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Brustkrebs früher erkennen und bekämpfen

II. Exemplarische Ausarbeitungen einzelner Gesundheitsziele

II.4. Brustkrebs früher erkennen und bekämpfen

Mammakarzinom

Schwere- und Gefährdungsgrad

In Deutschland erkranken jährlich ca. 53.000 Frauen an Brustkrebs. Mit einem Anteil von 29 % ist Brustkrebs die häufigste Krebsneuerkrankung bei Frauen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 64 Jahren. Die Brustkrebsinzidenz ist in Deutschland seit 1980 bis etwas ins Jahr 2000 stetig angestiegen und ist seither auf gleichbleibendem Niveau. Die Mortalität geht seit Mitte der 90er Jahre deutlich zurück. Die 5-Jahres Überlebensrate liegt in Deutschland derzeit bei 83 % -87 %. Die 5-Jahres-Prävalenz lag Ende 2006 bei 242.000, d.h. zu diesem Zeitpunkt lebten in Deutschland 242.000 Frauen mit einer bis zu 5 Jahren zurückliegenden Diagnose. (Robert Koch Institut 2010: „Krebs in Deutschland 2005/2006 Häufigkeiten und Trends“).

Verbreitung

Jede 8.-10. Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs.

Bestimmte Risikofaktoren fördern die Entstehung von Brustkrebs:

- Brustkrebserkrankungen naher Verwandter (Mutter, Großmutter, Schwester, Tante)

- frühe Menarche - Kinderlosigkeit

- Später Eintritt ins Klimakterium

- Hormonersatztherapie während der Wechseljahre

- Genetische Faktoren (BRCA): ca. 5 % der Erkrankungen sind erblich bedingt.

Ausgetragene Schwangerschaften in jungen Jahren, mehrere Geburten und längere Stillzeiten scheinen das Brustkrebsrisiko zu verringern. Die Pille erhöht das Brust- krebsrisiko geringfügig, hat allerdings einen gewissen protektiven Effekt hinsichtlich Endometriumkarzinom und Ovarialkarzinom. (Robert Koch Institut 2010: „Krebs in Deutschland 2005/2006 Häufigkeiten und Trends“)

Verbesserungspotential

Regelmäßige körperliche Aktivitäten, Sport und die Vermeidung von Übergewicht zeigen in vielen Studien einen günstigen Einfluss auf das Risiko einer Brustkrebser- krankung. Die Auswahl von Lebensmitteln, wie zum Beispiel Obst- und Gemüsekon- sum scheint für das Risiko keine Rolle zu spielen. Der risikosteigernde Einfluss des Rauchens und Alkoholkonsums wird zwischenzeitlich anerkannt. (Robert Koch Insti- tut 2010: „Krebs in Deutschland 2005/2006 Häufigkeiten und Trends“)

Nach der in Deutschland je nach Region zwischen 2005 und 2008 erfolgten Einfüh- rung des flächendeckenden, bevölkerungsbezogenen Mammographie-Screening- Programms werden inzwischen alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre zu einer Reihenuntersuchung (Mammographie-Screening) in spezialisierten Zentren eingeladen. Die Beteiligung liegt bei ca. 54 % in dieser Altersgruppe. Die hiermit ermöglichte Früherkennung erhöht die Chancen auf Heilung.

Ansatzpunkte Früherkennung:

• Erreichung einer hohen Beteiligung am Mammographie-Screening (für Frauen im Alter von 50-69 Jahre)

• Sensibilisierung der Frauen, die jünger als 50 J. und älter als 69 J. sind, für die angebotenen Früherkennungsmaßnahmen

• Gewährleistung, dass alle Früherkennungsmaßnahmen in zertifizierten Zent- ren durchgeführt werden, um eine adäquate Qualitätssicherung zu garantie- ren.

