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3 Allgemeiner Teil

3.3 Rheologische Charakterisierung der supramolekularen Netzwerke

3.3.2 Untersuchung von PIB-7, PIB-8 und PIB-7+PIB-8

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- 81 - Tabelle 14 Daten der oszillations-rheologischen Messungen von PIB-7, PIB-8 und PIB-7+PIB-8-Blend bei Temperaturen von 20-50°C, einem Molekulargewicht von Mn = 5600 g/mol und einer Einbaurate von 1 mol%

Nr. T (°C) Probenname GN

0 a (kPa) νχb

(mmol/l)

Mc c

(kg/mol) τb

* d (s)

1 20 PIB-7 48,8 20,04 2,593 10

2 30 PIB-7 51,03 20,26 2,592 1,59

3 50 PIB-7 42,87 15,96 2,624 0,159

4 20 PIB-8 322,8 132,53 1,965 40

5 30 PIB-8 271,1 107,6 2,076 6,33

6 50 PIB-8 149,7 55,74 2,354 1,25

7 20 PIB-7 +PIB-8 51,0 20,95 2,587 100

8 30 PIB-7 +PIB-8 49,5 19,66 2,596 40

9 50 PIB-7 +PIB-8 47,5 17,69 2,611 1

χ = 0.98 und D = 1 10-12 m2/s für alle Polymere gleich, basierend auf dem gleichen PIB-Copolymer PIB-5 (5.6K);

a Plateaumodul mittels oszillations-rheologischen Messungen bestimmt; b νχ Netzknotendichte über Gl. (9) berechnet; c Mc Molekulargewicht zwischen 2 Netzknoten über Gl. (9) berechnet; d τb* effektive Lebensdauer, bestimmt bei der Frequenz von 90% (Speichermodul) GN0 nach Kramer et al.345

In Abb. 40 sind die frequenzabhängigen Verläufe von Speicher- und Verlustmodul für PIB-7 in Temperaturabhängigkeit bei Messtemperaturen von 0 – 30°C dargestellt. Im Temperaturbereich von 0 – 20°C zeigt sich eindeutig ei Plateau und demzufolge eindeutig kein Rouse-Verhalten, wie nichtfunktionalisiertes PIB gleicher Molmasse. Bei 30°C ist ein signifikant verschiedener Verlauf der Module ermittelt wurden. Es tritt kein Plateau auf, allerdings liegt der Speichermodul über den gesamten Messbereich oberhalb des Verlustmoduls und lässt damit nach dem sticky Rouse-Model auf Systeme unterhalb des Gelpunktes schließen. Das heißt es treten nur noch sehr schwache Wechselwirkungen auf, die zu keinem ausgeprägten Netzwerk führen. Die Lage des Plateaus verschiebt sich allgemein mit steigender Temperatur zu niedrigeren Modulwerten sowie höheren Frequenzen. Diese Temperaturabhängigkeit wird ebenfalls in den rheologischen und dynamischen Größen wie Plateaumodul GN

0, Netzwerkdichte νχ sowie effektive Lebensdauer τb

* deutlich und ist damit ein Hinweis für die Präsenz der H-Brücken-Wechselwirkungen bzw. supramolekularen Vernetzungspunkten.

- 82 - Abb. 40 Frequenzabhängiger Verlauf von G' und G'' von PIB-7 im Zusammenhang mit verschiedenen Messtemperaturen (0, 20 und 30°C).

Ein gleiches temperaturabhängiges Verhalten zeigt ebenfalls das 2,6-Diaminotriazin-funktionalisierte PIB-8 im Bereich von -10 – 30°C, allerdings sind hier die Plateaus wesentlich ausgeprägter und liegen bei höheren Moduli, sodass auch bei 30°C noch ausgeprägte Netzwerkstrukturen vorhanden sind.

(siehe Abb. 41)

- 83 - Abb. 41 Frequenzabhängiger Verlauf von G' und G'' von PIB-8 im Zusammenhang mit verschiedenen Messtemperaturen (-10, 0, 20 und 30°C).

Durch die einfache, stöchiometrische Mischung (Blend) der Polymere PIB-7 und PIB-8 wird das Donor/Akzeptor-Paar Thymin/2,6-Diamnotriazin mit spezifischen H-Brückenbindungen nach dem Schlüssel/Schloss-Prinzip ausgebildet. Dieses Donor/Akzeptor-Paar verfügt in Lösung über eine Bindungskonstante (Assoziationskonstante) Kassn. = 1,1·103 l/mol in Chloroform326dissn. = 3,7 · 106 s-1).

