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Wohlfahrtsstaat als System zur Erzeugung der Ungleichheit und Stratifizierung

Kapitel 3 Der Wohlfahrtsstaat als System zur Erzeugung der Stratifizierung und Ungleichheit sowie Mechanismen zum Einfluss auf die weitere

1. Wohlfahrtsstaat als System zur Erzeugung der Ungleichheit und Stratifizierung

(1) Theorien über die westlichen Wohlfahrtsdemokratien und die lateinamerikanischen Wohlfahrtssysteme

Der Wohlfahrtsstaat schafft nicht per se eine egalitäre Gesellschaft; er reagiert nicht einfach nur auf bestehende Ungleichheit und verringert diese, sondern ist vielmehr ein eigenes System der Stratifizierung (Esping-Andersen 1990: 23). Diesbezügliche Diskussionen sind von besonderer Bedeutung bei der Analyse des sich neu formierenden Wohlfahrtsstaates: Tendiert die wohlfahrtsstaatliche Politik in Richtung eines staatsbürgerlichen Universalismus oder reproduziert sie eine berufsständische Gliederung und/oder eine Differenzierung des sozialen Status, die durch komplexe Mechanismen der Privilegierung von bestimmten Gruppen gekennzeichnet ist? Dies verweist zugleich auf die damit verbundene Frage, wie nämlich bestimmte unterprivilegierte Gruppen in den politischen Prozessen repräsentiert sind und wie sich ihre Interessenvertretung gestaltet.

Der Wohlfahrtsstaat als System zur Erzeugung sozialer Ungleichheiten und Stratifizierung ist ein bis zuletzt vergleichsweise theoretisch wie empirisch vernachlässigter Gegenstand. Das richtungsweisende Werk von T. H. Marshall – Citizenship and Social Class – zählt zu den Pionieren auf diesem Gebiet. Bei der Untersuchung über die langfristige Entwicklung der Ungleichheit zwischen den Klassen in Großbritannien weist Marshall (1949/1964) darauf hin, dass der Wohlfahrtsstaat zum wesentlichen institutionellen Mechanismus für die Verleihung des

Sozialbürgerrechtes geworden ist. Im Entwicklungsprozess zum Sozialbürgerrecht bringt der Wohlfahrtsstaat – durch die Bildung, die Gesundheitsdienste und die sozialen Sicherungsmaßnahmen – zwar eine fundamentale Transformation innerhalb der Muster der sozialen Ungleichheit mit sich, aber gleichzeitig werden auch neue Formen und Strukturen der Ungleichheit dadurch erzeugt.

1978 veröffentlichte Mesa-Lago ein Buch über die Stratifizierung und soziale Ungleichheit im sozialen Sicherungssystem Lateinamerikas, wo die wirtschaftliche, politische und wohlfahrtsstaatliche Struktur und Entwicklung in der neueren Geschichte sehr unterschiedlich im Vergleich zu westlichen Wohlfahrtsdemokratien verlaufen sind. Das lateinamerikanische soziale Sicherungssystem hat seine historischen Wurzeln in der kolonialen Gesellschaft, die sehr hierarchisch und rigide stratifiziert war. Dadurch bildete sich eine Klassenstruktur, die in erster Linie mit Berufen und Rassen verbunden war. Nach der nationalen Unabhängigkeit im 19. und 20.

Jahrhundert wurde diese Struktur im sozialen Sicherungssystem beibehalten und durch die politische Entwicklung weiter umgeformt.

Die Struktur des sozialen Sicherungssystems Lateinamerikas spiegelte im Grunde genommen die

„societal stratification“ wider (Mesa-Lago 1978: 6), die sich vornehmlich aus der beruflichen Struktur ergab und in fünf Schichten gliederte: (1) Militär, (2) öffentlich Bedienstete, (3)

„economic or market group“, also Lehrer und Angestellte, (4) „trade union group“ – Handwerker, Arbeitnehmer und Selbständige sowie (5) landwirtschaftliche Arbeiter. Jede berufliche Schicht besaß im unterschiedlichen Maße wirtschaftliche bzw. politische Ressourcen und somit verschiedene Einflussmöglichkeiten auf die öffentliche Politik, wobei „groups whose power is political rather than market-based are at the top of the hierarchy“ (ebd.: 9). Dadurch wurde das stratifizierte soziale Sicherungssystem entlang der beruflichen Differenz aufgebaut. Die sozialpolitischen Programme für die privilegierten Gruppen wurden sehr früh eingeführt, und vor allem mit hohem Deckungsgrad, niedriger Finanzbelastung, günstigen Anspruchsbedingungen und hohem Leistungsniveau ausgestaltet. Ferner wurden Sonderleistungen wie die „seniority pension“ gewährt. So konnten Militärpersonal, Staatsbeamte und bestimmte Angestellte ab dem 45. Lebensjahr in den Ruhestand treten und waren durch die Leistungsanpassung bei fallender Konjunktur besonders gut abgesichert (ebd.: 14 f.).

