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IV.1 Rankine-Prozess mit organischem Arbeitsmittel – Organic-Rankine-Cycle

IV.1.4 Entwurf der ORC-Prozesse

IV.1.4.3 Wahl des Arbeitsmittels

Wärme-IV Systemanalyse

differenz bei der Wärmezufuhr auf 5 K bis auf den Wert 0,65 ab. Die absolute Fläche des Kondensators nimmt bei sinkender minimaler Temperaturdifferenz der Wärmezufuhr dagegen ebenfalls zu. Diese Verringerung resultiert aus dem insgesamt größeren Wärmeumsatz. Dies wird auch durch den höheren thermischen Wirkungsgrad nicht ausgeglichen.

Da kleinere minimale Temperaturdifferenzen eine erhöhte Generatorleistung – und damit einen größeren Gewinn – aber gleichzeitig auch größere Wärmeübertrager – d.h. größeren Aufwand – erfordern, wird die Auslegung der Wärmeübertrager letztendlich unter Berück-sichtigung ökonomischer Gesichtspunkte erfolgen. Aufgrund der hohen Empfindlichkeit der Wärmeübertragerfläche gegenüber der minimalen Temperaturdifferenz bei der Wärmeabfuhr ist es zielführend, bei der Wärmeabfuhr eine größere minimale Temperaturdifferenz zu wählen als bei der Wärmezufuhr. Dem wird in den folgenden Abschnitten Rechnung getragen.

IV Systemanalyse Tropfenschlag zu vermeiden.

Mit Variationsrechnungen werden für jedes Arbeitsmittel die Punkte der maximalen Leistung (Maximum Power Points MPP) für beide Fälle bestimmt. Die Ergebnisse dieser Rechnungen sind in Form der Generatorleistung und des Produktes von Wärmeüber-tragerfläche und Wärmedurchgangskoeffizient in Abbildung IV-16 zusammengefasst.

Anhang G.1 enthält die Zahlenwerte der zehn Anlagenkonfigurationen.

Abbildung IV-16: Produkt von Wärmeübertragerfläche und Wärmedurchgangskoeffizient sowie Generatorleistung geothermisch angetriebener ORC mit verschiedenen Arbeitsmitteln für zwei Anlagenkonfigurationen. Temperatur des Thermalwassers 150 °C, Massenstrom Thermalwasser 20 kg/s, Kühlwassertemperatur 15 °C.

Im Referenzfall variiert die Generatorleistung von 410 kWel (Ammoniak, Iso-Pentan) bis 650 kWel (R134a). Mit reinem Wasser werden nicht mehr als 200 kWel Generatorleistung erreicht.

Die gleichzeitige Variation der Maschinenparameter bewirkt eine wesentlich größere Änderung der Leistung als die Wahl des Arbeitsmittels. Beim Übergang vom Referenzfall zum Best Case, d.h. bei Verbesserung der Maschinen, steigt die Generatorleistung für alle Arbeitsmittel auf ungefähr das Zweifache an. Allerdings muss dafür für alle Arbeitsmittel ein Mehrfaches (3 – 4,5fach) der Wärmeübertragerfläche bereitgestellt werden.

Die Generatorleistung ist proportional zum Produkt der Wärmeleistung, die dem Prozess zugeführt wird - ausgedrückt durch den Auskühlungswirkungsgrad - und der Güte des Prozesses - ausgedrückt durch den thermischen Wirkungsgrad. Beide Wirkungsgrade steigen beim Übergang vom Referenzfall zum Best Case (s. Abbildung IV-17).

Die Unterschiede in der Generatorleistung, die bei den verschiedenen Arbeitsmitteln auftreten, lassen sich ebenfalls gut mit Hilfe dieser beiden Wirkungsgrade erklären. Der Auskühlungswirkungsgrad der Systeme mit Wasser liegt weit unter dem aller anderen Systeme. Die Anpassung der Wasserdampfprozesse an die Charakteristik der Wärmequelle ist aufgrund der Stoffeigenschaften mangelhaft und kann auch durch eine Vergrößerung der

IV Systemanalyse

temperatur ist Wasser als Arbeitsmittel in einem Kraftwerksprozess ungeeignet.

Der Auskühlungswirkungsgrad der Systeme mit Ammoniak ist zwar deutlich höher als bei den Wasserdampfprozessen, erreicht aber nicht die Werte der organischen Arbeitsmittel.

