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6 Eigenkompostierung/-verwertung

6.1 Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Begriffe Eigenkompostierung und Eigenverwertung sind im Kontext der Behandlung des in privaten Haushalten anfallenden Bio- und Grünguts auf dem selbst genutzten Grundstück des Abfallerzeugers gesetzlich nicht eindeutig definiert. Sie finden lediglich Anwendung bei der Ausgestaltung kommunaler Abfallwirtschaftssatzungen.

Dennoch werden die Eigenkompostierung und -verwertung durch eine Anzahl von Gesetzen und Richtlinien sowohl auf Bundes- und Landesebene als auch auf kommunaler und europäischer

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Ebene indirekt geregelt. Auf die wichtigsten dieser Regelungen soll im Folgenden kurz eingegangen werden.

6.1.1 Europäische Regelungen

Auf europäischer Ebene regelt die Richtlinie 2000/29/EG Maßnahmen zum Schutz der

Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse. Die Regelung wurde am 14.12.2019 durch die Verordnung 2016/2031 über Maßnahmen zum Schutz vor Pflanzenschädlingen abgelöst.

Die Richtlinien sind insofern für die Eigenkompostierung relevant, als dass sie Vorgaben und Maßnahmen gegen die Verbreitung bestimmter Pflanzen und Pflanzenschädlinge vorsehen.

Explizite Maßnahmen oder Vorgaben für die Eigenkompostierung sind bisher zwar nicht enthalten. Aufgrund der Problemstellung gilt die Eigenkompostierung aber durchaus als relevantes Anwendungsfeld [bifa 2015]. Die Heterogenität der Abfälle und die geringen

Prozesstemperaturen, können eine vollständige Hygienisierung durch die Eigenkompostierung nicht immer gewährleisten [LUBW 2015]. Aus diesem Grund ist nicht auszuschließen, dass sich aus der neuen Richtlinie auch Konsequenzen für die Eigenkompostierung und -verwertung ergeben.

6.1.2 Regelungen auf Bundesebene

6.1.2.1 KrWG

Die rechtliche Grundlage für die Eigenkompostierung und -verwertung auf Bundesebene liefert, ohne die Eigenkompostierung und -verwertung explizit zu erwähnen, das KrWG. Es definiert zwar in § 17 umfassende Überlassungspflichten nach denen Besitzer und Erzeuger von Abfällen aus privaten Haushalten verpflichtet sind, diese den örE zu überlassen. Die Überlassungspflicht gilt jedoch nur, sofern die Besitzer und Erzeuger „zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind“ und schafft somit Raum für die Eigenkompostierung [Krause et al. 2014].

Ergänzend hierzu wird in § 19 Abs. 1 die Möglichkeit zur Kontrolle der sachgemäßen

Eigenkompostierung und -verwertung gegeben. Dazu wird den Bediensteten und Beauftragten der Behörde in Abs. 1 das Betreten des Grundstücks „zur Überwachung des Getrennthaltens und der Verwertung von Abfällen“ ausdrücklich gestattet. Dieser Umstand wird vereinzelt genutzt;

so wird in der Stadt Halle diese Duldungspflicht in der Abfallwirtschaftssatzung (§28 Abs. 2) bekräftigt und auch im Antrag zur Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang wird auf die Kontrollmöglichkeiten der Behörde hingewiesen und diese in der Praxis tatsächlich auch

wahrgenommen.

Die Befreiungsmöglichkeit aufgrund von Eigenverwertung ist in fast allen Entsorgungsgebieten mit Anschluss- und Benutzungszwang ausgestaltet. Die Eigenverwertung muss schadlos

erfolgen, soll fachgerecht durchgeführt werden, soll eine Schadstoffanreicherung im Boden ausschließen und darf nicht im Widerspruch zu anderen Regelungen stehen. [bifa 2015; Wagner et al. 2017]

Gleichzeitig schreibt § 11 Abs. 1 des KrWG die Getrenntsammlung von überlassungspflichtigen Bioabfällen ab dem 01.01.2015 vor. Eine Bestimmung, die in Deutschland bis heute nicht flächendeckend umgesetzt wurde [NABU 2018].

Außerdem hat gemäß § 8 Abs. 1 KrWG diejenige Maßnahme zur Verwertung Vorrang, die den Schutz von Mensch und Umwelt am besten gewährleistet. Hierzu definiert das KrWG eine

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Abfallhierarchie, die allerdings nicht uneingeschränkt gültig ist. Vielmehr gilt die Rangfolge unter Berücksichtigung der in § 6 Abs. 2 definierten Kriterien.

6.1.2.2 BioAbfV

Die Bioabfallverordnung (BioAbfV) gilt gemäß § 1 Abs. 1 für „unbehandelte und behandelte Bioabfälle und Gemische, die zur Verwertung als Düngemittel auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden aufgebracht, oder zum Zweck der Aufbringung abgegeben werden, sowie die Behandlung und Untersuchung solcher Bioabfälle und Gemische“ [bifa 2015]. Der Bereich der Haus-, Nutz- und Kleingärten gehört nach § 1 Abs. 3 nicht zum Anwendungsbereich. Die Eigenverwertung in landwirtschaftlichen und gärtnerischen Betrieben wird bei Sicherstellung der Anforderungen für die Aufbringung ebenfalls explizit aus dem Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen. Für die Gestaltung und Umsetzung der Eigenkompostierung und -verwertung hat die BioAbfV somit bisher keine praktische Bedeutung.

Eine geänderte BioAbfV kann allerdings eine Konkretisierung der Anforderungen an die Verwertung von Bioabfällen und somit explizit auch der Eigenkompostierung vornehmen [EUWID 2015]. Durch die laut BMU fachlich gebotene umfassende Erweiterung der Verwertungsanforderungen in der BioAbfV werden Stoffstromlenkungen möglich, die zur höherwertigen Verwertung von Bioabfällen führen [Kehres 2014].

