren an. Darüber hinaus müssen weitere Zugangs- und In-formationsmöglichkeiten für ältere Menschen zum Umgang mit den neuen Medien ge-schaffen werden. Geeignete Orte können z.B. auch die Begegnungsstätten, Nachbar-schaftseinrichtungen usw. sein.

Mit einem Netz wohnumfeldnaher Bibliotheksstandorte stehen wichtige, soziokulturelle Treffpunkte ohne finanzielle Barrieren zur Verfügung. Die Einbeziehung älterer Men-schen in die Lesefördermaßnahmen der Bibliothek für Kinder durch Vorlesenachmitta-ge auf ehrenamtlicher Basis schafft Vorlesenachmitta-generationsübergreifende BindunVorlesenachmitta-gen, die in den Familien teilweise verlorengegangen sind. Zudem werden die Lebenserfahrung der älteren Generation einbezogen und soziale Netzwerke geschaffen

Mit dem demografischen Wandel wird sich die altersmäßige Zusammensetzung der Leser und Nutzer öffentlicher Bibliotheken verändern. Die Bibliothekentwicklungspla-nung muss und wird dem im Sinne der seniorenpolitischen Leitlinien RechBibliothekentwicklungspla-nung tragen.

2.5 Prävention und Gesundheitsförderung

Altern und Gesundheit sind eine Herausforderung für Prävention und Gesundheitsför-derung. Sie haben als vierte Säule im Gesundheitswesen ein besonderes politisches Gewicht und für die Lebensqualität der älteren Bevölkerung Priorität.

Altern und Gesundheit sind lebenslange Prozesse, die von physischen, psychischen und sozialen Bedingungen bestimmt werden. Es muss davon ausgegangen werden, dass Altern ein natürlicher Vorgang stetiger Veränderung und Altern nicht gleich Krankheit ist. Die Potenziale für Gesundheit älterer Menschen werden nicht ausrei-chend genutzt, weil noch immer ein defizitorientiertes Altersbild – auch bei Professio-nellen – verbreitet ist. Erforderliche Maßnahmen werden nicht konsequent konzipiert und umgesetzt.

Prävention dient vor allem zur Stärkung des Verantwortungsgefühls für die eigene Ge-sundheit und zur Befähigung, auf Anforderungen der individuellen Lebenssituation und Umwelt altersgerecht und kompetent zu reagieren. Mit präventiven Maßnahmen kön-nen insbesondere funktionelle Einschränkungen vermieden, chronische Krankheiten hinausgezögert bzw. sogar verhindert sowie Folgeschäden (Behinderung) minimiert werden.

Für zielorientierte präventive Maßnahmen muss künftig eine differenzierte Datenlage über Gesundheitszustand, Gesundheitsbefinden und Gesundheitsverhalten der drei Alterskohorten (junge Alte, Alte, Hochaltrige) in der zweiten Lebenshälfte erarbeitet werden. Bei diesen unterschiedlichen Altersgruppen sind je nach zunächst nur gesund

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

heitlichen Einschränkungen und später zunehmender Hilfsbedürftigkeit kurative und rehabilitative Maßnahmen rechtzeitig zu gewährleisten und nicht erst dann einzuleiten, wenn Symptome oder Beschwerden stark zunehmen

In Präventionskonzeptionen müssen die kognitive Leistungsfähigkeit und die soziale Aktivität bewusster beachtet werden. Das Ziel ist ein möglichst langer Erhalt der Selb-ständigkeit im Alter. Integrierte Sicherungssysteme, Früherkennungs- und Vorbeu-gungsangebote, präventive Hausbesuche, präventive und rehabilitative Pflege, ver-mehrter Einsatz des geriatrischen Assessments sowie Krisenintervention sind schritt-weise bedarfsgerecht auszubauen. Dazu gehören u.a. Aktivitäten zur Raucherentwöh-nung, Sturzprävention und Krafttraining.

