3 Entwicklung einer Methode zur Ermittlung der „Praxis der Sortierung und Verwertung“ und
3.4 Beschreibung der Praxis der SuV, Modellierung und Kategorisierung der Prozessketten
3.4.10 Verwertung von Behälterglas
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Abbildung 38: Praxis der SuV für 2019 für Verpackungen aus Aluminium – vorläufige Prognose
Quelle: eigene Darstellung HTP GmbH & Co. KG
Nach dieser vereinfachten vorläufigen Auswertung beträgt der Anwendungsgrad hochwertiger Referenzprozesse für Verpackungen aus Aluminium 100 %. Die Differenzierung in die drei Prozessvarianten erfolgte auf Basis der durchgeführten Erhebung bei den Sortieranlagen. Die Varianten P0 und P1 mit einem summarischen Anwendungsgrad von 98,7 %, bei denen die Verwertungszuführung weitgehend unabhängig vom Verpackungsformat ist, werden als ‚Stand der Technik‘-Variante angesehen.
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Abbildung 39: Vereinfachtes Verfahrensschema der Altglasaufbereitung - Schematische Darstellung und Pfadbeschreibung für Behälterglas
Quelle: eigene Darstellung HTP GmbH & Co. KG Diese sind:
► Klassieren der (i. d. R.) farbsortierten Sammelware (Feinfraktion < 60 mm) und Brechen (Zerkleinerung) der Grobfraktion auf < 60;
► Abtrennung von ferromagnetischen Verpackungskomponenten (Deckel und Verschlüsse; in Abbildung 39 “FE-Metalle“) über Magnetscheidung;
► Abtrennung von NE-Verpackungskomponenten (Deckel und Verschlüsse; in Abbildung 39
„NE-Metalle“) über Wirbelstromscheidung;
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► Etikettenablösung durch Autogenbeanspruchung nach Trocknung der Scherben (optionale Variante V2 bzw. P2); Verfahren, bei denen nur der feinkörnigere Anteil der Scherben entsprechend behandelt wird, wurden da funktional identisch ebenfalls V2 zugeordnet;
► Abtrennung von Keramikscherben, Steinen und Porzellan (KSP) durch automatische
optische Sortierung der Scherben nach dem Durchlichtprinzip in sog. KSP-Trennern. Hierbei werden auch sonstige nicht transparente Partikel (Kunststoffverschlüsse u. ä.) als Reject abgetrennt.
► Abtrennung von hitzebeständigen Glassorten, Glaskeramik sowie Gläsern mit hohem Schwermetallgehalt (z. B. Bleiglas) durch sensorgestützte Sortierung über RGB (Rot, Grün, Blau)-Kamerasysteme, UV- und Röntgendetektoren.
Insbesondere die beiden letzten Trennoperationen dienen der Qualitätssicherung der nach t 120251 spezifizierten Scherbenqualitäten bezüglich gravierender Unverträglichkeiten für den Umschmelzprozess zu neuem Behälterglas (Verpackungen aus Glas). Die Begrenztheit der sensorgestützten Sortiersysteme bezüglich der sortierfähigen Teilchengrößen macht es erforderlich, feinen Glasbruch etwa unterhalb einer Trennkorngröße von 1 bis 2 mm auszuschließen. Die Aufschlussverfahren (Zerkleinerung und Etikettenentfernung) werden daher nach der Maxime einer möglichst schonenden Beanspruchung ausgeführt, um die Feinkornverluste möglichst gering zu halten.
Da sowohl Farbsortierung als auch KSP-Trennung auf Durchlichtmessung beruht, bestimmen – neben der stofflichen Zusammensetzung – vor allem gestalterische Faktoren wie Art und Grad der Farbgebung sowie die Dekoration, insbesondere Etikettierung und Lackierung, die
Recyclingfähigkeit von Behälterglas.
