• Keine Ergebnisse gefunden

6 Strategische Handlungsfelder und -optionen

6.4 Strategische Handlungsoptionen im Handlungsfeld Lebensmittel- und

In Kapitel 4.5 „Lebensmittel- und Getränkeversorgung“ wurden drei Ansatzpunkte bzw. Handlungsfel-der zur Steigerung Handlungsfel-der Ressourceneffizienz durch die Gemeinschaftsverpflegung im Gesundheitssektor dargestellt: die Verringerung von Lebensmittelabfällen, die Erhöhung des Anteils ressourcenschonen-der Lebensmittel und Getränke, sowie die Verringerung ihrer Verpackungen. Im Folgenden werden auf diese Handlungsfelder gerichtete Handlungsoptionen mit der Rolle verschiedener Stakeholderin-nen und Stakeholder bei ihrer Umsetzung vorgeschlagen. Am Ende des Abschnitts findet sich dazu eine tabellarische Übersicht (Tabelle 13).

Gesundheitssektor als Vorreiter für eine ressourcenschonende Lebensmittel- und Getränkeversorgung und zugleich für eine gesundheitsfördernde Ernährung

Das Handlungsfeld Lebensmittel- und Getränkeversorgung in Einrichtungen der Gemeinschaftsver-pflegung im Gesundheitssektor bietet sich in besonderer Weise an, Synergien zwischen den Politikfel-dern der Ressourcenschonung und der Gesundheit zu heben: Die wichtige Rolle der Ernährung für die Prävention und Behandlung von ernährungsmitbedingten Erkrankungen ist wissenschaftlich klar be-legt und epidemiologisch von großer Bedeutung. Gleichwohl weicht das tatsächliche

Ernährungsver-160 halten weiter Teile der Bevölkerung von den Empfehlungen und Orientierungswerten für eine gesund-heitsfördernde Ernährung ab. Zugleich gibt es einen breiten Überlapp zwischen einer ressourcenscho-nenden Lebensmittel- und Getränkeversorgung und einer gesundheitsfördernden Ernährung.

Viele Aktivitäten und Maßnahmen, die auf die Veränderung des Ernährungsverhaltens in Rich-tung einer gesundheitsfördernden, ressourcenschonenden Ernährung abzielen, richten sich bereits auf die Gemeinschaftsverpflegung, da diese seit Jahren eine wachsende Rolle im Ernäh-rungsverhalten der Bevölkerung spielt. Vor diesem Hintergrund wird allen Stakeholdergrup-pen empfohlen, bei diesen Aktivitäten und Maßnahmen Einrichtungen der Gemeinschaftsver-pflegung des Gesundheitssektors eine hohe strategische Priorität zuzumessen und sie eine Vorreiterrolle einnehmen zu lassen.

Es besteht Bedarf, die bereits hinreichend erforschten, anwendungsnah aufbereiteten und in der Praxis bewährten Beispiele guter Praxis (Kap. 9.1.4) in der Breite zu implementieren und auf hohem Niveau zu verstetigen. Empfehlungen, wie dies erfolgen sollte, wird für alle drei Handlungsfelder (Vermeidung von Lebensmittelabfällen; gesundheitsfördernde ressourcen-schonende Verpflegung; Vermeidung von Verpackungen) unten näher ausgeführt.

Bei der Konzeption ist der Zuschnitt auf die jeweilige Zielgruppe und deren bisherige Befas-sung mit der Thematik wichtig: Für Zielgruppen, die sich mit dem Thema Ressourcenkonsum durch Verpflegung und ihre Verknüpfung mit gesundheitsfördernder Ernährung bisher wenig auseinandergesetzt haben, kann ein stärker fokussierter Zugang (z. B. Verringerung des Fleischanteils; Erhöhung des Anteils saisonaler pflanzenbetonter Kost, aber auch: Vermeidung von Lebensmittelabfällen) sinnvoll sein: der Gegenstandsbereich ist besser abgrenzbar, Ziele können konkret und messbar vereinbart werden, schrittweise implementierte Maßnahmen führen in überschaubarer Zeit zu Erfolgen. Für Zielgruppen, die im Themenfeld schon tiefer verankert sind, können solche thematisch umgrenzten Ansätze zu ganzheitlichen Ansätzen er-weitert und angereichert werden (wie beispielsweise durch das Copenhagen House of

