• Keine Ergebnisse gefunden

III.3 Systemwirkungsgrad geothermischer Kraftwerke mit Sekundärkreislauf

III.3.3 Thermischer Wirkungsgrad

III.3.3.1 Thermischer Wirkungsgrad bei reversiblen Prozessen

Für geothermisch angetriebene Kraftwerke mit Sekundärkreislauf wird der thermische Wirkungsgrad zweckmäßig definiert als Quotient der Enthalpiedifferenz bei isentroper (reversibler) Entspannung des Arbeitsmediums zu der Enthalpiezunahme während Vorwärmung und Verdampfung (Gleichung (III-15)).

2 4

s 5 4

th h h

h h

= −

η (III-15)

Bei Gleichung (III-15) handelt es sich um eine vereinfachte Definition des thermischen Wirkungsgrades. Die Arbeit der Speisepumpe (Druckerhöhung von 1 nach 2) ist nicht in der Nutzarbeit berücksichtigt. Diese Vereinfachung erlaubt eine leichtere Übersicht über das Verhalten der Anlagen. Zudem wird die Speisepumpe nicht direkt von der Expansions-maschine angetrieben, sondern durch einen elektrischen Antrieb. Es ist daher naheliegend, sie mit den anderen Antrieben und Nebenverbrauchern im Eigenbedarf zusammenzufassen (s.

Abschnitt III.3.5).

Der thermische Wirkungsgrad einer idealen, vollständig reversiblen Wärmekraftmaschine, die zwischen zwei Reservoirs mit unendlicher Kapazität arbeitet, ist der Carnot-Wirkungsgrad ηC (Bejan et al., 1996).

H L

C T

1−T

=

η (III-16)

Geothermisch angetriebenen Kraftwerken mit Sekundärkreislauf stehen keine Reservoirs unendlicher Kapazität zur Verfügung. Wie in Abbildung III-1 schematisch dargestellt, kühlt die Wärmequelle durch die Wärmezufuhr an den Prozess ab, während sich die Wärmesenke durch die Wärmeabfuhr aus dem Prozess erwärmt. Damit ist zumindest eine Voraussetzung für die Anwendung des Carnot-Wirkungsgrades nicht erfüllt. Für die Abschätzung der oberen Grenze des thermischen Wirkungsgrades reversibler Wärmekraftmaschinen, die zwischen

III Stand der Technik und Qualitätskriterien geothermischer (Heiz)Kraftwerke an der Herleitung von Bejan (1996).

Abbildung III-7 veranschaulicht das Modell. Das graue Rechteck bezeichnet einen Bereich mit adiabaten Grenzen, aus dem mechanische Leistung abgeführt wird. Das System befindet sich im stationären Zustand. Innerhalb des grauen Bereiches finden ausschließlich reversible Prozesse statt, d.h. es wird keine Entropie erzeugt (S&gen =0). Der Bereich wird von zwei Strömen mit gleichem Massenstrom m& durchflossen. Bei beiden Strömen handelt es sich um ein ideales Gas mit identischen Stoffeigenschaften. Der Druck der Ströme liegt bei Umgebungsdruck und ändert sich nicht. Der warme Strom tritt mit einer festen Temperatur TH ein und dient als Wärmequelle für einen Kraftwerksprozess. Der kalte Strom dient als Wärmesenke, seine Eintrittstemperatur TL ist ebenfalls festgelegt. Die Wärmezufuhr an den Kraftwerksprozess sowie die Wärmeabfuhr aus dem Prozess finden reversibel statt. Der Kraftwerksprozess selbst ist in Abbildung III-7 nicht dargestellt.

TH,out

W

reversibler Teil

adiabate Grenze

TL,out

m, TH

m, TL

Abbildung III-7: Modell zur Umwandlung von Wärme in Arbeit. Der reversible Teil wird von einem warmen und einem kalten Strom gespeist und gibt mechanische Leistung ab (nach Bejan, 1996).