Hinzu kommen regionale Unterschiede. Regionen mit wirtschaftlicher Prosperität waren normalerweise diejenigen Orte, die infrastrukturell gut ausgestattet und dicht bewohnt waren, wo die drei Berufsgruppen – Militär, Staatsbeamte, Industriearbeiter und Angestellte – berufstätig und viele politisch aktive Gewerkschaften vorhanden waren, wo Regierungsverwaltungen ansässig waren und vielfältige kommerzielle und industrielle Tätigkeiten stattfanden. Während sich die politisch einflussreichen Berufsgruppen, die gut verdienten und sozial abgesichert waren, vornehmlich in den entwickelten Regionen konzentrierten, lebten hingegen die anderen Berufsgruppen ohne wichtigen politischen Einfluss in den unterentwickelten Regionen; sie

erhielten in der Regel ein geringes Gehalt und besaßen meistens keine soziale Sicherung (ebd.).

Die Stratifizierung und Ungleichheit des sozialen Sicherungssystems führten zu spezifischen Problemen, die wie folgt in vier Kategorien eingeteilt werden können. (1) Die Berufsgruppen waren durch unterschiedliche Fonds sozial abgesichert, die jeweils mit besonderen Regelungen, Finanzierungen und Leistungsstrukturen ausgestaltet waren. Die labyrinthartige Struktur bzw.

gesetzlichen Regelungen erschwerten die Transparenz und die Kontrollmöglichkeiten der Institutionen, verursachten Verschwendungen und höhere Verwaltungskosten. Vor allem konnte man bei einem Arbeitswechsel nicht kontinuierlich abgesichert werden. (2) Das soziale Sicherungssystem spielte keine neutrale oder positive Rolle in der Einkommensverteilung. Im Gegenteil reproduzierte es die Ungleichheit auf den Arbeitsmarkt, erzeugte eine neue Ungleichbehandlung und führte somit sogar zur Verschärfung der bestehenden Ungleichheit. (3) Aufgrund der Tatsache, dass die vom sozialen Sicherungssystem erfassten privilegierten Gruppen die politischen und wirtschaftlichen Ressourcen kontrollierten und ihre Unterstützung für die politische Stabilität bzw. das Regime daher von entscheidender Bedeutung war, war die Durchführung radikaler, auf die unterprivilegierten Gruppen ohne staatliche Unterstützung zielender sozialpolitischer Reformen kaum möglich. Somit war das die Stratifizierung und Ungleichheit erzeugende soziale Sicherungssystem solide und gegen radikale Reformen resistent.

Obwohl manches autoritäre Regime, wie z.B. Kuba, Peru und Argentinien, eine Integration der bestehenden separaten Institutionen geschafft hatte, ließen sie oft die Institutionen für Militär und Staatsbeamte außer Acht (ebd.: 296 f.). (4) Die sozialpolitisch privilegierten Gruppen brachten keine entsprechenden finanziellen Gegenleistungen und verhinderten oft die Rationalisierung der Institutionen wie z.B. die Beitragserhöhung. Während die meisten Kosten für die soziale Sicherung von der Regierung und den Arbeitgebern aufgebracht wurden, trugen die Sozialausgaben nicht entsprechend zur positiven Einkommensumverteilung bei. Die regressive Finanzierung wirkte sich im starken Maße auf die Wirtschaft aus: „it normally provokes skyrocketing social security costs and spiraling inflation. The latter is a mechanism for reintroducing old inequalities in benefits because the most powerful pressure groups get faster adjustment of their pensions to the cost of living than the less powerful groups“ (ebd.).

Die eben erwähnten Auffassungen Mesa-Lagos stießen in wissenschaftlichen Diskussionen über die Stratifizierung und Ungleichheit im Wohlfahrtssystem kaum auf Resonanz. Dies lässt sich im Wesentlichen auf die spezielle historische bzw. politische Entwicklung Lateinamerikas zurückführen, die der Analyse Mesa-Lagos zugrunde liegt. Ähnliche Bedingungen, vor allem die Autokratie und das Militärregime in der jüngeren Vergangenheit, lassen sich nämlich in den westlichen Wohlfahrtsdemokratien nicht vorfinden, die wiederum den Fokus der wissenschaftlichen Forschungen über den „Wohlfahrtsstaat“ bilden. Bis zur Veröffentlichung von The Three Worlds of Welfare Capitalism von Esping-Andersens (1990) wurde das Thema „der Wohlfahrtsstaat als System der Stratifizierung“ entweder komplett vernachlässigt – man ging davon aus, dass der Wohlfahrtsstaat eine egalitäre Gesellschaft schafft –, oder es wurde nur in sehr

eingeschränkter Weise thematisiert, z.B. betrachtete man ausschließlich die Funktionen des Wohlfahrtsstaates für die Armutsbekämpfung, Einkommensverteilung oder die soziale Aufwärtsmobilität durch Bildung. Esping-Andersen benannte drei zentrale Analysekriterien – das Ausmaß an De-Kommodifizierung, das Ausmaß an Stratifizierung und ein für jeden Sozialstaatstypus genuines Mischungsverhältnis des Stellenwertes von Staat, Markt und Familie in der sozialen Sicherung – bzw. aufwendige empirische Analysen dreier typischer Cluster von Wohlfahrtsstaaten. Er betonte in diesem Zusammenhang: „poverty and income distribution constitute only one (albeit important) aspect of welfare-state stratification. Even if inequalities in living standards decline, it may still be the case that essential class or status cleavages persist“

(1990: 57).

