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TTM-Stufen bezüglich des Alkoholkonsums

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Lediglich bei einem der Items, bei dem Nachteil „Trinken beeinträchtigt meine Leistungsfähigkeit beim Sport“, kann ein signifikanter geschlechtsabhängiger Unterschied innerhalb der Skala Entscheidungsbalance nachgewiesen werden. Hier fällt die Wertung bei den Männern deutlich höher aus. Dieses weist darauf hin, dass den männlichen Befragten der Aspekt der sportlichen Leistungsfähigkeit wichtiger erscheint als den Frauen. Auch McNally et al. (2004) fanden heraus, dass Männer ihre möglichen körperlichen Einbußen durch Alkohol stärker gewichten als Frauen. Die Bedeutung des Sports zeigt sich auch in einem unterschiedlichen Ausmaß der Aktivitäten. Männer in dieser Altersgruppe der 18- bis 29- Jährigen treiben häufiger und zeitintensiver Sport als Frauen gleichen Alters (RKI, 2004).

Die Wertungen der Subskalen Vorteile und Nachteile ergeben keine signifikanten Unterschiede. Die Mittelwerte aller Antworten liegen sowohl bei der Bewertung der Vorteile als auch der der Nachteile zwischen wenig wichtig und einigermaßen wichtig.

Die Differenzen innerhalb der Binge-Gruppen sind lediglich hinsichtlich der Vorteile signifikant: Die Vorteile werden ausgehend von den Nicht-Bingern über die Moderaten-Binger zu den Moderaten-Bingern als zunehmend wichtiger bewertet. Lediglich die Häufigen-Binger geben eine geringere Wertung ab als die Häufigen-Binger, was auf die niedrige Probandenzahl in dieser Gruppe zurückzuführen ist. Bei den Nachteilen kann hingegen kein signifikanter Unterschied nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse entsprechen der Studie Kellers et al. (2007) und legen die Schlussfolgerung nahe, dass durch die Subskala Vorteile eine bessere Unterscheidung zwischen den Binge-Gruppen möglich ist als durch die Subskala Nachteile. Diese Folgerung wird durch Ergebnisse vorhergegangener Studien unterstützt (Noar, 2002; Migneault, 1999).

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Dabei handelt es sich bei den drei erstgenannten Stufen um rein kognitive Prozesse und bei den beiden letzteren um die Aufnahme aktiver Handlungen. Die Einordnung der Befragten in besagte fünf Stufen ist im Zuge dieser Studie interessant, da das TTM stufenorientierte Empfehlungen für mögliche Interventionen mit dem Ziel einer Verhaltensänderung bereithält. Abhängig davon, in welcher Stufe die meisten der Studierenden vertreten sind, wäre die Berücksichtigung dieser Empfehlungen sinnvoll.

Da sich diese Erhebung auf die Änderung des Binge-Verhaltens bezieht, werden hinsichtlich dieses Aspekts nur die Befragten berücksichtigt, die einer der vier Binge-Gruppen angehörten. Diejenigen, die angeben, nie Alkohol zu trinken, werden folglich ausgeschlossen. Im Anschluss an die Diskussion der Zuteilung in die fünf Stufen werden die erhobenen Stufen in Zusammenhang mit den Skalen Situative Versuchung und Entscheidungsbalance betrachtet. Bei den beiden Skalen handelt es sich ebenfalls um Konstrukte, die innerhalb der Theorie des Transtheoretischen Modells eine Rolle spielen.

Knapp 50 % der Nicht-Binger geben an, der Konsum von vier bzw. fünf Getränken würde bei ihnen nicht vorkommen. Da sie demnach kein Binge-Trinken betreiben, besteht für sie kein Grund für eine Reduktion der Trinkmenge. Daher gehören sie der Handlungs- bzw. Aufrechterhaltungsstufe an. Bei der Betrachtung aller Binge-Gruppen ergibt sich ein Anteil von 20 %, der der Stufe der Handlung bzw. Aufrechterhaltung zugeordnet werden kann. Dagegen können bei Keller et al. (2008) nur 8,8 % aller Angehörigen der Binge-Gruppen dieser Stufe zugerechnet werden.

Die weiteren 50 % der Nicht-Binger verteilen sich auf die Stufen der Absichtslosigkeit, Absichtsbildung und Vorbereitung. Sie trinken, wenn auch nicht innerhalb der letzten 30 Tage, in unregelmäßigen Abständen mindestens vier bzw. fünf alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit.

66,3 % der Binge-Trinker befinden sich in der Stufe der Absichtslosigkeit. Das entspricht den Vermutungen von Kuntsche et al. (2004), nach deren Studie zwei Drittel der exzessiven Trinker keine Veranlassung dazu sehen, ihr Trinkverhalten einzuschränken. Sie sind sich der damit verbundenen Folgen und Risiken nicht bewusst.

