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5.4 Infrarot-Thermografie

6.1.2 Strömung am Grenzschichtrand und virtuelle

Die aus der statischen Druckdifferenz zwischen der Windkanalvorkammer und der Windkanaldüse bestimmte Kanalgeschwindigkeit qK,∞ betrug für alle Experimente im Rahmen dieser Arbeit qK,∞= 25.8 m/s. Der Schiebewinkel der Anströmung betrug φg,∞ =−45.0° und die Modellplatte wurde ohne Anstellwinkel ausgerichtet.

6.1 Grundlegende Messungen Im Experiment wurde die WanddruckverteilungpW(xc)an der Modellplatten-oberseite über Druckbohrungen gemessen, wie in Abschnitt 5.3 beschrieben.

Die Verläufe vonuc,e(xc)undvc,e(xc)wurden gemessen, indem die Hitzdraht-sonde knapp außerhalb der Grenzschicht in der Hauptkanalachsenrichtung

−xT über einen großen Teil der Profiltiefe der Modellplatte traversiert wurde.

Dabei wurden in regelmäßigen Abständen von∆xc= ∆xT ·cos(45°) = 0.01c Daten aufgenommen. Da spannweitige Gradienten vernachlässigt werden können, ist eine Messung entlangxT gleichwertig mit einer Messung ent-langxc. Diese Messungen wie auch die Messung der Wanddruckverteilung pW(xc) wurden in jeder Messkampagne mehrfach wiederholt, um die Re-produzierbarkeit der Randbedingungen zu dokumentieren. Dabei bezeichnet eine Messkampagne einen Zeitraum, in dem die experimentelle Konfigura-tion kontinuierlich in der offenen Messstrecke des 1MG in unveränderter Position fixiert war. Jeweils zum Anfang einer Messkampagne musste die experimentelle Konfiguration neu in der Messstrecke ausgerichtet werden, wodurch die Reproduzierbarkeit der Strömungsbedingungen potentiell beein-flusst wurde. Durch Mittelung dieser Reproduktionsmessungen konnte die Unsicherheit sowohl der mittleren Druckverteilung als auch der mittleren Geschwindigkeitsverteilungen am Grenzschichtrand deutlich verringert wer-den. Die Schwankungsbreiten der Reproduktionsmessungen selbst werden zwecks einer Bewertung der Reproduzierbarkeit der Randbedingungen in Abschnitt 6.1.3 separat diskutiert.

Für die Bestimmung der mittleren Wanddruckverteilung wurden acht in unterschiedlichen Messkampagnen gemessene Druckverteilungen (Mp = 8) gemittelt. Im Diagramm 6.1.3(a) ist die so gemittelte Wanddruckvertei-lung pW(xc) dargestellt. Als Fehlerbalken ist der Fehler des Mittelwertes pw = s(pW)

Mp dargestellt, wobeis(pW)die Standardabweichung der Mp ge-messenen Wanddrücke an der jeweiligen Druckbohrung bezeichnet. Die im neu ausgelegten Prinzipexperiment realisierte Druckverteilung besitzt die in Abschnitt 4.2 beschriebenen Eigenschaften der Zieldruckverteilung, einen stark negativen Druckgradienten stromab der Staulinienpositionxc/c= 0.013 und einen schwächeren aber weiterhin negativen Gradienten weiter stromab bis nahezu zum Plattenende.

Zur Bestimmung der mittleren Verläufe der Grenzschichtrandgeschwindigkei-ten wurden die Verläufe aus18Hitzdrahtmessungen mehrerer Messkampagnen gemittelt (Me= 18). Dabei musste linear auf ein gemeinsames Raster ent-lang xc interpoliert werden, da die Hitzdrahtmessungen nicht immer auf demselben xc-Raster durchgeführt wurden. Die Fehler uc,e und vc,e des

6.1 Grundlegende Messungen

Abbildung 6.1.3:(a) Vergleich der gemessenen mittleren Wanddruckverteilung mit der Wanddruckverteilung in der numerischen TAU-Simulation (mit unterschied-lichem p), (b) Vergleich der Verläufe von uc,e und vc,e am Grenzschichtrand gemittelt aus Hitzdrahtmessungen im Experiment beiyc= 0 mmund in der nu-merischen Simulation (TAU) sowie des uc,e-Verlaufs unter Annahme unendlich schiebender Bedingungen gemäß der gemessenen Druckverteilung und Gleichung 2.1.13

jeweiligen mittleren Geschwindigkeitswertes auf diesem gemeinsamen Raster wurden auf die gleiche Art wie die Fehler der mittleren Wanddrücke aus der jeweiligen Standardabweichung bestimmt und sind als Fehlerbalken des jeweiligen Mittelwerts in Abb. 6.1.3(b) dargestellt. Die dargestellten Fehler pw,uc,e undvc,e des jeweiligen Mittelwertes sind von geringem Betrag und die Fehlerbalken sind ähnlich groß wie typische Symbole. Die Schwankung der jeweiligen Messgröße über die gemittelten Messungen wird in Abschnitt 6.1.3 diskutiert.

