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2.4 Das unequal-variance-Modell

2.4.2 Verlagerung des Kriteriums mittels Rating-Verfahren

modells ohne Weiteres formal beschreibbar ist, steht hierfür dasmaximumlikelihood -Verfahren zur Verfügung. Dabei wird ausgehend von groben, möglicherweise nicht sehr guten Schätzungen der Parameter mittels eines iterativen Verfahrens versucht, diese Schätzungen Durchlauf für Durchlauf zu verändern, um die Anpassung der ge-schätzten Geraden an die Datenpunkte zu verbessern. Sobald die Verbesserung der Anpassung von einem Durchgang zum nächsten ein bestimmtes, beliebig klein ge-wähltes Kriterium unterschreitet, werden die in diesem Durchgang geschätzten Para-meter akzeptiert.

Obwohl bzw. gerade weil es sich bei dem maximum-likelihood -Verfahren um ein Standardverfahren bei der Parameterschätzung handelt, wird die tatsächliche Durch-führung der Parameterschätzung oft einem Computer überlassen, da dieser wesent-lich schneller und fehlerfrei dazu in der Lage ist, viele Anpassungsdurchläufe in kur-zer Zeit vorzunehmen. Für die Schätzungen von Signalentdeckungsparametern in der vorliegenden Arbeit wurde zu diesem Zweck die frei verfügbare Statistiksoftware R (R Core Team,2015), speziell das Zusatzpaketordinal (Christensen,2015b), verwendet.

Das Paketordinal schätzt dabei die Parameter unter Verwendung eines cumulative link model -Ansatzes (Agresti,2002; Christensen,2015a). Ein Abdruck des Scripts zur Aufbereitung eines Datensatzes und der Parameterschätzung findet sich zur Informa-tion in AnhangA).

nach der Durchführung einer einzigen Sitzung die Leistung der Versuchsperson be-stimmen zu können. Möchte man aus theoretischen oder inhaltlichen Gründen nicht auf dasequal-variance-Modell zurückgreifen, ist es zur Parameterschätzung jedoch zwingend erforderlich, über Daten mit mindestens zwei, besser drei5, zugrundeliegen-den Kriterien zu verfügen. Hier schafft dasRating-Verfahren Abhilfe.

Das bisher beschriebene theoretische Signalentdeckungsmodell der beiden nor-malverteilten Zufallsvariablen Xs bzw. Xn, welche jeweils bei der Präsentation von Signal bzw.noise realisiert werden, bleibt hierbei unberüht. Statt aber das Experiment nun immer wieder neu mit zwar unterschiedlichenpay-off-Matrizen aber den immer gleichen Antwortkategorien „Signal anwesend“ bzw. „Signal abwesend“ durchzufüh-ren, wird das Experiment nur ein einziges Mal durchgeführt, die Versuchsperson erhält jedoch die Möglichkeit, ihre Antwort mittels eines Sicherheitsratings abzustufen.

Für diesesRating müssen mindestens drei Stufen bzw. Antwortkategorien zur Ver-fügung stehen, so dass sich später die mindestens notwendigen zwei Datenpunkte zur Determinierung der Lage einer Geraden im Gauss’schen Koordinatensystem bestim-men lassen. Die Kategorien können dabei beliebig benannt werden, z.B. von „sicher noise“ über „eher noise“ und „eher Signal“ bis hin zu „sicher Signal“ (s. z.B. McNicol, 2005, S. 25 oder Egan et al.,1959). Eine beispielhafte Datentabelle für dieses vierstu-figeRating ist im oberen Teil von Tabelle2.5dargestellt.

Die maximale Kategorienanzahl ist theoretisch unbegrenzt, in der Praxis beschränkt man sich jedoch üblicherweise auf vier bis zehn Kategorien, da Versuchspersonen die-se konsistent benutzen können müsdie-sen (McNicol,2005). Dabei ist es wichtig, festzu-halten, dass die üblicherweise durch den Versuchsleiter vorgenommene Benennung der Kategorien einerseits für jede Versuchsperson unterschiedlich auf der Dimension

5s. Fußnote4bezüglich der Anpassung einer Geraden an zwei Datenpunkte.

Tabelle 2.5.Beispielhafte Datentabelle für einRating-Verfahren imunequal-variance-Modell.