Gesundheitsförderung bezieht sich auf die gezielte Beeinflussung von Einstellungen, Verhaltensweisen sowie Lebens- und Umweltbedingungen, um gesundheitliche Res-sourcen zu steigern und zu einer gesunden Lebensführung zu motivieren. Durch Inter-vention können bemerkenswerte Verhaltensänderungen bei selbständigen älteren Menschen erreicht werden. Deshalb sind Beratungen für die primär der Eigenverant-wortung unterliegenden Gesundheitsbereiche wie körperliche Aktivität, Ernährung und psychosoziales Wohlbefinden besonders zu intensivieren. Mehr als bisher sind in Kleingruppen die Eigenverantwortung des älteren Menschen (Empowerment) zu stär-ken und die Kompetenz für selbstständige Umsetzung gesundheitsfördernder Maß-nahmen zu vermitteln. Bewährt hat sich die Unterstützung durch professionelle Teams in enger Zusammenarbeit mit Hausärztinnen und Hausärzten sowie die Gestaltung von Trainingsprogrammen in der Kombination von geistigen Funktionen, körperlichen Ü-bungen (Gymnastik, Tanz), Kommunikation und praktischen Alltagsfähigkeiten. Vor-aussetzung sind erfolgversprechende Setting-Ansätze in verschiedenen Formen der offenen Altenhilfe.

Damit die durch eine gestiegene Lebenserwartung gewonnenen Lebensjahre auch Jahre guter bzw. zufriedenstellender Gesundheit sind, sind Prävention und aktive Ge-sundheitsförderung dringendst erforderlich. Sie können die Selbständigkeit, die Selbst-bestimmung und Teilhabe der älteren Generationen erhalten und stärken sowie ein sinnerfülltes Leben im Alter ermöglichen.

2.6 Sport und Bewegung

Sportliche Aktivitäten sind unter dem Aspekt der Erhaltung der Mobilität, der geistigen Kompetenz und zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte eine wichtige Form der Frei-zeitgestaltung. Darüber hinaus kommt dem Sport eine große Bedeutung in der Ge-sundheitsvorsorge zu. Sportliche Betätigung erhält die geistigen und körperlichen Fä-higkeiten. Sport für alte und mit alten Menschen hat auch zum Ziel, selbstbestimmtes Handeln und Verhalten zu fördern und zu erhalten.

Wünschenswert ist es, gesundheitsorientierte Bewegungsangebote im Bereich der Prävention und Rehabilitation noch weiter auszubauen. Außerdem sollten mit gezielten Veranstaltungsangeboten - in Begegnungsstätten, Clubs und Nachbarschaftseinrich-tungen - noch mehr ältere und alte Menschen für körperliche Aktivitäten gewonnen werden. Diesem Sachverhalt folgend hat der Landessportbund eine Konzeption " Ent-wicklung des Seniorensports" verabschiedet. Der Bezirk unterstützt diese Aufgabe und gibt laufend Sportangebote der Sportvereine an die Seniorenvertretungen, Frei-zeitstätten und freien Träger der Seniorenarbeit weiter.

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Das Sportamt des Bezirks organisiert in enger Absprache und Zusammenarbeit mit den Sportvereinen verstärkt Angebote für die ältere Generation. Dabei liegt der beson-dere Schwerpunkt neben der Gesunderhaltung auch auf der Entwicklung des Gemein-sinns, der Integration und der gegenseitigen Verständigung. Auch das ehrenamtliche Engagement, insbesondere im Sport, wird seit Jahren im Rahmen der Sportlerehrung von Mitte besonders gewürdigt. Bei den Planungen zur Entwicklung der Sportinfra-struktur im Bezirk werden die SeniorInnen zur kommunalen Sportentwicklung mit ein-bezogen.

Volkshochschulen sind zwar keine Anbieter von Seniorensport, der nach gültiger Rege-lung dem Landessportbund und den Vereinen vorbehalten bleiben soll. Sie sind jedoch erfolgreiche Anbieter von gesunderhaltender Körperarbeit, die eine breitere Adressa-tenstruktur zum Maßstab hat. Diese erfolgt zudem nach Qualitätskriterien, die von di-versen Krankenkassen für ihre Versicherten anerkannt sind9.

2.7 Wohnen im Alter

Ausgangspunkt aller Überlegungen zum Bereich "Wohnen im Alter" ist die Feststel-lung, dass ältere Menschen keine grundsätzlich anderen Wohnbedürfnisse als jüngere Menschen haben. Hinsichtlich der Ausstattung und der zur Verfügung stehenden Wohnfläche gilt dies allerdings nicht. Planerische Überlegungen beim Wohnungsbau und die Wohnraumanpassung müssen dem Rechung tragen.

