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effekte abgeschwächt. Die tangentiale Komponente führt aber zu einer zu-sätzlichen Querströmung, die zu grundlegend anderen Prozessen im laminar-turbulenten Umschlag führen kann als in einer nicht schiebend angeströmten Grenzschicht. Dominieren diese für schiebend angeströmte Grenzschichten spezifischen Prozesse das Szenario, spricht man vom querströmungsdominier-ten Transitionsprozess, welcher näher in Abschnitt 2.3 beschrieben wird.

Für die querströmungsdominierte Transition wurde neben direkt stabilisieren-den passiven oder störungsreduzierenstabilisieren-den aktiven Laminarhaltungsmethostabilisieren-den eine Methode identifiziert, welche durch zusätzlich eingebrachte Störungen auf indirekte Weise eine Verzögerung des Umschlags ermöglicht [95]. Die-se Methode wird als Upstream Flow Deformation (UFD) bezeichnet [112]

und wird in Abschnitt 2.4 beschrieben. Sie ist insbesondere deshalb von wissenschaftlichem Interesse, weil sie durch ihre indirekte Funktionsweise das Potential besitzt, im Vergleich zu direkten Laminarhaltungsmethoden besonders effizient die Transition zu verzögern. Die indirekte Funktionsweise macht die Methode allerdings auch sehr empfindlich gegenüber den Eigen-schaften und der Stärke der zusätzlich eingebrachten Störungen. Zusätzlich hängt die geeignete Wahl der Störungseigenschaften von den Anströmungs-bedingungen ab. Es ist daher nötig, diese Eigenschaften bei der künstlichen Störungsanregung steuern zu können und idealerweise auch an veränderliche Anströmungsbedingungen anpassbar zu gestalten. Die Untersuchung von neuen flexiblen Anregungskonzepten für zusätzliche Störungen mit wohl-definierten Eigenschaften im Kontext dieser Laminarhaltungsmethode ist Hauptthema der vorliegenden Arbeit.

1.2 Zielsetzung und Überblick

Das Prinzipexperiment der schiebenden ebenen Platte, wie es vom Ende der 1980er bis Anfang der 2000er Jahre am DLR Göttingen zur fundamentalen Untersuchung des querströmungsdominierten Transitionsprozesses verwendet wurde, war für die Untersuchung von Aktuierungskonzepten im Kontext der UFD-Laminarhaltungsmethode nur bedingt geeignet und existierte zudem nur noch in Teilen. Daher ist ein grundlegender Teil der Zielsetzung im Rahmen dieser Arbeit, einen ähnlichen experimentellen Aufbau mit besser geeigneten Strömungseigenschaften neu auszulegen und aufzubauen. Der Prozess der Neuauslegung wird in Kapitel 4 näher motiviert, beschrieben und sein Ergebnis vorgestellt.

1.2 Zielsetzung und Überblick Zur gezielten Anregung der zusätzlichen Störungen (stationäre Querströ-mungsinstabilitäten, QSI) in der UFD-Methode können beispielsweise zy-lindrische Einzelrauigkeiten verwendet werden [84, 97], welche spannweitig periodisch auf der Modelloberfläche fixiert werden. Die UFD-Methode ist sehr empfindlich gegenüber der Anfangsamplitude der zusätzlichen Störungen und erfordert neben einer wohldefinierten spannweitigen Wellenlänge eine wohldefinierte Anfangsamplitude der Störungen. Der geeignete Wertebereich für die spannweitige Wellenlänge und die Amplitude hängt von den Anströ-mungsbedingungen ab. Bei fester Reynoldszahl der Anströmung wird der gewünschte transitionsverzögernde Effekt nicht erzielt, wenn die Amplitude der zusätzlich angeregten Störung zu gering ist. Ist sie zu groß, kann die zusätzlich angeregte Störung selbst zu einer stromauf verlagerten Transition führen. Daher sind Anregungskonzepte mit regelbarer Amplitude von Interes-se, man nennt sie auchaktive Rauigkeiten. Bisher wurden bereits zwei solcher Anregungskonzepte mit dem Ziel der Transitionsverzögerung anhand der UFD-Methode untersucht: die Anregung durch spannweitig periodische pneu-matische Aktuierung [68] und die Anregung durch spannweitig periodische Plasmaaktuierung (siehe z.B. [105]). Mithilfe der pneumatischen Aktuierung konnte dabei eine Transitionsverzögerung experimentell nachgewiesen werden, mit der Plasmaaktuierung bisher nicht.

Im Rahmen dieser Arbeit wurden nun zwei weitere solcher Anregungskon-zepte, die Anregung durchspannweitig periodische Wandheizungund die Anregung durch spannweitig periodisch angeordnete rotierende Scheiben technisch realisiert und im neu ausgelegten Prinzipexperiment untersucht. Hypothesen zur bisher teilweise ungeklärten physikalischen Funk-tionsweise dieser Störungsanregung werden in Abschnitt 2.5 beschrieben. Die technische Realisierung der Aktuatoren wird in Abschnitt 4.5 beschrieben.