Food/Copenhagen Model, Beispiel Nr. 20 in Kap. 9.1.4 illustriert). Dies erfordert die Zusam-menführung, Bündelung und Koordination von verschiedenen Stakeholdergruppen und Aktivi-täten, um daraus Synergien zu schöpfen. Die Rolle der Initiatoren solcher Koordinationsaktivi-täten und Stakeholderprozesse können die Politik, Nichtregierungsorganisationen oder Ver-bände und Fachgesellschaften übernehmen.

Es besteht FuE-Bedarf, den wissenschaftlichen Referenzrahmen für eine Planetary Health Diet in Ernährungsplänen und Rezepturen zu konkretisieren, die von Einrichtungen der Gemein-schaftsverpflegung im Gesundheitssektor unmittelbar genutzt werden können. Dies kann bei-spielsweise durch Forschungsprojekte oder Dienstleistungsaufträge, durch wissenschaftliche Fachgesellschaften, durch Überarbeitung der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Er-nährung erfolgen.

Implementierung von Good Practice und Verstetigung auf hohem Niveau

Das Potenzial der Gemeinschaftsverpflegung im Gesundheitssektor, eine Vorreiterrolle für eine ge-sundheitsfördernde und zugleich ressourcenschonende Ernährungsweise einzunehmen, ist bislang in allen drei Handlungsfeldern erst ansatzweise erschlossen. Deshalb ist es erforderlich, in diesen Hand-lungsfeldern die bereits hinreichend erforschten, anwendungsnah aufbereiteten und in der Praxis be-währten Good Practice in der Breite zu implementieren und auf hohem Niveau zu verstetigen. In Kapi-tel 4.5.2 („Ansatzpunkte für die Verringerung des Ressourcenkonsums in der Gemeinschaftsverpfle-gung im Gesundheitssektor“) wurden Maßnahmen und Aktivitäten aufgeführt, die als Vorbilder dienen können bzw. an die angeknüpft werden kann.

161 Hier sind vorrangig die Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung - - im Dialog mit ihren Zuliefe-rern, Beschäftigten und zu Verpflegenden - gefordert, sich zu engagieren, von den eingespielten Routi-nen abzugehen und die allgemein zugänglichen Anleitungen, Handlungshilfen und Werkzeuge tatsäch-lich zu nutzen. Als wirksam für die Implementierung hat sich erwiesen, dass der Reduzierung des Res-sourcenkonsums in den oben genannten Handlungsfeldern ein hoher strategischer Stellenwert auf Lei-tungsebene eingeräumt und aktiv gefördert wird, z. B. durch entsprechende Zielvereinbarungen für das leitende Personal, durch Boni und Erfolgsprämien für die Beschäftigten, durch Bereitstellung von Personalkapazität für die Änderung der Abläufe, durch Investitionen in ressourcensparende Ausstat-tung sowie durch die zweckgebundene Erhöhung des Budgets für die Verpflegungseinheit bzw. durch die Reinvestition der erzielten Kosteneinsparungen in entsprechende Maßnahmen (siehe auch Kap. 9.1.4, Beispiel Nr. 17).

Initiierend, motivierend und unterstützend können Verbände und Fachgesellschaften, Fachmedien und Dienstleister agieren, indem sie das Thema der Reduktion des Ressourcenkonsums auf ihre Agenda setzen, explizit die Brücke zwischen Ressourcenschonung und Gesundheitsförderung durch Verpflegung schlagen und Informationen sowie Foren für einen intensivierten Erfahrungsaustausch zwischen Küchenleitungen bereitstellen, sowie einschlägige Veranstaltungen und Fortbildungen durchführen.

