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3 Grundlagen und prinzipielle Wirkungsweise der Verfahren

3.2 Hydraulische Verfahren

3.2.4 Spülverfahren (Infiltration und Entnahme)

3.2.4.2 Vertikale Spülung

Prinzipiell können verunreinigte Untergrundbereiche auch vertikal durchspült werden.

Das Verfahrensprinzip ist dargestellt

• in Abb. 3.2-10 für die Durchspülung einer Verunreinigung im ungesättigten Bereich,

• in Abb. 3.2-11 für die Durchspülung eines teilweise verunreinigten Trennhorizontes Ergänzend zu den o. a. Anwendungsgrenzen von Spülverfahren ist insbesondere zu beach-ten, daß vertikale Strömungsvorgänge i. a. schwierig steuerbar sind. Ursachen sind

üblicher-weise auftretende Inhomogenitäten und eine Anisotropie mit deutlich geringeren vertikalen als horizontalen Durchlässigkeiten.

So ist insbesondere die Durchspülung von Trennhorizonten hinsichtlich der Verteilung und Intensität der Durchströmung und damit verbunden der Reinigungswirkung kaum abschätzbar.

Das in Abb. 3.2-11 dargestellte System stellt jedoch bei einem sensibel genutzten tieferen Grundwasserleiter insbesondere auch eine Schutzmaßnahme gegen Schadstoffimmissionen von oben dar.

Abb. 3.2-10 Prinzipskizze vertikale Durchspülung - ungesättigter Bereich

Abb. 3.2-11Prinzipskizze vertikale Durchspülung eines belasteten Trennhorizontes

3.2.4.3 Grundwasserzirkulationsbrunnen

Hydraulische Grundvorgänge

Zwei tiefenmäßig versetzt an einer Stelle angeordnete Brunnen (ein Entnahmebrunnen und ein Infiltrationsbrunnen) stellen grundwasserhydraulisch das Verfahrensprinzip eines Grundwas-serzirkulationsbrunnens (GZB) dar1. Hydraulisch ist maßgebend, daß eine Zirkulationsströ-mung über die Tiefe in Umgebung des Brunnens im Untergrund erzeugt wird, die wiederum im allgemeinen durch einen vorhandenen Grundwasserabstrom überlagert wird. Wesentlich ist dabei, daß infolge des über die Tiefe meist relativ geringen Abstandes zwischen dem Was-sereintrittsbereich in den Brunnen und dem Wasseraustritt aus dem Brunnen bei einem GZB praktisch immer ein Teil des Brunnendurchsatzes zur Speisung der Zirkulationsströmung um den Brunnen dient, auch bei oft wesentlich geringerer Untergrunddurchlässigkeit in vertikaler Richtung (Anisotropie). In Abhängigkeit von der Intensität (Geschwindigkeit) des überlagern-den Grundwasserabstromes wird andererseits immer ein Teil des Brunnendurchsatzes von Grundwasseroberstrom neu zugeführt, während ein entsprechender Anteil des Wasseraustrit-tes aus dem Brunnen direkt nach Unterstrom abfließt. Nur im Sonderfall ruhenden

1 Anmerkung: Die Bezeichnung "Grundwasserzirkulationsbrunnen" wird in verschiedenen Veröffentlichungen von HERR-LING seit 1991 verwendet und beschreibt das generelle grundwasserhydraulische Prinzip dieses Verfahrens:

Zitat aus HERRLING, STAMM, 1992 (übersetzt aus dem Englischen):

"Dreidimensionale vertikale Zirkulationsströmungen im Umkreis von Brunnen mit zwei Filter-Bereichen in einem Grundwasserleiter, sogenannte Grundwasser-Zirkulations-Brunnen, Abkürzung GZB, stellen einen wesentlichen Bereich für numerische Untersuchungen dar."

sers bildet der gesamte Brunnendurchsatz die um den Brunnen entstehende Zirkulationsströ-mung. Die übliche Art der mit einem Grundwasserabstrom überlagerten Strömung im Bereich eines GZB ist im Vergleich zum Ausgangsfall ohne Grundwasserabstrom für zwei verschie-dene überlagernde Grundströmungen in Abb. 3.2-12 nach neuesten Untersuchungen (LFU, 1992) in einem Vertikalschnitt veranschaulicht.

