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Die auf den Tetraetherlipidfilmen aufbauenden Schichtsysteme behalten auch nach ihrer Funktionalisierung eine physikalische Langzeitstabilität und chemische Resistenz. Die neuen Lipidschichten präsentierten ebenso den Erhalt sowohl der optischen als auch der elektrochemischen Sensorfunktionalität. Es konnte zudem eine wirksame Lipidbeschichtung auf der Silikonoberfläche mit Hilfe einer neu entwickelten Aktivierungschemie nachgewiesen werden. Erwartungsgemäß erreicht die nanoskalige Lipidschicht auf Silikon jedoch keine mit Schichten auf dem Glassubstrat vergleichbare Homogenität. Dennoch ist davon auszugehen, dass die gesamte Polymeroberfläche beschichtet wurde unter Einbeziehung einer akzeptablen Anzahl von Defekten.

Die durchgeführte Bewertung der energetischen und elektrokinetischen Charakterisierung der funktionalisierten Tetraetherlipidschichten weist insbesondere auf dem Substrat Glas eine geringe Bandbreite der Parameter auf. Die charakteristischen Eigenschaften superhydrophil/superhydrophob oder negativ/positiv geladen wurden nicht in dem erwarteten Maß erreicht. Auf dem Substrat Silikon kann allein bezüglich der Oberflächenladung eine deutlichere Variation erreicht werden. Diese geringe Variationsbreite wird entweder auf die ungenügende Anzahl oder die eingeschränkte Funktionalität der gekoppelten Funktionsmoleküle zurück geführt.

Dennoch lässt sich die Analyse des Antifoulingpotenzials der Tetraetherlipidschichten und ihrer Funktionalisierungen in einer positiven Bilanz zusammenfassen. Die erreichte Reduzierung der bakteriellen Adhäsion im in vitro-Laborversuch ist erfolgversprechend. Insbesondere im Feldtest wurde ein deutlich verbessertes Antifoulingverhalten der neuen Schichten präsentiert. Die Beschichtung der Materialien mit dem Tetraetherlipid allein zeigt bereits durchgehend einen die Bioadhäsion reduzierenden Effekt. Es werden im Labor Adhäsionsminderungen um bis zu 40% in Fluss- und Trinkwasser erreicht, während im Abwasser nur eine Verringerung der Adhäsion um 20-25% ermittelt wurde. Die unterschiedlichen Funktionalisierungen führen in den drei Wässern zu einer variierenden Rangfolge in Antifouling. Für die Proben TL PEG, TL negativ, TL positiv sowie das unmodifizierte TL lässt sich insgesamt in allen wässrigen Medien eine positive Bilanz ziehen. Demgegenüber führen die Proben TL PC und TL CF zu einem erfolgreichen Antifoulingverhalten im Infektionsmodell. Das unmodifizierte TL und die Probe TL PEG weisen erneut vielversprechende Ergebnisse auf. Die funktionalisierten Silikonoberflächen bestätigen das Ergebnis weitestgehend. Die Probe SIK TL Kombi führte auf Silikon zu dem besten Antifoulingverhalten.

Die Analyse der Adhäsionsmessung mit Einzelorganismen diente der Entwicklung eines realitätsnahen biologischen Modells und verdeutlicht eine konkurrierende Adhäsion mehrerer Organismen in der Mischkultur. Das Adhäsionspotenzial der Mikroorganismen variiert drastisch. Diese Differenzen werden durch die starken Unterschiede in den Oberflächeneigenschaften der Bakterien zusätzlich interpretierbar.

Es zeigt sich, dass mit zunehmender Dicke der den Mikroorganismus umgebenden Schleimschicht die Zahl der adhärierten Bakterien abnimmt, d.h. anziehend wirksame physikochemische Wechselwirkungen oder Proteinfunktionen werden maskiert.

Die vergleichende Betrachtung der Ergebnisse der Laboranalysen und des Feldtests lassen die Annahme zu, dass die gewählte Methodik der in vitro-Bioadhäsionsmessungen eine im Feld nicht existente Härteprüfung darstellt.

Im Rahmen der Diskussion wurden zu den einzelnen Oberflächenparametern vergleichend die Resultate aus der Literatur und eigene Korrelationsbetrachtungen gegenüber gestellt. Das Ergebnis verdeutlicht, dass die Hydrophobie des Substratmaterials die bakterielle Adhäsion nur unwesentlich beeinflusst. Eine Ausnahme bilden Medien mit hoher Ionenstärke z.B. Dialyseflüssigkeit, in welchen hydrophobe Interaktionen eine zunehmendere Rolle spielen. Die elektrostatisch wirksame Abstoßung kommt deutlicher auf der negativ geladenen Glasoberfläche zum Tragen. Die Lipidierung des Substrates lässt keine Relation gemessen am Antifoulingpotenzial erkennen, was durch die Nivellierung der Zetapotenziale der lipidierten und funktionalisierten Substrate gestützt wird.

