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Innerhalb der vorstehend beschriebenen gesetzlichen Regelungen obliegt es den Parteien, im Rahmen der Privatautonomie den Inhalt des Contractingvertrages zu bestimmen. Demzufolge ist auch der für die Leistungen des Contractors vereinbarte Preis ein beiderseits akzeptierte Verhandlungsergebnis, weshalb für eine nach-trägliche Kontrolle mit der Folge einer Preisänderung grundsätzlich kein Raum ist.

Weil eine Pflicht zur Offenlegung nur in gesetzlich geregelten Spezialfällen besteht, die auf den als Kaufvertrag einzuordnenden Contractingvertrag nicht zutreffen, ist der Contractor auch nicht verpflichtet, seine Kalkulation offenzulegen (vgl. BGH 06.12.1978).

Bereits § 24 Absatz 3 AVBFernwärmeV proklamiert den Grundsatz der kosten-orientierten Preisbildung. Demzufolge ist ein Preissystem anzuwenden, das zwischen der Bereitstellung einer Energieerzeugungsanlage und dem Energieverbrauch unterscheidet. Das Entgelt für die gewerbliche Wärmelieferung setzt sich folglich aus einem fixen und einem variablen Bestandteil zusammen, denen der so genannte

„Grundpreis“ auf der einen sowie der „Arbeitspreis“ auf der anderen Seite zugrunde liegen.

Grundpreis

Typischerweise kalkuliert der Contractor sein fixes Entgelt („Grundpreis“) dergestalt, dass damit alle von der Auslastung der Anlage unabhängigen Kosten abgedeckt werden. Mithin enthält der Grundpreis in der Systematik der in Abschnitt 6.1 noch genauer darzustellenden VDI 2067 die kapitalgebundenen, betriebs-gebundenen und die sonstigen Kosten sowie den Gewinn des Contractors. Der Grundpreis deckt entsprechend die Kapitalkosten für die Investition in die Energieversorgungsanlage, die Kosten der Pflege, Überwachung, Wartung und Reparatur der Anlage, wenn nicht gesondert vereinbart die Kosten der Messung des Verbrauchs, Versicherungskosten und weitere, aus der Vorhaltung der Anlage erwachsende Kosten sowie einen Unternehmergewinn.

Arbeitspreis

Die verbrauchsgebundenen Kosten hingegen sind abhängig von der Auslastung der Anlage und daher Grundlage für ein variables Entgelt. Der so genannte

„Arbeitspreis“ deckt folglich die Kosten der Lieferung von Nutzenergie, also die Kosten der Brennstoffbeschaffung, die Kosten für Betriebsstrom (z. B.

Pumpenstrom) und die bei der Umwandlung der Einsatzenergie in Nutzenergie vom Anlagenwirkungsgrad abhängigen Verluste ab (z. B. Abwärmeverluste über das Abgas).

Im Rahmen der Preisgestaltung werden auf der Grundlage des anzutreffenden Kostengefüges (auf der Beschaffungsseite des Contractors) die vertragsgegen-ständlichen Basispreise (Verkaufsseite des Contractors) ermittelt.

Preisanpassung

Bei langfristigen Vereinbarungen kommt zudem der Preisanpassung eine herausragende Bedeutung zu. Da bis auf die getätigte Investition nahezu alle in der Kalkulation enthaltenden Kostengruppen einer Veränderung innerhalb der Vertragslaufzeit unterliegen, gilt es für den Contractor, diese Veränderungen in Preisgleitklauseln – synonym wird der Begriff Preisänderungsklauseln verwandt -entsprechend so abzubilden, dass erhöhte Ausgaben durch -entsprechende Mehreinnahmen gedeckt werden bzw. verminderte Ausgaben zu einer Kostenentlastung für den Nutzer führen. Gelingt diese Synchronisation von Kosten und Erlösen nicht, ist der dauerhafte wirtschaftliche Erfolg des Contractingunter-nehmens gefährdet. Daneben hat die Preisgleitklausel die Aufgabe, für den Kunden eine transparente, nachvollziehbare Kostenstruktur zu schaffen (vgl. Andres 2008).

