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7 Projektteil "Barcamp"

7.4 Schlussfolgerungen und Empfehlungen

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Bioabfällen wie Bananenschalen, Kaffeesatz, Spaghetti-Resten oder Eierschalen wird Komposterde – ein Material, das mit dem Ausgangsstoff gar nichts gemein hat. Noch weiter entfernt vom Ausgangsmaterial ist das in der Vergärungsanlage gewonnene neue Produkt

„erneuerbare Energie“ (Biogas) für die Strom- und Wärmeerzeugung. Der Transfer für VerbraucherInnen ist bei Bioabfall und seinen daraus entstehenden Produkten besonders anspruchsvoll. Deshalb herrscht auch häufig der Irrglaube vor, dass Bioabfall reiner „Müll“ ist und einfach nur verbrannt wird. Der Sinn, Bioabfälle von Restabfällen zu trennen, ist somit oftmals nicht direkt einleuchtend.

Um dies zu ändern, sollte sich die Kommunikation zur Biotonne verstärkt auf die stoffliche Verwertung von Bioabfällen konzentrieren und nicht nur auf die reine Aufklärung über die zulässigen Inputstoffe für die Biotonne. Es wurde die These aufgestellt: Sobald den BürgerInnen deutlich wird, was aus Bioabfällen für welchen Einsatzzweck hergestellt wird, würde sich Qualität und Menge des Bioabfalls verbessern.

Digitale Medien & Abfallberatung

Das Interesse an Social Media und der Wille, die sozialen Netzwerke für die Kommunikation zu nutzen, war bei den meisten TeilnehmerInnen vorhanden. Es zeigte sich jedoch, dass trotz des großen Interesses die Umsetzung als problematisch eingestuft wurde. Als Hauptgründe wurden genannt, dass wichtige Ressourcen wie Personal, Zeit und Budget häufig nicht vorhanden sind sowie das spezielle Know-how und Handwerkszeug zum Umgang mit Social Media in vielen Fällen fehlen.

Diskutiert wurde zudem, inwiefern die Abfallberatung auf die Social Media Manager

zurückgreifen können, die beispielsweise die Kanäle der Stadtverwaltung betreiben. In vielen Fällen läuft die Social Media-Kommunikation tatsächlich über die Pressestelle der Stadt, deren Themen-Priorisierung jedoch meistens nicht auf dem Schwerpunkt Abfallberatung liegt. Durch interne Regelungen sind eigene Kanäle für die Abfallberatung vielerorts gar nicht gestattet, z. B.

aufgrund von Vorbehalten gegenüber Bürgerbeschwerden und dem damit verbundenen hohen Aufwand des Community-Managements.

Blogger Relations wurden als interessanter Zusatz bewertet. Hier fehlt jedoch oftmals der konkrete lokale Bezug; jede Kommune hat beispielsweise eigene Regeln, welche Abfälle in die Biotonne dürfen und welche nicht. Da die Blogger meist auf nationaler oder zumindest überregionaler Ebene kommunizieren, sind sie nicht immer für die lokale Abfallberatung geeignet. Blogger Relations anzubahnen und zu pflegen stellt die Abfallberatung zudem vor ein Ressourcenproblem.

Als tatsächlicher Mehrwert gilt als Ergänzung zur persönlichen Abfallberatung eine – optimalerweise lokal individualisierbare – App, die den Bürger im Alltag über die richtige Abfallentsorgung aufklärt. Die App könnte an Abfuhrtermine erinnern, Abfallarten und deren Entsorgungswege darstellen oder über Fotoerkennung den richtigen Entsorgungsweg für fotografierte Abfälle anzeigen. Hier stellt sich jedoch die Frage der Umsetzung und Finanzierung und wie sich dies auf die lokale Ebene herunterbrechen lässt.

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Meinungen und Anregungen möglichst vieler TeilnehmerInnen in Prozesse integrieren zu können. Das Barcamp ist somit einer gesetzten Vortragsreihe durch verschiedene Referenten mit anschließender kurzer Diskussion vorzuziehen. Insofern trägt dieses Teilprojekt zu einer Verbesserung der Abfallberatung bei, was wiederum zu einer besseren Beteiligung der BürgerInnen an der getrennten Bioabfallsammlung führen soll. Mittel- und langfristig können dadurch sortenreinere und mehr Bioabfälle aus der Biotonne für eine hochwertige Behandlung bereitgestellt werden.

Dass die Abfallberatung deutlich aufgewertet werden muss, war eines der zentralen Ergebnisse des Biotonnen-Barcamps. Hierzu werden einerseits die gesetzlichen Rahmenbedingungen mit der aktuellen Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes geschaffen, wonach die kommunale Abfallberatung u. a. mit Blick auf die getrennte Sammlung von Abfällen ausgebaut werden wird.

Andererseits wurde durch die Veranstaltung deutlich, dass Abfallberatung schlagkräftiger und erfolgreicher wird, wenn sich die Kommunikationsfachleute in den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsbetrieben (örE) horizontal mit anderen örE und vertikal mit landes- und bundesweiten Initiativen vernetzen. Speziell zur Biotonnenkommunikation bietet sich das bundesweite Netzwerk „Aktion Biotonne Deutschland“ an, das 2020 die Kampagne

„Deutschlands Biotonnen-Versprechen“ durchführen wird.