Der Verlauf der experimentell bestimmten uc,e-Komponente spiegelt die Ei-genschaften der Druckverteilung wider. Im Plattentiefenbereich des stark negativen Druckgradienten etwa bis xc/c= 0.2wird eine starke Beschleuni-gung der Strömung inxc-Richtung beobachtet. Im weiterenxc-Verlauf erfährt die Strömung eine weitere aber schwächere Beschleunigung.

Wie in Abschnitt 2.1 beschrieben, gilt unter unendlich schiebenden Bedin-gungen, dass der Wert der Geschwindigkeitskomponente vc,e = vc,∞ am Grenzschichtrand entlang xc konstant bleibt (Gleichung 2.1.15). Die gerin-ge Abweichung der am Grenzschichtrand gerin-gemessenenvc,e-Komponente von ihrem Mittelwert entlang xc von maximal 1.4% diese Mittelwertes ist ein

6.1 Grundlegende Messungen weiteres Indiz dafür, dass die unendlich schiebenden Bedingungen ausreichend gut erfüllt sind. Die Randbedingungen für die Grenzschichtströmung erfüllen also die Ziele der Auslegung.

In Abschnitt 2.1 wurde ebenfalls beschrieben, dass unter unendlich schieben-den Bedingungen diese Randbedingungen für die Grenzschichtströmung über folgende Gleichungen verknüpft sind:

cp(xc) =pW(xc)−p

1

2ρu2c,∞ (6.1.1)

uc,e(xc) =q

u2c,∞(1−cp) (6.1.2) uc,∞=qcos(φ) (6.1.3) vc,e(xc) =vc,∞=qsin(φ) (6.1.4) Der Index ∞ bezeichnet dabei einen ungestörten Anströmungszustand in unendlicher Entfernung stromauf von der experimentellen Konfiguration. Die experimentelle Konfiguration stellt in der offenen Messstrecke des 1MG eine erhebliche Versperrung des Freistrahls der Düse dar. Daher existiert ein sol-cher ungestörter Zustand nirgendwo in der Messstrecke des Windkanals. Also entspricht die aus der statischen Druckdifferenz zwischen Beruhigungskam-mer und Düse berechnete KanalgeschwindigkeitqK,∞ nicht der ungestörten Anströmgeschwindigkeitq, der geometrische Schiebewinkelφg,∞ nicht dem ungestörten Schiebewinkelφund der Umgebungsdruck in der Windkanal-halle nicht dem statischen Druck in der ungestörten Anströmungp. Es wird nun nach einem virtuellen ungestörten Anströmungszustand gesucht, definiert durchq, φ undp, für den die gemessene DruckverteilungpW(xc)und die gemessene Grenzschichtrandgeschwindigkeituc,e(xc)über Gleichungen 6.1.1 und 6.1.2 verknüpft werden können, während Gleichungen 6.1.3 und 6.1.4 erfüllt sind. Dabei soll die virtuelle Komponentevc,∞ dem Wert der entlangxc gemittelten experimentell bestimmtenvc,e-Komponente aus Hitz-drahtmessungen entsprechen. Auch in den Experimenten am ursprünglichen Prinzipexperiment der schiebenden ebenen Platte im 1MG wurde bereits fest-gestellt, dass eine gute Übereinstimmung zwischen der numerisch simulierten Strömung und der experimentell realisierten Strömung nur für einen leicht vom Experiment abweichenden Schiebewinkel in der numerischen Simulation erreicht wurde, dem sog. effektiven Schiebewinkel [21, 62, 76, 79].