Die Studie Esping-Andersens, die auf den westlichen, marktwirtschaftlichen, industriellen Wohlfahrtsdemokratien beruht, zeigt, dass der Wohlfahrtsstaat nicht allein ein Instrument zur Beeinflussung und gegebenenfalls Korrektur der gesellschaftlichen Ungleichheitsstruktur ist. Er stellt vielmehr ein eigenständiges System der Stratifizierung dar, indem er in aktiver und direkter Weise soziale Beziehungsmuster ordnet. Die grundlegende Frage soll lauten, welches System der Stratifizierung, also der Strukturierung und Schichtung gesellschaftlicher Verhältnisse und sozialer Beziehungen, durch Sozialpolitik gefördert wird. „The organizational features of the welfare state help determine the articulation of social solidarity, divisions of class and status differentiation”

(ebd.: 55). Esping-Andersen geht von der Entstehung, den institutionellen Prinzipien und Ausprägungen sowie der strukturellen Ausgestaltung des sozialen Sicherungsgefüges in den drei Wohlfahrtsregimen aus und zeigt unterschiedliche, diesen Wohlfahrtsregimen eigene Stratifizierungssysteme (ebd.: 58 ff.).

Das konservative Wohlfahrtsregime hat seine historischen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Wurzeln in der feudalen Gesellschaft, den absolutistischen/monarchischen Regime in Europa und Russland und der mittelalterlichen Stadtwirtschaft (medieval city economy) und stellt zwei ausschlaggebende institutionelle Charakter dar: „etatist paternalism“ und Korporatismus. „Etatist paternalism“ betont Hierarchie, Autorität und direkte Unterordnung der Individuen oder Familien zum Patriarch und Staat. So sind die besonders großzügigen Sozialleistungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes von wesentlicher Bedeutung innerhalb dieser Tradition. Mit einer spezifischen und privilegierten Stellung der Beamten im Wohlfahrtssystem wird zum einen deren Loyalität gegenüber dem Staat belohnt und zum anderen ihr einzigartiger und hervorgehobener Status zementiert. Bei der Armenhilfe äußert sich „etatist paternalism“ in noblesse oblige und somit ist eine humane und relativ generöse Einkommenssicherung zu gewähren.

Das Prinzip des Korporatismus ist die Fraternität, die auf der Statusidentität, der Verpflichtung mit exklusiver Mitgliedschaft, der Gegenseitigkeit und dem Monopol der Repräsentation beruht.

Seine sozialpolitische Tradition ließ sich in den von „friendly societies“ oder Zünften geleisteten,

berufs- und statusdifferenzierenden Unterstützungen finden. In dem von konservativen Reformern wie Bismarck und Taaffe entwickelten Sozialversicherungsmodell war eine deutliche Form der Klassenpolitik zu erkennen. Dieses Modell verfolgte gleichzeitig zwei Stratifizierungsziele:

Einerseits ging es darum, durch die Einführung eigener Programme für unterschiedliche Klassen und Statusgruppen – mit jeweils besonderen, die je individuelle Lebensphase berücksichtigenden Rechten und Privilegien – die Spaltungen innerhalb der Gruppe der Lohnabhängigen voranzutreiben. Andererseits trachtete man danach, individuelle Loyalität direkt an die Monarchie bzw. die zentrale Staatsautorität zu binden. Dies war Bismarcks Beweggrund, als er für einen direkten Staatszuschuss zur Rentenversicherung eintrat (Esping-Andersen 1998: 39 f.). Das staatskorporatistische Modell wurde vornehmlich in Ländern wie Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich praktiziert und mündete häufig in ein labyrinthartiges System statusbezogener Versicherungseinrichtungen (in Frankreich und Italien etwa bestehen über hundert Rentenfonds unterschiedlicher Statusgruppen), die jeweils mit besonderen Regelungen, Finanzierungen und Leistungsstrukturen ausgestaltet sind und somit den spezifischen Status jener Klassen und Gruppe exhibieren (Esping-Andersen 1990: 61 und 1998: 40).

Insgesamt ist in den korporatistischen Wohlfahrtsstaaten der Erhalt von Statusunterschieden vorrangig; Rechte sind daher klassen- und statusgebunden. Das staatliche Engagement für die Aufrechterhaltung von Statusdifferenzen hat zur Folge: „an especially recognizable status-barrier between the servants of the state and its subjects, and between workers and the more elevated estates“ (Esping-Andersen 1990: 59).