Trotz des zu verzeichnenden Trends zum Zuzug von Jüngeren in die Stadt muss die Politik und Verwaltung auch den Bedarf an Wohnungen für ältere Menschen berücksich-tigen. Es wird prognostiziert, dass in 15 Jahren für ältere Menschen ca. 100 000 Woh-nungen mehr in Berlin benötigt werden als heute. Bei dieser Bevölkerungsgruppe wird größtenteils auch der Bedarf nach einer Wohnung in der Innenstadt bestehen. Generel-ler Schwerpunkt des Bezirks ist es, die Innenstadt als Wohnstandort attraktiver zu ma-chen. Um diesem Anspruch frühzeitig zu begegnen und die bereits vorhandenen ver-schiedenen Angebote für seniorengerechtes Wohnen aufzuzeigen, haben sich Mieteror-ganisationen, Wohnungsbaugesellschaften und Nutzer zu einem Netzwerk zusammen-geschlossen. Die seniorengerechten Angebote wie betreutes Wohnen, Leben in Wohn-gruppen oder Pflegeheim werden über das Internet10 berlinweit zugänglich gemacht11.

Der Themenkomplex "Wohnen - neue Wohnformen im Alter“ sollte Gegenstand der bezirklichen Altenhilfeplanung sein. Wohnformen für ältere Menschen haben sich auf-gefächert. Die Übergänge sind dabei immer fließender geworden und die Bezeichnun-gen der unterschiedlichen Wohnformen werden von den Anbietern unterschiedlich ge-braucht. Unterscheiden muss man die unterschiedlichen Wohnformen nach dem Grad der angebotenen Betreuung/Hilfe. Von der eigenen Wohnung bis zum Pflegeheim. Daneben haben sich in den letzten Jahren neue Wohnformen entwickelt, bei denen die Bewohner aktiv bei der Gestaltung/Konzeption der Wohnanlage mitwirken.

Im Hinblick auf den zukünftigen Wohnraumbedarf sollte insbesondere der Bezirk prü-fen, inwiefern die starke Nachfrage junger Familien nach größeren Wohnungen und die Lebenssituation vieler älterer Menschen in Wohnungen, die ihnen zu groß geworden

9

Abteilung Bildung und Kultur

10

http://www.berlin.de/special/wohnen/alter/index.html

11

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

sind, in eine Übereinstimmung gebracht werden können. Ein solcher Prozess kann sich nur auf freiwilliger Basis vollziehen. Hier müssen die im Bezirk ansässigen Wohnungs-baugesellschaften, Sozialverbände, freie Träger der Seniorenarbeit, die Seniorenver-tretung und der Bezirk modellhafte Initiativen und Einzelprojekte zum "Wohnen im Al-ter" starten.

Folgende neue Wohnformen sind daher vom Bezirk in Zusammenarbeit mit den Woh-nungsbaugesellschaften, Sozialverbänden, Seniorenvertretungen, Behindertenbeauf-tragten und freien Trägern der Seniorenarbeit zu erarbeiten und auf Umsetzung zu prüfen: Wohnen mit Serviceleistungen; Wohngemeinschaften; Wohnstifte; Betreutes Wohnen; Generationsübergreifende Mischwohnformen (Alt und Jung in einem Haus)

2.8 Interkulturelle Öffnung der Altenhilfe

Migranten gehören gerade im Bezirk Mitte zu der am stärksten anwachsenden Bevöl-kerungsgruppe. Damit steigt auch die Zahl der älteren Menschen nichtdeutscher Her-kunft in den nächsten Jahren deutlich an. Im Bezirk Mitte wird ihr Anteil sogar überpro-portional ansteigen, da bereits jetzt viele Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer hier leben und das bereits seit vielen Jahrzehnten.