Im oberen Teil finden sich bedingte absolute Häufigkeiten, im unteren Teil ausgehend von der größten Signalausprägung, in diesem Falle also von rechts, aufsummierte bedingte relative Häufigkeiten (ohne Korrektur für Extremwerte, s. Abschnitt2.6).

Rating

„1“:

„sicher noise

„2“:

„eher noise

„3“:

„eher Signal“

„4“:

„sicher

Signal“ Summe absolute Häufigkeiten

S 5 10 25 60 100

N 65 15 10 10 100

aufsummierte bedingte relative Häufigkeiten

S 1 .95 .85 .60

N 1 .35 .20 .10

des subjektiven Eindrucks lokalisiert ist und andererseits die Semantik der Benen-nung im Signalentdeckungsmodell keinerlei Repräsentation hat. Dort ist einzig die Reihenfolge der Kategorien entscheidend, wobei große Werte eher für das Vorliegen des Signals sprechen sollen.

Die Versuchsperson kann auf diese Weise bei jeder Reizpräsentation selbst ent-scheiden, wie sicher sie sich ist, ein Signal wahrgenommen oder nicht wahrgenom-men zu haben und die entsprechende Kategorie auswählen. So kann sie für die ver-schiedenen Antwortkategorien jeweils unterschiedliche Kriterien auf ihrer Dimension des subjektiven Eindrucks von eher liberal bis eher konservativ festlegen. Dies ist bei-spielhaft für ein vierstufigesRating in Abbildung2.8dargestellt, wobei hier die Kate-gorien neutral mit Zahlen benannt sind, diese jedoch ohne Weiteres die etwas weiter oben im Text genannten Namen tragen könnten.

Um nun die Datenpunkte in Gauss’schen Koordinaten für die Bestimmung der Ge-raden zu ermitteln, wird iterativ vorgegangen: Für jedes Kriterium, also jede Grenze

X 0

1 2 3

s

Zufallsvariablen noise,XnN(0,1) signal,XsN(s,2s) Wahrscheinlichkeiten

P(„1“|N) P(„2“|N) P(„3“|N) P(„4“|N)

P(„1“|S) P(„2“|S) P(„3“|S) P(„4“|S)

„1“ „2“ „3“ „4“

Abbildung 2.8.Dargestellt sind dienoise- und Signal-Verteilung einesunequal-variance -Si-gnalentdeckungsmodells beimRating-Verfahren mit den vier Antwortkategorien „1“ bis

„4“ und den sich als Flächen unter den jeweiligen Verteilungen ergebenden bedingten Wahrscheinlichkeiten.

zwischen zwei Kategorien, wird ausgehend von der größten Signalausprägung das Experiment als eine einfache Yes/No-Aufgabe behandelt und jeweils ein Paar aus hit - und false alarm-Rate bestimmt. Dazu werden die jeweiligen bedingten relativen Häufigkeiten rechts vom aktuell behandelten Kriterium aufsummiert. Es ergeben sich somit von rechts nach links ansteigende Paare vnhit - und false alarm-Raten, wel-che für das oben genannte Beispiel im unteren Teil von Tabelle2.5berechnet sind.

Mittels der Umkehrfunktion der kumulativen Verteilungsfunktion z(p) werden diese Paare jeweils in Gauss’sche Koordinaten umgerechnet und anschließend als punkte im Gauss’schen Koordinatensystem abgetragen. Auf Grundlage dieser Daten-punkte erfolgt nun die Anpassung der bestmöglichen Geraden mittels des maximum-likelihood -Verfahrens, aus deren Anstieg und Achsenabschnitt sich anschließends

und2s auf die in Abschnitt2.4.1beschriebene Art und Weise berechnen lassen.

Vorteilhaft bei der Verwendung desRating-Verfahrens ist, dass das Experiment nur ein einziges Mal durchgeführt werden muss, um dennoch ausreichend viele Daten-punkte zur Schätzung der Parameter für ein unequal-variance-Modell zu erhalten.

Hier liegt jedoch gleichzeitig der größte Nachteil, da sich die gleiche Menge an Ant-worten einer Versuchsperson in den einzelnen Präsentationen von Signal- und noise-Durchgängen nun auf mehrere Kategorien aufteilt und so ggf. das Gesetz der großen Zahl (vgl. Abschnitt2.3.1) unterlaufen wird und die Schätzungen der Auftretenswahr-scheinlichkeiten der einzelnen Ereignisse nicht mehr die gleiche Stabilität aufweisen.