Mit dem ersten und zweiten Hauptsatz der Thermodynamik lässt sich schreiben:

(

H H,out

)

p

(

L L,out

)

p T T m c T T

c m

W& = & + & (III-17)

T 0 lnT c T m

lnT c m S

L out , L p H

out , H p

gen = & + & =

& (III-18)

Auflösen der Gleichung (III-18) nach der Austritttemperatur des kalten Stromes und Einsetzen in Gleichung (III-17) ergibt:

out , H

L H out ,

L T

T

T = T (III-19)

+

= L

out , H

L H out , H H

p T

T T T T

T c m

W& & (III-20)

Bis auf die Austrittstemperatur des warmen Stromes TH,out liegen in Gleichung (III-20) alle Temperaturen fest. Da der Massenstrom und die Stoffeigenschaften der Fluide unveränderlich sein sollen, kann die abgegebene mechanische Leistung nur noch durch Einstellen dieses einen Parameters variiert werden. Die abgegebene mechanische Leistung

III Stand der Technik und Qualitätskriterien geothermischer (Heiz)Kraftwerke

wird gleich Null, wenn die Austritttemperatur des warmen Stromes gleich der Eintrittstemperatur eines der beiden Ströme wird (TH,out = TH oder TH,out = TL). Im ersten Fall (TH,out = TH) gibt die Wärmequelle keine Wärme ab, dem Kraftwerksprozess wird dement-sprechend auch keine Wärme zugeführt, die er wandeln könnte. Im zweiten Fall (TH,out = TL) wird die zugeführte Wärmeleistung gleich der abgeführten Wärmeleistung. Damit wird der thermische Wirkungsgrad der Energiewandlung gleich Null (s. Gleichung (III-14)).

Das Maximum der mechanischen Leistung wird durch Ableitung der Gleichung (III-20) nach der Austrittstemperatur des warmen Stromes bestimmt. Die Nullstellen der Ableitung ergeben ein Polynom zweiter Ordnung mit zwei Lösungen. Eine Lösung wird kleiner Null und daher verworfen. Die Austrittstemperatur des warmen Stromes, bei der die Arbeit maximal wird, ist damit:

(

H L

)

21

opt , out ,

H T T

T = (III-21)

Im Punkt der maximalen Leistung steigt die Austrittstemperatur des warmen Stromes an, wenn die Temperatur der Wärmequelle oder die Temperatur der Wärmesenke zunehmen.

Mit Gleichung (III-22) ergibt sich für die Austrittstemperatur des kalten Stromes:

(

H L

)

21

opt , out ,

L T T

T = (III-22)

Im Punkt der maximalen Leistung treten der warme und der kalte Strom mit der gleichen Temperatur aus dem Kraftwerk aus (TH,out,opt = TL,out,opt).

Einsetzen von Gleichung (III-21) und (III-22) in (III-17) ergibt für die maximale mechanische Leistung:

2 2 1 2 L 1 H p

max m c T T

W

= &

& (III-23)

Die insgesamt zugeführte Wärmemenge Q&zu,opt wird:

( )

= 2

1 L H H p opt

,

zu m c T T T

Q& & (III-24)

Für den thermischen Wirkungsgrad in diesem Punkt der maximalen Leistung ergibt sich:

2 1

H L opt

, zu

max opt

,

th T

1 T Q

W ⎟⎟

⎜⎜

=

=

η &

&

(III-25) Diesen Zusammenhang hatten bereits Curzon und Ahlborn (1975) gefunden, allerdings mit einem etwas anderen Modell. Bejan (1996) stellte die verschiedenen Modelle zusammen und gab eine umfassende Einordnung. Er wurde später u.a. von El-Din (2000) sowie Antar und Zubair (2001) bestätigt.

Nun wurde aber bei der Herleitung dieses Zusammenhanges mit der Voraussetzung, dass

III Stand der Technik und Qualitätskriterien geothermischer (Heiz)Kraftwerke

Voraussetzung ist zudem für geothermische Kraftwerke mit Sekundärkreislauf wenig realistisch, setzt sie doch letztendlich eine starke Erwärmung des kalten Stroms voraus. Ein Blick auf Abbildung III-1 zeigt, dass sich aber der kalte Strom nur wenig erwärmen soll, während der warme Strom abgekühlt wird. Eine idealisiertes Modell dieser Wärme-charakteristik besteht daher aus einer Wärmequelle mit endlicher Kapazität - d.h. variabler Temperatur des warmen Stromes - und einer Wärmesenke mit gleichbleibender Temperatur des kalten Stromes. Das Modell von Bejan wird daher dahingehend modifiziert, dass die Temperatur des kalten Fluides konstant bleibt (TL,out = TL).

Die Ableitung der maximalen mechanischen Leistung und des dazugehörigen thermischen Wirkungsgrades erfolgt analog zur Vorgehensweise von Bejan.

