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6.3 Transitionsszenario im neu ausgelegten Prinzipexperiment

6.3.1 Stationäre Störströmung

Wie in Abschnitt 2.3 beschrieben, bewirken stationäre QSI eine spannwei-tig periodische Deformation des zeitlich gemittelten Strömungsfeldes in der Grenzschicht, während die Grenzschichtgrundströmung idealisiert spannwei-tig invariant ist. Jeder der spannweispannwei-tig periodisch angeordneten, gleichsinnig rotierenden Längswirbel transportiert an einer spannweitigen Flanke im-pulsarmes Fluid aus Wandnähe in höhere Schichten und an seiner anderen spannweitigen Flanke impulsreiches Fluid zur Wand hin. Daher sind sta-tionäre QSI in ihrem Verlauf in der Grenzschicht durch ihre spannweitig periodische lokale Deformation der zeitlich gemittelten Grenzschichtprofile zu erkennen. Dazu ist die zeitlich gemittelteus-Komponente aus spannweitig und wandnormal verteilten rasterförmigen Grenzschichtmessungen in Abbildung

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Abbildung 6.3.1:Deformation der zeitlich gemitteltenus-Grenzschichtprofile aus rasterförmigen Hitzdrahtmessungen

6.3.1 an ausgewähltenxc-Positionen dargestellt. Dabei ist etwa bisxc/c= 0.4 kaum lokale Deformation erkennbar, die Amplitude der stationären QSI ist noch gering. Ab xc/c = 0.4 ist eine deutliche lokale Deformation der us-Profile durch stationäre QSI erkennbar. Einzelne Längswirbel mit leicht unterschiedlicher Amplitude können stromab verfolgt werden und das Ampli-tudenwachstum stationärer QSI wird durch die inxc-Richtung zunehmende Deformation deutlich. Bei der Wahl des jeweiligen spannweitigen Messbereichs wurde versucht, dieselben Längswirbel stromab zu verfolgen, was nicht immer vollständig gelungen ist. Bei ausreichend gut erfüllten unendlich schiebenden Bedingungen und spannweitig homogener Anregung stationärer QSI sollte der spannweitige Messbereich aber repräsentativ für die spannweitig verteilte Situation sein.

Auch der einsetzende finale Umschlag ist in dieser Darstellung zwischen xc/c= 0.7undxc/c= 0.9 zu erkennen. Dort nimmt die lokale Deformation durch einzelne Längswirbel wieder ab, was durch den turbulenten Zerfall dieser Längswirbel begründet ist. Wie in Abschnitt 6.3.3 beschrieben, entsteht

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nichtlinear eine Deformation des spannweitig gemittelten Grenzschichtprofils und die spannweitig mittlere Grenzschichtdickeδ99nimmt stärker zu als die einer laminaren Grenzschicht. Dies ist allerdings in dieser dreidimensionalen Darstellung nicht offensichtlich.

Beixc/c= 0.6sind die zeitlich gemitteltenus-Profile spannweitig lokal si-gnifikant deformiert, während das spannweitig und zeitlich gemittelte Profil in Abbildung 6.3.4 noch nahezu dem der numerischen Grundströmung ent-spricht. An dieser Position soll im Folgenden das spannweitige Spektrum stationärer QSI mit dem Spektrum der integralen Anfachung gemäß LST (siehe Abschnitt 6.2) verglichen werden. Betrachtet man die vermessene Ebene beixc/c= 0.6, sind ungefähr sechs Perioden auf einer spannweitigen Strecke von∼ 60 mm zu beobachten. Dadurch lässt sich die spannweitige Wellen-länge der dominanten stationären QSI grob aufλ≈10 mmabschätzen, was β = λ = 628 m−1entspricht und somit näherungsweise zu der Wellenzahl der in Abschnitt 6.2.1 beschriebenen insgesamt integral angefachtesten sta-tionären QSI-Mode passt. Die Tatsache, dass einzelne Längswirbel mit leicht unterschiedlicher Amplitude auftreten, weist darauf hin, dass das stationäre Störungsspektrum neben dieser Mode weitere Anteile mit anderen spannwei-tigen Wellenzahlen enthält. Mit dem Ende des linearen Bereichs kann die spannweitige Deformation der stationären Grenzschichtprofile stromab nicht mehr rein als Folge primärer QSI interpretiert werden.

