• Keine Ergebnisse gefunden

3 Experimenteller Teil

4.2 Inhomogene Alterungsbilder nach Tieftemperaturalterung

4.2.3 Zyklisierung mit 3C Laden / 2C Entladen bei -10°C

Der Sauerstoffpeak kann jedoch aus Elektrolyt und organischen SEI-Bestandteilen stam-men. Auf eine Quantifizierung wird wegen der geringen Messgenauigkeit der Methode verzichtet.

Abb. 27: An einem Querschnitt der geladenen Anode gemessene EDX-Spektren im Bereich der Lithiumabscheidungen (links), sowie der Verlauf der Peakintensität der Kohlenstoff-K-Strahlung

über den Querschnitt vom Stromableiter bis zur Oberfläche.

Im rechten Teil von Abb. 27 ist ein aus drei beliebig gewählten Messpositionen gemittelter Linienscan des geladenen Elektrodenquerschnitts aufgetragen, der den im Mapping beob-achteten Intensitätsabfall bestätigt. Der Intensitätsabfall der Kohlenstoff K-Linie wird hier bei einem Abstand von ~69 µm von der Ableiterfolie beobachtet.

Die in grau abgebildeten Datenpunkte zeigen zwar auch bei kleineren Werten lokale Mi-nima, diese verschwinden aber bei Bildung des gleitenden Durchschnitts über zehn Messpunkte (schwarze Linie) und können den Graphitpartikelzwischenräumen zugeord-net werden.

Vereinzelt finden sich auch die bereits nach 2C/2C-Alterung beobachteten metallisch glänzenden Punkte, die im rechten Teil von Abb. 28 gezeigt sind.

Abb. 28: Optisches Erscheinungsbild der geladenen (oben links) und ungeladenen (unten) Anode jeweils mit Detailaufnahmen der Lithiumabscheidungen am oberen Elektrodenrand der Anode

(rechts).

Die als lokale SOC-Unterschiede gedeuteten Farbunterschiede können zweierlei Ursa-chen haben, die zu unterschiedliUrsa-chen Schlussfolgerungen hinsichtlich der lokalen Alterung führen. Geht man vom Verlust nutzbaren Lithiums als primärer Ursache des Kapazitäts-verlusts aus, deutet der erhöhte Interkalationsgrad auf geringe Alterung hin. Es steht in der Elektrodenmitte mehr Lithium für die Interkalationsreaktion zur Verfügung, während es in den Randbereichen verstärkt in anderen Reaktionen gebunden wurde. Geht man da-gegen von Aktivmasseverlust als primärer Alterungsart aus, so deutet ein hoher lokaler Ladezustand auf stärkere Alterung hin, da ein verringerter Aktivmasseanteil lokal stärker geladen wird.

Aufschluss darüber geben Halbzellmessungen an Elektrodenfragmenten, die aus den charakteristischen Anodenbereichen präpariert wurden.

Als Maß für die nutzbare Aktivmasse wird die im fünften Zyklus gegen Lithiummetall mit 0,1C gemessene Kapazität gewertet. Die Ergebnisse sind in Abb. 29 dargestellt und zei-gen keinerlei signifikante ortsabhängige Unterschiede. Die beobachtete Inhomozei-genität lässt sich demnach nicht durch Aktivmasseverlust erklären, sondern nur durch unter-schiedliche Mengen interkalierbaren Lithiums. Ein Absolutwert für den Aktivmasseanteil lässt sich aus den Messungen gleichwohl nicht ableiten, da einerseits der Ausgangswert im kommerziellen Elektrodenmaterial nicht bekannt ist und andererseits Elektrolytreste beim Einwiegen der Elektroden zu einer Überbestimmung der Elektrodenmasse führen.

Die Kapazitäten sind daher generell unterhalb des realen Werts, was die vergleichende Interpretation jedoch nicht einschränkt. Die geringen Unterschiede zwischen Lithiierungs- und Delitihiierungskapazität, die einer Coulomb-Effizienz > 99 % entsprechen, unterstüt-zen zudem die Validität der Messung.

Es lässt sich somit schlussfolgern, dass die Elektrodenrandbereiche den Schwerpunkt der Alterung darstellen, was im Folgenden mittels XRD-Messungen und elektronenmikrosko-pischer Abbildung der Deckschichten weiter belegt wird.

Abb. 29: Halbzellkapazitäten von Anodenfragmenten aus dem unteren, mittleren und oberen Elek-trodenbereich, gemessen bei 0,1C gegen Lithiummetall.

Die in den Abbildungen erkennbare ausgeprägte Inhomogenität zeigt sich auch in den Röntgendiffraktogrammen, die sich in vier charakteristische Bereiche einteilen lassen, für die in Abb. 30 jeweils eine Messung dargestellt und mit Pearson VII Profilen angefittet ist.

Die Ergebnisse der quantitativen Auswertung sind Tab. 13 zu entnehmen.