Das liberale Wohlfahrtsregime entstand aus dem Liberalismus bzw. aus den Gedanken der

„market liberals“ wie z.B. Milton Friedmans, der eine laissez-faire Markwirtschaft befürwortete.

Die Anhänger sehen die Abschaffung der zentralen Elemente der konservativen Stratifizierung als Voraussetzung für die allgemeinen Freiheiten an – individuelle Emanzipation, Freiheit, Chancengleichheit und fairer Wettbewerb – und plädieren so für einen freien Markt, Voluntarismus und Unternehmergeist (ebd.: 61 f.). Dennoch sind aufgrund der externen Effekte des Marktes soziale Maßnahmen wie allgemeine Bildung als Hilfe zur Selbsthilfe notwendig.

Dementsprechend herrschen in den liberalen Wohlfahrtsregimen bedarfsgeprüfte Sozialfürsorge, niedrige universelle Transferleistungen und ebenso bescheidene Sozialversicherungsprogramme vor. Diese sind in erster Linie an eine Klientel schlecht bezahlter, in der Regel der Arbeiterschicht angehöriger Staatsabhängiger gerichtet. Es handelt sich dabei um ein Modell, in dem die Reichweite sozialer Reformen in impliziter oder expliziter Weise durch traditionelle Normen einer liberalen Arbeitsethik begrenzt worden ist; eines, in dem die Grenzen staatlicher Wohlfahrt mit der geringen Neigung, Sozialleistungen anstelle von Arbeit einzufordern, korrespondieren. Die Zugangsregelungen sind daher strikt und häufig stigmatisierender Natur, die Leistungen für gewöhnlich niedrig. Der Staat fördert in diesem System den Markt, entweder in passiver Form, indem er nur marginale Leistungen bietet, oder aber in aktiver Weise durch die Subventionierung privater Sicherungsformen (Esping-Andersen 1998: 43).

Ideale Stratifizierung des Liberalismus ist der vom Markt geförderte „competitive individualism“

(Esping-Andersen 1990: 64). In der Sozialpolitik erzeugt dies allerdings besondere Probleme:

Bedarfsgeprüfte, vornehmlich auf Arme gezielte sozialpolitische Orientierung führt zum sozialen Stigma und Dualismus; Alternativen der sozialfürsorgerischen Ableger, also private Versicherungen, vereinbarte betriebliche Sozialleistungen sowie die Sozialversicherungen, beleben den Klassen-Dualismus: Vereinbarte bzw. auf Vertrag beruhende private Sozialleistungen reproduzieren einerseits die Ungleichheit aus dem Markt, andererseits werden sie meistens nur für die privilegierte Schicht des Arbeitsmarktes gewährt. Demzufolge wird eine Schichtungsordnung errichtet, in der „one group at the bottom primarily reliant on stigmatizing relief; one group in the middle predominantly the clients of social insurance; and, finally, one privileged group capable of deriving its main welfare from the market“ (ebd.: 65).

Die sozialdemokratischen Wohlfahrtsregime beruhen auf den sozialistischen Wertanschauungen, die sowohl gegen „etatist paternalism“, „atomizing, individualizing impulse of the market“ und Korporatismus sind, welche „diverted worker loyalties and cultivated schisms“

(ebd.). Als Alternative zur korporatistischen Sozialversicherung und bedarfsgeprüfter Sozialfürsorge ergreifen die Sozialisten das Wohlfahrtsmodel, das auf dem Prinzip des Universalismus beruht, Einheitsleistungen erbringt und aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert wird. Das universalistische System befördert die Statusgleichheit. Alle Bürger werden, unabhängig von ihrer Klassenzugehörigkeit oder Marktstellung, mit ähnlichen Rechten ausgestattet. In diesem Sinne verhilft das System zur Solidarität der eigentlich differenzierten und segmentierten Arbeiterklassen und somit zur Bildung politischer Koalitionen. Im Zuge wachsenden Wohlstands der Arbeiterschaft und des Aufstiegs der neuen Mittelschichten vergrößert sich der soziale Unterschied zwischen Klassen. Um die Solidarität eines universalistischen Wohlfahrtssystems aufrechtzuerhalten, haben die Sozialisten den Weg eingeschlagen, die Sozialleistungen auf das bei den Mittelschichten erwartete Niveau zu erhöhen, also „universalism of middle-class standards“ zu errichten (ebd.: 69). Mit der Gewährung der mittelschichtenerwartungsgerechten Sozialleistungen schafft man für die Lohnabhängigen als

„social citizen“ die Aufwärtsmobilität (ebd.).

