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Ziele, Geltungsbereiche und Wechselwirkungen

4. ZUSAMMENWIRKEN DER FÖRDERUNG MIT ANDEREN

4.1 Z USAMMENWIRKEN DER F ÖRDERUNG MIT DEM E MISSIONSHANDEL UND DEN

4.2.2 Ziele, Geltungsbereiche und Wechselwirkungen

„Ziel der Bundesregierung ist es, durch die Ökologische Steuerreform (ÖSR) zum E-nergiesparen und zur rationellen Energieverwendung anzuregen sowie Erneuerbare Energien zu fördern. Diese Säulen der Energiewende sind – neben dem Atomausstieg – entscheidend für den Klimaschutz und schaffen Arbeitsplätze.“ (BMU 2004d, eigene Hervorhebung). Das umweltpolitische Ziel der Ökosteuer ist daher umfassender als das hauptsächliche Ziel des EEG, die Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien wird ergänzt um die Ziele der rationellen Energieversorgung sowie des Energiesparens. Al-lerdings sind die Ziele der Ökosteuer nach dem in Kapitel 1 vorgestellten erweiterten Kriterienkatalog als wenig operationalisierbar einzustufen, denn es werden keine Ziel-größen explizit benannt.

Zwar setzen die Regelsätze der Ökosteuer am Energieverbrauch an, sind jedoch nach der Preiselastizität der Nachfrage differenziert und nicht - wie im Vorfeld der ökologi-schen Steuerreform gefordert - nach den klimaschädigenden CO2-Emissionen der be-lasteten Energieträger. Ganz konkret bedeutet dies, dass Kraftstoffe deutlich stärker belastet werden als Heizstoffe, denn die Kraftstoffnachfrage reagiert oftmals preisune-lastisch (beispielsweise im Bereich der privaten Nachfrage im Pendlerverkehr). Für ge-werbliche Abnehmer aus dem Produzierenden Gewerbe und der Landwirtschaft gelten reduzierte Sätze und Kohle wurde ursprünglich nicht einbezogen. Vor allem wird Strom auch steuerlich belastet, wenn er auf Basis von Erneuerbaren Energien erzeugt worden ist. Die starken Diskrepanzen in den Regelsätzen machen deutlich, dass die Ökologische Steuerreform stark von fiskalischen Zielsetzungen geprägt und nicht vorrangig darauf ausgerichtet ist, ökonomisch effizient zur Reduktion von CO2-Emissionen beizutragen.

Wie eingangs dargelegt soll die Ökosteuer nicht nur energie- und umweltpolitischen Zielen dienen, sondern auch einen Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt und zur Sicherung der Vollbeschäftigung leisten. Man erhofft sich die in der Literatur im Vorfeld der ökologischen Steuerreform lange diskutierte Mehr-fachdividende (vgl. Carraro et al. 1996), d. h. die Umwelt wird entlastet (1. Dividende) und verzerrende Abgaben werden reduziert, was zu einem Wohlfahrtsgewinn führt (2.

Dividende) und es kommt zu entlastenden Wirkungen am Arbeitsmarkt (3. Dividende).

Die Ökosteuer verfolgt, ebenso wie das EEG, bzw. die Förderung Erneuerbarer Ener-gien somit auch allgemeine wirtschaftspolitische Ziele. Das EEG setzt jedoch auf expli-zite und operationalisierbare Ziele. Während die Ökosteuer den Beschäftigungsimpuls durch die Senkung der Lohnnebenkosten ausübt, wirkt das EEG als direkte Technolo-gieförderung, indem es die Nachfrage nach Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuer-baren Energien verstärkt.