Diese Beispielfälle mit gleichbleibenden Untergrundbedingungen und gleichbleibendem Brunnendurchsatz lassen die unterschiedliche Ausbildung der Zirkulationsströmung in der Längsachse der Hauptströmung bei verschiedener Grundströmung erkennen. Eine gewisse Vorstellung des räumlich komplexen Strömungsbildes kann die dreidimensionale Veran-schaulichung der verschiedenen Strömungskörper im Zu- und Abstrom in Abb. 3.2-13 (verän-dert nach HERRLING, B. et al., 1991) vermitteln.

Die unter verschiedenen Betriebs- und Umgebungsbedingungen eines GZB maßgebenden Mengenzu- und -abstromverhältnisse zeigt ein aus systematischen Untersuchungen (HERR-LING, B. et al., 1991) entwickeltes Leistungsdiagramm, das in Abb. 3.2-14 wiedergegeben ist.

Abb. 3.2-12 Modelluntersuchung des Zu- und Abstromes im Bereich eines GZB (aus LFU,

Abb. 3.2-13 Zustrom, Abstrom und Zirkulationsströmung beim GZB (verändert nach HERRLING et al., 1991)

Man erkennt daraus den je nach örtlicher Konstellation unterschiedlichen Anteil des Brunnen-durchsatzes zur Speisung der Zirkulationsströmung. Nur der Durchsatz Qo wird neu aus dem Grundwasserzustrom aufgenommen bzw. in den Grundwasserabstrom abgegeben. Anderer-seits bewirkt gerade die Zirkulationsströmung eine mehr oder weniger intensive Durchspülung der Brunnenumgebung über die Tiefe. Diese vertikale Strömungskomponente kann gegenüber der weitgehend horizontalen Strömung bei anderen hydraulischen Anlagen zusätzliche Reini-gungs- bzw. Mobilisierungseffekte im verunreinigten Untergrund hervorrufen. Zu beachten ist allerdings die unterschiedliche Stärke der Zirkulationsströmung in Brunnenumgebung. Sie ist aufgrund systematischer Modellrechnungen (LfU, 1992) für den Grundfall in Abb. 3.2-12 in Prozentanteilen des Gesamtzirkulationsflusses angegeben. Man erkennt daraus, daß die Inten-sität bzw. der Mengendurchsatz mit dem Abstand vom Brunnen sehr schnell abnimmt. Im aufgeführten Beispielfall zirkulieren rd. 50 % des Gesamtdurchsatzes innerhalb eines eng be-grenzten Umfeldes um den GZB.

Charakteristikum der hydraulischen Wirkung eines GZB im Vergleich zum klassischen Brun-nen ist das Fehlen einer örtlichen oder bereichsweisen Grundwasserabsenkung. Aus dem Grundwasserbereich wird kein Wasser entzogen, sondern nur eine Menge durch den Brunnen durchgeleitet. Dadurch ergibt sich eine räumlich komplexere Form der Zu- und Abströmung zum GZB. Im Gegensatz zum klassischen Brunnen wird dadurch ein über die Tiefe unter-schiedlich breiter Grundwasserabstromkörper erfaßt, der an der Sohle breiter ist als an der Oberfläche. In Abb. 3.2-15 ist die Form des von einem GZB erfaßten Grundwasserzustrom-körpers für verschiedende Bedingungen räumlich wiedergegeben.