Kurz gefasst: Esping-Andersen zufolge sind je nach Stellenwert der verschiedenen Sicherungstypen in den einzelnen Wohlfahrtsstaaten auch unterschiedliche Wirkungen auf die soziale Stratifizierung zu erwarten. Bedürftigkeitsgeprüfte Fürsorgeleistungen verstärken etwa bestehende Unterschiede, während Sozialversicherungsmodelle auf den Erhalt bestehender Statusunterschiede ausgerichtet sind. Nur universalistische Systeme, bei denen alle Staatsbürger gleichermaßen leistungsberechtigt sind, zielen auf die Statusgleichheit und eine klassenübergreifende Solidarität. Im Zuge des sozialstrukturellen Wandels, vor allem des wachsenden Wohlstands der Arbeiterschaft und des Aufstiegs der neuen Mittelschichten, sind alle Wohlfahrtsstaatsmodelle mit dem Problem konfrontiert, die sich daraus ergebenden neuen

sozialpolitischen Ansprüche zu erfüllen. Die Antworten darauf sind sehr unterschiedlich – ebenso wie die aus diesen Antworten resultierende soziale Schichtung (Esping-Andersen 1998: 41).

In gewisser Weise war die korporatistische Sozialversicherungstradition am besten für den Wandel gerüstet, da die technische Anpassung des bestehenden Systems an angemessenes Leistungsniveaus relativ leicht zu handhaben war. Die 1957er Rentenformen Adenauers in Deutschland hatte diesbezüglich Vorbildcharakter. Ihr erklärtes Ziel war es, Statusdifferentiale wiederherzustellen, die aufgrund der Unfähigkeit des alten Versicherungssystems, erwartungsangemessene Leistungen zu bieten, in Auflösung begriffen waren. Dies erreichte man, indem das System von beitrags- auf einkommensbezogene Leistungen umgestellt wurde, ohne den statussensiblen Rahmen zu verändern (ebd.: 42).

In Staaten mit einem sozialfürsorgerischen oder einem universalistischen Beveridge-System ging es um die Entscheidung, ob man es dem Markt oder dem Staat überlassen sollte, für die Angemessenheit der Leistungen zu sorgen und die Erwartungen der Mittelschichten zu erfüllen. In Großbritannien und dem Großteil der angelsächsischen Welt wurde seitens des Staates ein bescheidener Universalismus beibehalten und dem Markt erlaubt, sich der wachsenden, nach größerer Wohlfahrt strebenden oberen Schichten anzunehmen. Mit dieser Entwicklung schlägt der egalitäre Geist des Universalismus in einen Dualismus um: Die Armen verlassen sich auf den Staat, alle anderen auf den Markt. Aufgrund der politischen Macht der Gruppen der oberen Schichten ist dieser Dualismus nicht nur einer zwischen Staat und Markt, sondern auch einer zwischen verschiedenen Formen wohlfahrtsstaatlicher Transferleistungen: In diesen Ländern stellen Steuererleichterungen für die sogenannte „private“ Vorsorge den am schnellsten wachsenden Posten des öffentlichen Budgets dar. Der sich daraus typischerweise ergebende politische Effekt ist die schwindende Unterstützung der Mittelschichten für ein immer weniger universalistische Züge tragendes System öffentlicher Sozialleistungen (ebd.).

Die skandinavischen Länder, vor allem Schweden und Norwegen, suchten jenseits des Marktes nach einer Synthese von Universalismus und Angemessenheit. Dies erfolgte durch die Errichtung eines luxuriösen, universalistischen, einkommensbezogenen zweiten Versicherungsprogramms, das auf dem einheitlich-egalitären System aufbaute und die neuen Mittelschichten einbezog.

Indem erwartungsgerechte Leistungen gewährleistet werden, führt diese Lösungsvariante zwar erneut Leistungsungleichheiten ein, manövriert aber nachhaltig den Markt aus. So kann der Universalismus erfolgreich beibehalten werden – und damit auch das Maß an politischem Konsens, dessen es bedarf, um die breite und solidarische Unterstützung für die hohe Steuerbelastung aufrechtzuerhalten, die dieses Wohlfahrtsstaatsmodell mit sich bringt (ebd.: 42 f.).

(2) Signifikante Ansatzpunkte für die Analyse der Stratifizierung und Ungleichheit des taiwanischen Wohlfahrtssystems

Die bisher dargestellten Diskussionen bieten signifikante Ansatzpunkte für die Analyse der Stratifizierung und Ungleichheit des taiwanischen Wohlfahrtssystems, die wie folgt lauten:

