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4 Situationsanalyse der Direktvermarktung im Main-Taunus-Kreis

7.5 Rolle und Rollenentwicklung der Projektleiterin / Beraterin

Die Arbeit der Projektleiterin ist einem permanenten Wandel unterlegen. Sie wird von der Projektleiterin, zur Gruppenleiterin, zur Moderatorin, zum Ehrenmitglied und löst sich schließlich ganz vom Arbeitskreis. Die Abbildung 28 veranschaulicht die Beziehungen zwischen Projektleiterin und Zielgruppe.

157 Abb.24: Beziehung der Projektleitung zur Zielgruppe (eigene Darstellung)

In der Grafik wurde die Projektleiterin als Quadrat dargestellt, die Zielgruppe der Direktvermarkter als Kreis. Von diesem Kreis der Direktvermarkter spaltet sich eine Gruppe ab (Oval), die im Arbeitskreis mitarbeitet.

Zu Beginn des Projektes hat die Projektleiterin keinen Kontakt zur Zielgruppe. Mittels Befragungen, Literaturstudium und der Gründungsveranstaltung bekommt sie einen Einblick in die Zielgruppe. Es baut sich eine Verbindung zwischen der Zielgruppe und der Projektleiterin auf. Dann spaltet sich in der Arbeit eine kleine Gruppe aus der Zielgruppe der Direktvermarkter ab. Diese wollen in einem Arbeitskreis gemeinsam Ideen entwickeln und Aktivitäten planen. Für diese Gruppe steht die Projektleiterin im Mittelpunkt. An dieser Stelle wandelt sie sich von der Projektleiterin zu Gruppenleiterin.

Durch Entwicklungsprozesse im Arbeitskreis wird sie nach etwa einem Jahr vermehrt zur Moderatorin. Der Abkopplungsprozess des Arbeitskreises beginnt sichtbar zu werden. Die Moderatorin steht nicht mehr im Mittelpunkt. Nach einem weiteren halben Jahr hat sich die Moderatorin ganz von der Gruppe gelöst und übt keine Funktion mehr im Arbeitskreis aus. Sie steht durch ihre Arbeit den Teilnehmern des Arbeitskreises aber näher als zu Beginn des Projektes.

Wie die Projektleiterin ihre Rollenentwicklung im Projektverlauf erlebte, erläutert das folgende Kapitel. Da es um einen persönlichen Eindruck geht, der einer subjektiven Bewertung unterliegt und nicht immer auf andere übertragbar ist, wurde dieses Kapitel in der Ich-Form geschrieben. Es geht auf die, in der Abbildung veranschaulichten fünf Schritte ein.

Meine Rolle veränderte sich mit der Beziehung, die ich zu der Zielgruppe oder den Teilnehmern aufgebaut hatte. Zum Start des Projektes, war meine Hauptaufgabe, Informationen zu sammeln und auch zu verteilen. Das Projekt musste bei der Zielgruppe vorgestellt werden, so dass die Bereitschaft zur Beteiligung an der

Start des Projektes

Ende der Gründungs-veranstaltung

Start der Moderation

nach einem Jahr

Moderation Projektende

Projektleiterin Direktvermarkter im Main-Taunus-Kreis Teilnehmer des Arbeitskreises

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Situationsanalyse stieg. In den Befragungen war es wichtig, auch landwirt-schaftliches Know How zu zeigen, um akzeptiert zu werden. Die Zielgruppe sah in mir die Projektleitung und erhoffte sich einige Ergebnisse aus den Befragungen für ihre Betriebe. Als die Gründungsveranstaltung durchgeführt wurde, hatte ich bereits sehr viel Beziehungsarbeit geleistet. Einige Direktvermarkter aus der Zielgruppe waren mir besser bekannt als andere, durch die Kundenbefragungen und den Planungstisch. Eine kleine Gruppe interessierte sich stärker für das Projekt. Sie wollten einen Arbeitskreis gründen und warteten auf den Startschuss.

Als der Arbeitskreis gegründet wurde und die Moderation startete, veränderte sich meine Aufgabe drastisch, weg von der bekannten Projektleiterin, an die keine besonderen Ansprüche gestellt wurden, außer dass sie Informationen weitergab.