In den nachfolgenden Ausführungen und Betrachtungen zur Eigenkompostierung spielt die BioAbfV insofern eine Rolle, als dass die in § 6 der BioAbfV definierten höchstmöglichen Aufbringungsmengen für landwirtschaftliche Flächen als Berechnungsgrundlage für den Kompostbedarf auf Privatgrundstücken genutzt werden.

6.1.2.3 Düngerecht

Komposte aus Biogut stellen nach Düngerecht, maßgeblich geregelt durch das Düngegesetz (DüngeG), organische NPK Dünger dar und unterliegen neben der BioAbfV den Bestimmungen der Düngemittelverordnung (DüMV) und der Düngeverordnung (DüV). Den Regelungen der DüMV unterliegen auch Komposte aus der Eigenkompostierung, die innerhalb der

Grundstücksgrenzen verwertet und nicht an Dritte abgegeben (Inverkehrbringen) werden. Dies ergibt sich aus den Vorschriften des DüngeG, wonach generell die Anwendung (Aufbringung) nur von solchen Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen usw. erlaubt ist, die den Anforderungen für das Inverkehrbringen nach einer Rechtsverordnung auf Grund des § 5 Absatz 2 oder 5 DüngeG entsprechen (vgl. § 3 Absatz 1 Satz 1 des DüngeG). Das bedeutet, dass Stoffe und

Ausgangsmaterialien, die nach der DüMV in der jeweils geltenden Fassung nicht zulässig sind, auch nicht angewendet werden dürfen. Mit diesem Anwendungsverbot soll insbesondere vermieden werden, dass unzulässige Stoffe auf eigenen Flächen, auch Hausgarten,

Schrebergarten, aufgebracht werden. Dagegen ist die DüV zwar für Komposte aus Biogut relevant, jedoch beschränkt sich deren Anwendungsbereich auf landwirtschaftlich genutzte Flächen.

Die in der DüMV einzuhaltenden Nährstoffgehalte (Stickstoff, Phosphor, Kalium, Calcium) werden in den nachfolgenden Betrachtungen zur Deckung des Nährstoffbedarfs als Grundlage für die Bewertung einer möglichen Überdüngung durch die Eigenverwertung herangezogen.

6.1.3 Kommunale Regelungen

Die Bestimmungen zur Eigenkompostierung und -verwertung sowie zur Befreiung von der Anschluss- und Benutzungspflicht unterscheiden sich auf kommunaler Ebene. Neben dem Satzungsrecht kann auch das Nachbarschaftsrecht Anforderungen an die Eigenkompostierung und -verwertung enthalten.

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Regelungen zur Überlassung von (Bio-)Abfällen werden i. d. R. in den kommunalen Satzungen detailliert gestaltet. Die Satzungen können in Bezug auf die Eigenkompostierung und

-verwertung bspw. Kriterien enthalten zur

► Mindestausbringungsfläche (pro Person),

► Maximalen Aufschichtungshöhe des Komposts,

► Mindestabstand des Komposters zur Grundstücksgrenze und

► Verwertung des Komposts innerhalb der Grundstücksgrenzen.

Außerdem können über das Satzungsrecht, das auch die Organisation der kommunalen Abfallwirtschaft regelt, durch Maßnahmen, wie bspw. die Gebührengestaltung oder

Investitionszuschüsse zu Kompostern, die Eigenkompostierung und -verwertung vor Ort gezielt beeinflusst werden. Generell hat die Gestaltung des Abfallgebührensystems die Gegebenheiten vor Ort zu berücksichtigen und neben der Auslegung des Rest- und Bioabfallsystems gleichzeitig das weitere Angebot an Entsorgungsdienstleistungen bspw. in Form von Wertstoffhöfen und Grünschnittannahmestellen einzubeziehen. Einige kommunale Abfallgebührensatzungen erlassen oder reduzieren die Abfallgebühren, sofern durch den Abfallerzeuger eine Eigenverwertung nachgewiesen wird.

Das Nachbarschaftsrecht gebietet zunächst die grundsätzliche Möglichkeit einen Komposthaufen aufzusetzen. Die subjektive optische Beeinträchtigung durch einen Komposthaufen auf dem Nachbargrundstück reicht nicht aus, um dessen Beseitigung zu erwirken. Sobald jedoch nachweislich unzumutbare Geruchsbelastungen sowie Fliegen- und Rattenbefall auftreten, kann eine Beseitigung oder Unterlassung nach § 1004 BGB verlangt werden [AMK 2014]. Eindeutige Regelungen hierzu existieren allerdings nicht. Im Zweifel wird in Abhängigkeit der örtlichen Bedingungen entschieden, ob die Lage des Komposthaufens unter nachbarschaftsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig ist oder nicht. [Schweizer 2012]

Häufig werden auf kommunaler Ebene, abhängig von der Handhabung und Relevanz der Eigenkompostierung- und verwertung, Informationen zur Eigenkompostierung

und -verwertung durch die örE bereitgestellt. Die Informationsangebote umfassen neben Hinweisen zur Prozessoptimierung auch grundlegende Informationen zu den für die

Eigenkompostierung geeigneten und nicht geeigneten Substraten (vgl. Kap. 6.4.1). Es ist davon auszugehen, dass die Informationsangebote der kommunalen Entsorger eine andere Reichweite haben und somit auf lokaler Ebene eine sinnvolle Ergänzung des bereits vorhandenen

Informationsangebots, welches bspw. durch das Umweltbundesamt in Form der Kompostfibel bereitgestellt wird, darstellen.