Erstens geht es bei der Stratifizierung des Wohlfahrtssystems um die Wirkung des Wohlfahrtsstaates auf die soziale Ungleichheit, wie z.B. ungleiche Behandlung im Wohlfahrtssystem aufgrund der Unterschiede hinsichtlich des Status oder des Berufs, aber nicht um quantitativ standarisiert messbare wirtschaftliche Ungleichheit, wie z.B. die Einkommensungleichheit. So erkennt man die Struktur und Folgen dieser sozialen Ungleichheit meistens durch qualitative Analysen der historischen, wirtschaftlichen, politischen und sozialen Hintergründe bzw. Rahmenbedingungen der Entstehung des sozialen Sicherungssystems. Kurz gefasst: Berücksichtigt werden sollen die historischen Wurzeln der Stratifizierung und Ungleichheit im Wohlfahrtssystem. Während sie in den westlichen Wohlfahrtsdemokratien aus den Wechselwirkungen zwischen der Wirtschaftsstruktur, der politischen Entwicklung und den dominierenden Ideologien (Konservatismus, Liberalismus und Sozialismus) entstanden, ergaben sie sich in Lateinamerika vornehmlich aus den berufsbezogenen Unterschieden, die auf die koloniale Herrschaft zurückgingen und nach der Unabhängigkeit durch regionale Differenzen und politische Faktoren umgeformt wurden. Die historischen Wurzeln der Stratifizierung und Ungleichheit im Wohlfahrtssystem Taiwans gehen in erster Linie auf den Bedarf des autoritären Regimes an politischer Legitimität und Stabilität in den 1950er Jahren zurück.

In Taiwan beendete die in den 1950er Jahren eingeführte Landreform die wichtigste Quelle der in den meisten Ländern der Dritten Welt existierenden sozialen Ungleichheit; die 1968 durchgeführte 9-jährige Schulpflicht ermöglichte eine soziale Aufwärtsmobilität; eine Vollbeschäftigung und vor allem „growth-with-equality“ (Fei u.a. 1979) gewährten die Einkommenssicherung und verringerten die aus ökonomischer Unsicherheit und Deprivation sowie sozialer Marginalisierung erzeugten wirtschaftlichen und sozialen Probleme und Ungleichheiten; die Struktur des Zusammenlebens (coresidence) forderte eine Einkommensumverteilung zwischen beschäftigten und nicht-beschäftigten Mitgliedern des Haushaltes und schaffte damit eine geringe Einkommensungleichheit (Jacobs 2000). Unter dem autoritären Regime, das während des Kalten Kriegs auf die Rückeroberung des Festlands China zielte, wurden kommunistische und sozialistische Ideen verboten sowie der Liberalismus eingeschränkt. Es entwickelte sich ausschließlich ein autoritärer Konservatismus.

Zusammengefasst: Die vom autoritären Regime vollzogenen Sozial- und Bildungsreformen sowie die Wirtschaftspolitik mit der Struktur des Zusammenlebens trugen zur Verringerung der ökonomischen und sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft bei; dies erfolgte ohne die Existenz linksorientierter Ideologien. Die wichtigste Stratifizierung und Ungleichheit lassen sich im sozialen Sicherungssystem erkennen.2 Wie im zweiten Kapitel dargestellt, führte das autoritäre Regime aus Gründen der Staatssicherheit und der Regimekonsolidierung die Sozialversicherungen

2 Während das Steuersystem auch eine Quelle der Ungleichheit bilden kann, wird seine Wirkung wegen der komplizierten Struktur dieses Systems nicht einfach wahrgenommen.

für seine Klientel – Militärpersonal, Staatsbeamte, Lehrer und Arbeiter in öffentlichen Betrieben – schon in den 1950er Jahren ein. In der Folgezeit wurden – verglichen mit den anderen Gruppen – viele sozialpolitische Privilegien, die sich vor allem auf die Alterseinkommenssicherung erstreckten, für Militärpersonal, Staatsbeamte und Lehrer eingeführt. Dies war besonders augenfällig in einem sozialen Sicherungssystem, wo die wiederkehrende, auf die Einkommenssicherung zielende Transferleistung kaum existierte. Dies bildete einen wesentlichen Grund dafür, dass der Prozess des demokratischen Wandels vornehmlich zur sozialpolitischen Expansion führte, die nicht nur die bis dahin kaum vom Staat im Wohlfahrtssystem berücksichtigten Personen betraf, sondern auch besonders relevant für die Alterssicherung war.

Zweitens bildet das Wohlfahrtssystem durch die Verteilung der Sozialausgaben und die Struktur wohlfahrtsstaatlicher Institutionen die Stratifizierung und soziale Ungleichheit. Innerhalb des Wohlfahrtssystems kommen Stratifizierung und Ungleichheit nicht in allen sozialpolitischen Bereichen in gleichem Maße vor. In Lateinamerika sind sie vornehmlich in der Alterssicherung zu erkennen und somit haben die Rentenausgaben eine regressive Wirkung auf die Einkommensverteilung und die Verringerung der Ungleichheit (de Ferranti u.a. 2004).3 In Taiwan sind die Ungleichheit und Stratifizierung des Wohlfahrtssystems in erster Linie im Bereich der Alterseinkommenssicherung ausgeprägt. Dies zeigt sich vornehmlich in der Verteilung der Staatsausgaben und der Struktur der wohlfahrtsstaatlichen Institutionen für die Alterssicherung.