In der ungeladenen Elektrode treten unabhängig vom Ort der Messung die zweite und dritte Interkalationsstufe sowie reiner Graphit auf. Ihre Anteile ändern sich allerdings stark.

In der Elektrodenmitte steigt der Anteil der beiden teilgeladenen Phasen, die Elektrode wird hier weniger tief entladen. Am gewählten Messpunkt beträgt so die mittlere Stöchio-meterie Li0,03C im Vergleich zu Li0,01C für den Randbereich. Im geladenen Zustand ver-schwindet erwartungsgemäß der Reflex des reinen Graphits. Zwischen 38 und 40°2

wird ein breiter asymmetrischer Peak beobachtet. Die Entfaltung des Peaks mittels Pear-son VII-Profilen offenbart, dass die zweite und dritte Interkalationsstufe enthalten sind. In Übereinstimmung mit der beobachteten Farbverteilung wird die erste Stufe lediglich in der Elektrodenmitte beobachtet. Das Phasenverhältnis von zweiter zu dritter Stufeist dagegen in den beiden Bereichen annähernd identisch.

Die verstärkte Alterung in den Randbereichen betrifft demnach ausschließlich die erste Interkalationsstufe. Dies zeigt zum einen, dass die dominierende Alterungsart der Verlust nutzbaren Lithiums ist. Im Fall vom Verlust ungeladenen Aktivmaterials würden die ver-dünnteren Phasen zugunsten von LiC6 an Intensität verlieren, da eine reduzierte Aktivma-terialmenge mehr Lithium pro Kohlenstoffatom aufnehmen müsste. Das Ergebnis ist somit konsistent mit den Halbzellmessungen. Zum anderen legt die gleichzeitig mit dem voll-ständigen Verschwinden der ersten Interkalationsstufe auftretende Lithiumplattierung den Schluss nahe, dass die metallische Abscheidung als Konkurrenzreaktion zur Bildung von LiC6 abgelaufen ist und diese ersetzt hat. Dies ist konsistent mit der Annahme von Zinth et al., dass in Folge der Konkurrenz zwischen Lithiumplattierung und Interkalation der Lithiie-rungsgrad in einer von Lithiummetall bedeckten Elektrode sinkt.[69]

Abb. 30: Mit Pearson VII Profilen angefittete exemplarisch ausgewählte Röntgendiffraktogramme im Bereich der Graphit-Schichtabstände für die ungeladene (links) und geladene (rechts) Anode.

Tab. 13: Fitergebnisse und berechnete Lithiumstöchiometrien aus den in Abb. 30 abgebildeten Röntgendiffraktogrammen

Ungeladene Anode Geladene Elektrode d002 2.

Stufe

d003 3. Stufe

Graphit d001 1. Stufe

d002 2. Stufe

d003 3. Stufe

Elektrodenmitte Peakposition

[°2] 38,0 38,8 40,2 36,3 38,1 38,8

FWHM [°2] 1,5 1,4 1,3 1,2 1,3 1,4

Fläche [a.u.] 13,35 37,60 49,05 27,22 45,88 24,19 Phasenanteil

[%] 13 40 49 28 47 25

Res. mittleres

x in LixC 0,03 0,10

Elektrodenrand Peakposition

[°2] 38,1 38,8 40,3 36,3 38,1 38,6

FWHM [°2] 0,64 1,5 1,3 0,52 1,2 1,4

Fläche [a.u.] 2,61 21,32 76,07 0,35 60,14 39,51 Phasenanteil

[%] 3 21 76 0 60 40

Res. mittleres

x in LixC 0,01 0,07

Die in Tab. 13 dargelegte Auswertung wurde für eine Serie von 19 Messungen entlang einer Linie vom unteren zum oberen Elektrodenrand durchgeführt. Die daraus resultieren-den Lithiumstöchiometrien sind in Abb. 31 aufgetragen. Der goldfarbene Streifen auf der geladenen Elektrode zeigt dabei Übereinstimmung mit einem Peak im interkalierten Lithi-umanteil. Im Gegensatz zum optischen Eindruck eines sehr abrupten Übergangs belegt die XRD-Messung einen stetigen Anstieg des Ladezustands hin zur Elektrodenmitte. Die mittlere Stöchiometrie der geladenen Elektrode beträgt Li0,084C.

Der Anstieg des Ladezustands im mittleren Bereich der ungeladenen Elektrode offenbart sich in der Linienmessung als weniger signifikant als aus der Punktmessung vermutet. Es treten eher unsymmetrische Schwankungen im ermittelten Lithiumanteil auf. Da dem Fit-verfahren ein Anstieg des Fehlers mit sinkendem mittleren SOC inhärent ist, wird von ei-ner Interpretation dieser Schwankungen abgesehen. Die mittlere Stöchiometrie der unge-ladenen Elektrode beträgt Li0,025C.