Daher ist festzuhalten und für die Planung bedarfsgerechter Angebote und Maßnah-men zu beachten, dass es keine homogene Gemeinschaft der nichtdeutschen Senio-rInnen gibt. Sie unterscheiden sich u. a. vielmehr nach Herkunftsländern, Herkunftskul-turen, Motiven der Aus- und Einwanderung sowie der Verweildauer in Deutschland. Auch der unterschiedliche Aufenthaltsstatus sowie die Einreisemodalitäten (Arbeits-migranten, Spät- oder Aussiedler, jüdische Kontingentflüchtlinge, politische oder Kriegsflüchtlinge usw.) können für den Einzelnen prägend sein. Hinzu kommen sozio- demografische Faktoren: So gibt es auch bei den Migranten Unterschiede zwischen jungen Alten, Älteren und Hochbetagten sowie z. B. hinsichtlich des individuellen Bil-dungshintergrunds.

Durch vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben, häufig bedingt durch gesundheit-liche Belastungen, müssen sich Migranten in der Regel schon früher als deutsche Se-niorInnen mit der Rolle als „Ruheständler“ auseinandersetzen und den Alltag neu ord-nen. Da mit dem Ausscheiden aus dem Berufsleben fast immer auch der soziale Kon-takt zu deutschen Menschen (z.B. Arbeitskollegen) verloren geht, nehmen Religiosität und „Ethnizität“ im Alter oftmals zu. Um einer zunehmenden Vereinsamung und Isola-tion im Alter entgegenzuwirken, müssen sich die Angebote und Dienste der Offenen Altenhilfe daher verstärkt auch an den individuell unterschiedlichen Bedürfnissen der älteren Menschen mit Migrationshintergrund orientieren und diese danach ausrichten. Dazu ist es auch erforderlich, die unterschiedliche kulturelle Sicht auf das Alter und die Gesundheit zu berücksichtigen.

Wir wissen, dass ältere Migranten über vielfältige Potenziale und Erfahrungen verfü-gen, die es zum Nutzen des Gemeinwesens sowie einer nachhaltigen Integration auch der jüngeren Generation zu fördern und zu fordern gilt. Es gilt daher zukünftig die Po-tenziale zu erkennen und stärker zu fördern und gleichzeitig die (Zugangs-) Hemmnis-se zu berücksichtigen, um den Abbau von Zugangsbarrieren sowie die gleichberechtig-te Teilhabe zu ermöglichen.

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Gemeinsam mit den Akteuren der Altenhilfe, den Migrantenselbsthilfeorganisationen und den Bürgern mit Migrationshintergrund ist zu klären, ob und wie bestehende An-gebote multiethnisch genutzt werden können oder wo und in welchen Fällen es spezifi-scher Angebote bedarf, die auf unterschiedliche Kulturen ausgerichtet sind, um die Angebote bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und auszubauen.

Dazu sind folgende Handlungsschwerpunkte umzusetzen:

 Interkulturelle Öffnung von Diensten und Einrichtungen der Altenhilfe u.a. durch Sensibilisierung und Förderung der Entwicklung interkultureller Kompe-tenzen der Mitarbeiter.

 Bildung von Netzwerken durch Intensivierung und Koordination der Zusam-menarbeit von Mitarbeitern aus den Bereichen Migration und Altenhilfe, Stär-kung und Förderung der vorhandenen Strukturen des Gemeinwesens und der innerethnischen Infrastrukturen sowie der Förderung der Einbeziehung von Schlüsselpersonen und Institutionen von Migranten.

 Abbau von Zugangsbarrieren durch Beratung, Bildung und Hilfe zur Selbsthil-fe, durch Förderung der Kooperation zwischen Institutionen der Altenhilfe und den Migrationssozialdiensten, durch Informationen über Angebots- und Versor-gungsstrukturen sowie durch Förderung der Eigenverantwortung und Stärkung von Kompetenzen von Migranten.