Die experimentell begründeten Korrelationsbetrachtungen wurden ergänzt durch die Darstellung der Wechselwirkungen in Form von Energie-Distanz-Funktionen ausgehend von thermodynamisch kolloidchemischen Modellvorstellungen. Mit dem Ziel, neben den Wechselwirkungen der klassischen DLVO-Theorie, Säure-Base-Wechselwirkungen sowie sterische Interaktionen modellseitig zu erfassen, erfolgte in der Konzeptfindung eine eigene Einteilung der in der vorliegenden Arbeit zur Diskussion der Bioadhäsion dienenden Wechselwirkungsenergien. Die Interpretation des erreichten Antifoulings demonstrierte, dass zusammengefasst der Beitrag der van der Waals-Wechselwirkung vergleichsweise gering und unabhängig von der Funktionalisierung der Tetraetherlipidschicht ist. Der Effekt elektrostatischer Wechselwirkungsenergien ist im Vergleich zu den van der Waals-Wechselwirkungen etwas größer und von höherer Reichweite. Während die eingesetzten Medien die Höhe der entstehenden Energiebarriere beeinflussen, bestimmt die Funktionalisierung des Tetraetherlipids die Reichweite der elektrostatischen Interaktion.

Zusammenfassend sind die dargestellten Antifoulingeigenschaften allein aus dem DLVO-Konzept nicht eindeutig ableitbar. Die Betrachtung der hydrophoben Anziehung und der hydrophilen Abstoßung lässt ebenfalls die Aussage zu, dass allein die Unterbindung der hydrophoben Anziehung z.B. durch die Lipidierung der Silikonoberfläche nicht als Wirkprinzip des Antifoulings interpretiert werden kann.

Demgegenüber spielen hydrophile Effekte verursacht durch die Lipidierung und ihre Funktionalisierung eine wesentlichere Rolle. Die ermittelte Abstoßung wirkt jedoch nur in geringen Distanzen. Dagegen verdeutlicht die Interpretation der sterischen Wechselwirkungen eine hohen Stellenwert für das Antifouling am Beispiel der funktionalisierten Tetraetherlipidschichten. Dabei entspricht das gewählte Polyethylenglykol der als optimal definierten Größe für die abstoßende sterische Wirkung. Beide Effekte:

die lange sterisch wirkende Polymerkette und die Entstehung einer Wasserbarriere bei mittleren Kettenlängen, kombiniert mit funktionellen Gruppen, konnten effektiv an dem modifizierten Glas und Silikon beschrieben werden. Die Quantifizierung der sterischen Wechselwirkungsenergie veranschaulicht zusätzlich den Einfluss dieser Interaktion unter der Voraussetzung einer optimalen Konformation der Polymere.

Zusammenfassend und grundsätzlich wird bezüglich der theoretischen Erfassung der Bioadhäsion bestätigt, dass keines der thermodynamischen Modelle die komplexe Situation zufriedenstellend und umfassend beschreibt. Letztendlich werden die spezifische Situation begründet und Modellansätze optimiert. Dessen ungeachtet wurde klar aufgezeigt, dass sich die Reduzierung der initialen Bioadhäsion auf Säure-Base-Wechselwirkungen insbesondere ihrer hydrophilen und sterischen Energieanteile zurückführen lässt und somit der Aufbau einer sterisch wirksamen Wasserbarriere ein effektives Antifoulingkonzept darstellt.

Im Zusammenhang mit der technischen Applikation der Tetraetherlipidschichten entstand u.a. eine Patentanmeldung. In Einhaltung der technischen Zielstellung der Arbeit erfolgte zudem die erfolgreiche Prüfung ausgewählter Lipidbeschichtungen in Feldtests unter realen Applikationsumgebungen, z.B. in einer Trinkwassertalsperre und einer kommunalen Kläranlage. Zusätzlich konnte im Rahmen der erforderlichen Funktionalitätsprüfung eine gute Biokompatibilität und Verträglichkeit als Implantatmaterial nachgewiesen werden. In Vorbereitung der technologischen Umsetzung der Beschichtungstechnologie entstand am Beispiel medizinischer Katheter eine Prototypanlage zur Behandlung von Musterschläuchen.

Erste Beschichtungsversuche unterstrichen die Funktionalität des Beschichtungsprinzips im Labormaßstab.

Die Entwicklung eines biomimetischen Oberflächencoatings auf der Basis neuartiger archaealer Tetraetherlipide stellt einen vielversprechenden lipidchemischen Ansatz zur Etablierung eines langzeitstabilen und biomimetischen Antifoulingkonzeptes dar. Die Reduzierung der initialen Bioadhäsion und darauf folgend der eingeschränkten Biofilmbildung wird auf abstoßende hydrophile und sterische NonDLVO-Wechselwirkungen zurück geführt. Aufgrund ihrer einstellbaren spezifischen Wechselwirkung mit dem jeweiligen Medium und der kovalenten Fixierbarkeit auf technischen Funktionsflächen können sie feld- bzw. prozesstauglich eingesetzt werden.