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Portugal: Ausschreibungen und Mindestvergütungen

3. FÖRDERKONZEPTE IM VERGLEICH

3.3 I NTERNATIONALE E RFAHRUNGEN MIT F ÖRDERINSTRUMENTEN

3.3.3 Erfahrungen mit Ausschreibungen

3.3.3.1 Portugal: Ausschreibungen und Mindestvergütungen

Mit der Förderung Erneuerbarer Energien möchte Portugal seine Importabhängigkeit verringern, die Energiebereitstellung diversifizieren und auch seinen internationalen

Verpflichtungen (Kioto-Protokoll, EU-Ziel Anteil EE am Strommix) nachkommen. In jüngerer Vergangenheit sind zu diesen Begründungen industriepolitische Aspekte hin-zugetreten, bei der man insbesondere auf die Ansiedlung von Herstellern abgezielt. Die EU-Richtlinie 2001/77/EC zur Förderung der Stromerzeugung aus regenerativen Ener-giequellen fordert, dass in Portugal bis zum Jahr 2010 mindestens 39 % des Brutto-stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen stammen müssen. Die Gesamtkapazität soll entsprechend um 5.000 MW bis 2010 aufgestockt werden, was mehr als einer Verdopp-lung gegenüber 2001 bedeutet. In einer weiteren Verordnung (169/2005) ist darüber hinaus bis 2013 ein Ausbau der Leistung von Windkraftanlagen auf 5100 MW vorgese-hen; die Gesamtkapazität Erneuerbarer Energien steigt damit auf über 11 GW.

Erneuerbare Energien werden in Portugal durch staatlich geregelte Einspeisevergütun-gen, direkte Subventionszahlungen (PRIME-Programm), aber auch steuerliche Anreize, gefördert. Erst in jüngerer Zeit sind zusätzlich öffentliche Ausschreibungen für die Ver-gabe von freien Netzkapazitäten hinzugekommen.

Vergütungsmodell in Portugal

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird in Portugal außer durch Zuschüs-se, zinsgünstige Darlehen und steuerliche Anreize (Einkommensteuer, Mehrwertsteuer, Energiesteuer) durch Einspeisevergütungen und in jüngster Zeit zusätzlich durch Aus-schreibungen gefördert. Einspeisevergütungen für Erneuerbare Energien (ohne große Wasserkraft) werden seit 1988 staatlich geregelt (Dekret 189/88), wobei die Konditio-nen mehrfach angepasst wurden. Seit 2001 (Dekret 339-C/2001) ist die Vergütung technologiespezifisch geregelt; die letzte Anpassung erfolgte Anfang 2005 (Dekret 33-A/2005). Die Tarife werden monatlich neu anhand folgender Formel neu ermittelt.

V VPI

Z VPI UK VK FK K

V

REF m i

m i

m = ⋅ + + ⋅ ⋅ ⋅ −

1 ) 1

( 1

,

mit

m: Aktueller Monat i: Technologie.

Vm,i: Im Monat m geltender Vergütungstarif für Strom einer bestimmten Technolo-gie.

Km: Koeffizient zur Berücksichtigung typischer zeitlicher Erzeugungsprofile.

FK: Spezifische fixe Kosten eines verdrängten fossilen Vergleichskraftwerks.

VK: Spezifische variable Kosten eines verdrängten fossilen Vergleichskraftwerks.

UK: Spezifische Umweltkosten eines verdrängten fossilen Vergleichskraftwerks.

Zi: Technologiespezifischer Koeffizient, der die individuellen Umweltwirkungen

der Technologie berücksichtigt.

VPIm-1: Verbraucherpreisindex ohne Mietkosten im Vormonat (m-1).

VPIref: Verbraucherindex ohne Mietkosten im Monat vor der ersten Netzeinspeisung der betreffenden Anlage.

NV: Vermiedene Verluste in den Übertragungs- und Verteilungsnetzen, wobei zwi-schen Anlagen über bzw. unter 5 MW unterschieden wird.

Berücksichtigt werden somit vermiedene fixe und variable Kosten neuer Anlagen, eine Umweltkomponente für eingesparte CO2-Emissionen, ein technologiespezifischer Fak-tor, ein Verbraucherpreisindex und vermiedene Netzverluste. Für Wasserkraftanlagen und optional für andere Anlagen erfolgt eine Anpassung der Vergütung in Abhängigkeit der Tageszeit der Einspeisung. Weitere Staffelungen nach Windenergie-Standorten oder Jahresvolllaststunden werden nicht mehr angewendet. Die Förderdauer ist zunächst auf 15 Jahre begrenzt; außerdem ist die jeweils geförderte Gesamtstromerzeugung (z.B. bei Windkraftanlagen 33.000 Volllaststunden) begrenzt.35 Die Frist kann unter bestimmten Bedingungen verlängert werden; insbesondere falls bis dahin noch kein System grüner Zertifikate etabliert in Portugal worden sein sollte.

Bei Wasserkraftanlagen wird der Koeffizient Km auf jeden Fall berücksichtigt, bei ande-ren Technologien haben Betreiber zum Zeitpunkt der Genehmigung der Anlage die Wahl, ob sie die Berücksichtigung des Koeffizienten wünschen. Die tageszeitlichen Bereiche für Grundlast- bzw. Spitzenlastgänge sind im Gesetz festgelegt.