Ansatzpunkte Therapie:

• Gewährleistung, dass die Brustkrebstherapie leitlinienkonform erfolgt

• Optimierung von Abstimmungsprozessen zwischen dem stationären und am- bulanten Bereich

Volkswirtschaftliche Relevanz

Studien, die die direkten und indirekten Kosten, die durch die Brustkrebserkrankung entstehen, in Deutschland erheben, liegen nach unserem Wissen nicht vor.

Ethische Aspekte

In Deutschland steht derzeit theoretisch allen Brustkrebspatientinnen die leitlinienge- rechte Therapie zur Verfügung. Die Erstattung der Therapiekosten durch die Kran- kenkassen ist beim zulassungskonformen Einsatz der Therapien vollumfänglich ge- währleistet. Unklar ist allerdings, wie weit mit Eintreten der Gesundheitsreform zum 01.01.2011 neue Therapien nach dem ersten Jahr nach Zulassung weiterhin erstat- tungsfähig bleiben, da jede neue Therapie regelhaft einer Nutzenbewertung durch den GBA unterzogen werden muss, völlig unabhängig von der vorliegenden behörd- lichen Zulassung.

Hinsichtlich älterer Patientinnen ist zu bedenken, dass diese häufiger nicht leitlinien- konform therapiert werden und zielgerichtete Therapien seltener zum Einsatz kom- men als bei jüngeren Patienten. Bei jedoch nur etwa 40% der über 75jährigen Pati- entinnen liegen Komorbiditäten vor, die eine leitlinienkonforme Therapie nicht erlau- ben (Marschner, 2009).

Ansatzpunkte:

- Integrierung von älteren Patienten in klinische Studien. Alte und ältere Patien- ten sind in klinischen Studien unterrepräsentiert.

- Therapieentscheidungen sollten nicht nach dem kalendarischen, sondern nach dem biologischen Alter und Komorbiditäten getroffen werden, um eine Unterversorgung der älteren Patienten zu vermeiden. (Quelle: Deutsches Ärz- teblatt 2010; 107 (26): A-1317)

- Regelhafter Einsatz eines geriatrischen Assessments als eine objektive Be- wertungsgrundlage neben dem eigenen Wunsch der Betroffenen

Chancengleichheit

Jede hundertste Erkrankung tritt bei Männern auf. Dies sind somit in Deutschland ca.

400 Neuerkrankungen bei Männern pro Jahr.

Eine weitere Patientengruppe, der besondere Beachtung geschenkt werden sollte, sind die Migrantinnen, die sich häufig Sprachproblemen und kulturellen Hürden stel- len müssen. Wenn Migrantinnen aufgrund sprachlicher Probleme nicht genug infor- miert sind, werden sie größere Ängste wahrnehmen, als vielleicht notwendig.

Insgesamt braucht das Gesundheitssystem eine kulturelle Öffnung der Institutionen, die Patienten mit Migrationshintergrund als eine Gruppe mit besonderen Bedürfnis- sen wahrnehmen und auf diese Bedürfnisse reagieren (Quelle: Forum 2_2009: Ar- beiten mit türkischen Patientinnen: Gibt es wirklich wesentliche Unterschiede?) Priorität aus Sicht der Bevölkerung

Obwohl der Altersgipfel bei der Brustkrebserkrankung bei 64 Jahren liegt, erkranken immer häufiger auch junge Frauen an einem Mammakarzinom. Somit ist dies keine

Frauen betrifft.

Besonders zu beachten sind in diesem Zusammenhang Mütter, die oft in einer Situa- tion erkranken, wo sie ihre Kinder versorgen müssen. In solchen Konstellationen ist die ganze Familie von der Diagnose betroffen und auch die Kinder müssen in dieser schwierigen Situation unterstützt werden. Eine Studie hierzu wird von der Rexrodt- von-Fircks Stiftung veröffentlicht. Die Studie „gemeinsam gesund werden“ eruiert die Vorteile einer adäquaten psychologischen Betreuung von Mutter und Kind.