Ziel der Arbeit ist es, die Funktion der bislang im Falle der Oberflächen-heizung wenig und im Falle der Rotationsanregung gar nicht untersuchten Anregungskonzepte zu untersuchen und ihre Eignung für einen Einsatz in der UFD-Methode zu überprüfen. Dazu ist zu zeigen, dass es mit beiden Anre-gungskonzepten möglich ist, die Amplitude einer zusätzlichen wohldefinierten Störung zu kontrollieren und dies anhand eines charakteristischen Parameters für die Anregungsstärke zu charakterisieren. Es ist des Weiteren auch von besonderem Interesse, inwiefern die Anregungskonzepte in der Lage sind, die beabsichtigte Störung isoliert von anderen Störungen anzuregen, da dies bspw. bei der Plasmaaktuierung bisher nicht der Fall war. Des Weiteren soll

1.2 Zielsetzung und Überblick

überprüft werden, ob eine Transitionsverzögerung mithilfe der untersuchten Anregungskonzepte erreicht wird.

Der theoretische Hintergrund für die Interpretation der experimentellen Ergebnisse und der Stand der Forschung zur Verzögerung der querströmungs-dominierten Transition werden in Kapitel 2 eingeführt. Die numerischen und experimentellen Methoden werden in Kapitel 3 bzw. 5 beschrieben, wobei der Fokus der Arbeit klar auf der experimentellen Untersuchung mithil-fe von Hitzdrahtanemometrie liegt, deren Interpretation durch numerische Untersuchungen unterstützt wird.

Den Hauptteil der Arbeit bilden die Kapitel 6, 7 und 8 mit experimentellen Ergebnissen aus der Grenzschicht des neu ausgelegten Prinzipexperiments.

Zunächst wird in Kapitel 6 geprüft, inwiefern die realisierte Grenzschicht-strömung im neu ausgelegten Prinzipexperiment die Ziele der Neuauslegung erfüllt und sich für Untersuchungen zur UFD-Methode eignet. Dazu wird in Abschnitt 6.1 im Wesentlichen gezeigt, dass die Grenzschichtströmung erfolg-reich durch eine numerische Simulation nachvollzogen werden kann. Basierend auf der numerisch simulierten Grenzschichtströmung werden in Abschnitt 6.2 Ergebnisse einer linearen lokalen Stabilitätsuntersuchung vorgestellt. Mithilfe der dabei gewonnenen Erkenntnisse über die in der Grenzschicht zu erwar-tenden Instabilitäten kann in Abschnitt 6.3 das gesamte Transitionsszenario der Grenzschicht inklusive der beobachteten Störströmung ohne Aktuierung nachvollzogen werden. Dies ist insbesondere für das Verständnis der späteren gezielten Beeinflussung der Störströmung durch die Aktuatoren wichtig.

Im Anschluss wird in Kapitel 7 untersucht, ob mithilfe der spannweitig periodischen Wandheizung stationäre QSI angeregt werden können, ob die Amplitude der angeregten QSI kontrollierbar ist und welchen Einfluss die Aktuierung auf das Transitionsszenario hat. Dazu muss wegen des besonderen Materials des Aktuators zunächst bewertet werden, inwiefern die Oberflächen-beschaffenheit die Störströmung bereits im nicht-aktuierten Fall verändert (Abschnitte 7.1 und 7.2). Des Weiteren muss in Abschnitt 7.3 diskutiert werden, inwiefern die Wärmezufuhr des Heizaktuators Hitzdrahtmessungen in der Grenzschicht und die Stabilität der Grenzschicht beeinflusst. Anhand einer systematischen Variation der Heizleistung wird in Abschnitt 7.4 gezeigt, dass erfolgreich stationäre QSI angeregt werden und dass ihre Amplitude in einem großen Bereich der Heizleistung einem eindeutigen Zusammenhang mit der Heizleistung folgt und somit kontrollierbar ist. Für ausgewählte Betriebs-parameter wird in Abschnitt 7.5 gezeigt, welchen Einfluss die Heizaktuierung

1.2 Zielsetzung und Überblick auf das Transitionsszenario inklusive der Störströmung hat und analysiert, ob anhand der UFD-Methode eine Transitionsverzögerung erreicht wird.

Die künstliche Anregung stationärer QSI durch spannweitig periodisch an-geordnete, rotierende Scheiben wird in Kapitel 8 untersucht. Auch für diese Anregungsmethode kann anhand einer systematischen Variation der Rotati-onsfrequenz in Abschnitt 8.1 gezeigt werden, dass stationäre QSI erfolgreich angeregt werden und dass ihre Amplitude in einem eindeutigen Zusammen-hang zur Rotationsfrequenz steht. Dabei wird auch geprüft, ob der Drehsinn der Scheiben einen wesentlichen Einfluss hat. Durch den alleinigen Betrieb einzelner rotierender Scheiben wird auch die stationäre Störung durch solch eine Einzelanregung untersucht und ein eindeutiger Zusammenhang ihrer Amplitude zur Rotationsfrequenz hergestellt. Stromab der Aktuierung wer-den signifikant angehobene instationäre Fluktuationen beobachtet. Es wird geprüft, ob es sich dabei um Folgen einer unvollkommenen technischen Reali-sierung oder um eine inhärente Eigenschaft der Anregung durch Rotation handelt. Für ausgewählte Betriebsparameter wird in Abschnitt 8.2 gezeigt, welchen Einfluss die spannweitig periodische Rotationsaktuierung auf das Transitionsszenario hat.