Während der Umfang der Sozialausgaben in Taiwan vor der Demokratisierung sehr klein war, also 4% bis 5% der Gesamtstaatsausgaben bzw. weniger als 1,5% des BIP betrug, wurde ein beträchtlicher Anteil der öffentlichen Ressourcen, ungefähr 7% der Gesamtstaatsausgaben, für die staatliche Altersversorgung für Militär, Staatsbeamte und Lehrer der öffentlichen Schule ausgegeben. Ferner zeigt sich die Stratifizierung in der fragmentierten Struktur der wohlfahrtsstaatlichen Institutionen für die Alterssicherung. Für Militärpersonal, Staatsbeamte und Lehrer der öffentlichen Schule gibt es ein Alterssicherungssystem mit zwei Schichten, nämlich die Berufs-Sozialversicherungen und die staatliche Altersversorgung, die zwischen 1958 und 1962 aufgebaut wurden. Bis 1995 wurde die staatliche Altersversorgung aus den Haushaltsmitteln finanziert. Für Veteranen ohne Unterstützung wurde 1968 eine Lebensunterhaltshilfe auf hohem Niveau eingeführt. Für Arbeiter und Angestellte existiert zwar ein Alterssicherungssystem mit zwei Schichten; sie sind aus den folgenden Gründen jedoch nicht so gut wie die erwähnten staatsrelevanten Personen abgesichert. Die als Regel-Alterssicherung fungierende Arbeiterversicherung von 1958 dehnt sich allmählich bzw. Ende der 1970er Jahre auf die kleinen Unternehmen aus. Sie stellt sich erst gegen Ende der 1980er Jahre für die meisten abhängig Beschäftigten als die wichtigste sozialpolitische Institution dar. Die obligatorische betriebliche

3 Während es in den westlichen Wohlfahrtsdemokratien eine Korrektion zwischen der Höhe der Sozialausgaben und der Verringerung der Ungleichheit gibt (Bradley u.a. 2003), was vor allem im Luxembourg Income Study bestätigt wird – „almost all welfare state transfers, including pensions, have an equalizing effect on income distribution, some more than others“ (Luxembourg Income Study: www.lisproject.org/publications/wpapers.htm) – , ist dieser Zusammenhang in den anderen Ländern nicht eindeutig.

Altersversorgung wurde 1984 eingeführt. Aufgrund des eingeschränkten Geltungsbereiches, fehlenden Anwartschaftsschutzes und der rigiden Anspruchsvoraussetzungen galt ihre Funktion bei der Alterssicherung überwiegend für die Beschäftigten in öffentlichen und großen Unternehmen der primären und sekundären Sektoren. Erst im Jahr 2005 wurde die Reform der bAV durchgesetzt: Eine neue betriebliche Altersversorgung trat in Kraft, die über ein kapitalgedecktes individuelles Kontensystem abgewickelt wird. Für landwirtschaftlich Beschäftigte gewährt die Sozialversicherung für Landwirte keine Altersleistungen. Erst seit 1995 bzw. 1998 erhalten die älteren Landwirte bzw. Fischer einen staatlichen Alterszuschuss. Die Senioren, die keinen Anspruch auf die Leistungen aus dem berufsbezogenen Alterssicherungssystem hatten, waren auf sich selbst, die familiäre Unterstützung oder die rückständige Sozialhilfe angewiesen. Seit 2002 werden ca. ein Drittel dieser Senioren durch die Einführung des Altersehrengeldes vom Staat unterstützt, obwohl das Leistungsniveau nicht besonders großzügig ist.

Drittens sind für die jüngeren Demokratien das autoritäre Regime und die demokratische Tradition von Bedeutung für die Gleichheit des Wohlfahrtssystems. In den Diskussionen über den Wohlfahrtsstaat in den westlichen Industrieländern spielt dieser Faktor kaum eine Rolle, da die meisten Länder ausschließlich zum demokratischen System gehören, spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor allem beruhen die quantitativen vergleichenden wohlfahrtsstaatlichen Forschungen oft auf „most comparable cases“ (Lijphart 1975), die sich auf die Länder mit