Dies wird aber durch den höheren thermischen Wirkungsgrad aufgefangen, so dass mit Ammoniak nur eine geringfügig kleinere Generatorleistung erzielt wird als z.B. mit Iso-Pentan.

Die kritische Temperatur von Iso-Butan beträgt 134,7 °C. Damit erfüllt Iso-Butan die in Abschnitt IV.1.3.4 und der Literatur (z.B. Invernizzi und Bombarda, 1997) genannte Forderung, dass die kritische Temperatur organischer Arbeitsmittel etwas unter der Temperatur der Wärmequelle liegen sollte. Die kritischen Temperaturen von Iso-Pentan und R134a liegen mit 187,3 °C und 101,03 °C deutlich über bzw. unter der Thermalwassertemperatur von 150 °C.

Damit wird die beste Systemauslegung mit Iso-Butan als Arbeitsmittel erwartet. Der Vergleich der Generatorleistung der beiden Kohlenwasserstoffe Iso-Butan und Iso-Pentan bestätigt diese Erwartung. Der thermische Wirkungsgrad der Systeme mit den beiden Arbeitsmitteln unterscheidet sich nur wenig (Best Case 12,6 % Iso-Butan, 12,1 % Iso-Pentan, Referenzfall beide Systeme 8,4 %). Die höhere Generatorleistung der Systeme mit Iso-Butan resultiert also vor allem aus der besseren Anpassung dieser Prozesse an die Charakteristik der Wärmequelle, welche zu einem höheren Auskühlungswirkungsgrad führt.

0%

10%

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30%

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50%

Wasser NH3 i-Butan i-Pentan R134a

0%

3%

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Wasser NH3 i-Butan i-Pentan R134a Best Case

Referenz

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zu ab

th Q

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= η

(b,in 0)

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thermischer Wirkungsgrad

Auskühlungswirkungsgrad

Abbildung IV-17: Auskühlungswirkungsgrad (links) und thermischer Wirkungsgrad rechts) geothermisch angetriebener ORC mit verschiedenen Arbeitsmitteln für zwei Anlagenkonfigurationen. Temperatur des Thermalwassers 150 °C, Massenstrom Thermalwasser 20 kg/s, Kühlwassertemperatur 15 °C.

Die Systeme mit R134a erzeugen 25 % (Best Case) bzw. 20 % (Referenzfall) mehr Generatorleistung als die Systeme mit Iso-Butan, erfordern aber auch wesentlich größere Wärmeübertragerflächen. Der Grund liegt in der – gewünschten – Anpassung des Prozesses an die dreieckige Form der Wärmecharakteristik von Wärmequelle und Wärmesenke. Je

IV Systemanalyse

dichter die Verdampfungstemperatur am kritischen Punkt des Arbeitsmittels liegt, desto größer wird der Anteil der bei der Vorwärmung übertragenen Wärme. Letztendlich wird durch diese Anpassung das Thermalwasser stärker ausgekühlt. Dies äußert sich in den hohen Auskühlungswirkungsgraden (s. Abbildung IV-17). Nun liegen aber für den Referenzfall im Wärmeübertragungsdiagramm der Prozesse mit R134a die Kurven von warmem und kaltem Fluid im Vorwärmer nahezu parallel. Durch die Verminderung der minimalen Temperaturdifferenz bei der Wärmezufuhr und –abfuhr beim Übergang zum Best Case verringert sich der Abstand zwischen diesen Linien. Dies führt dazu, dass die mittlere logarithmische Temperaturdifferenz im Vorwärmer sehr klein (< 5 K) wird. Dadurch nimmt die erforderliche Wärmeübertragerfläche stark zu. In Abbildung IV-16, rechts ist zu erkennen, dass für R134a insbesondere die Wärmeübertragerfläche des Vorwärmers unverhältnismäßig groß wird. Inwiefern diese Mehraufwendungen gerechtfertigt sind, kann nur durch Einbeziehen ökonomischer Kriterien entschieden werden