Die resultierenden Preisänderungen erfolgen auf der Grundlage gemeinsam festgelegter mathematischer Formeln, sogenannter Preisänderungsklauseln. Da hiermit regelmäßig kein einseitiges Preisbestimmungsrecht vereinbart wird, hat die Billigkeitskontrolle gemäß § 315 BGB in der Contractingpraxis nahezu keine unmittelbare praktische Bedeutung. Eine automatische oder selbsttätige Anpassung der vereinbarten Preise setzt jedoch voraus, dass im Vertrag zum einen die

Berechnungslogik, nach der die Preisanpassung vollzogen wird, zum anderen die maßgeblichen Bezugsgrößen, deren Änderung zu einer Anpassung der Preise führen, präzise benannt werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt und die automatische Preisanpassung damit wirksam vereinbart, ist der erhöhte Preis ab dem Zeitpunkt zu zahlen, zu dem die Erhöhung der Bezugsgrößen eingetreten ist. Einer gesonderten Aufforderung zur Zahlung des erhöhten Betrages bedarf es laut höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht (vgl. BGH 10.10.1979).

Auch die Preisklauselverordnung (PrKV) erachtet Kostenelementklauseln als ohne Genehmigung zulässig, also solche Klauseln, die den Preis für die Leistungen des Contractors an die Entwicklung der Preise oder Werte für Güter oder Leistungen koppelt, welche die Selbstkosten des Contractors bei der Erbringung seiner Leistungen unmittelbar beeinflussen. Solche in § 1 Ziffer 3 PrKV geregelten Kosten-elementklauseln entsprechen am genauesten dem Anspruch an Preisänderungs-klauseln, nämlich der Aufrechterhaltung des in den Vertragsverhandlungen gefundenen Äquivalenzverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, weshalb sie in der Praxis häufig eingesetzt werden (vgl. Büdenbender 2005).

Grundfunktion der Preisanpassung ist demgemäß, die Rentabilität des Betriebes einer Wärmeerzeugungsanlage dauerhaft zu gewährleisten, d. h. Änderungen der in der Kalkulation enthaltenen monetären Eingangsgrößen während der Vertragslaufzeit an den Kunden weiterzugeben und gegebenenfalls zusätzlich entstehende Kosten, z. B.

bei Einführung einer Steuer oder Abgabe, zu wälzen.

Die Preisgleitklausel für den Arbeitspreis hat insofern sicherzustellen, dass die Ausgaben für den Brennstoff über die gesamte Vertragslaufzeit durch die Einnahmen über den Arbeitspreis gedeckt werden. Damit dies für die gesamte Vertragslaufzeit gilt, muss sich der Arbeitspreis parallel zum Brennstoffpreis entwickeln, mithin der gleichen Änderungsrate unterworfen werden. Weitere Nebenbedingung ist, dass der kalkulierte Nutzungsgrad seitens des Contractors nicht unterschritten wird, siehe Abbildung 40.

Für den Bereich der Wärmelieferung existiert neben den allgemein geltenden Regelungen der Preisklauselverordnung eine spezialgesetzliche Regelung zur Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln. Wie bereits dargestellt, dürfen

Preisänderungsklauseln nach § 24 Absatz 3 AVBFernwärmeV nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Diese Regelung geht im Grundsatz davon aus, dass der Contractingnehmer vor ungerechtfertigten nachträglichen Preiserhöhungen geschützt ist, sofern der Contractor die Preisänderungsklausel als Kostenelementklausel ausgestaltet, also seine Preise an seinen Gestehungskosten ausrichtet. Die weitere Forderung des § 24 Absatz 3 AVBFernwärmeV, die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen zu berück-sichtigen, ist ein Korrektiv, welches unabhängig von der tatsächlichen Kostensituation des Contractors verhindern soll, dass die Kunden zu über dem Marktniveau liegenden Preisen versorgt werden (vgl. Hermann, Recknagel u.

Schmidt-Salzer 1984).

