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Die Inhaltsanalyse zielt darauf ab, nachvollziehbare und wissenschaftlich belastbare Ergebnisse zu erzielen. Dies erfolgt mittels einer methodisch fundierten und begründeten Herangehensweise. Für das Verständnis der Inhaltsanalyse ist es wichtig, ihre Herkunft aus den Kommunikationswissenschaften, vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den USA, zu kennen. Massenmedien, wie Presse und Rundfunk generierten große Mengen an Material, dass es systematisch auszuwerten galt. Zunächst stand dabei der Kommunikationsinhalt im Fokus (daher auch der Name Content Analysis bzw. Inhaltsanalyse) sowie die quantitative Analyse z.B. die Analyse von Wort- oder Themenhäufigkeiten. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts stieg die Kritik an einer rein quantitativen Ausrichtung. Daraufhin wurden stärker qualitative inhaltsanalytische Ansätze entwickelt. Vor allem Mayring, Professor für Pädagogische Psychologie, adaptierte und entwickelte die Techniken der quantitativen Inhaltsanalyse maßgeblich weiter (Mayring & Brunner 2009; Ramsenthaler in Schnell et al. 2013).

Bei der qualitativen Inhaltsanalyse besteht ein Generalisierungsanspruch nach der eingehenden Analyse von einzelnen oder wenigen Fällen. Die Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse dienen als Ansatz für weiterführende quantifizierende Untersuchungen. Hinter der qualitativen Inhaltsanalyse steht ein umfangreiches methodisches Instrumentarium für eine systematische,

methodisch angeleitete Auswertung des Materials (Hildebrandt et al. 2015). Mayring und Brunner (2009) beschreiben die qualitative Inhaltsanalyse dabei wie folgt:

„Sie stellt eine Methode der Auswertung fixierter Kommunikation (z.B. Texte) dar, geht mittels eines Sets an Kategorien systematisch, regel- und theoriegeleitet vor und misst sich an Gütekriterien. Das qualitative Element besteht in der Kategorienentwicklung und der inhaltsanalytischen Systematisierung der Zuordnung von Kategorien zu Textbestandteilen“ (Mayring & Brunner 2009, S. 673)

Die Techniken der qualitativen Inhaltsanalyse zielen, wie in dem Zitat bereits angedeutet, auf das Sinnverstehen der Inhalte ab. Die Inhaltsanalyse unterliegt dabei einem systematischen und nachvollziehbaren Vorgehen. Dabei folgt die Inhaltsanalyse einem theoretisch angeleiteten Herangehen und einem regelgeleiteten, methodischen Vorgehen. Das hier erläuterte methodische Regelwerk begründet die Auswertung der Daten und stellt sicher, dass intersubjektiv nachprüfbare und reproduzierbare Ergebnisse erzielt wurden. Das methodische Grundgerüst wird bei der Inhaltsanalyse durch das Konzept der Kategorie bzw. des Kategoriensystems bestimmt. Unter Zuhilfenahme eines Kategoriensystems werden spezifische Ausprägungen inhaltlicher Merkmale erfasst und aus dem Datenmaterial gezogen.

Für die Erstellung von Kategorien bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, zum einen die deduktive und zum anderen induktive Vorgehensweise. Das ganze Kategoriensystem kann induktiv aus dem Material heraus erstellt werden, jedoch ist dies nicht üblich. Häufiger erfolgt die induktive Ergänzung einzelner Kategorien. Dies kann erforderlich sein, wenn sich bei der Durchsicht des Materials zeigt, dass Aspekte des Themas angesprochen werden, die im Vorfeld gar nicht bedacht wurden (Schreier 2014).

In dieser Dissertation wurde jedoch nicht das induktive, sondern das deduktive Vorgehen nach Mayring (2008) genutzt. Dies erfolgte, da Mayring die theoretische Fundierung der Kategorien im Voraus als notwendig erachtet. Bei der Kodierung ist somit bereits ein vordefiniertes Kategoriensystem vorhanden. Die Kategorien entsprechend den an Schlicksupp in Ripke (2005) angelehnten, ausgewählten Aspekten der Kreativität (Gedankliche Flexibilität, Sensibilität gegenüber Problemen, Neugierde, Ambiguitätstoleranz, Unterscheidungs- und Trennvermögen, Unkonventionell-Sein). Diese Kategorien entstammen der Literatur und sind somit bereits vorgegeben. Daher ist die Nutzung des deduktiven Vorgehens nach Mayring (2008) in dieser Studie als sehr sinnvoll einzustufen.

Das Ziel der Kodierung ist eine systematische Auswertung des empirischen Datenmaterials.

