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Z USÄTZLICHKEIT G RÜNER A NGEBOTE

3 Grüne Angebote

Bearbeitet von M. Dreher, M. Wietschel, O. Rentz

3.1 Die Ausgangssituation

Bei Grünen Angeboten handelt es sich um ein freiwilliges umweltpolitisches Instru-ment. Sie werden als freiwilliges Engagement von Versorgungsunternehmen auf dem Strommarkt mit dem Ziel angeboten, die Stromerzeugung aus regenerativen Ener-gieträgern zu fördern. Kunden können ebenfalls freiwillig an diesen Angeboten teil-nehmen. Üblicherweise führt die Teilnahme an einem Grünen Angebot zu zusätz-lichen Kosten im Vergleich zur alternativen Wahl eines normalen Stromangebots. Der Preisunterschied zwischen Grünem und normalem Angebot wird über die höheren Stromerzeugungskosten von Kraftwerksanlagen auf Basis regenerativer Energie-träger im Vergleich zur konventionellen Stromerzeugung begründet.

Die aktuelle Situation bei Grünen Angeboten zeichnet sich nicht nur in der Bundes-republik Deutschland sondern auch in anderen europäischen Staaten durch eine sehr zahlreiche Implementierung dieses Förderinstruments aus. Damit liegen in diesem Bereich im Gegensatz zu Quotenregelungen und Ausschreibungsmodellen bereits umfangreiche Erfahrungen vor, die allerdings bisher noch nicht systematisch erfasst sind. Aufgrund dieser Ausgangssituation ist es sinnvoll im Rahmen dieser Arbeit empirische Untersuchungen durchzuführen, um die aktuelle Situation sowie Chancen und Probleme Grüner Angebote erfassen und entsprechende Lösungs-vorschläge erarbeiten zu können. In den folgenden Abschnitten werden grund-legende Aspekte Grüner Angebote sowie die Ergebnisse verschiedener empirischer Untersuchungen näher vorgestellt1.

nicht in Anspruch nehmen, und statt dessen über Grüne Angebote vermarktet wer-den. In beiden Fällen tritt nur eine Verlagerung der Kosten von der Allgemeinheit der Stromverbraucher auf die Teilnehmer an Grünen Angeboten auf. Die Anforderung der Zusätzlichkeit ist auch dann nicht erfüllt, wenn Strom aus bereits bestehenden und wirtschaftlich zu betreibenden regenerativen Anlagen über ein Grünes Angebot verkauft wird. Weiterhin kann auch die Gesellschaftsform des Anlagenbetreibers einen Einfluss auf die Zusätzlichkeit haben, da durch Einkommenssteuereffekte auf-grund von Verlustabschreibungen die Rentabilität von regenerativen Anlagen positiv beeinflusst werden kann5.

Die Relevanz der Zusätzlichkeitsforderung ergibt sich daraus, dass es im Falle einer fehlenden Zusätzlichkeit nicht möglich ist, dem Kunden zu vermitteln, weshalb er für die besondere Leistung umweltfreundlich erzeugten Stroms mehr bezahlen soll, obwohl die gleiche Leistung vom Versorgungsunternehmen auch ohne das Grüne Angebot erbracht werden würde. Den Unternehmen bieten nicht-zusätzliche Angebote die Gelegenheit, erhöhte Renditen zu erzielen6. Dies führt dazu, dass die Glaubwürdigkeit der Angebote und des damit verbundenen Engagements der Versorgungsunternehmen vor allem bei der Gruppe kritischer Kunden abnimmt.

Obwohl die Zusätzlichkeit aus Gründen des allgemeinen Umweltschutzes und der Glaubwürdigkeit eine durchaus wichtige Eigenschaft Grüner Angebote ist, gibt es auch Punkte, die dafür sprechen, zumindest teilweise von diesem Kriterium abzu-weichen. Aus der Zusätzlichkeit ergibt sich vor allem für kleine Versorgungsunter-nehmen das Hemmnis, dass vor beziehungsweise mit Auflage eines Grünen Ange-bots auch regenerative Erzeugungsanlagen zusätzlich installiert werden müssen. Die entsprechenden Investitionen sind unter der derzeitigen angespannten wirtschaft-lichen Situation vor allem von kleinen Unternehmen nur erschwert aufzubringen.

Damit verliert diese Angebotsform aus Unternehmenssicht deutlich an Attraktivität, weil eventuell bestehende Anlagen nicht für das Angebot genutzt werden können. Da für den Programmstart beispielsweise aufgrund ungewisser Absatzerwartungen prin-zipiell kleine Anlagen bevorzugt werden, ist es nicht möglich, eventuelle Größen-degressionseffekte bei den regenerativen Erzeugungsanlagen zu nutzen. Dies führt zu vergleichsweise hohen Aufpreisen für grünen Strom aus Angeboten, welche das Kriterium der Zusätzlichkeit vollständig erfüllen.