Die Ökosteuer belastet zunächst alle Wirtschaftsakteure, die Kraftstoffe und Strom verbrauchen. Überschneidungen mit vom EEG betroffenen Akteuren gibt es im Bereich der Stromverbraucher. Der Schwerpunkt der Belastungen durch die Ökosteuer liegt je-doch nach Energieträgern bei Mineralöl, Erdgas und Strom, nach Verbrauchssektoren schwerpunktmäßig in den Endverbrauchsbereichen Verkehr, Haushalte und im Sektor Gewerbe, Handel und Dienstleistungen. Die bisher gültige Besteuerung von Erdgas, das zur Stromerzeugung eingesetzt wird, entfällt mit der Umsetzung der Energiesteuerricht-linie der EU in nationales Recht für Anlagen mit einer Leistung von mehr als 2 MW, bei kleineren KWK-Anlagen setzt die Steuerbefreiung den Nachweis eines Jahresnutzungs-grades von mindestens 70 % voraus.

In einer aktuellen Studie des DIW (Bach 2005) werden Modellrechnungen zu den un-mittelbaren Be- und Entlastungswirkungen der ökologischen Steuerreform nach Pro-duktionsbereichen durchgeführt. Danach spülte die ökologische Steuerreform mit

€ 18,7 Mrd. oder 0,9 % des BIP (2003) ein beträchtliches Steueraufkommen in die Kas-sen des Bundesfinanzministers. Dieses wird zur Stabilisierung der Rentenversiche-rungsbeiträge (€ 16,1 Mrd.) und zur Haushaltskonsolidierung verwendet. Fiskalisch war die Reform somit ein Erfolg.

Im Produzierenden Gewerbe dürften die Wirkungen eher geringer ausgefallen sein als im Verkehr, da durch Steuervergünstigungen bzw. Erstattung von Sozialbeiträgen weit-gehende Belastungsminderungen für energieintensive Produktionsbereiche bewirkt werden. Die Nettobelastung (Quotient aus dem Saldo aus Steueraufkommen und Entlas-tung der Sozialbeiträge und dem Bruttoproduktionswert) reichte im Jahr 2003 in diesen Bereichen von 0,02 % in der „Chemie“ bis 0,07 % im „Glasgewerbe, Keramik, Verar-beitung von Steinen und Erden“. Das lag zwar über dem Durchschnitt des Verarbeiten-den Gewerbes (-0,02 %), aber kaum so hoch, dass dadurch zusätzliche Gefahren für die Wettbewerbesfähigkeit dieser Branchen entstehen könnten. Unter umweltpolitischen Gesichtspunkten ist besonders nachteilig, dass für Großverbraucher die Grenzbelastun-gen beim Kauf von Energie und somit die Anreize zum Energiesparen erheblich redu-ziert worden sind.51.

51 Die Reform der Steuervergünstigungen 2003 hat zwar auf dem Papier die Grenzbelastungen von 20 % auf 60 % der Steuererhöhung im Rahmen der allgemeinen Steuerermäßigung und von 0 auf 3 % beim Spitzenausgleich (5 % Selbstbehalt * Ermäßigung 60 %) erhöht. Diese zusätzlichen Anreizwirkun-gen werden aber weitgehend konterkariert durch die massive Ausweitung des Anspruchs auf den Spitzen-ausgleich, so dass sie letztlich nur für Unternehmen mit niedriger und hoher Energieintensität durch-schlägt.

Die sehr energieintensiven Produktionsbereiche im Bergbau und in der Grundstoffin-dustrie werden an der Grenze nur geringfügig höher belastet (3 % der Steuererhöhung).

Da in diesen Bereichen eher langfristige Investitionszyklen vorherrschen und bereits viele Energieeinsparpotentiale ausgeschöpft wurden, ist hier nicht mit nennenswerten Wirkungen zu rechnen. Sieht man die Energiesparpotentiale der Industrie vor allem bei Unternehmen mit mittlerer und höherer Energieintensität, so dürften die erhöhten Grenzbelastungen vor allem bei der Stromsteuer weitgehend durch die Ausnutzung des Spitzenausgleichs kompensiert werden.