2.9 Kultur

Emanzipatorisch und demokratisch verstandene Altenkultur meint vor allem das Frei-setzen kreativer Fähigkeiten älterer Menschen, für die in Erwerbsleben und Erzie-hungszeiten kaum Platz war. Literatur, Musik, Tanz, Theater und andere kulturelle Ak-tivitäten werden für ältere Menschen immer wichtiger und in zunehmendem Maße als Möglichkeit der selbstbestimmten Kommunikation gesucht und genutzt. Der Bezirk Mitte verfügt über vielfältige kulturelle Nutzungsmöglichkeiten und Einrichtungen. Die Eintrittspreise für diese Einrichtungen können jedoch gerade für die finanziell – schwä-cheren SeniorInnen im Bezirk eine Hürde darstellen. Viele kulturelle Einrichtungen und Institutionen bieten bereits Eintrittsermäßigungen für bestimmte Personengruppen – auch für SeniorInnen – an. Es müssen auch weiterhin ausreichend kulturelle Angebote unterbreitet werden, die auch den SeniorInnen mit geringem Einkommen den Zugang ermöglichen. Geeignete Orte sind auch hier wieder die kommunalen Einrichtungen des Bezirks, die Begegnungsstätten, Stadtteilzentren usw.

Aufgrund der steigenden Lebenserwartung und des strukturellen Wandels der älteren Generation wird das Kulturangebot perspektivisch stärker die Bedarfe berücksichtigen müssen. Der Bezirk muss daher sein Angebot erweitern und neue Projekte fördern, in denen z.B. folgende Themen diskutiert und bearbeitet werden:

- Altersversorgung - Krankheit und Tod

- Liebe und Sexualität im Alter

- Situationen älterer Frauen und Männer

- (Inter-)kultureller Wandel der älteren Generation - generationsübergreifende Themen

- das Alter als neue, freiheitliche Lebensphase annehmen

Gleichermaßen können kulturelle Angebote von Kindern, Jugendlichen und Erwachse-nen zur Gestaltung von Veranstaltungen der Senioren beitragen und somit die Integra-tion von Jung und Alt im Alltag sowie die gesellschaftliche Teilhabe fördern.

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

3 Defizite des Alters anerkennen – Hilfen und Unterstützung

bereithalten!

3.1 Mobilität erhalten – Barrierefreiheit verbessern

Mobilität ist auch im Alter eine wichtige Voraussetzung, um ein selbständiges und selbstverantwortliches Leben aufrechtzuerhalten. Besondere Aufmerksamkeit muss deshalb auf die Gestaltung der räumlichen Umwelt gelegt werden. Älteren und alten Menschen ist eine selbstbestimmte Teilnahme am öffentlichen Leben nur möglich, wenn entsprechende Rahmenbedingungen gegeben sind, die ihre Mobilität gewährleis-ten.

Dazu gehört beispielsweise der barrierefreie Ausbau aller Verkehrsanlagen. Öffentliche Verkehrsmittel sollten so erreichbar sein, dass sie durch Ältere und alte Menschen oh-ne Begleitung und ohoh-ne Hilfe benutzt werden könoh-nen. Mit steigendem Alter bewegen sich alte Menschen zunehmend als Fußgänger. Durch eine gezielte fußgängerfreundli-che Verkehrsgestaltung kann die Sifußgängerfreundli-cherheit aller Fußgänger noch wesentlich erhöht werden.

Die zunehmenden Schwierigkeiten älterer Menschen mit dem ständig wachsenden Straßenverkehr bilden einen neuen Schwerpunkt bei der zukünftigen Verkehrsplanung. Deshalb wird sich der Bezirk weiterhin in Abstimmung mit den an der Verkehrsplanung Beteiligten dafür einsetzen, dass zumindest im Nahbereich altersgerechtere Bedingun-gen geschaffen werden.

Hierzu zählen u. a.:

 sichere Straßenüberquerungen,

 ausreichende Beleuchtung in den Straßenzügen, Grünanlagen und Plätzen,  abgesenkte Übergänge schaffen,

 ein qualitatives wohngebietsnahes Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs zu erhalten bzw. auszubauen,

 verständlich handhabbare Fahrkartenautomaten,  gut lesbare Fahrpläne

Bei allen Verkehrsfragen muss die Behindertenbeauftragte und die Seniorenvertretung des Bezirks mit einbezogen werden. In der Arbeitsgemeinschaft "Verkehr - Barrierefrei" der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist die Behindertenbeauftragte bereits ver-treten.

