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Vergleich der Ergebnisse der Patienteninterviews vor und nach der Aufnahme von substituierten Patienten in der F42

6 Erfahrungen mit Substitutionstherapie in Fachkliniken zur Rehabili- Rehabili-tation von Drogenabhängigen

7.8 Vergleich der Ergebnisse der Patienteninterviews vor und nach der Aufnahme von substituierten Patienten in der F42

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Der Verlust von „Gemeinschaft“ und Beziehungsorientierung in der Arbeit mit den Patienten, der 2011 häufig genannt wurde, war in 2010 nicht vorhergesehen worden. Die 2011 in diesem Zusammenhang oft genannte Entwicklung hin zu einer Klinik wird dabei ambivalent beurteilt.

Die in 2010 häufig genannten wirtschaftlichen Vorteile für die Einrichtung spielen in 2011 praktisch keine Rolle, möglicherweise, weil sie sich nicht realisiert haben. So wird viel öfter als in 2010 die Frage nach der Kosten-Nutzen Relation gestellt, wobei die Kosten jetzt konkrete Mehrarbeit und höherer Aufwand darstellen und in 2010 vor allem in einer möglichen massiven Destabilisierung der Fachklinik gesehen wurden.

7.8 Vergleich der Ergebnisse der Patienteninterviews vor und nach der Aufnahme von

Vergleich der Quantitäten in den Kategorien

Wichtig in Therapie

Anzahl Nennungen Therapeutische Maßnahmen/Struktur

Beziehungen zu Mitpatienten/

Therapeuten

Selbstbesinnung

2010: 72 47 18 7

2011: 62 48 9 5

Tabelle 7.28: Wichtig in Therapie, Patienten, Vergleich t1 - t2

Insgesamt werden in 2011 weniger Äußerungen in dieser Kategorie erfasst. Wie in 2010 beziehen sich die Aussagen vor allem auf konkrete therapeutische Maßnahmen (z. B.

zwölfmal „Einzelgespräche“) und die vorgegebene Alltagsstruktur („Tagesstruktur“) in der Fachklinik. Während in 2010 der drogenfreie Rahmen und die damit verbundene Struktur siebzehnmal genannt werden, ist dies in 2011 nur in einem Fall („Clean-Anspruch des Hauses“) zu beobachten (vgl. auch die qualitative Auswertung). Signifikant seltener (t(28) = 3.550, p<.001) als in 2010 werden die Beziehungen zu den Mitpatienten und Therapeuten als hilfreich erlebt.

Fachklinik

Anzahl Nennungen Konzept/Werte Lage und Struktur/

Personen

Lob

2010: 62 29 26 7

2011: 58 30 19 9

Tabelle 7.29: Fachklinik, Patienten, Vergleich t1 - t2

Es ergeben sich wenige Unterschiede in den Aussagen zur Fachklinik zwischen 2010 und 2011. Die Anzahl der Aussagen ist signifikant geringer in Bezug auf das Konzept (t(28 ) = 2.703, p<.05) und Strukturen oder Personen (t(28) = 2.985, p<.01). Zu beiden Zeitpunkten beziehen sich die Aussagen in Bezug auf die Werte vor allem auf Selbständigkeit und Freiheit und in Bezug auf die Lage vor allem auf die „Realitätsnähe“, die die frühe Konfrontation mit der städtischen Drogenszene einschließt.

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Aussagen zu substituierten Patienten

Anzahl Nennungen Nicht motiviert Weniger Therapiefähig

Subjektive Zuschreibungen/

Anmerkungen

2010: 44 7 27 10

2011: 43 1 21 21

Tabelle 7.30: Aussagen zu Substituierten, Patienten, Vergleich t1 - t2

Wie in 2010 gibt es auch 2011 starke Befürchtungen bei den nicht-substituierten Patienten, dass die substituierten Patienten das Angebot nicht angemessen für sich nutzen können, allerdings ist ein signifikanter Rückgang dieser Befürchtung feststellbar (t(28) = 2.703, p<.05). Die meisten der 2011 eingeordneten Aussagen beziehen sich jetzt weniger auf kognitive, sondern mehr auf emotionale Schwierigkeiten. Die substituierten Patienten werden als deutlich missgelaunt und starken Stimmungsschwankungen unterworfen erlebt (siehe auch qualitative Analyse). Die Vermutung einer mangelnden Motivation hat signifikant abgenommen (t(28) = 2.703, p<.05).

Während in 2010 vor allem negative subjektive Zuschreibungen dominierten, wird jetzt Bedarf und Motivation anerkannt, der mögliche Erfolg und die damit verbundenen Belastungen aber eher kritisch beurteilt. Die signifikante Zunahme subjektiver Zuschreibungen (t(28) = -4.137, p<.001) ist sicher eine Folge des persönlichen Kontaktes mit den substituierten Patienten.