Immer mehr an Bedeutung gewinnt der psychoonkologische Aspekt. Dem Umgang mit der Diagnose und der Bewältigung der Erkrankung wird dadurch Rechnung ge- tragen, dass den Patientinnen in allen zertifizierten Brustzentren eine psychoonkolo- gische Betreuung angeboten wird.

Messbarkeit

Patientinnen, die leitliniengerecht therapiert werden, haben eine bessere Prognose (BRENDA-Studie, Varga et al, Oncology 2010,78,S 189-195).

Ansatzpunkte:

- Gewährleistung, dass die Leitlinien möglichst jährlich überprüft und ggf. aktua- lisiert werden.

- Gewährleistung, dass die aktuellen Leitlinien allen Mammakarzinom - Thera- peuten zeitnah zur Verfügung stehen und umgesetzt werden.

- Konsolidierung und ggf. Erweiterung bereits bestehender Krebsregister. Die Krebsregister könnten als fundierte Datenbasis zur Beantwortung von Fragen hinsichtlich Inzidenz, Prävalenz, Mortalität, Therapie und Therapie-Erfolg so- wie -Compliance dienen.

Möglichkeit der Beteiligung

Das Thema „shared decision making“ gewinnt insbesondere in dieser Indikation ste- tig an Bedeutung. Aktive Patientinnen erwarten, in Entscheidungsprozesse aktiv ein- bezogen zu werden. Im Rahmen einer Umfrage bei 5000 Krebspatienten (nicht aus- schließlich MammaCa-Patientinnen) bemängelt fast jeder Dritte, dass die Mitbestim- mung bei Diagnostik- und Therapieentscheidungen nur unzureichend sei. (Quelle:

Ärzte Zeitung Ausgabe 74 (2010)) Ansatzpunkte:

• Die Mammakarzinom-Therapeuten sind sich der Thematik „shared decision making“ bewusst und akzeptieren den Wunsch der Patientinnen nach gemein- samer Entscheidungsfindung im Therapieprozess

• Den Patientinnen stehen qualitativ hochwertige Informationsmöglichkeiten zur Verfügung, so dass sie ihre Anliegen, Wünsche und Bedenken adäquat mit den Therapeuten besprechen können.

• Die Patientinnen erhalten ausreichend Informationen, um die jeweiligen The- rapieentscheidungen nachzuvollziehen und den hohen Stellenwert einer guten Compliance zu verstehen.

In der Indikation Brustkrebs stehen flächendeckend Selbsthilfegruppen als An-

sprechpartner zur Verfügung. Jedes zertifizierte Brustzentrum sollte den Patientinnen den Zugang zur Selbsthilfe aktiv anbieten.

Machbarkeit

Hinsichtlich Machbarkeit wird z.B. auf folgende existierende Projekte, Arbeitgemein- schaften bzw. Netzwerke hingewiesen:

• Kommissionen zur Erstellung von Leitlinien (AGO / S3)

• Deutschlandweites Mammographiescreening

• Sensibilisierung der Bevölkerung durch viele Initiativen wie Patienteninformati- onstage, Kampagnen, qualifizierte Artikel in entsprechenden Zeitungen und Zeitschriften – vor allem im Brustkrebsmonat Oktober (Bsp: Susan G. KOMEN Deutschland e.V. finanziert modellhafte Projekte und betreibt Aufklärungskam- pagnen zur Heilung von Brustkrebs)

• Flächendeckende Selbsthilfe-Organisationen in Deutschland (z. B. Frauen- selbsthilfe nach Krebs, mamazone, Brustkrebs Deutschland e.V., viele lokale Selbsthilfegruppen)

Relevanz als Standardfaktor Deutschland im Vergleich:

(Robert Koch Institut 2010: „Krebs in Deutschland 2005/2006 Häufigkeiten und Trends“).

Stand 20.04.2011 Frau Ulrike Knirsch Roche-Pharma

III. Übersicht Gesundheitsziele des Bundes und der Länder (ge-