Die virtuellen Anströmbedingungen, für die der mit Gleichung 6.1.2 aus der experimentellen Druckverteilung bestimmteuc,e-Verlauf mit dem Verlauf der experimentell durch Hitzdrahtmessungen bestimmten

Geschwindigkeitskom-6.1 Grundlegende Messungen

ponente gut übereinstimmt und für dievc,∞dem entlangxc gemittelten Wert vonvc,e(xc)aus Hitzdrahtmessungen entspricht, lauten:

q= 29.09 m/s φ=−42.26°

Nimmt man an, dass eine der Druckbohrungen im Nasenbereich genau der xc/c-Position der Staulinie entspricht und damit der maximal gemessene WanddruckpW(xc)dem Staudruck entspricht, ergibt sich, dass der virtuelle statische Druck p in der virtuellen ungestörten Anströmung etwa 16 Pa größer ist als der Referenzdruck der Druckmessung, der Umgebungsdruck in der Windkanalhalle. Der aus der experimentellen Druckverteilung über Glei-chung 6.1.2 bestimmte Verlauf der Geschwindigkeitskomponenteuc,eist zum Vergleich ebenfalls in Abbildung 6.1.3(b) dargestellt. Es zeigt sich insgesamt eine gute Übereinstimmung mit dem experimentell aus Hitzdrahtmessungen bestimmten Verlauf. Fürxc/c >0.9sind leichte Abweichungen der beiden Verläufe zu erkennen, die darauf hinweisen, dass die Annahme unendlich schiebender Bedingungen in diesem Bereich verletzt wird.

Diese virtuellen Anströmbedingungen werden auch in einer numerischen quasidreidimensionalen Simulation der Strömung um die experimentelle Kon-figuration verwendet, um einen Vergleich der experimentellen Ergebnisse mit numerischen Ergebnissen zu ermöglichen, ohne die voll dreidimensionale Strömung in der offenen Messstrecke zu simulieren. Eine Simulation der voll dreidimensionalen Strömung wäre mit erheblichem numerischen Aufwand verbunden und wurde daher im Rahmen dieser Arbeit nicht durchgeführt.

Mithilfe des Strömungslösers TAU (siehe Abschnitt 3.1) wurden mit der ausge-legten Geometrie der Modellplatte, des Verdrängungskörpers und des Vorflü-gels in der ausgelegten Konfiguration numerische Strömungssimulationen mit einer Fernfeld-Einströmungsbedingung und spannweitig periodischer Rand-bedingung durchgeführt. Abweichend von den oben beschriebenen virtuellen ungestörten Anströmbedingungen wurde hier ein effektiver Anstellwinkel von γ=−3.80° verwendet, um diexc-Position der Staulinie an die im Experiment beobachtete Position anzupassen. Dementsprechend wurde die ungestörte Anströmgeschwindigkeit um den Faktorcos−1(γ)aufq= 29.15 m/serhöht, während derselbe Schiebewinkelφ=−42.26° verwendet wurde.

Die Wanddruckverteilung an der Modellplattenoberseite der numerischen Simulation ist im Vergleich zu den experimentellen Werten zusätzlich in Abb. 6.1.3(a) dargestellt. Des Weiteren sind auch die Verläufe der Geschwin-digkeitskomponenten am Grenzschichtrand aus der numerischen Simulation

6.1 Grundlegende Messungen zum Vergleich mit den experimentellen Werten in Abb. 6.1.3(b) dargestellt.

Insgesamt stimmen die Verläufe sehr gut überein, einen Unterschied stellt man allerdings auch nahe der Plattenhinterkante stromab vonxc/c= 0.9 fest. An der Plattenhinterkante tritt die Strömung aus dem Kanal zwischen Modellplatte und Verdrängungskörper aus und stromab der Konfiguration in den Auffangtrichter des 1MG ein. Durch den spannweitig variierenden Ab-stand zwischen Plattenhinterkante und Auffangtrichter ist es wahrscheinlich, dass dort spannweitige Gradienten auftreten und die Annahme unendlich schiebender Bedingungen ungültig wird. Die gute Übereinstimmung der ge-messenen Druckverteilung an der Modellplatte mit der Druckverteilung aus der numerischen Simulation, welche auf der entworfenen Konfiguration basiert, ist ein Indiz für eine ausreichend gute Fertigungsgenauigkeit der einzelnen Komponenten (Modellplatte, Verdrängungskörper und Vorflügel) sowie für eine ausreichend gute Ausrichtungsgenauigkeit dieser zueinander. Zusätzlich ist sie ein weiterer Hinweis auf ausreichend gut erfüllte unendlich schiebende Bedingungen.

6.1.3 Reproduzierbarkeit der Druckverteilung und