Zudem dient es der Sicherstellung der intersubjektiven Nachprüfbarkeit des Forschungs-prozesses. Die jeweiligen Kodiereinheiten dienen als Indikatoren, mit denen das Material

analysiert werden kann. Als Kodiereinheiten wurden einzelne Worte, ganze Sätze sowie vollständige Sinneinheiten verwendet (Hildebrandt et al. 2015).

5.1.1 Transkriptionsregeln

Transkriptionssysteme stellen ein Regelwerk dar, welches festlegt, wie die gesprochene Sprache in fixierte Form übertragen wird. Es existiert eine Vielzahl an unterschiedlichen Transkriptionsregeln mit unterschiedlicher Genauigkeit. Die Wahl des Transkriptionssystems hat sich dabei nach der Art der Analyse zu richten. Im Zuge dieser Dissertation wurde die transkriptbasierte Analyse für die qualitativen Interviews gewählt. Dabei wurden die Interviews nach den Transkriptionsregeln von Kuckartz et al. (2007) verschriftlicht, da diese die Bedürfnisse der späteren Auswertungsarbeit am besten befriedigen. Die Transkriptionsregeln basieren dabei auf bereits vorhandenen und oft genutzten Transkriptionssystemen die von Kuckartz et al. (2007) modifiziert wurden. Es wurde auf eine wörtliche Transkription verzichtet, da es nur auf die wesentlichen Aussagen und nicht auf die lautsprachlichen Aspekte ankommt. Zudem wurden auch zustimmende bzw. bestätigende Lautäußerungen der Interviewer (wie z.B. Mhm) nicht transkribiert. Dadurch wird der Text insgesamt sprachlich geglättet. Ebenso wurden Sprache und Interpunktion leicht angepasst, um eine bessere Verständlichkeit zu gewährleisten (Kuckartz 2010). Ergänzungen werden dabei in den Transkripten jeweils angezeigt z. B. durch Klammern. Da den Teilnehmern eine Anonymisierung zugesichert wurde, die Interviews jedoch hinterher den quantitativen Fragebögen zugeordnet können werden sollen, beinhalten alle Transkripte Zuordnungscodes.

5.1.2 Kodierung und Inter-Coder-Reliabilität

Das Kategoriensystem ist der zentrale Ausgangspunkt der qualitativen Inhaltsanalyse. Es besteht aus verschiedenen Oberkategorien, die jeweils mehrere Unterkategorien beinhalten.

Den Kategorien, auch Codes genannt, werden die entsprechenden Inhalte zugeordnet. Durch das Kategoriensystem lassen sich inhaltliche Zusammenhänge klar und übersichtlich darstellen.

Dabei ist es elementar, dass die einzelnen Kategorien disjunkt und präzise sind. Disjunkt bedeutet, dass die einzelnen Kategorien sich nicht inhaltlich überlappen. Ziel ist es, Textelemente klar und eindeutig nur einer Kategorie zuordnen zu können. Mit Präzision ist die genaue Festlegung der Kriterien, die beim Kodieren herangezogen werden, um eine Analyseeinheit einer Kategorie nachvollziehbar zuordnen zu können, gemeint (Hildebrandt et al. 2015). Daraus ergeben sich, für diese Studie, folgende Kodierungen mit Sub-Codes:

- Code: Gedankliche Flexibilität

o Sub-Code: Rolle im Unternehmen

o Sub-Code: Rolle im Design Thinking-Lernsetting

o Sub-Code: besonders relevante Phase im Design Thinking-Lernsetting

- Code: Sensibilität gegenüber Problemen

- Code: Neugierde

- Code: Ambiguitätstoleranz

- Code: Unterscheidungs- und Trennvermögen

- Code: Unkonventionell-Sein

Die Sub-Codes „Rolle im Unternehmen“ und „Rolle im Design Thinking-Lernsetting“ wurden bei allen Codes abgefragt. Bei dem Code: Ambiguitätstoleranz wurde nur nach der Rolle und Relevanz im Design Thinking-Lernsetting gefragt. Dies erfolgte, da in der Pilotierungsphase festgestellt wurde, dass die Ambiguitätstoleranz in den Unternehmen für die Auszubildenden und dual Studierenden keine relevante Rolle spielt. Näheres kann dem Ergebnissteil entnommen werden. Zudem wurde nach der besonders relevanten Phase im Lernsetting gefragt.

Diese Informationen wurden zwar kodiert, aufgrund des umfangreichen Materials jedoch in der Auswertung nicht weiter aufgegriffen.

Für den Prozess des Kodierens ist es zentral, dass klare Regeln erstellt werden. Die Operationalisierung der Kategorien wird festgehalten, um die Analyseeinheiten bestimmten Kategorien zu weisen zu können. Detaillierte Kodieranweisungen können somit sicherstellen, dass in der Auswertung stets die gleichen inhaltlichen Merkmale auf die identische Art und Weise anhand der Kriterien kodiert werden. Dazu wurde eine detaillierte Kodieranleitung konzipiert, somit wird das Kriterium der Objektivität erfüllt.

