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2.5 Gezielte Anregung stationärer Querströmungsinstabilitäten

2.5.3 Rotationsaktuierung

Die Strömungen über rotierenden Scheiben sind seit langem Gegenstand der Forschung, einerseits wegen ihrer eigenen technischen Bedeutung, andererseits weil in der Grenzschicht auf einer rotierenden Scheibe Querströmungsinstabi-litäten auftreten und die Grenzschicht somit eine einheitliche Modellströmung für die Erforschung querströmungsdominierter Transition darstellt. Für eine Zusammenfassung der Forschung in der Grenzschicht auf einer rotierenden Scheibe siehe [97] und [87]. Ein Vorteil dieser Modellströmung ist, dass für die Strömung über einer ebenen Scheibe, die mit konstanter Drehzahl in sonst ruhendem Fluid rotiert, eine exakte Lösung der Navier-Stokes-Gleichungen existiert. Diese Lösung wurde zuerst von Kármán [52] gefunden und wird auch als Kármán-Strömung bezeichnet. Durch die Reibung wird das Fluid in der Nähe der rotierenden Wand beschleunigt und erhält eine Rotation.

Durch die Trägheit wird dabei Material auch in radialer Richtung nach au-ßen transportiert, woraufhin aufgrund der Kontinuität Material ins Innere nachfließen muss. Es entsteht eine axial zur Scheibe gerichtete wandnormale Geschwindigkeitskomponente.

Dem Autor ist keine Untersuchung bekannt, in welcher der Einfluss einer rotierenden Scheibe auf eine über sie strömende laminare Grenzschicht mit nicht verschwindender Haupt- und Querströmungskomponente untersucht wurde, deren Grenzschichtdicke in derselben Größenordnung liegt wie der Radius der Scheibe. Daher soll hier eine Hypothese gemäß einer privaten Mitteilung von S. Hein [42] dargestellt werden, wie eine solche Anordnung zur Anregung eines elementaren Querströmungswirbels in dieser Grenzschicht führen kann.

2.5 Gezielte Anregung stationärer Querströmungsinstabilitäten

Abbildung 2.5.3:Schematische Darstellung der Hypothese zur Erzeugung eines elementaren Querströmungswirbels mithilfe einer rotierenden Scheibe, nach S. Hein [42]

Wie bei der Kármán-Strömung beschrieben, wird dem Fluid durch die Rei-bung in der Nähe der Wand eine Rotation aufgeprägt, der sich die ausgeprägte Grenzschichtströmung überlagert. Der Wirbelvektorw~ =rot ~uder induzier-ten Wirbelströmung steht senkrecht zur Oberfläche der Scheibe. Wird er durch die überlagerte, verhältnismäßig groß anzunehmende Hauptgeschwin-digkeitskomponenteus in eine wandparallele Richtung gekippt, ähnelt die so entstandene Störung stromab in der Grenzschicht bereits einem stationären Längswirbel, aus dessen spannweitig periodischer Anordnung eine stationä-re QSI-Mode besteht. Somit würde sich auch eine spannweitig periodische Anordnung solcher Scheiben eignen, um eine stationäre QSI-Mode künstlich anzuregen. Dieser hypothetische Anregungsmechanismus eines elementaren Querströmungswirbels ist in Abbildung 2.5.3 skizziert.

Von den hier vorgestellten Methoden zur künstlichen Anregung stationärer Querströmungsinstabilitäten hätte nach der vorgestellten Hypothese das Ergebnis dieser Form der Anregung die größte Ähnlichkeit zur Störströmung einer QSI-Mode und hätte damit das Potential einer besonders effizienten Anregung. Die direkte Überprüfung der Hypothese entzieht sich aufgrund der geringen räumlichen Ausdehnung und dem geringem Betrag der initialen Störungsgrößen einer experimentellen Untersuchung und liegt nicht im Rah-men dieser Arbeit. Vielmehr dient diese hypothetische Modellvorstellung der Einordnung der experimentellen Ergebnisse, die im Ergebnisteil der Arbeit mit dieser Hypothese verglichen werden.

Kapitel 3

Numerische Methoden

Die im Rahmen dieser Arbeit experimentell untersuchte Strömungssituation um die Konfiguration des neu ausgelegten Prinzipexperiments der schiebenden ebenen Platte in der offenen Messstrecke des Ein-Meter-Windkanals (1MG) (siehe Abschnitt 5.2) ist trotz der großen Spannweite und idealisiert fehlender spannweitiger Gradienten entlang dieser Spannweite durch dreidimensionale Effekte beeinflusst. Eine getreue numerische Nachbildung des Experiments müsste also die dreidimensionale Strömung um die Konfiguration unter Berücksichtigung des Einflusses der Düsengeometrie, der offenen Messstrecke und des Auffangtrichters simulieren, welches im Rahmen dieser Arbeit zu aufwendig war. Stattdessen wurden in unterschiedlichen Stadien der Arbeit zweidimensionale und quasi-dreidimensionale numerische Simulationen der Konfiguration in einer freien Anströmung durchgeführt. Zur Übersicht wird im Folgenden kurz beschrieben, wann welches numerische Verfahren zum Einsatz kam. Danach werden diese Verfahren kurz eingeführt.

Im Auslegungsprozess kam der zweidimensionale Strömungslöser MSES [27, 28, 29, 30] zum Einsatz, da für die Auslegung besonders eine geeignete Druck-verteilung entscheidend war und diese als dimensionslose Verteilungcp(xc) bei unendlich schiebenden Bedingungen nicht vom Schiebewinkel abhängt.