Das frequenzabhängige Verhalten von G' und G'' ist in Abb. 42 für die Messtemperaturen von -10, 0, 20 und 30°C dargestellt und zeigt den gleichen Zusammenhang der Kautschukplateaus der Polymere PIB-7 und PIB-8.

- 84 - Abb. 42 Frequenzabhängiger Verlauf von G' und G'' von PIB-7+PIB-8 im Zusammenhang mit verschiedenen Messtemperaturen (-10, 0, 20 und 30°C).

Abb. 40 (PIB-7), Abb. 41 (PIB-8) und Abb. 42 (PIB-7+PIB-8) zeigen selbst bei einer Messtemperatur von 30°C signifikant unterschiedliche, frequenzabhängige Verläufe der Moduli im Vergleich zu PIB-PS (8K) (siehe Abb. 30) in Form von ausgeprägten Kautschukplateaus. Vergleicht man die Plateauwerte GN

0 der Netzwerke PIB-7, PIB-8 und PIB-7+PIB-8 bei 20 °C miteinander, so zeigt sich eine Reihenfolge von PIB-7 < PIB-7+PIB-8 < PIB-8 (siehe Tabelle 14, Nr. 1, 4 und 7). Diese Reihenfolge lässt sich mit dem Zusammenhang der Kautschukplateaus mit der Bindungsstärke sowie der Dynamik der H-Brückenbindungen erklären, wie Meijer et al.328 basierend auf dem Vorteil der reversiblen H-Brückenquervernetzungen zu kovalenten Quervernetzungen formulierten. 2,6-Diaminotriazin verfügt über mehrere Möglichkeiten der auszubildenden H-Brückenbindung und somit über eine größere Dynamik aufgrund der statistisch begünstigten Bindungsvielfalt dieser Funktionalisierung. Als Folge der höheren Vielfalt an Möglichkeiten für H-Brückenquervernetzungen weisen diese Polymere eine wesentlich höhere Netzwerkdichte auf und zeigt dementsprechend einen höheren Plateauwert.

Betrachtet man wiederum die effektive Lebensdauer τb

* ergibt sich eine Reihenfolge von 7 < PIB-8 < PIB-7+PIB-PIB-8 (siehe Tabelle 14, Nr. 1, 4 und 7 bzw. Tabelle 15). Diese ist vergleichbar mit Reihenfolge der Dissoziationszeit τDissn. in Lösung (CHCl3) Thymin < 2,6-Diaminotriazin < PIB-Thymin+PIB-2,6-Diaminotriazin.326 Die Dissoziationszeit τDissn. der Thymin/Thymin-Wechselwirkung bzw. 2,6-Diaminotriazin/2,6-Diaminotriazin-Wechselwirkung unterscheiden sich in Lösung nicht wesentlich, in Schmelze zeigt 2,6-Diaminotriazin allerdings eine höhere effektive Lebensdauer (etwa Faktor 4).

- 85 - Tabelle 15 Vergleich der effektiven Lebensdauer τb

* bzw. Dissoziationszeit τDissn. der Thymin- bzw.

2,6-Diaminotriazin-Funktionalisierung untereinander sowie in Blendmischung in Chloroform326 und in Schmelze

Funktionalisierung entspr. Polymer τDissn. (Lösung, CHCl3)326 τb*

(Schmelze, 20°C)

Thymin PIB-7 3,9 · 108 s-1 10 s

2,6-Diaminotriazin PIB-8 8,8 · 108 s-1 40 s

Thymin/

2,6-Diaminotriazin

PIB-7 + PIB-8

(Blend) 3,7 · 106 s-1 100 s

Die spezifischen Netzwerkstrukturen zwischen Thymin und 2,6-Diaminotriazin weist eine effektive Lebensdauer um einen Faktor 2,5 größer als die von 2,6-Diaminotriazin bzw. etwa 10 größer als Thymin untereinander.