Um quantitative Informationen über die Zusammensetzung des Wellenzahl-spektrums stationärer QSI zu erhalten, wurde die spannweitig periodische stationäre Grenzschichtdeformation spektral untersucht. Dazu wurde zu je-der Profiltiefe und für jeden untersuchten Wandabstand je-der spannweitige Verlaufus(yc)mithilfe einer diskreten Fourier-Transformation spektral in harmonische Anteile mit spannweitiger Wellenzahl β zerlegt. Dazu wurde eine Implementierung der Fast Fourier Transformation aus der Software-BibliothekNumPy und eine Von-Hann-Fensterfunktion verwendet. Die dabei bestimmten komplexwertigen Fourierkoeffizientenuˇs(β)sind die Amplituden der harmonischen Anteileus,β, welche sich wie folgt darstellen lassen:

us,β= ˇus(β)eiβyc (6.3.1)

= ˆus(β)eiϕ(β)eiβyc (6.3.2)

= ˆus(β)ei(βyc+ϕ(β)) (6.3.3) Dabei wurde der Fourierkoeffizient uˇs(β)durch seinen reellwertigen Betrag

ˆ

us=|ˇus|=p

<2(ˇus) +=2(ˇus)

6.3 Transitionsszenario im neu ausgelegten Prinzipexperiment und seine Phaseϕausgedrückt. Im Folgenden wirduˆs(β)als die Amplitude der spannweitigenus-Periodizität mit der spannweitigen Wellenzahl β und ϕ(β)als ihre Phasenlage bezeichnet. Die spektrale Auflösung bzgl.β wird durch die spannweitige Abtastratefsund die Anzahl der abgetasteten Werte Z bestimmt:

∆β =2πfs

Z (6.3.4)

Dabei entspricht die Abtastratefs= 1/∆yc mit der spannweitigen Schritt-weite ∆yc = 0.99 mm. Die Anzahl der spannweitig verteilten Messwerte beträgt für spannweitig und wandnormal verteilte FlächenmessungenZ = 61, siehe auch Abschnitt 5.1.4. Da die spannweitige Länge des Messbereichs L= (Z−1)·∆yc entspricht, gilt auch:

∆β= 2π

Z∆yc = 2π

L+ ∆yc = 104.05 m−1 (6.3.5) Solange also die spannweitige Schrittweite ∆yc klein im Vergleich zu L ist, wird die Auflösung∆β maßgeblich durch die Länge des spannweitigen MessbereichsL(hierL= 59.4 mm) bestimmt.

Das wandnormale Maximum der auf diese Art gewonnenen spektralen Instabi-litätsamplitudeuˆs ist als Isokonturendiagramm in Abbildung 6.3.2(a) abhän-gig von der Plattentiefenkoordinatexc/cund der spannweitigen Wellenzahlβ dargestellt. Sie wird meist auf die jeweilige Grenzschichtrandgeschwindigkeit qe(xc) bezogen. Die mit der LST-Untersuchung erwartete integrale Anfa-chung stationärer Moden wurde in Abschnitt 6.2.1 als N-Faktor abhängig vonxc/cund β dargestellt. Wählt man eine Anfangsamplitudeuˆs,0, lassen sich die gemessenen Amplitudenuˆs/qe mit den gemäß LST erwarteten Am-plitudenˆus,LST/qe= ˆus,0/qe·eN vergleichen. Diese erwarteten Amplituden sind als Isolinien in Abbildung 6.3.2(a) eingezeichnet, wobei ihr Wert auf der jeweiligen Isolinie markiert wurde.

Es wird deutlich, dass gemäß LST ein breiteres Spektrum erwartet wird als man im Experiment beobachtet. Stattdessen dominiert die stationäre Instabilitätsmode beiβ = 624 m−1schon früh das experimentelle Transitions-szenario. An der Plattentiefenposition ihres Amplitudenmaximums ist ihre spannweitige Wellenzahl geringfügig kleiner als diejenige der dort integral am stärksten angefachten Mode. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass das spannweitige Spektrum der relevanten Anregung für stationäre QSI nicht homogen bzgl.β verteilt ist, sondern ein erhöhter Anteil bei dieser Wellenzahl enthalten ist.

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(a) (b)

1e-03 1e-02 1e-01

0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 ˆus/qe

xc/c maxzus/qe),β= 624 m−1

LST

Abbildung 6.3.2:(a) Wandnormal maximale Amplitudeuˆsstationärer QSI im Vergleich mit der gemäß LST erwarteten Amplitudeuˆs,LST/qe als Isolinien (b) Räumliches Wachstum der wandnormal maximalen Amplitude beiβ= 624 m−1im Vergleich mit der gemäß LST erwarteten Amplitudeuˆs,LST/qe

Die relevante Anregung für stationäre QSI ist die Oberflächentopologie des untersuchten Naseneinsatzes. Seine Oberfläche wurde durch manuelles Schlei-fen bearbeitet, sodass vor den Windkanalexperimenten angenommen wur-de, dass die verteilte Rauigkeit ein breit verteiltes Spektrum besitzt. Das räumliche Spektrum dieses Naseneinsatzes wurde daher nicht untersucht.