Anreize für die Implementierung von „Guter Praxis“

Die Recherche nach Beispielen guter Praxis (Kap. 5 und Anhang, Kap. 9.1) in diesem Vorhaben hatte gezeigt, dass es zwar vorbildliche, intrinsisch motivierte Aktivitäten von Einrichtungen der Gemein-schaftsverpflegung gibt. Um jedoch in die Breite zu wirken, sind weitere Anreize erforderlich.

Dies könnten finanzielle Anreize sein wie Investitionszuschüsse, beispielsweise in technische Erfassungssysteme für Lebensmittelabfälle, oder in ressourceneffiziente Produktionssysteme bei der Einrichtung oder Modernisierung von Küchen für die Gemeinschaftsverpflegung.

Für Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen bietet es sich an, durch die Leitung verbindliche Vorgaben für einen Mindestanteil ressourcenschonend produzierter Lebensmittel zu machen, Quoten für Mehrwegverpackungen festzulegen, Compliance mit Richtlinien für eine gesunde, ressourcenschonende Ernährungsweise zu fördern und die Umsetzung dieser Vorgaben auch in öffentlichen Ausschreibungen zu Verpflegungs- und Lieferleistungen von den Bietern ver-bindlich zu fordern (siehe Kap. 9.1.4, Beispiel Nr. 19). Bei öffentlichen Einrichtungen könnten diese Impulse und Anreize auch aus (kommunaler) Politik und Verwaltung kommen.

Um Anreize zur Ressourcenschonung zu setzen, wird empfohlen, die Reduktion des Ressour-cenkonsums bei Lebensmitteln und Getränken als Element der Nachhaltigkeitsberichterstat-tung zu forcieren. Dadurch könnten in der Ressourcenschonung vorbildliche EinrichNachhaltigkeitsberichterstat-tungen und Unternehmen in der öffentlichen Wahrnehmung sichtbarer werden und sich von Wettbe-werbern abheben.

Verbesserung der Rahmenbedingungen für reduzierten Ressourcenkonsum in der Gemeinschaftsverpfle-gung

Auch wenn Maßnahmen zur Reduzierung des Ressourcenkonsums in Einrichtungen der Gemein-schaftsverpflegung, wie oben ausgeführt, in der Breite implementiert werden, stehen der vollen Aus-schöpfung des Potenzials Hemmnisse entgegen, deren Beseitigung nicht im Einflussbereich der Ver-pflegungseinrichtungen liegt. Daher sollte zusätzlich auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, unter denen die Einrichtungen wirtschaften, hingewirkt werden. Hierzu zählen beispielsweise:

Auf regionaler Ebene gilt es, Engpässe in Lieferketten zu beseitigen bzw. diese zu rekonfigurie-ren, um den Bezug ressourcenschonender Lebensmittel und Getränke in der erforderlichen

162 Quantität und Qualität durch Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung im Gesundheitssek-tor zu unterstützen.

Auf kommunaler und regionaler Ebene sollten Kooperation zwischen Einrichtungen der Ge-meinschaftsverpflegung im Gesundheitssektor mit Stakeholderinnen und Stakeholdern der Verwertung von Lebensmittelresten als Lebensmittel (z. B. Tafeln, Lebensmittelretter, verbil-ligte Abgabe an Verbraucherinnen und Verbraucher) unterstützt und gefördert werden.

Entlang von Lieferketten sollten Lebensmittel- und Getränkeverpackungen zur Erleichterung von Mehrwegsystemen vereinheitlicht werden.