Insgesamt bestätigte das positive Resümee der Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Bedarf an mehr gemeinschaftlicher Zusammenarbeit: Vernetzung unter Kolleginnen und Kollegen aus der Abfallwirtschaftsbranche ist wichtig und ermöglicht nicht nur den Erfahrungsaustausch,

sondern fördert auch das gemeinschaftliche Erarbeiten von Lösungen zu den

Herausforderungen der Abfallberatung. So muss nicht jeder „das Rad immer wieder neu erfinden“, sondern kann von den Ideen und Impulsen fachkundiger Kolleginnen und Kollegen profitieren.

7.4.2 Handlungsempfehlungen

Aus den Ergebnissen des Biotonnen-Barcamps lassen sich drei konkrete Handlungsempfehlungen ableiten:

1. Schaffung einer regelmäßigen Kommunikationsplattform zum Informationsaustausch Um die Effizienz in der lokalen Abfallberatung zu steigern, sollte es fest eingerichtete Institutionen geben, die einen regelmäßigen und kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen den lokalen AbfallberaterInnen untereinander sowie mit relevanten Akteuren der Abfallwirtschaftskommunikation auf überregionaler, Landes- und Bundesebene ermöglichen.

Eine konkrete Empfehlung ist dabei die jährliche Fortführung des Biotonnen-Barcamp im Rahmen des Netzwerkes Aktion Biotonne Deutschland.

2. Aufbau und Pflege einer Jahresübersicht zu den überregionalen Aktivitäten in der Abfallwirtschaftskommunikation

Es sollte eine Jahresübersicht zu den verschiedenen überregionalen Initiativen im Bereich der Abfallwirtschaftskommunikation erstellt und veröffentlicht werden. Für die kommunale Abfallberatung ist es hilfreich, wenn überregionale und bundesweite Aktivitäten zu

Abfallwirtschaftsthemen von den lokalen Akteuren für ihre Öffentlichkeitsarbeit vor Ort genutzt werden können. Aus einer praktischen und handwerklichen Sicht ist es jedoch notwendig, dass die Abfallberatung bereits im Vorjahr über Aktivitäten und Termine informiert wird, damit diese potenziellen Anlässe in das eigene Jahresprogramm der Öffentlichkeitsarbeit eingeplant werden können. Zudem wäre sinnvoll, wenn sich bundesweit agierende Akteure einmal jährlich ihre Maßnahmen inhaltlich und zeitlich abstimmen. Dies sollte nicht nur für die Aktivitäten der Aktion Biotonne Deutschland erfolgen, sondern auch für #wirfuerbio, die europäische Woche

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der Abfallvermeidung und die Kommunikationsaktivitäten zum gelben Sack unter dem Motto

„mülltrennung-wirkt.de“ der dualen Systeme.

Der Überblick der bundesweiten Kommunikationsaktivitäten in der Abfallwirtschaft könnte auf der Kommunen-Website www.ab-kommunen.de der Aktion Biotonne Deutschland oder einer eigenständigen Website präsentiert sowie jährlich aktualisiert werden.

3. Bessere finanzielle Ausstattung der Abfallberatung

Die Diskussionen des Barcamps führten auch zu der Erkenntnis, dass je höher mit der

Kreislaufwirtschaft im Rahmen der Klima- und Ressourcendebatten die Recyclingquoten gesetzt werden, desto mehr avanciert die Abfallberatung zur „Königsdisziplin“ zur Information der BürgerInnen. Nur wenn im privaten Haushalt die verschiedenen Abfallstoffe sortenrein, sauber und in maximaler Menge in die verschiedenen Sammelbehältnisse sortiert werden, können auch die technologischen Sprünge im Produktdesign sowie beim Recycling und in der Logistik des Abfallwirtschaftsbetriebes wirken.

Parallel zu dieser Entwicklung sollten die Gesamtaufwendungen für Kommunikation in der Abfallwirtschaft vor allem im Verhältnis zu den Investitionen in anderen Funktionsbereichen der Abfallwirtschaftsbetriebe überprüft werden. Damit Abfallwirtschaftskommunikation auch tatsächlich eine relevante Disziplin wird, sollten ihr die Abfallwirtschafts- und

Entsorgungsbetriebe größere Budgets einräumen. In manchen Abfallwirtschaftsbetrieben wäre zudem ein Wandel der Einstellungen zur Abfallberatung auf Entscheider-Ebene wünschenswert.

Häufig haben die dortigen Entscheider mit einer technischen Ausbildung den Fokus auf technische Lösungen. Daneben zeichnet sich ab, dass beim stattfindenden Generationswechsel in den Führungsetagen der Abfallwirtschaftsbetriebe immer häufiger betriebswirtschaftlich ausgebildete Spezialisten die Nachfolge antreten. Von beiden Gruppen wird die Leistung der Abfallkommunikation oftmals vernachlässigt, weil deren Ergebnisse einer direkten Messung gegenüber Stoff- oder Geldströmen weniger gut zugänglich sind. Kommunikation gilt gemeinhin als „soft factor“, stellt jedoch einen zentralen strategischen Erfolgsfaktor dar.

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