Barrierefreiheit ist jedoch nicht allein auf die Stadt- und Verkehrsplanung zu beschrän-ken. Nach der Berliner Bauordnung (Behindertengerechtes Bauen) sollen überall die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass alten Menschen und Menschen mit Behinderung sowie Personen mit Kleinkindern eine weitgehend ungehinderte Teilnah-me am gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird. Vor allem bei öffentlich zugänglichen baulichen Anlagen ist demnach zu gewährleisten, dass der genannte Personenkreis die baulichen Anlagen barrierefrei erreicht und ohne fremde Hilfe zweckentsprechend nutzen kann. Die seit dem 01.02.2006 gültige neue Bauordnung soll darüber hinaus sicherstellen, dass derartige bauliche Anlagen über den Hauptzugang barrierefrei er-schlossen sein müssen. Mit dieser Forderung soll verhindert werden, dass Eingangssi-tuationen geschaffen werden, die Gehbehinderte und Behinderte im Rollstuhl sowie

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

den übrigen Personenkreis in diskriminierender Weise von der z. B. straßenseitigen Erreichbarkeit ausgrenzen.12

In vielen öffentlichen Einrichtungen und in ihrem Umfeld besteht jedoch immer noch Bedarf an einer Verbesserung der Zugänglichkeit der Räumlichkeiten, die es zukünftig im Sinne der oben formulierten neuen Bauordnung abzubauen gilt. Barrieren existieren z.B. durch schwergängige Türen, fehlende Fahrstühle oder mangelnde Beleuchtung auf dem Weg zu den Einrichtungen und Verwaltungsgebäuden.

3.2 Verbraucherschutz

Der Verbraucherschutz betrifft vielfältige Lebensbereiche wie zum Beispiel Wohnen, Freizeit, Reisen, Technik, Arzneimittel, Vorsorge, Pflege, Gesundheit und Ernährung. Von daher ist es wichtig, dass keinem Menschen aufgrund seines Alters oder körperli-cher Beeinträchtigung das Recht genommen wird, sich individuell und bedarfsgerecht am Konsum zu beteiligen. Dazu ist es notwendig, das Bewusstsein auf Seiten des Verbrauchers zu stärken. Seniorinnen und Senioren als Verbraucher müssen lernen, kritisch, selbst- und konsumbewusst mit den Angeboten umzugehen.

Der Bezirk Mitte muss sich daher im Rahmen seiner Möglichkeiten für einen verbesser-ten Verbraucherschutz für SeniorInnen einsetzen und entsprechende Strategien und Angebote ausarbeiten bzw. anbieten.

3.3 Schutz und Innere Sicherheit - Gewaltprävention

Die Innere Sicherheit wird gerade von vielen älteren Menschen für eines der wichtigs-ten Politikfelder gehalwichtigs-ten, in dem für den ganz persönlichen Bereich Verbesserungen erwartet werden.

Gewalt gegen ältere Menschen ist ein vielschichtiges Problem, das in den unterschied-lichsten Erscheinungsformen auftritt. Zur Gewalt gegen Ältere gehören nicht unbedingt schwere Verbrechen wie Raubüberfälle, Mord oder Totschlag, sondern vor allem Trickdiebstähle, Nötigung, Erpressung oder Betrug an der Haustür, ebenso wie Rück-sichtslosigkeit und Missachtung durch das soziale und private Umfeld, beispielsweise in der Pflegesituation. In den Medien führen diese Meldungen zu einer Verunsicherung bis hin zu Angstzuständen bei den älteren Menschen.

Aufklärungs- und Vorbeugungsarbeit sindein wichtiges Handlungsfeld bezirklicher Se-niorenarbeit.

Der Bezirk verpflichtet sich, in seiner Verantwortung für die Lebensqualität der Älteren darauf hinzuwirken, dass die Ursachen für Gewalt abgebaut werden. Die Zusammen-arbeit mit Vereinen, Verbänden, Polizeiabschnitten und dem Bezirk ist weiter auszu-bauen und zu organisieren.

Obwohl häusliche Gewalt zunehmend in das Blickfeld der öffentlichen Wahrnehmung rückt, scheinen Gewalttaten gegen alte Menschen in ehelichen, eheähnlichen Bezie-hungen sowie entwürdigende und gewaltsame Formen des Umgangs mit pflegebedürf-tigen Menschen in Einrichtungen der Altenpflege, aber auch durch pflegende Angehö-rige, weiterhin ein gesellschaftliches Tabu zu sein.