Bei Bezugsgrößen, die vergleichsweise starken Schwankungen unterliegen, ist es sinnvoll, Zeiträume zu bestimmen, deren Durchschnittspreis als Bezugsgröße für den sich automatisch anpassenden Preis des Contractors für diesen Zeitraum verwendet wird. Hat man beispielsweise den Ölpreis als Referenz gewählt, empfiehlt es sich, für einen bestimmten Zeitraum auf den Durchschnittspreis eines entsprechenden Quartals Bezug zu nehmen, und dabei auf Zeitreihen zurückzugreifen, welche regelmäßig vom Statistischen Bundesamt ermittelt und veröffentlicht werden. Dies gewährleistet, dass die Bezugsgrößen von beiden Vertragsparteien ohne übermäßigen Aufwand ermittelt und überprüft werden können (vgl. Hack 2003). Vor dem Hintergrund eines ständig schwankenden Ölpreises wird somit der Forderung nach Objektivität und Transparenz soweit wie möglich Rechnung getragen. Der Ölpreis ist ein sehr gut kommunizierter Marktpreis, der zudem exogen für die Vertragsparteien ist.

Sofern Brennstoffe zum Einsatz kommen, für die keine allgemein verwendbaren, vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Bezugsgrößen existieren (z. B. Holzhack-schnitzel), können andere veröffentlichte Indexreihen, wie die des EUWID, zugrunde gelegt werden oder eine Koppelung an die konkreten Beschaffungskosten erfolgen.

Analog den Ausführungen zur Anpassung des Arbeitspreises, soll die Preisgleitklausel für den Grundpreis gewährleisten, dass verbrauchsunabhängigen Ausgaben über die gesamte Vertragslaufzeit durch die Einnahmen aus dem Grundpreis gedeckt sind. Neben der Deckung der fixen Kosten soll der Grundpreis den Deckungsbeitrag des Contractors sicherstellen.

Wie Abschnitt 6.1 darstellt, sind neben den Kapitalkosten die betriebsgebundenen Kosten ein wesentlicher Bestandteil des Grundpreises. Diese wiederum werden maßgeblich durch die Personalaufwendungen für Wartung, Instandhaltung sowie Betriebsführung geprägt, weiterhin durch Kosten für das notwendige Material. Die Personalkosten verändern sich über die Laufzeit ebenso wie die Materialkosten. Da diese Veränderungen nicht vorhersehbar sind, muss die Anpassung an Indexwerte gekoppelt werden, die diese Kostensteigerungen widerspiegeln. Dabei wird in Contractingverträgen regelmäßig in einen bestimmten Index für die Lohnsteigerungen und einen definierten Index für die Investitionskostensteigerungen unterschieden. Die Anpassung des Grundpreises erfolgt überwiegend einmal im Jahr, wobei auch hier die Verwendung vom Statistischen Bundesamt veröffentlichter Daten höchstmögliche Transparenz und Objektivität gewährleistet. Daneben wird die einseitige Vorteils-nahme eines Vertragspartners mit dem Automatismus ausgeschlossen.

Ist das Preisblatt eines Contractors so aufgebaut, gehorcht die Anpassung klaren Mechanismen, die mit Hilfe von mathematischen Grundfertigkeiten nachzuvollziehen sind, wenngleich die Prüfung eines Preisblattes eines gewissen zeitlichen Aufwandes bedarf. Im Ergebnis bilden die Preisänderungsklauseln die künftige Preisentwicklung transparent ab, und zwar auf der Basis allgemein zugänglicher, objektiv für beide Vertragsparteien exogener Größen.

Schließlich sei auf das BGH-Urteil vom 11.10.2006 verwiesen, welches eine Billigkeitskontrolle der Preisgestaltung eines Fernwärmeversorgungsunternehmens anhand § 315 Absatz 3 BGB ablehnt, wenn aufgrund einer automatischen Preisgleitklausel die Berechnungsfaktoren für eine Preisänderung vertraglich so bestimmt sind, dass bei der Berechnung des geänderten Preises kein Ermessens-spielraum besteht (vgl. BGH 11.10.2006).

4 Der Contractingmarkt und seine Teilnehmer