Abb. 31: Auftragung der Lithiumstöchiometrien, die aus den Fitergebnissen der entlang der Anode quer zur Wickelrichtung gemessenen Röntgendiffraktogramme berechnet wurden.

Aus der Differenz der Datenpunkte in Abb. 31 lässt sich direkt das lokale SOC-Fenster ablesen. Es beträgt im Mittel x = 0,059. Dies entspricht 18 Ah reversibel interkalierten Lithiums. Der für die Gesamtzelle elektrisch gemessene SOH von 55 % entspricht ca.

14 Ah reversibler Kapazität.

Die Differenz lässt sich dadurch erklären, dass zur vollständigen Abdeckung der Elektro-denfläche wegen einer begrenzten Probenträgergröße zwei Messpunkte am Rand fehlen und zudem der Linienscan nur einen kleinen, beliebig gewählten Ausschnitt abbildet. Mit diesen Einschränkungen ist der röntgenographisch ermittelte SOC plausibel.

Die oben getroffenen Interpretationen zur Konkurrenz von Lithiumplattierung und Inter-kalation beruhen auf der Annahme, dass im Randbereich eine Deckschicht von metallisch (teil-)irreversibel abgelagertem Lithium vorliegt. Dies lässt sich analog zu 1.1.2. durch die Analyse von Elektrodenquerschnitten mittels REM und EDX belegen. Eine Deckschicht wird wie bei der zuvor untersuchten Zelle nur im Randbereich festgestellt. In Abb. 32 sind Querschnittsabbildungen in diesem Bereich der ungeladenen Elektrode zu sehen. Das Sekundärelektronenbild im linken Teil im Vergleich mit dem Kohlenstoff-K-Mapping im mittleren Teil offenbart eine 28 µm dicke Deckschicht. Die chemische Zusammensetzung ist analog zur zuvor untersuchten Zelle, weshalb auf eine Abbildung von Einzelspektren verzichtet wird. Die Schicht wird als irreversible Lithiumplattierung gedeutet. Die Grenzflä-che zwisGrenzflä-chen Graphit und Deckschicht ist nach der 3C/2C-Alterung jedoch trennschärfer als dies bei der 2C/2C-Alterung der Fall war. Höhere Ladeströme führen demnach zu ei-ner bevorzugten Abscheidung des Lithiums an der Oberfläche, während beim niedrigeren Ladestrom die Abscheidung tiefer in die Graphitzwischenschichten hinein stattfindet.

Im rechten Teil von Abb. 32 ist zudem ein Mapping der K-Intensität von Aluminium dar-gestellt. Es dient der Darstellung der auf die Elektrodenoberfläche bei der Herstellung aufgebrachten Al2O3-Schicht. Diese befindet sich zum größten Teil oberhalb der Lithium-schicht. Somit findet die Abscheidung des Lithiums weiterhin direkt auf der Graphitober-fläche statt und verdrängt die Aluminiumoxidschicht nach oben. Die Unterbrechung der Schicht an der Oberfläche sowie der Verbleib von Teilen des Aluminiums unterhalb der Lithiumschicht zeigt, dass dieser Prozess mit einer Beschädigung der Al2O3-Schicht ein-hergeht.

Abb. 32: REM-Aufnahmen von Querschnitten der ungeladenen Anode im mit Lithiumabscheidun-gen bedeckten Randbereich (links) mit einer Darstellung von EDX-MappingmessunLithiumabscheidun-gen der

K-Peakintensität von Kohlenstoff (Mitte) und Aluminium (rechts).

Die entsprechenden Abbildungen für die geladene Elektrode sind in Abb. 33 gezeigt.

Auch hier ist die Grenzfläche zwischen Graphit und Lithiumplattierung sehr deutlich zu erkennen. Die Schichtdicke beträgt 15 µm. Mit der unter 1.1.2 aufgestellten Formel lässt sich der Anteil reversibler Lithiumplattierung mit 46 % abschätzen. Es hat somit stärker reversiblen Charakter als in der zuvor betrachteten Zelle. Auch der reversible Anteil des abgeschiedenen Lithiums befindet sich unterhalb der Al2O3-Schicht, welche das gleiche Beschädigungsbild wie in der ungeladenen Elektrode aufweist.

Abb. 33: REM-Aufnahmen und EDX-Mapping analog zu Abb. 32 für die geladene Anode.

Zusammenfassend führen die Beobachtungen zu der Hypothese, dass Interkalation und Lithiumplattierung als konkurrierende Reaktionen ortsabhängig unterschiedlich stark am Ladungsdurchsatz beteiligt sind. Während in der Elektrodenmitte Interkalation dominiert und die Elektrode mit hohem SOC-Fenster beansprucht wird, kommt es am Rand zur me-tallischen Lithiumabscheidung, die durch ihren (teil-)irreversiblen Charakter zur starken Alterung führt.