Die Ökosteuer führt durch die Verteuerung von fossilen Heiz- und Kraftstoffen zu einer Verbesserung der Wettbewerbsposition Erneuerbarer Energien bei der Bereitstellung von Wärme für Heizzwecke und zur Warmwasserbereitung sowie von Kraftstoffen für den Transportsektor. Einen entsprechenden Vorteil für Erneuerbare Energien, die zur Stromerzeugung eingesetzt werden, bewirkt die Ökosteuer nicht, da in diesem Sektor der Einsatz von Mineralöl von geringer Bedeutung ist und Erdgas, entsprechend den EU-Richtlinien in Zukunft von einer Besteuerung freigestellt wird. Außerdem belastet die Stromsteuer auch Erneuerbare Energien.

Insgesamt sind Ökosteuer und EEG als überwiegend komplementäre Instrumente zu betrachten, ihr gleichzeitiger Einsatz erscheint unter Umweltschutzgesichtspunkten trotz überlappender Wirkungsbereiche durchaus sinnvoll. Unter wirtschaftspolitischen Ge-sichtspunkten kann allerdings die Summe der Verteuerungseffekte aus dem Emissions-handel, dem EEG, der Ökosteuer und dem KWK-Gesetz problematisch werden. Beson-ders unter Verteilungsgesichtspunkten verstärken die beiden Instrumente ihre potenziell negativen Verteilungseffekte gegenseitig.

Hinsichtlich der Wirkungen auf dem Arbeitmarkt scheinen sich die Instrumente eben-falls zu ergänzen. Die Anlagenhersteller im Bereich Erneuerbarer Energien profitieren ebenso wie alle anderen Unternehmen von der zusätzlichen Senkung der Lohnneben-kosten, so dass sich die Wirkungen hier eher verstärken dürften.

Kontraproduktive Wechselwirkungen scheinen zunächst von der Besteuerung von Strom aus Erneuerbaren Energien im Rahmen der Ökosteuer auszugehen. Solange je-doch die Einspeisevergütungen sich an den Kosten der Stromerzeugung aus Erneuerba-ren Energien orientieErneuerba-ren und weiterhin Anschlusszwang besteht, wirkt die Stromsteuer sich nicht auf die Zielerreichung des EEG aus, so lange die Differenz zwischen den Vergütungssätzen nach EEG und den erzielbaren Markterlösen größer ist als die Stromsteuer. Das ist bei einer durchschnittlichen Vergütung von 9,5 ct/kWh (abzüglich vermiedener Netznutzungskosten) und Differenzen zum EEX-Spotpreis Base von

4,6 ct/kWh in 2005 noch eindeutig der Fall (Diekmann 2006). Da das Stromsteuergesetz am Verbrauch im Inland ansetzt, nicht bei der Erzeugung, würde eine Steuerbefreiung dazu führen, dass die Stromversorger Erneuerbaren Strom billiger verkaufen könnten oder bei gleichem Preis einen noch höheren Gewinn erreichen können. Würde die durch die Steuerbefreiung bewirkte Kostenentlastung tatsächlich an die Verbraucher weiterge-geben, so würde das bei preiselastischem Stromverbrauch zu einer Steigerung der Stromnachfrage führen, die Kostensituation und die Vergütungen der Stromerzeuger auf Basis Erneuerbarer Energien und damit ihr Absatz ändern sich dadurch zunächst nicht.

Neben dem über das EEG-Gesetz geförderten Strom gibt es weitere regenerativ erzeug-te Strommengen, die über den privaerzeug-ten Ökostromhandel vermarkerzeug-tet werden, wobei die Abnehmer voll (sogenanntes Durchleitungsmodell) oder teilweise (beim Spendenmo-dell) die Mehrkosten tragen. Vor allem Durchleitungsmodelle könnten zwar von einer Steuerbefreiung profitieren, bei Existenz des EEG, das die Umlage der Mehrkosten auf (mehr oder weniger) alle Stromverbraucher ermöglicht, wird mit ihnen allerdings weiter nur ein Nischenmarkt (Meyer, Kunz 2002) bedient werden können. Insofern wären die Wirkungen auch unter Beachtung dieses Marktes gering.