Eine erster Hinweis lässt sich aus dem Quotienten des Produktes von Wärmedurchgangskoeffizient und Wärmeübertragerfläche k·A und Generatorleistung Pgen

ableiten. Wenn das Produkt von Wärmeübertragerfläche und Wärmedurchgangskoeffizient für den Aufwand – letztendlich die Anfangsinvestition – und die Generatorleistung für den Nutzen stehen, kann dieser Quotient als einfaches ökonomisches Effektivitätskriterium verwendet werden. Abbildung IV-18 enthält die Werte für die betrachteten Arbeitsmittel, jeweils für den Referenzfall und den Best Case. Im Referenzfall liegen die organischen Arbeitsmittel sowie Ammoniak alle im Bereich um 0,8 kWth/K kWel. Lediglich das System mit Wasser als Arbeitsmittel erreicht mit 1 kWth/K kWeleinen deutlich schlechteren Wert. Mit dem Wechsel zum Best Case differenziert sich das Feld. Die Systeme mit Ammoniak und die Kohlenwasserstoffe liegen weiterhin dicht beieinander, um einen Wert von 1,25 kWth/K kWel. Das System mit R134a dagegen liegt mit 1,7 kWth/K kWel deutlich darüber. Das Arbeitsmittel Wasser erzielt mit 2,14 kWth/K kWel weiterhin den höchsten Wert. Damit sind Wasser und R134a, bei Berücksichtigung ökonomischer Kriterien unter den genannten Randbedingungen (Thermalwassertemperatur 150 °C, Kühlwassertemperatur 20 °C), voraussichtlich weniger gut als Arbeitsmittel in geothermisch angetriebenen ORC-Kraftwerken geeignet als die Kohlenwasserstoffe Iso-Butan und Iso-Pentan sowie Ammoniak. Von den drei letztgenannten Arbeitsmitteln erbringt Iso-Butan die höchste Generatorleistung.

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⎟⎟ ⎠

⎜⎜ ⎝

el

th genkWK

kW P

Ak

0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5

Wasser NH3 i-Butan i-Pentan R134a Best Case Referenz

Abbildung IV-18: Quotient des Produktes von Wärmedurchgangskoeffizient und Wärmeübertragerfläche und Generatorleistung eines geothermischen angetrieben ORC für verschiedene Arbeitsmittel und zwei Anlagenkonfigurationen. Temperatur des Thermalwassers 150 °C, Massenstrom Thermalwasser 20 kg/s, Kühlwassertemperatur 15 °C.

Ammoniak und Iso-Pentan liegen sowohl hinsichtlich der Generatorleistung als auch hinsichtlich der Wärmeübertragerfläche gleichauf. Unter thermodynamischen Gesichtpunkten sind sie als gleichwertig anzusehen. Allerdings hat Ammoniak einen besseren thermischen Wirkungsgrad und einen schlechteren Auskühlungswirkungsgrad. Die Anpassung an die Wärmequelle gelingt weniger gut als mit den Kohlenwasserstoffen, dafür ist aber der Kraftwerksprozess effizienter.

Der Vergleich der mit den verschiedenen Arbeitsmitteln im Best Case erzielten Ergebnisse illustriert, welche Änderung die Anpassung des Prozesses an die in Abschnitt III.1.2 geforderte dreieckige Form mit sich bringt. Zunächst steigt der Auskühlungs-wirkungsgrad, und die bei der Wärmezufuhr auftretenden Verluste verringern sich. Die insgesamt kleineren Temperaturdifferenzen in den Wärmeübertragern erfordern größere Wärmeübertragerflächen. Die Auswahl des Arbeitsmittels für eine bestimmte Thermalwasser-temperatur wird beide Gesichtspunkte - die erzielbare Generatorleistung (resultiert aus dem Produkt von Auskühlungswirkungsgrad und thermischem Wirkungsgrad) und die erforderliche Wärmeübertragerfläche - berücksichtigen. Bei der betrachteten Thermalwasser-temperatur von 150 °C und unter den genannten Randbedingungen ist Iso-Butan unter den berücksichtigten Arbeitsmitteln am besten geeignet. Es erlaubt eine gute Anpassung des Prozesses an die Charakteristik der Wärmequelle, ohne übermäßig große Wärmeübertrager-flächen zu erfordern. Damit wird der Befund aus Abschnitt IV.1.3.4 bestätigt. Das Arbeitsmittel sollte so ausgewählt werden, dass im Punkt der maximalen Leistung die Verdampfung bei einer Temperatur etwas unterhalb der kritischen Temperatur erfolgt.

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