Eine kleine Gruppe stellte jetzt hohe Anforderungen an mich. Ich war ihr Dreh- und Angelpunkt, stand ganz im Mittelpunkt der Arbeit. Die Erwartungen der Teilnehmer waren sehr hoch und es herrschte eine abwartende Stimmung. Nach dem Motto – mal sehen, was sie uns zu bieten hat. Ich musste die Gruppe zu Beginn dorthin bringen, dass ich für den „Roten Faden“ und das „wie“ der Kommunikation zuständig war und die Teilnehmer für den Inhalt der Sitzungen.

Das hat viele Reibungen verursacht, die mich manchmal auch persönlich angegriffen haben. Dieses Gefühl musste ich ablegen, denn wenn es zu Angriffen seitens der Gruppe kam, waren sie auf meine Arbeit und nicht auf meine Person gerichtet. Das zu erkennen, ist nicht leicht. Zu dieser Zeit hatte ich auch die Vorbildrolle. So wie ich mich verhalten habe, verhielten sich auch die Teilnehmer untereinander. Zu Beginn hatte ich die Leitung und Organisation straff in der Hand, um erst mal an die Arbeit zu kommen. Mit der Zeit gab ich immer mehr Aufgaben in den Kreis. Als nach fünf Monaten die Moderation beendet werden sollte zeigte sich, dass die Teilnehmer doch erkannt hatten, wie wichtig meine Aufgabe war. Lob oder Anerkennung für meine Arbeit gab es bis dahin nie.

Nachdem die weitere Moderation gesichert war, entspannte sich die Arbeit. Die Gruppe entwickelte sich weiter und wurde immer selbständiger.

Ich gab möglichst viele Aufgaben ab, und die Organisation ging immer mehr in die Hände der Teilnehmer über. Dadurch, dass ich viele Aufgaben abgeben konnte und nicht mehr der Mittelpunkt des Arbeitskreises war, veränderte sich nach einem Jahr Moderation meine Rolle erneut. Ich konnte mehr moderieren und musste weniger führen. Schwierig für mich war es in dieser Rolle, manche Situationen mit den Teilnehmern durchleben zu müssen, ohne in den Verlauf eingreifen zu können.

Ich erkannte Fehler, die gemacht wurden, musste die Gruppe aber eigenständig lernen lassen, ohne permanent zu intervenieren. Die Gruppe und ihre Arbeit stand jetzt im Vordergrund nicht mehr die Moderatorin. Als die Selbstmoderation durch die Teilnehmer begann, wurde mir die Rolle der Moderatorin entzogen. Die neue Moderation nutzte mich noch, um Feedback für ihre Arbeit zu erhalten, und Lob einzusammeln – ich war diejenige, die für die Motivation des Moderators zuständig war.

Die Gruppe am Projektende selbständig arbeiten zu lassen, war noch mal ein großer Schritt - auch für mich. Ob sie es alleine schaffen würden? Das war eine

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Frage, die ich mir zu Beginn häufig gestellt habe. Aber ich hatte mir ein Ziel gesteckt, und dieses erreicht. Den Teilnehmern bot ich die Möglichkeit an, in schwierigen Situationen sich bei mir zu melden. Das war wichtig für mich - weniger für die Teilnehmer - um loslassen zu können. Es besteht auch jetzt noch eine Verbindung zum Arbeitskreis, auf Hoffesten und Veranstaltungen werde ich gelegentlich eingeladen. Wenn ich in der Region bin, gehe ich bei dem einen oder anderen auch mal einkaufen. In die Arbeit des Arbeitskreises bin ich aber nicht mehr involviert.

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8 Empfehlungen für die Gründung und Moderation eines Arbeitskreises – mit der Zielgruppe Landwirte

In den Empfehlungen wird aufgezeigt, welche Elemente der Projektgestaltung sich aus der Sicht der Autorin positiv auf die Gründung des Arbeitskreises ausgewirkt haben.

Dieses Kapitel unterstützt Personen, die in der Praxis einen Arbeitskreis gründen wollen, mit dem Ziel einer Selbstmoderation.

Ein Überblick in der Form eines Leitfadens erläutert die Organisation eines Arbeitskreises an einer Zeitachse und die wichtigsten Ansatzpunkte zur Verselbständigung der Teilnehmer werden aufgezeigt.