Abb. 3.2-14 Anteil der Zirkulationsströmung am Brunnendurchsatz beim GZB (verändert nach HERRLING et al., 1991)

Abb. 3.2-15 Abgrenzung des Zustrombereiches beim GZB im Grundwasserstrom mit und ohne Anisotropie (nach HERRLING et al., 1991)

Verfahrens- und Reinigungsprinzip

Das spezielle Verfahrensprinzip eines GZB bestimmt infolge der hydraulischen Wirkung im Grundwasser seinen bisher weitgehend üblichen Einsatz zur Sanierung von Grundwasserver-unreinigungen mit leichtflüchtigen Bestandteilen (vorwiegend LHKW). Dies erfolgt durch eine von unten nach oben gerichtete Luftströmung im Brunnen, die einerseits eine Wasser-strömung erzeugt (Mammut-Pumpen-Effekt), andererseits aber auch eine mehr oder weniger intensive Entgasung des verunreinigten Wassers von seinen leichtflüchtigen Stoffanteilen be-wirkt (Strip-Effekt). Diese Entgasung findet in wesentlichem Umfang über die im Brunnen erzeugte Wasser-Luft-Gemisch-Strömung mit intensivem Kontakt beider Phasen statt. Die mit aufgenommenen Fremdstoffen angereicherte Luft wird abgezogen und gereinigt. Verfahrens-unterschiede liegen in der Erzeugung der Luftströmung im Brunnen durch Anlegen eines Un-terdruckes über dem Brunnenwasserspiegel (Unterdruck-Verdampfer-Brunnen, UVB) mit passiver Luftzufuhr oder durch Einblasen von Luft unter dem Brunnenwasserspiegel mit Überdruck.

Andererseits besteht auch die Möglichkeit einer alleinigen Nutzung des Brunnens zur Erzeu-gung einer Grundwasserzirkulation und der Herausführung des eingetretenen Wassers zu einer On-Site-Aufbereitung und anschließender Wiedereinleitung des behandelten Wassers in den Brunnenaustrittsbereich. Die Förderung des Wassers kann dabei über eine Pumpe im Brunnen erzeugt werden.

Anwendbarkeit

Der GZB ist eine spezielle Art hydraulischer Sanierungsanlagen und bietet somit auch beson-dere Vorteile in geeigneten Situationen, während er in bestimmten Fällen nicht oder nur in beschränktem Umfang sinnvoll angewandt werden kann.

Hauptanwendungsmöglichkeiten

• Bei Grundwasserverunreinigungen mit leichtflüchtigen Stoffen, vorwiegend LHKW (bei geeigneter On-site-Aufbereitung auch für andere Stoffe),

• in einheitlich aufgebautem Untergrundbereich (ohne Zwischenschichten),

• bei notwendiger Vermeidung von Grundwasserabsenkungen,

• im Zentrum der Verunreinigung mit einer nicht zu rasch abströmenden Verschmut-zungsfahne.

Einschränkungen der Anwendbarkeit

• Zwischen zwei getrennten Stockwerken oder einem geschichteten Grundwasserleiter mit ausgeprägter horizontierter Belastungsverteilung wegen der Verschleppungsmög-lichkeit von Verunreinigungen,

• bei Verunreinigungen mit nicht ausreichend eliminierbaren Stoffen in Abhängigkeit von der Aufbereitungsmöglichkeit,

• bei unvollständig erfaßten uneinheitlichen Untergrundverhältnissen,

• bei starkem, verunreinigtem Grundwasserabstrom wegen Gefahr der nicht vollständi-gen Erfassung der Verunreinigung oder bei Möglichkeit nur teilweiser Abreinigung des Brunnendurchsatzes.

Insgesamt erfordert die Wirkungsvielfalt und die Komplexität der Strömungsvorgänge im Umfeld eines GZB grundsätzlich eine besonders gründliche Vorerkundung des Untergrund-aufbaues und der Verunreinigungssituation sowie eine sorgfältige Überwachung des Sanie-rungsablaufes.