Zur Vorbereitung einer Stabilitätsuntersuchung mit der Software NOLOT [45] wurde die Grundströmung in der untersuchten Grenzschicht mithilfe des Grenzschichtlösers COCO [18, 73] bestimmt. Dies geschah im iterativen Auslegungsprozess auf Basis der mit MSES bestimmten Druckverteilung. Die

3.1 Berechnung der Grundströmung

Ergebnisse der Stabilitätsuntersuchungen wurden bei der weiteren iterativen Auslegung berücksichtigt, siehe Abschnitt 4.3. Die mit MSES final ausgelegte Konfiguration wurde mithilfe des dreidimensionalen Strömungslösers TAU [34, 35] in quasi-dreidimensionalen Simulationen untersucht, insbesondere mit den im Experiment realisierten Anströmungsbedingungen und dem experimentell bestimmten effektiven Schiebewinkel, siehe Abschnitt 6.1. Auch auf Basis der experimentell bestimmten Druckverteilung und den gegenüber der Auslegung leicht veränderten Anströmbedingungen wurde eine numerische Grundströ-mung mit COCO bestimmt (zu den experimentellen Anströmbedingungen siehe Abschnitt 6.1.2). Diese numerische Grundströmung wurde ebenfalls mit NOLOT auf Stabilität untersucht (siehe Abschnitt 6.2), um die beob-achtete Störströmung mit den gemäß LST-Analyse erwarteten Instabilitäten zu vergleichen. Für alle numerischen Verfahren wurde die jeweils verwen-dete Netzauflösung basierend auf geeigneten Erfahrungswerten ähnlicher Untersuchungen im DLR gewählt.

3.1 Berechnung der Grundströmung

MSES

Das Softwarepaket MSES, welches von Mark Drela am MIT (Massachusetts Institute of Technology) entwickelt wurde, wurde aufgrund seiner Fähigkeit zum inversen Design [29] im Rahmen der Neuauslegung des Prinzipexperi-ments zur Anpassung der Druckverteilung auf der Modellplattenoberseite verwendet, siehe Abschnitt 4.3. Es simuliert zweidimensionale Strömungen um Konfigurationen, indem es den reibungsfreien Teil des Strömungsfeldes durch die Euler-Gleichungen beschreibt. Grenzschichten werden durch eine integrale Zweigleichungs-Grenzschicht-Formulierung beschrieben [30]. Die beiden Teile des Strömungsfeldes sind durch die Verdrängungsdicke gekoppelt, indem die Wandstromlinie um die lokale Verdrängungsdicke verschoben wird.

Nach der Diskretisierung wird das komplette gekoppelte Gleichungssystem durch eine Newton-Methode gelöst [28].

MSES bietet die Möglichkeit zum inversen Design. Dabei wird nach Vor-gabe einer geänderten Druckverteilung an einer Modellkontur diese Kontur entsprechend deformiert, um die Zieldruckverteilung zu erreichen.

3.1 Berechnung der Grundströmung

COCO

COCO ist eine Software zur Lösung der laminaren kompressiblen Grenz-schichtgleichungen für stationäre Strömungen um unendlich schiebende Flügel und konische Körper [18, 73]. In seiner Standard-Version bietet COCO an der Wand nur eine adiabate Randbedingung. In einer erweiterten Version der Software [43] kann auch eine Temperaturverteilung als isotherme Randbe-dingung an der Wand vorgegeben werden, was in Abschnitt 7.3.1 verwendet wird. Des Weiteren gehören Werkzeuge zur Software, die es ermöglichen, eine experimentell ermittelte Wanddruckverteilung als Ausgangspunkt für eine Lösung der Grenzschichtgleichungen zu verwenden.

Im Rahmen des Auslegungsprozesses der experimentellen Konfiguration wur-de die Konfiguration mit MSES iterativ so angepasst, dass eine Schritt für Schritt besser geeignete Druckverteilung auf die zu untersuchende Grenz-schicht aufgeprägt wird. Dazu wurde eine rein zweidimensionale Umströmung der Konfiguration simuliert. Auf Basis dercp-Verteilung wird mit COCO eine unendlich schiebend angeströmte Grenzschicht simuliert (siehe Definition von cp im unendlich schiebenden Fall Gleichung (2.1.13)). Diese Grenzschicht-grundströmung wurde mit NOLOT auf Stabilität untersucht (siehe folgender Abschnitt), um den weiteren iterativen Auslegungsprozess zu den gewünsch-ten Stabilitätseigenschafgewünsch-ten lenken zu können. Der Auslegungsprozess wird in Kapitel 4 motiviert und näher beschrieben.

Nach Fertigstellung der finalen Konfiguration und experimenteller Bestim-mung der tatsächlich realisierten StröBestim-mungsbedingungen wurde mithilfe von COCO auf Basis der experimentell bestimmten Druckverteilung wieder eine Grenzschicht-Grundströmung bestimmt, welche auf Stabilität untersucht wurde, siehe auch die Abschnitte 6.1 und 6.2. Zur Lösung der Grenzschicht-gleichungen für die jeweilige Grundströmung wurde das Strömungsfeld an 400 entlang xc verteilten Stationen und 150 wandnormal verteilten Punkten diskretisiert.

TAU

Zur Vorbereitung der Neuauslegung des Prinzipexperimentes der schiebenden ebenen Platte wurde die stationäre Strömung im ursprünglichen Prinzipexpe-riment quasi-dreidimensional mit dem Strömungslöser TAU [34, 35] simuliert, siehe Abschnitt 4.1. Des Weiteren wurde auch die stationäre Umströmung der