Um das Kriterium der Objektivität zudem zu erfüllen wurden die Kodierungen in dieser Dissertation lediglich von einem Kodierer, der Doktorandin selbst, vorgenommen. Um jedoch die Objektivität nachweisen zu können wurden von einem zweiten Kodierer identische Interviews kodiert. Diese Probekodierungen erfolgten unabhängig vom Erstkodierer. Aus der Übereinstimmung dieser beiden unabhängigen Kodierungen ergibt sich die die Intra-Koder-Reliabilität (Hildebrandt et al. 2015; Mayring & Brunner 2009). Für die Überprüfung der Reliabilität werden in der Regel 10–20% des Materials der Haupterhebung verwendet. Es wurde eine Prüfung der Inter-Codierer-Übereinstimmung, auch inter-coder reliability genannt, für zwei Codierer durchgeführt. Dabei codieren beide Codierer einen identischen Ausschnitt des Materials anhand des vorhandenen Kategoriensystems. Daraus wurden für jede Kategorie

ein Reliabilitätskoeffizient und die prozentuale Übereinstimmung berechnet. Die prozentuale Übereinstimmung berechnet sich, indem die Anzahl der übereinstimmenden Kodierungen durch die Anzahl aller kodierten Analyseeinheiten geteilt wird. Vorteile sind dabei die einfache Berechenbarkeit und das intuitive Verständnis. Ein Nachteil der prozentualen Übereinstimmung ist jedoch, dass zufällige Übereinstimmungen nicht berücksichtigt werden (Döring & Bortz 2016).

Die Reliabilität der einzelnen Kategorien durch drei Werte verdeutlicht. Zum einen die Anzahl der Einzelkodierungen je Coder und Text sowie die Übereinstimmungen der probecodierten Texte 1 und 2. Zum anderen ist die Berechnung des Holsti-Koeffizienten sowie das Ergebnis aufgeführt. Zudem ist der prozentuale Übereinstimmungskoeffizient angegeben. Ein Übereinstimmungskoeffizient von insgesamt 92,2% wird ermittelt. Eine Reliabilität wird ab 90% als sehr gut eingestuft und über 80% als gut. Welcher Schwellenwert unterhalb einer Übereinstimmung von 80% (r < 0,80) noch akzeptabel ist, darüber herrscht in der Methodenliteratur offener Streit (Lombard et al. 2002). Die Kategorie „Sensibilität gegenüber Problemen 2“ – also im Design Thinking-Lernsetting, liegt unterhalb des empfohlen Reliabilitätswerts. Dies lässt sich durch Doppelkodierungen erklären und weist darauf hin, dass diese Kategorie nicht so trennscharf ist. Ebenso befinden sich die Kategorien „Einleitung“ und

„Frage unklar“ unterhalb des empfohlen Reliabilitätswerts. Da besonders die Einleitung dazu dient, den Gesprächspartner besser kennen zu lernen und eine angenehme Atmosphäre zu erzeugen, sind diese Aussagen von geringer Bedeutung für die Forschungsfragen. Da sie somit für die folgende Auswertung keine bedeutende Rolle spielen, ist dies zu vernachlässigen. Die verbleibenden Kategorien werden als gut oder sehr gut eingestuft, so dass insgesamt von einer hohen Reliabilität ausgegangen werden kann.

5.1.3 Strukturierung und Auswertung

Zuerst erfolgt ein erstes Ordnen der der Interviewaussagen, wie in dem vorherigen Kapitel dargelegt. Dabei werden die Aussagen in einem ersten Schritt zusammengefasst, diese Zusammenfassung erfolgt mittels MAXQDA, durch die zuvor festgelegten Kategorien und ihre Sub Codes. Es erfolgt eine Zuordnung der Aussagen der einzelnen Teilnehmer zu den Kategorien. Im nächsten Schritt erfolgt eine sprachliche Glättung der Interviews. Dies ist notwendig, da die im Interview gegebenen Antworten selten grammatikalisch korrekt sind, wenn sie in Schriftform übertragen werden. Das Glätten der Interviews verbessert dabei Lesbarkeit und Verständlichkeit der Aussagen (Gropengießer 2008). Daran anschließend erfolgt das Ordnen der Interviewaussagen. Dabei kommt es zu einer Bündelung von Aussagen.

Dies bedeutet, dass identische Aussagen nur einmal aufgenommen werden, bedeutsame Beispiele bleiben dabei jedoch erhalten. Die jeweilige Quelle wird durch die Zeilennummer aus MAXQDA kenntlich gemacht. Im Anschluss an die Aufbereitung der Daten erfolgt die Strukturierung. Diese wird in Kapitel 7 dargelegt.