Die KSP-Trennung kann generell vorausgesetzt werden; wegen der potenziell erhöhten Bildung von feinstkörnigen Glasanteilen ist der Einsatz von Etikettenentfernern aber nicht generelle Praxis, so dass sich diesbezüglich zwei Varianten (ohne (V1) und mit (V2) Etikettenentfernern) für die Charakterisierung der Praxis der SuV herauskristallisieren.
Im Erhebungsbogen, der zum Versand an alle den Verfassern bekannten einschlägigen Glasaufbereitern (gleichgestellte Letztempfänger von Altglas aus der Sammlung) vorbereitet wurde, wird bezogen auf die zuvor thematisierte Etikettenentfernung differenziert abgefragt.
Der entwickelte Fragebogen ist als Anlage B.9 beigefügt.
Die Pfadbeschreibung für Behälterglas ist wegen der einstufigen Prozesskaskade zwischen Sammlung und Verwertung und der Tatsache, dass alle relevanten Randbedingungen des eigentlichen Verwertungsprozesses bereits im Prozess der Altglasaufbereitung abgebildet werden, mit der der Altglasaufbereitung identisch. Es existieren nach jetzigem Kenntnisstand also zwei unterschiedliche Recyclingpfade (P1 und P2), die sich lediglich in Bezug auf den Einsatz von Etikettenentfernern unterscheiden.
Ermittlung der Praxis der SuV für Behälterglas auf Grundlage der durchgeführten Befragung Der an alle den Verfassern bekannte Altglas-Aufbereiter (gleichgestellte Letztempfänger), die Material aus der Sammlung der dualen Systeme erhalten oder zuvor erhielten versandte Erhebungsbogen ist als Anlage B.9 im Anhang beigefügt. Für zukünftige Abfragen wird die in Anlage B.9 dokumentierte ursprüngliche Fassung geringfügig modifiziert (einige Fragen wurden
251 BV Glas (2014)
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aufgrund zu unspezifischer Antworten weitergehend präzisiert). Die überarbeiteten Erhebungsbögen sind in Anlage C.10 angefügt.
Rücklauf der Befragung:
Es wurden 23 den Verfassern bekannte und mit Mengen aus der haushaltsnahen Sammlung derzeit oder früher belieferte Glas-Verwerter angeschrieben. Mit 19 zurückgesandten und vollständig ausgefüllten Erhebungsformularen wurde eine gute Rücklaufquote erzielt.
Allerdings ergab die Addition der Angaben wegen zum Teil nicht plausibler niedriger Werte zu den prognostizierten Verarbeitungsmengen in 2019 lediglich 1,286 Mio. t (siehe auch Abbildung 40, Kontrollsumme). Diese Ziffer liegt weit unterhalb der erwarteten Altglassammelmenge und lässt sich auch nicht über die vier fehlenden Antworten plausibilisieren. Im Rahmen des vorliegenden Vorhabens war es auch nicht leistbar eine gezielte Nachrecherche vorzunehmen.
Die folgende Auswertung ist entsprechend als unsicher einzustufen.
Zum Redaktionsschluss (31.12.2019) nicht durch rückgesandte Erhebungsbögen validierte Einstufungen sowie neu hinzugekommene oder den Verfassern unbekannte Anlagen, sind vom UBA bzw. der ZSVR in der Liste im Anhang C.10 im nicht öffentlichen Teil des Endberichts für zukünftige Erhebungen zu prüfen bzw. zu komplettieren. Basis hierfür sind dann die nach Mengenstromnachweisen 2019 belieferten Anlagen.
Die Antworten der einzelnen Anlagen werden aus wettbewerbsrechtlichen Gründen und zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht veröffentlicht, liegen dem
Umweltbundesamt aber vor.
Erkenntnisse aus der Befragung:
Aus den Rückläufen ergeben sich zunächst keine Abweichungen gegenüber den Varianten in Abbildung 38.