Kapitel 2

Hintergrund und Stand der Forschung

Der Umschlag von einer laminaren Grenzschichtströmung zu einer turbu-lenten Grenzschichtströmung findet unter verschiedenen Bedingungen über unterschiedliche Mechanismen statt, welche teilweise stark unterschiedliche oder gar gegensätzliche Eigenschaften aufweisen. Um den Transitionsprozess zu verstehen und letztendlich gezielt beeinflussen zu können, müssen diese Mechanismen und ihre beherrschenden Parameter getrennt betrachtet werden.

In dieser Arbeit wird der querströmungsdominierte Transitionsprozess einer inkompressiblen Grenzschicht betrachtet. Er kann dann auftreten, wenn die Grenzschichtströmung zusätzlich zur Geschwindigkeitskomponente in Haupt-strömungsrichtung eine nicht verschwindende Querkomponente besitzt, was unter anderem bei schiebend angeströmten Tragflügeln der Fall ist. Man spricht bei solchen Grenzschichten von dreidimensionalen (3D-)Grenzschich-ten.

In Abschnitt 2.1 werden zuerst die Annahmen für die theoretische Behand-lung der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Grundströmung dargestellt.

Daraufhin werden in Abschnitt 2.2 die Grundlagen der theoretischen Be-schreibung der Instabilitäten in einer solchen Grundströmung beschrieben.

In den folgenden Abschnitten werden dann die bisherigen Erkenntnisse zu den relevanten physikalischen Prozessen zusammengefasst.

2.1 Die Grundströmung

 

Abbildung 2.1.1:Die verwendeten Koordinatensysteme in einer Aufsichtsskizze der schiebenden ebenen Platte

2.1 Die Grundströmung

Um die relevanten Eigenschaften des querströmungsdominierten Transitions-prozesses theoretisch zu behandeln, betrachtet man idealisiert eine unendlich schiebende Grundströmung an einer ebenen Platte. Damit ist eine quasi-dreidimensionale Strömungssituation gemeint, in der alle spannweitigen Gra-dienten vernachlässigt werden können. Gegenüber einem realen schiebend angeströmten Flügel ist dies nur eine Annäherung, unter anderem da an einem endlichen Flügel am jeweiligen spannweitigen Ende ein Druckausgleich zwischen der Ober- und Unterseite des Flügels stattfindet, was zwangsweise zu spannweitigen Druck- und Geschwindigkeitsgradienten führt.

Im Folgenden und im weiteren Verlauf der Arbeit werden zwei Koordina-tensysteme verwendet, das modellorientierte Koordinatensystem mit den Koordinaten xc und yc und das stromlinienorientierte Koordinatensystem mit den Koordinatenxsundys. Letzeres orientiert sich an der gekrümmten Grenzschichtrandstromlinie. In beiden Koordinatensystemen bezeichnetzden Wandabstand. Die beiden Koordinatensysteme sind in Abb. 2.1.1 dargestellt.

Da es sich bei dem umströmten Modell, an dessen Oberfläche die Grenzschicht untersucht wird, um eine Modellplatte handelt (siehe Kapitel 4), werden im Folgenden auch die Begriffe plattenorientiert, plattenparallel und fürxc der Begriff Plattentiefenposition verwendet.

2.1 Die Grundströmung Projiziert man den Betrag der Anströmgeschwindigkeitqin das Plattenkoor-dinatensystem, erhält man die Komponentenuc,∞ undvc,∞der Anströmung.

uc,∞=q·cos(φ) (2.1.1) vc,∞=q·sin(φ) (2.1.2) Dabei entsprichtφdem geometrischen Schiebewinkel der Modellplatteφg,∞. Die oben beschriebenen Annahmen zur unendlich schiebenden Strömung lassen sich wie folgt ausdrücken:

∂uc

Dabei bezeichnetpden statischen Druck. Die dreidimensionalen stationären und inkompressiblen Grenzschichtgleichungen erster Ordnung mit konstanter kinematischer Viskositätν und Dichteρlauten (siehe [100]):

uc

Dabei bezeichnetw die wandnormale Geschwindigkeitskomponente und ~q den Geschwindigkeitsvektor. Mit den Annahmen 2.1.3 und 2.1.4 vereinfachen sie sich zu:

Am Grenzschichtrand (z = δ(xc) mit der Grenzschichtdicke δ) geht die Strömung in die reibungsfrei anzunehmende Außenströmung über und nach Grenzschichttheorie erster Ordnung verschwinden die wandnormalen Gradi-enten:

∂uc,e

∂z =∂vc,e

∂z =∂we

∂z = 0 (2.1.11)