12

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Diskussionsentwurf „Leitlinien der Seniorenpolitik in Mitte“

Der Bezirk wirkt im Rahmen seiner Möglichkeiten darauf ein, dass die Rahmenbedin-gungen für die unterschiedlichen Pflegesituationen im privaten und institutionellen Be-reich so zu gestalten sind, dass daraus möglichst kein Gewaltpotential entstehen kann. Die Einrichtung der Stelle eines bezirklichen Beschwerdemanagements zu allen Fra-gen die Pflege innerhalb und außerhalb von EinrichtunFra-gen betreffend – angesiedelt beim Sozialdienst des Sozialamtes - wird als notwendig erachtet und von uns begrüßt.. Im Rahmen unserer Möglichkeiten werden wir darüber wachen, dass die geltenden Gesetze wie, z. B. das Heimgesetz, die Heimmitwirkungsverordnung, die Heimperso-nalverordnung sowie das Pflegesicherungsqualitätsgesetz eingehalten werden. Dazu werden wir uns verstärkt für den Einsatz und für eine Stärkung geschulter und unab-hängiger Heimbeiräte in den Heimen bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Sozia-les und Verbraucherschutz einsetzen. Mit den gewählten Heimbeiräten und den Heim-fürsprechern wird der Bezirk Mitte kontinuierlich zusammenarbeiten.

Der Bezirk muss unseres Erachtens nach zukünftig eine engere Zusammenarbeit zwi-schen Pflegeversicherung, Medizinischem Dienst der Krankenkassen, der Heimauf-sicht und dem Bezirksamt einfordern.

3.4 Beratung - Information – Koordination

Regelmäßige Kontakte und die gegenseitige Unterstützung innerhalb der Familie sind nach wie vor die wichtigsten Beziehungen der meisten älteren Menschen. Familienbe-suche und die Übernahme von Aufgaben in der zeitweiligen Kinderbetreuung sind na-türliche Familienbeziehungen, die einer Isolation im Alter vorbeugen können. Beson-ders wichtig ist die familiäre Bindung für ältere Menschen dann, wenn ein Hilfebedarf in der Gestaltung des täglichen Lebens bis hin zur Pflegebedürftigkeit notwenig wird. Der weit überwiegende Teil hauswirtschaftlicher Unterstützung und pflegerischer Leistun-gen wird immer noch innerhalb der Familie erbracht. ÜberwieLeistun-gend sind es Frauen, die diese oft schwierige Aufgabe übernehmen. Ohne die Unterstützungen für ältere Men-schen in Familie und Nachbarschaft würden in vielen Fällen die Angebote der ambu-lanten Altenhilfe bei den älteren Menschen nicht funktionieren.

Die ambulante medizinische geriatrische Versorgung, die Pflege und ein vernetztes Hilfesystem erhalten in einer alternden Gesellschaft zunehmend eine zentrale Rolle, wobei Hilfe nicht zur Unselbständigkeit führen darf. Jeder Mensch hat das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe und Unterstützung, um ein selbstbestimmtes, selbständiges Leben führen zu können. Der Bezirk muss sich daher auch weiterhin für die Umsetzung des im SGB XI (elftes Gesetzbuch – soziale Pflegeversicherung) postulierten Grundsatzes „ambulant vor teilstationär“ und „teilstationär vor stationär“ ein.

Gerade im ambulanten geriatrischen Bereich sehen sich die sozialen Netzwerke in der Übernahme von Pflege- und Versorgungsleistungen jedoch mit vielfältigen und indivi-duell höchst unterschiedlichen Belastungen konfrontiert. Überforderungen in der Pflege und Mangel an Unterstützung von Außen bergen zudem die Gefahr unzureichender Pflege und des Auftretens von Gewalt. Um dem entgegenzuwirken, ergibt sich daher die Notwendigkeit, durch geeignete Hilfen von Außen dazu beizutragen, dass die so-zialen Netzwerke bei ihrer schweren und gesellschaftlich bedeutsamen Arbeit entlastet werden, ihre Pflegefähigkeit gestärkt und nicht überfordert wird und Bedingungen ge

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