Unter Berücksichtigung der kleinen Molekulargewichte von 5600 g/mol und die damit verbundene durchschnittliche Anzahl an Funktionalisierungen von χ ≈ 1 lassen für höhere Molekulargewichte ausgeprägtere Netzwerkstrukturen und demzufolge höhere rheologische Kennwerte (Plateaumodul GN

0, Netzwerkdichte νχ sowie effektive Lebensdauer τb

*) erwarten, unter Berücksichtigung des hohen Einflusses des Molekulargewichtes, der für PIB-1a nachgewiesen wurde

Die Thymin-(PIB-7), 2,6-Diaminotriazin-(PIB-8) und Thymin/2,6-Diaminotriazin-(PIB-7+PIB-8) Copolymere ordnen sich von deren effektive Lebensdauer τb

* in einem breiten Molekulargewichtsbereich von PIB-1a ein. PIB-7 mit τb

* ordnet sich genau zwischen PIB-1a (5.5K) und PIB-1a (9.9K) ein und zeigt somit stärkere Netzwerkstrukturen (als PIB-1a (5.5K)) aufgrund der stärkeren H-Brückenbindungen Thymin/Thymin. PIB-8 ordnet sich mit τb

* = 40 s etwa bei PIB-1a (16K) ein und zeigt dass stärkere Quervernetzer den gleichen Effekt auf die Netzwerkstrukturen haben, wie ein dreifach höheres Molekulargewicht für schwache Quervernetzer PIB-1a. Die effektive Lebensdauer der spezifischen H-Brücken-Wechselwirkung von Thymin/2,6-Diaminotriazin in der Blendmischung von PIB-7+PIB-8 ordnet sich im Vergleich zu PIB-1a bei einem Molekulargewicht von 19000 g/mol ein. Somit erzielen die τb

* der spezifischen H-Brücken-Wechselwirkung Thymin/2,6-Diaminotriazin den gleichen Effekt auf die Netzwerkstrukturen, wie ein vierfach höheres Molekulargewicht bei schwachen H-Brücken-Wechselwirkungen.

Demnach weisen stärkere H-Brückenbindungseinheiten sowie Molekulargewicht einen signifikanten Einfluss auf die rheologischen und insbesondere auf die dynamischen Eigenschaften der supramolekularen Netzwerke auf. Das äußert sich in wesentlich in höheren Netzwerkdichten und in einer deutlich erhöhter effektiver Lebensdauer für Systeme mit supramolekularen Quervernetzer und vergleichbaren Molmassen.

- 86 - Unter Betrachtung des temperaturabhängigen Verhaltens der supramolekularen Netzwerke PIB-7, PIB-8 und PIB-7+PIB-8, zeigt sich ein vergleichbares Verhalten wie für die frequenzabhängigen Messungen. Die Ergebnisse dieser Messungen bei einer Frequenz von 1 Hz sowie einer Verformung von 1% sind in Abb. 43 (PIB-7 und PIB-8) bzw. Abb. 44 (PIB-7+PIB-8-Blend) in einem Temperaturbereich von T = 0 – 120°C dargestellt. PIB-7 mit Thymin als supramolekulare H-Brücken zeigt wie zuvor das am schwächsten ausgeprägte Kautschukplateau mit einer kritischen Temperatur Tcr von 65°C, was in etwa der von PIB-1a (9.9K) entspricht. PIB-8 weist das am stärksten ausgeprägte Kautschukplateau auf und demzufolge auch die höchste kritische Temperatur Tcr = 118°C, was der Reihenfolge der Plateauwerte GN

0 der frequenzabhängigen Messungen entspricht (PIB-7 < PIB-7+PIB-8 < PIB-8; siehe Tabelle 14, Nr. 1, 4 und 7 bzw. S. 84). Die Mischung aus PIB-7+PIB-8 als spezifisches Donor/Akzeptor-Paar zeigt eine kritische Temperatur Tcr von 87°C und ordnet sich entsprechend GN

0

zwischen PIB-7 und PIB-8 ein. Demzufolge spielt für die kritische Temperatur, wie bereits für GN 0, die Dynamik der supramolekularen Quervernetzer die entscheidende Rolle (neben der Bindungsstärke der Systeme).

Abb. 43 Temperaturverlauf von PIB-7 und PIB-8 bei 1% Deformation und Frequenz = 1Hz

- 87 - Eine Ausbildung von übergeordneten, regelmäßigen Clusterstrukturen, wie von Herbst und Binder et al.326 für vergleichbare, endgruppenfunktionalisierte PIB gefunden wurden, konnten für die vorliegenden Netzwerke mittels SAXS-Untersuchungen nicht nachgewiesen werden.

Abb. 44 Temperaturverlauf von PIB-7+PIB-8 bei 1% Deformation und Frequenz = 1 Hz

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