Allerdings wurde bei einer Vermessung der Oberflächentopologie eines gleich-artig gefertigten Naseneinsatzes für ein anderes Projekt ein lokales Maximum um λ = 10 mm im spannweitigen Spektrum festgestellt [60]. Eine inverse Fourier-Transformation des spannweitigen Spektrums der Oberflächentopo-logie offenbarte regelmäßige Strukturen parallel zur xc-Achse mit dieser spannweitigen Wellenlänge, welche möglicherweise durch den Werkzeugpfad der CNC-Fräse bei der Herstellung verursacht wurden [60]. Womöglich waren solche Strukturen auch in der Oberflächentopologie des hier untersuchten Naseneinsatzes vorhanden und führten zu einer verstärkten Anregung bei dieser Wellenlänge. Da die Anfachung der Grenzschicht spektral nicht sehr selektiv bzgl.βbzw.λist, kann schon eine geringfügig angehobene Anregung bei dieser spannweitigen Wellenlänge diese frühe Dominanz erklären. Ein nachträglicher Nachweis einer solchen diskreten Anregung war leider nicht möglich, da die Oberfläche des Naseneinsatzes für ein nachfolgendes Projekt auf ein sehr geringes Rauigkeitsniveau geschliffen wurde.

6.3 Transitionsszenario im neu ausgelegten Prinzipexperiment In Abbildung 6.3.2(a) fallen bei hohenxc-Werten langwellige spektrale Antei-le auf. Wie schon zu Abb. 6.3.1 beschrieben wurde, zeigt sich der beginnende finale Umschlag zwischen xc/c = 0.8 und xc/c = 0.9 unter anderem am Zerfall der stationären Wirbel und der Abnahme ihrer spannweitig periodi-schen Deformation der Grenzschicht. Dieser Zerfall findet nicht spannweitig homogen statt, sondern einzelne Längswirbel zerfallen an voneinander ver-schiedenenxc-Positionen. Dies führt dazu, dass im spannweitigen Spektrum der stationären Grenzschichtdeformation langwellige Anteile fürβ <400 m−1 beobachtet werden.

Die wandnormal maximale Amplitudeuˆsder QSI-Mode mit β= 624 m−1 ist in Abbildung 6.3.2(b) logarithmisch dargestellt. In dieser Darstellung hat das Wachstum stromauf vonxc/c= 0.6nahezu einen linearen Charakter, was auf ein exponentielles Wachstum hinweist. Dieses Wachstum verläuft stromauf von xc/c= 0.45im Wesentlichen parallel zur ebenfalls eingezeichneten inte-gralen Anfachung der Mode gemäß LSTuˆs,LST/qe. Stromab vonxc/c= 0.45 wird ein deutlich schwächeres Wachstum der Amplitude beobachtet. Sie er-reicht einen Maximalwert vonuˆs/qe= 0.09beixc/c= 0.75. In Abschnitt 2.3 wurde dies bereits als „nichtlineare Sättigung“ und der Maximalwert als Sät-tigungsamplitude beschrieben. Im ursprünglichen Prinzipexperiment wurde als Sättigungsamplitude der dominanten QSI-Mode ein nahezu gleicher Wert beobachtet [22, 76]. Dies weist darauf hin, dass ein ähnliches Verhältnis der relevanten Anregungsniveaus von stationären und laufenden QSI vorliegt.

Das schwächere Wachstum und das Erreichen eines Sättigungswertes sind nichtlineare Phänomene im fortgeschrittenen Stadium der Transition. In Ab-schnitt 6.3.3 werden die spannweitig gemittelten Grenzschichtprofile stromab von xc/c= 0.6mit der numerischen Grundströmung verglichen. Dabei wird auf diese Beobachtung Bezug genommen.

Zusammenfassend wird im Experiment als natürlich dominante stationäre QSI-Mode diejenige mit der spannweitigen Wellenzahl β = 624 m−1 be-obachtet. Diese liegt im Wellenzahlbereich der gemäß LST insgesamt am stärksten integral angefachten stationären QSI. Das beobachtete stationäre Störspektrum lässt sich also mit den Ergebnissen der LST-Untersuchung im Wesentlichen nachvollziehen. Im Bereich kleiner Amplituden gilt dies auch für die Amplitudenentwicklung der natürlich dominanten Mode.

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