Auswirkungen auf die eigene Behandlung

Anzahl Nennungen

Positiv Neutral Direkt negativ Indirekt Negativ

2010: 55 2 13 17 23

2011: 59 7 23 13 16

Tabelle 7.31: Auswirkungen auf die eigene Behandlung, Patienten, Vergleich t1 - t2

Nur in der Kategorie Auswirkungen auf die eigene Behandlung ließen sich 2011 mehr Aussagen als 2010 identifizieren. Die signifikante Zunahme betrifft die Anzahl der Aussagen

über positive und neutrale Auswirkung der substituierten Patienten auf die eigene Therapie (t(28) = -2.415, p<.05; t(28) = -3.839, p<.001). Das Verhältnis negativer und neutraler und positiver Äußerungen ist in 2011 eher ausgeglichen. Erwartet wurden in 2010 vor allem ein Abflachen des therapeutischen Niveaus, eine Fixierung auf Substanzdiskussionen in den Gruppen, vermehrte Rückfälle und ein erhöhtes (eigenes) Suchtverlangen. 2011 werden positive Auswirkungen durch eine stärkere Auseinandersetzung mit der eigenen Sucht und mögliche Selbstaufwertung benannt. Direkte und indirekte negative Auswirkungen beziehen sich auf auftretendes Suchtverlangen und die notwendige Auseinandersetzung mit und die Involvierung in den Entzug der substituierten Patienten. Dabei ist sowohl der Rückgang bei den direkten wie den indirekten negativen Auswirkungen signifikant (t(28) = 2.117, p<.05;

t(28) = 2.985, p<.01).

Wünsche

Anzahl Nennungen

Bedingte Nichtaufnahme

Getrennte Bereiche

Informationen Kontrollen

2010: 25 9 10 3 3

Getrennte Bereiche Anmerkungen

2011: 22 14 8

Tabelle 7.32: Wünsche, Patienten, Vergleich t1 - t2

Die Möglichkeit offener Anmerkungen wurde 2011 etwas weniger als 2010 genutzt.

Deutliche Ablehnung einer Aufnahme substituierter Patienten wurde nicht formuliert, aber signifikant häufiger (t(28) = -2.117, p<.05) der Wunsch, nicht gemeinsam in einer Bezugsgruppe (identisch mit einem Wohnbereich) mit substituierten Patienten untergebracht zu werden.

Die Anmerkungen signalisieren Verständnis („Manche brauchen eben länger“) und unspezifische Ablehnung („Ich halte da nichts ´von“), ohne konkrete Maßnahmen wie 2010 in Form von Informationen oder mehr Kontrollen zu fordern.

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7.8.2 Vergleich der Skalenauswertung

Die Einschätzung, ob die Aufnahme von substituierten Patienten „richtig“ ist, hat sich signifikant (t(21 )= -2.673, p<.05) verändert und ist nun überwiegend positiv.

2010, N = 22 2011, N = 26

Mittelwert 3,14 6,92

Standardabweichung 3,54 3,72

Tabelle 7.33: Skalenvergleich Angebot, Patienten, Vergleich t1 - t2

Entsprechend werden auch mehr Vor- als Nachteile gesehen, die die Aufnahme von substituierten Patienten nach sich ziehen. Hier wird das Signifikanzniveau allerdings nicht erreicht.

2010, N = 22 2011, N = 26 Vor- zu Nachteilen 24:76 56:44

Tabelle 7.34: Skalenvergleich Vor- zu Nachteilen, Patienten, Vergleich t1 - t2

Zwar werden in der quantitativen Inhaltsanalyse mehr skeptische als befürwortende Aussagen deutlich, diese scheinen aber weniger gewichtig zu sein im Vergleich zur Chance, die substituierten Patienten durch die Aufnahme geboten wird.

7.8.3 Vergleich der qualitativen Auswertungen

In 2010 waren die Interviews durch eine entschiedene und sehr deutlich formulierte, ablehnende Haltung gegenüber einer Aufnahme von substituierten Patienten gekennzeichnet.

Neben konkreten Ängsten („Drogenhandel im Haus“; „mehr Rückfälle“) wurden vor allem konzeptuelle Unvereinbarkeit und das Ende des „cleanen Rahmens“ genannt. Darüber hinaus wurden stärkeres Suchtverlangen, Konfrontation mit der eigenen Sucht und sinkendes therapeutisches Niveau durch mangelnde Therapiefähigkeit und –bereitschaft der Substituierten angenommen. 2010 schlossen viele Patienten für sich eine gemeinsame Behandlung mit substituierten Patienten aus.

In 2010 wurden die Auswirkungen einer hypothetischen Situation diskutiert, die in 2011 Realität geworden ist. Die Wahrnehmung und Beschreibung der Einrichtung scheint hiervon wenig beeinflusst zu sein. Die Fachklinik wird positiv bewertet. Lage und Konzept fordern und fördern eigenverantwortliches Handeln. Viele Therapieelemente werden als wirksam erlebt. Die Wichtigkeit der persönlichen Beziehung für die Therapie ist jedoch geringer geworden. Der drogenfreie Rahmen wird nur noch ausnahmsweise thematisiert.

In Bezug auf die substituierten Patienten sind die Bedenken weiter vorhanden, werden aber weniger pointiert formuliert. Insbesondere theoretische Überlegungen zur konzeptuellen Vereinbarkeit und Katastrophenphantasien („Drogenhandel im Haus“) spielen kaum noch eine Rolle in den Gesprächen. Stattdessen werden die konkreten Belastungen, die der Entzug der Mitpatienten vom Substitut mit sich bringt und daraus resultierende „schlechte Stimmung“ angesprochen. Eine generell geringere Motivation bei substituierten Menschen wird nicht mehr angenommen. Die Hilfebedürftigkeit dieses Personenkreises wird wahrgenommen. Persönliche positive Erfahrungen werden aber von keinem Patienten geschildert.

Während sich die Patienten in 2010 massiv gegen eine Aufnahme aussprachen, nehmen die Patienten 2011 die Aufnahme von substituierten Patienten hin, auch wenn sie sie als Belastung erleben. Einzelne begrüßen die Aufnahme Substituierter um eigene Überlegenheit zu spüren und um „jedem eine Chance“ zu geben. Getrennte (Wohn-)Bereiche werden weiter gewünscht.