Monitoringsystemen zur Erfolgsmessung, zur Schwachstellenanalyse und als Benchmark für die eigene Einrichtung sollten auf einrichtungsübergreifender Ebene etabliert und regelmäßig aktualisiert werden (z. B. für Maßnahmen zur Verringerung von Lebensmittelabfällen, zur Ver-ringerung des Anteils ressourcenintensiver Lebensmittel).

Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für reduzierten Ressourcenkonsum in der Gemein-schaftsverpflegung

Während bei den eben genannten Maßnahmen eine abgestimmte Vorgehensweise der beteiligten Sta-keholdergruppen sowie Selbstverpflichtungen bereits ausreichend sein könnten, werden durch die Sozialgesetzbücher, lebensmittel- und getränkebezogene Hygiene- und Verpackungsvorschriften Rah-menbedingungen gesetzt, die nur der Gesetzgeber ändern kann, bzw. bei der die für den Vollzug zu-ständige Verwaltung gefordert ist. Hierzu zählen

Festlegung von Mindestbeträgen für den Vollverpflegungs-Tagessatz in Einrichtungen des Ge-sundheitssektors in einer Höhe, der die Verwendung von saisonaler, regionaler Frischware aus biologischer Landwirtschaft in nennenswertem Umfang ermöglicht, sowie die Erstattung die-ser Mindestsätze durch die Kostenträger (gesetzliche Krankenkassen, Rentenversicherung),

Mindesthaltbarkeitsdatum für Lebensmittel ersetzen durch ein Verbrauchsdatum,

Vereinheitlichung von Lebensmittelverpackungen zur Erleichterung von Mehrwegsystemen, Festlegung von Quoten für Mehrwegverpackungen, Verbot bestimmter besonders ressourcen-intensiver Verpackungen bzw. Verpackungsmaterialien für bestimmte Zwecke,

Harmonisierung des - zurzeit häufig uneinheitlichen - Vollzugs von Hygienevorschriften, die bei zu enger Auslegung zu erhöhten Lebensmittelabfällen führen.

163 Tabelle 13: Handlungsoptionen für die Reduzierung des Ressourcenkonsums in der

Gemeinschafts-verpflegung des Gesundheitssektors

LE/EG: Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung bei Leistungserbringern im Gesundheitssektor ("Küchen"); LPH:

Lebensmittelproduktion und Handel; VF: Unternehmensverbände/Fachgesellschaften im Bereich Ernährung/Gemein-schaftsverpflegung, NGO: zivilgesellschaftliche Nicht-Regierungsorganisationen und Stiftungen mit Schwerpunkt Nach-haltigkeit/Nachhaltige Ernährung; FO: Forschungseinrichtungen; zV: zu Verpflegende; PO: Politik

xx = ist direkt an der Umsetzung der Maßnahme beteiligt;

x = ist von der Maßnahme betroffen und sollte konsultiert werden

LE/EG LPH VF NGO FO zV PO

Gesundheitssektor als Vorreiter für eine nachhaltige Verpflegung

xx x xx xx x xx xx

Implementierung und Versteti-gung von Good Practice

xx x xx xx x

Anreize für die Implementierung xx x x xx

Motivation, Information xx xx xx xx x x

Finanzielle Förderung xx xx

Verbindliche Zielvorgaben/

Anforderungen

xx x x x

Verbesserung der Rahmenbedin-gungen

xx

Nachhaltigkeitsberichterstat-tung

xx xx

Einrichtungsübergreifendes Monitoring

x xx xx xx

Lieferketten xx xx xx x

Lebensmittelrettung xx xx xx

Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen

Vereinheitlichung Vollzug xx

Anpassung

Vollverpflegungstagessatz

x x xx

Verbrauchsdatum statt Mindesthaltbarkeitsdatum

x x x xx

Ressourcenschonende Verpackungen

x x x xx

FuE-Bedarf

Speisepläne auf Basis Planetary Health Diet

x xx xx x xx

Quelle: Eigene Darstellung des Fraunhofer ISI