Durch eine Abschwächung der Forderung nach Zusätzlichkeit kann die dargestellte Problematik vermieden und die Möglichkeit geschaffen werden, dass Grüne Ange-bote erfolgreicher an den Markt gebracht werden können. Voraussetzung hierfür ist, dass zumindest teilweise Strom aus nicht-zusätzlichen Anlagen für Grüne Angebote genutzt werden kann. Damit erhalten Versorgungsunternehmen die Möglichkeit, Grüne Angebote aufzulegen, die für die Teilnehmer geringere zusätzliche Kosten aufweisen als Angebote, die vollständig dem Kriterium der Zusätzlichkeit genügen.

5 Z.B. werden Windparks oftmals als Personengesellschaften über die Rechtsform einer GmbH & Co KG oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes realisiert, was zu dem Vorteil führt, dass Verluste und Gewinne den Gesellschaftern zugerechnet und steuerlich geltend gemacht werden können.

6 Dies ist beispielsweise beim Einsatz von bereits bestehenden Wasserkraftanlagen der Fall. Ein Beispiel für ein solches Modell stellt das Angebot „Aquapower“ der E.ON dar.

Als Folge kann mit einer größeren Kundenresonanz gerechnet werden7. Da es sich bei den bestehenden Anlagen kleiner Versorgungsunternehmen üblicherweise um Kleinanlagen handelt, erfordert eine starke Nachfrage nach diesem Angebot in einem weiteren Schritt auch die Installation von zusätzlichen regenerativen Anlagen, um die Nachfrage befriedigen zu können. Dadurch gewährleisten auch solche Angebote einen zusätzlichen Umweltnutzen, der allerdings erst mit einer zeitlichen Verzöge-rung und nicht gleich zu Angebotsbeginn eintritt. Aus den bisherigen ErfahVerzöge-rungen mit Angeboten von grünem Strom, die zunächst bewusst auf die Zusätzlichkeit verzich-ten, ergibt sich, dass auch in diesem Fall eine zusätzliche Umweltentlastung entsteht, falls nicht zu viele und zu große Altanlagen beim Anbieter vorhanden sind. Aus Unternehmenssicht liegen die Vorteile vor allem darin, dass mit diesen Angeboten ein größeres Kundenpotential erschlossen werden kann, was wiederum zur Folge hat, dass größere und damit auch mit geringeren Kosten zu betreibende regenerative Anlagen zugebaut werden können. Darüber hinaus liegen bei diesen Angeboten zum Zeitpunkt des Zubaus regenerativer Anlagen bereits Erfahrungen mit der Angebotsform vor, so dass bei der Investition in neue Anlagen auch das damit verbundene Investitionsrisiko geringer einzuschätzen ist und somit innerbetriebliche Hemmnisse bei der Umsetzung abgebaut werden können. Daher erscheint die Forderung nach der Zusätzlichkeit grüner Tarifangebote nicht unbedingt notwendig.

Bei Modellen, die auf Spenden oder finanziellen Beteiligungen aufbauen, ist es durchaus notwendig, auf die Zusätzlichkeitsbedingung zu bestehen. Grund hierfür ist der Umstand, dass sich diese Angebotsformen üblicherweise auf einzelne Anlagen beziehungsweise Projekte beziehen und nach Realisierung des Vorhabens als abge-schlossen betrachtet werden können. Daher besteht aufgrund der Angebotsform nicht wie bei Tarifmodellen die Möglichkeit, dass der Zusätzlichkeit im weiteren Verlauf des Angebots Rechnung getragen werden kann.

Die Forderung nach der Zusätzlichkeit führt zu der Frage, wie eine Zusätzlichkeit nachgewiesen werden kann. Die entscheidende Fragestellung dabei ist, was ohne das Grüne Angebot passiert wäre (die sogenannten Baselineproblematik). Die Bestimmung einer belastbaren Baseline erweist sich grundsätzlich als problematisch, was sich auch schon bei anderen Umweltregimen wie Joint Implementation und Clean Development Mechanism herausgestellt hat. Bei Grünen Angeboten kann sie im Rahmen von Auditierungen (Überprüfungen) durch externe Akteure angegangen werden, die entsprechende Gütelabels (Zertifikate) vergeben. Das Labelling bezie-hungsweise die Zertifizierung spielt daher eine besondere Rolle. Neben einem fall-spezifischen Nachweis der wirtschaftlichen Notwendigkeit einer finanziellen Förde-rung durch Grüne Angebote können auch alternative methodische Ansätze gewählt werden. So könnte der Nachweis der Zusätzlichkeit über bestimmte Projekttypen (charakterisiert durch Erzeugungstechnologien, Größenklassen, Standorte, Betriebs-stunden etc.) erbracht werden. Beim Nachweis der Zusätzlichkeit eines Grünen Angebots kommt erschwerend hinzu, dass häufig verschiedene Anlagen zur Bereit-stellung des grünen Stroms eingesetzt werden, die nicht alle zusätzlich

7 Ein Beispiel hierfür ist das Angebot „Regiostrom“ der Freiburger Energie- und Wasserversorgungs AG. Hier konnten bereits innerhalb eines Monats über 6000 Kunden geworben werden ([FEW 1999a], [FEW 1999b]).

beziehungsweise nicht-zusätzlich sind. Damit ist eine eindeutige Einordnung des gesamten Angebots nicht möglich.