Der Anwendungsgrad hochwertiger Referenzprozesse ist in diesem Fall nur aus den Mengenstromnachweisen zu ermitteln, in dem die Glas-Verwerter von den sonstigen Verwertungsverfahren (z. B. Wegebau) abgegrenzt werden. Gemäß früherer
Mengenstromnachweise ist der Anteil nicht an Glashütten gelieferter, aufbereiteter
Glasscherben aber marginal (< 1 %) und kann somit gegebenenfalls vernachlässigt werden. Die Ermittlung konnte im Projekt mangels Zugang zu den Mengenstromdaten nicht erfolgen, ist jedoch UBA bzw. ZSVR möglich.
Nach der auf Basis der Erhebungsrückläufe vorgenommenen vereinfachten vorläufigen Auswertung beträgt der Anwendungsgrad hochwertiger Referenzprozesse für Verpackungen aus Glas näherungsweise 100 %. Die Verteilung auf die zwei Recyclingpfade (Prozessvarianten) ist Abbildung 40 zu entnehmen. Beide werden als ‚Stand der Technik‘-Varianten angesehen.
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Abbildung 40: Praxis der SuV für 2019 für Verpackungen aus Glas – vorläufige Prognose
Quelle: eigene Darstellung HTP GmbH & Co. KG
Die Gelegenheit, die Praxis der SuV über eine Totalerhebung zu erfassen, wurde genutzt, um auch spezifische Probleme des Recyclings, sofern diese gestaltungsbedingte Ursachen haben, im Einzelnen in Erfahrung zu bringen. Vorlage für den Erhebungsbogen lieferte die
Zusammenstellung der Unverträglichkeiten nach Anhang 3 des Mindeststandards252. Die
Betreiber von Glasaufbereitungsanlagen wurden um Einschätzung bezüglich der Relevanz dieser Unverträglichkeiten gebeten. Im Weiteren Bestand die Möglichkeit, spezifische Probleme, die bisher nicht im Mindeststandard abgebildet sind, zu ergänzen.
Die Auswertung zeigt Tabelle 17. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Glasaufbereiter die Einstufung von Kristallglasverpackungen als recyclingunverträglich analog Anhang 3 des Mindeststandards weitestgehend teilen, wenn auch überwiegend als technisch gelöst
eingruppiert. Darüber hinaus wurden unter „zusätzliche Angaben“ in Tabelle 17 eine Reihe von problematischen Gestaltungsmerkmalen genannt, die bezüglich einer Berücksichtigung im Anhang 3 des Mindeststandards von den relevanten Akteuren zu diskutieren sind. Als
problematisch wurden nassfeste Papieretiketten mit nassfesten Klebstoffapplikationen benannt, da diese zu erhöhten Scherbenverlusten an den KSP-Trennstufen führen. Diese ergänzende Anmerkung stammt überwiegend von Anlagen ohne Etikettenentferner.
252 ZSVR (2019), Anhang 3
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Tabelle 17: Relevanz von Unverträglichkeiten nach Einstufung von Glas-Verwertern Beschreibung der
Unverträglichkeiten
Problem unbekannt
Problem bekannt, aber aufgrund geringer
Mengenrelevanz bedeutungslos
Problem bekannt, technisch
kein Problem keine Angabe Weitgehend gelöst nicht gelöst
Blei und Barium aus
Kristallglasverpackungen 2/19 16/19 1/19
Zusätzliche Angaben
keine Angabe 5/19
Steingut-Flaschen (Spirituosen) 9/19
Ausguss-Einsätze aus Kunststoff
(Spirituosen, Olivenöl) 9/19
Wasserunlöslicher Kleber bei
Papier- und Kunststoffetiketten 9/19
Schwarzglas 3/19
lackierte Gläser / Etiketten 4/19
unnötige Komplettfolierung 3/19
dünner werdende Glasverpackung 3/19
Klebstoff der Etiketten 3/19
Einwegflaschen mit
Bügelverschlüssen 3/19
Hoher Organikgehalt im
Feinbereich 1/19
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