„uninterrupted political democracy after the Second World War“ beziehen (Vgl. Korpi 2001: 238, Korpi und Palme 2003). In Taiwan regierte nach 1945 ein autoritäres Regime über vier Jahrzehnte, das die Konstruktion des Wohlfahrtssystems deutlich geprägt hatte. Die Untersuchung von Huber u.a. (2006) weisen darauf hin, dass zwischen den autoritären Regimen unterschiedliche Haltungen zu dem Problem der sozialen Ungleichheit eingenommen und verschiedene Gegenmaßnahmen durchgeführt werden. Z.B. während das peruanische Militärregime unter der Leitung Velascos zwischen 1968 und 1975 in die Wirtschaftsreform und die Umverteilungspolitik sehr involviert war, trachteten die bürokratischen autoritären Regime in Argentinien und Chile nach den wirtschaftlichen Belangen der oberen Schichten und ergriffen eine Politik zur regressiven Umverteilung von Unten nach Oben (ebd.: 949). Das daraus resultierende unterschiedliche Maß an Stratifizierung und Ungleichheit ist in diesen Ländern entsprechend zu bewerten. Ferner wirkt sich die Tradition der Demokratie entscheidend auf die Gleichheit des sozialen Sicherungssystems aus. In Ländern, die eine lange Demokratieerfahrung haben, wie z.B. in Uruguay und Costa Rica, sind die Rentensysteme wenig fragmentiert und die beitragsfreien Renten für einen Minimumschutz besser als im Durchschnitt entwickelt; die Sozialausgaben haben mehr Umverteilungselemente und tragen so zum Egalitarismus bei. Dies wird in der quantitativen vergleichenden Studie von Huber u.a. (2006) bestätigt. Das autoritäre Regime in Taiwan war konservativ, betonte das Wachstum, wirtschaftliche Prosperität, politische Stabilität und Ordnung.

Es bemühte sich, wie erwähnt, einerseits mit den Land- und Bildungsreformen die soziale Ungleichheit zu verringern und mit der Wirtschaftsentwicklung die Einkommenssicherung der

Menschen zu gewähren, andererseits wahrte es die Belange der staatsrelevanten Gruppen im sozialen Sicherungssystem und verursachte so eine deutliche institutionelle Ungleichheit. Die Demokratisierung Ende der 1980er Jahre bewirkte neben dem Wandel des autoritären Regimes wesentliche Strukturänderungen im sozialen Sicherungssystem, wie sie im zweiten Kapitel erörtert worden sind. Es wurden nicht nur aktive Wohlfahrtsstaatlichkeiten gefordert, deren Finanzierung aufgrund einer andauernden Prosperität als unproblematisch angesehen wurde, im Zentrum dieser wohlfahrtsstaatlichen Strukturänderungen standen auch die Umverteilung der wohlfahrtsstaatlichen Ressourcen und vor allem die Korrektur des bis dahin bestehenden sozialen Sicherungssystems.

Viertens sind die politische Logik, Ideologien und das institutionelle Arrangement trotz ähnlicher Kontur der Stratifizierung des taiwanischen Wohlfahrtssystems und des konservativen Wohlfahrtsregimes unterschiedlich. Das taiwanische Wohlfahrtssystem hat einen ähnlichen Charakter wie das vom absolutistischen Regime aufgebaute Wohlfahrtssystem, also funktionalen Korporatismus, institutionelle Segmentierung und „etatist paternalism“. Für verschiedene Berufsgruppen werden separate Sozialversicherungen eingerichtet, die jeweils mit besonderen Regelungen, Finanzierungen und Leistungsstrukturen ausgestaltet sind und so die Ungleichheit auf den Arbeitsmarkt reproduzieren. Für die staatsrelevanten Personen sind augenfällige sozialpolitische Privilegien vorhanden. Diese Struktur entspricht zwar gewissermaßen der Stratifizierungskontur im konservativen Wohlfahrtsregime, sie repräsentiert dennoch eine andere politische Logik, Ideologie und das institutionelle Arrangement. In Taiwan zählen die Erzeugung der politischen Legitimität und die Förderung der Wirtschaftsentwicklung zu den Ideologien, denen die Sozialpolitik zugrunde liegt, während im konservativen Wohlfahrtsregime „etatist paternalism“, Korporatismus und das Christentum im Zentrum stehen.

Dementsprechend spiegelt sich in der Stratifizierung des taiwanischen Wohlfahrtssystems die politische Logik des autoritären Regimes wider – die Sicherung der staatsrelevanten Personen – und so besitzt sie Ähnlichkeit mit der Stratifizierung im sozialen Sicherungssystem Lateinamerikas, während die Stratifizierung im konservativen Wohlfahrtsregime vorwiegend die Unterschiede hinsichtlich des beruflichen Status reflektiert. Ferner wird im konservativen Wohlfahrtsregime ein relativ großzügiges Wohlfahrtssystem aufgebaut, das höhere Sozialtransferleistungen zur Einkommenssicherung gewährt. Verglichen damit ist der Ausmaß des taiwanischen Wohlfahrtssystems noch immer klein, das vor allem – mindestens bis Mitte der 1990er Jahre – kaum aus Haushaltsmitteln finanzierte Ersatzleistungen für Einkommensverluste gewährte, um somit die Arbeitsmotivation und das Wachstum nicht negativ zu beeinflussen.

Fünftens scheint die Konstruktion des Wohlfahrtsstaates Taiwans aufgrund der Tatsache, dass das taiwanische Wohlfahrtssystem noch offenbare Sicherungslücken in der Familienunterstützung, der Altenpflege und der Alterseinkommenssicherung zu schließen hat, noch nicht setting-down zu sein. Durch die Entwicklung neuer bzw. diesbezüglicher sozialpolitischer Institutionen kann die Struktur der Stratifizierung und Ungleichheit geändert werden.

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