Mit dem ersten und zweiten Hauptsatz der Thermodynamik gilt:

(

H H,out

)

ab

p T T Q

c m

W& = & ⋅ ⋅ − + & (III-26)

T 0 Q T lnT c m S

L ab H

out , H p

gen = ⋅ ⋅ + & =

&

& (III-27)

Auflösen der Gleichung (III-27) nach der abgeführten Wärmeleistung und Einsetzen in Gleichung (III-26) ergibt für die mechanische Leistung:

⎟⎟⎠

⎜⎜ ⎞

⎛ − + ⋅

=

H out , H L out , H H

p T

lnT T T

T c m

W& & (III-28)

Das Maximum der mechanischen Leistung wird durch Ableitung der Gleichung (III-28) nach der Austrittstemperatur des warmen Stromes bestimmt. Die Nullstelle der Ableitung liegt bei TH,out = TL. Die mechanische Leistung wird genau dann maximal, wenn der warme Strom bis auf die Temperatur des kalten Stromes abgekühlt wird, ihm also die maximal zur Verfügung stehende thermische Leistung Q&zu,max entzogen wird. Auch in diesem Fall treten warmer und kalter Strom im Punkt der maximalen Leistung mit gleicher Temperatur aus.

Die maximale mechanische Leistung wird:

( )

⎢ ⎤

⎡ − − ⋅

=

L H L L H p

max T

lnT T T T c m

W& & (III-29)

Damit ist der thermische Wirkungsgrad bei dieser maximalen mechanischen Leistung:

T 1 T

T lnT Q 1

W

L H

L H

max , zu

max

MPP

=

=

η &

&

(III-30)

Der maximale thermische Wirkungsgrad wird auch in diesem Modell erreicht, wenn der warme Strom nicht abgekühlt wird (TH,out = TH).

Zur Veranschaulichung sind in Abbildung III-8 der Carnot-Wirkungsgrad ηC und der Wirkungsgrad der reversiblen Wärmekraftmaschine, die zwischen einem endlichen warmen

III Stand der Technik und Qualitätskriterien geothermischer (Heiz)Kraftwerke

und einem unendlichen kalten Reservoir im Punkt der maximalen Leistung arbeitet (ηMPP), über die Temperatur der Wärmequelle aufgetragen. Die Temperatur der Wärmesenke beträgt 15 °C. Der Carnot-Wirkungsgrad erreicht im gesamten betrachteten Temperaturbereich fast doppelt so hohe Werte wie ηMPP. Mit zunehmender Temperatur verkleinert sich das Verhältnis geringfügig. Bei 100 °C Thermalwassertemperatur beträgt ηMPP 53% des Carnot-Wirkungsgrades, bei 200 °C sind es 59%.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

90 120 150 180 210

TH (Temperatur Wärmequelle, °C)

Thermischer Wirkungsgrad

H L

C T

1−T

= η

T 1 T

T lnT 1

L H

L H

MPP=

η

Abbildung III-8: Thermischer Wirkungsgrad reversibler Wärmekraftmaschinen in Abhängigkeit von der Eintrittstemperatur der Wärmequelle (TH). Eintrittstemperatur der Wärmesenke (TL) 15 °C. Durchgezogene Linie: Reservoirs mit unendlicher Wärmekapazität (Carnot-Wirkungsgrad). Gestrichelte Linie: warmes Reservoir mit begrenzter Wärme-kapazität, kaltes Reservoir mit unendlicher WärmeWärme-kapazität, reversible Wärmekraftmaschine im Punkt der maximalen Leistung.

Ein geothermisch angetriebenes Kraftwerk mit Sekundärkreislauf ist eine Wärmekraftmaschine, die zwischen zwei, durch die Thermalwassertemperatur und die Umgebungstemperatur vorgegebenen Temperaturniveaus arbeitet. Der Massenstrom des Thermalwassers ist begrenzt, das flüssige Thermalwasser kühlt sich während der Wärmeübertragung merklich ab. Demzufolge hat die Wärmequelle eine endliche Wärmekapazität, während die Wärmekapazität der Wärmesenke - der Umgebung - zunächst als unendlich angesehen werden kann. Damit ist ηMPP die physikalische Obergrenze des thermischen Wirkungsgrades für geothermische Kraftwerke mit Sekundärkreislauf, die im Punkt der maximalen Leistung betrieben werden.

III.3.3.2 Verfahren zur Erhöhung des thermischen Wirkungsgrades realer