In der Studie von Keller et al. (2008) sind in dieser Kategorie 71,4 % vertreten.

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Der Anteil der Binge-Trinker in der Stufe der Absichtsbildung ist in der vorliegenden Studie mit 2,48 % gering. Einen vergleichbaren Anteil erhält auch Keller (2008) mit 3,4

%.

In der Vorbereitungsstufe befindet sich in beiden Studien ein größerer Anteil. In der vorliegenden Studie sind es 10,4 % und bei Keller et al. (2008) 16,3 %.

Im Vergleich mit den Daten von Keller et al. (2008) fallen die Prozentsätze in den Stufen der Absichtslosigkeit, Absichtsbildung und Vorbereitung geringer aus. Der Anteil in den Stufen der Handlung und Aufrechterhaltung liegt mehr als 10 % höher als in der Studie von Keller et al. (2008). Eine mögliche Erklärung für die beobachteten Abweichungen zwischen der vorliegenden Studie und der von Keller et al. (2008) liegt in der unterschiedlichen Zusammensetzung der jeweiligen Probandengruppen. Bei der Studie von Keller et al. (2008) werden Daten von Jura-, Lehramts- und Medizinstudenten untersucht. Die dort angegebenen Prozentwerte beziehen sich auf die Daten der Studierenden aller drei Fachbereiche. Es wird beschrieben, dass die Medizinstudenten separat betrachtet ein überdurchschnittliches Gesundheitsverhalten zeigen. Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen diese Erkenntnis, da die Werte auf ein größeres Gesundheitsbewusstsein schließen lassen als die Durchschnittswerte der Studierenden aller drei Fachbereiche.

9.5.1 Skala Situationsbezogene Versuchung im Zusammenhang mit den TTM-Stufen

Bei den Personen, die sich in einer der Stufen der Absichtslosigkeit, Absichtsbildung oder Vorbereitung befinden, kann kein signifikanter Unterschied in der Empfindung der Situativen Versuchung errechnet werden. Ein signifikanter Unterschied ergibt sich erst unter Hinzunahme der Stufen der Handlung bzw. Aufrechterhaltung. Diejenigen, die den Stufen der Handlung bzw. Aufrechterhaltung angehören, bewerten die Versuchungen in allen erfragten Situationen signifikant geringer. Diese Ergebnisse bestätigen den theoretischen Verlauf der Situationsbezogenen Versuchungen nach dem Transtheoretischen Modell (s. Kap. 5). Erst durch konsequentes und bewusstes Handeln nimmt die Situative Versuchung ab und erleichtert das Widerstehen gegenüber der problematischen Verhaltensweise.

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9.5.2 Skala Entscheidungsbalance im Zusammenhang mit den TTM-Stufen

Nach der Theorie des TTM kommt es bereits in den rein kognitiven Stufen Absichtslosigkeit, Absichtsbildung und Vorbereitung zu einer Veränderung der Bewertung der Vorteile. Dieser Verlauf kann in dieser Studie nicht bestätigt werden, da kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Einschätzung der Vorteile innerhalb der Stufen der Absichtslosigkeit, Absichtsbildung und Vorbereitung vorliegt. Da die oben beschriebene Meinungsänderung bezüglich der Vorteile über ebendiese Stufen jedoch bereits validiert worden ist (Noar, 2002), scheint es, als sei die Ursache für diese Nichtübereinstimmung innerhalb der vorliegenden Stichprobe zu suchen. Es ist möglich, dass die Angaben einiger Studenten, innerhalb der nächsten sechs Monate bzw. 30 Tage ihr Trinkverhalten ändern zu wollen, keineswegs auf festen Absichten beruhen. Bei dem Vorliegen solcher Fälle werden sie fälschlicherweise einer zu hohen Motivationsstufe zugeordnet. Die möglicherweise unwahren Antworten könnten durch Einflussfaktoren wie der „Sozialen Erwünschtheit“ verursacht werden und hätten Verfälschungen zur Folge.

Sowohl bei der Subskala Vorteile als auch bei der Subskala Nachteile liegen signifikante Unterschiede zwischen den Stufen der Handlung bzw. Aufrechterhaltung und den Stufen der Absichtslosigkeit, Absichtsbildung bzw. Vorbereitung vor. Dieses Ergebnis bedeutet, dass in dieser Studie erst der Schritt in die aktiven Stufen der Handlung bzw. Aufrechterhaltung eine signifikante Veränderung der Bewertung der Vorteile als auch der Nachteile hervorbringt. Bezüglich der Nachteile entspricht der gefundene Verlauf auch dem theoretischen Verlauf des Transtheoretischen Modells. Im Prozess der Entscheidungsfindung, dass heißt in den Stufen der Absichtslosigkeit, Absichtsbildung und Vorbereitung, ist die Bewertung der Nachteile lediglich geringen Schwankungen unterworfen. Beim Übergang in das aktive Handeln verändern sich die Wertungen signifikant.

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