Die Differenzkosten des Einspeisetarifs zum Marktpreis werden über eine Umlage auf die Preise für Endkunden finanziert. Ein Degressionsmechanismus zur kontinuierlichen Angleichung der Tarife an die Marktpreise ist nicht vorgesehen. Die Tarife werden je-doch monatlich an die Inflation angepasst, allerdings wirkt diese Inflationsbereinigung nach der neuen Regelung von 2005 nicht mehr direkt ab dem Genehmigungsentscheid zur Anlagenerrichtung, sondern erst ab Inbetriebnahme der Anlage.

Ein weiteres Element der Verordnung bezieht sich auf die Gewinnverteilung der Vergü-tungen auf lokaler Ebene. So müssen die Betreiber von Windkraftanlagen, den Gemein-den, auf deren Grund sie gebaut wurGemein-den, pro Anlage einen Anteil von 2,5 % der Ein-nahmen aus dem Stromverkauf abtreten. Gemeinden werden somit darin bestärkt Pro-jekte zur regenerativen Stromgewinnung auf ihrem Gebiet zu unterstützen. Dementspre-chend gering ist der lokale Widerstand gegen neu entstehende Anlagen.

35 Anlagenbetreiber können alternativ ein Konsumenten-Produzenten-Modell wählen, wobei der Strom überwiegend selbst verbraucht wird und der Rest nach modifizierten Regeln vergütet wird.

Die Höhe der Vergütung von Strom aus Windkraftanlagen lag 2005 bei 7,35 ct/kWh.

Höhere Sätze ergaben sich für vor allem für Biogas (10,4 ct/kWh), Waldholz (11,0 ct/kWh) und Photovoltaik (37,3 bis 54,2 ct/kWh).

Ausschreibungsverfahren

Der Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in Portugal wird bisher noch stark durch knappe Netzkapazitäten und langwierige Genehmigungsverfahren be-hindert. Zur Ergänzung der Einspeisevergütung werden daher zusätzlich Kapazitäten öffentlich ausgeschrieben.

Ausschreibungsverfahren für Windkraftanlagen

Im europaweit bislang größten Ausschreibungsverfahren seiner Art hat die portugiesi-sche Regierung im Juli 2005 den Anschluss von insgesamt 1200- 1500 MW an das öf-fentliche Netz international ausgeschrieben. Die Lizenzen können darüber hinaus um 20 % erweitert werden. Bis 2010 würde somit in etwa die Hälfte der avisierten Leistung von Windkraftanlagen im Rahmen der Ausschreibungen realisiert.

Bei den Ausschreibungen wird ein Punktesystem verwendet, in dem vor allem auch industriepolitische Aspekte (Förderung der lokalen Wirtschaft, Beschäftigung, Export) berücksichtigt werden. Neben einer guten Netzintegration werden die Gebote auch da-nach bewertet, wie weit sie die gesetzlich geregelten festen Einspeisetarife unterschrei-ten, wobei eine Verminderung der gesetzlichen Vergütung um 5 % mit der maximalen Punktzahl bewertet wird. Eine weitergehende Senkung des Angebotspreises ist also nicht lukrativ. Entsprechend haben alle Bieter auch genau zu diesem Wert angeboten.

Dieses Wirtschaftlichkeitskriterium wird in Phase A mit 20 % gewichtet; der Aufbau eines industriellen Windenergie-Clusters mit 45 %, die technische Führung des Projekts einschließlich Netzintegration mit 25 % und Innovationsförderung mit 10 %.

Der Zuschlag für 48 Windparks in verschiedenen Teilen Portugals mit einer Kapazität von 1.200 MW in Phase A (800 MW + 200MW + 20 %) ist im Oktober 2006 an das Konsortium Eolicas de Portugal gegangen, das maßgeblich vom größten portugiesi-schen Versorger Energias de Portugal (EDP) geführt wird und dem Enercon, zwei Tochterunternehmen des spanischen Konzerns Endesa und der spanische Windparkent-wickler Grupo Generg angehören. Das vorgesehene Investitionsvolumen bis 2011 be-trägt 1,7 Milliarden €, eine der größten Auslandinvestition, die in Portugal jemals getä-tigt wurde. Geplant ist die Errichtung von 48 neuen 20-25 MW großen Windparks in Nord- und Mittelportugal. Die ersten Windkraftanlagen sollen schon 2008 ans Netz ge-hen, das gesamte Projekt soll bis 2010 abgeschlossen sein. Die neuen Windparks wer-den rund ein Viertel der gesamten Winwer-denergieproduktion Portugals stellen und

zukünf-tig rund 2,3 Millionen Haushalte mit Strom versorgen. Dies entspricht einem Anteil von 4 % an der nationalen Stromproduktion. Enercon wird in diesem Rahmen in der nord-portugiesischen Hafenstadt Viana do Castelo fünf neue Produktionsstätten errichten (eine Betonturmfabrik, eine Rotorblattfertigung, ein Generatorenwerk, eine Anlagen-Endmontage und ein Werk für den Bau von E-Modulen), die 2008 fertig sein sollen (Enercon 2007). Damit können die Windkraftanlagen komplett im Inland gefertigt den. Mittelfristig sollen 60 % der dort hergestellten Windkraftanlagen exportiert wer-den, was durch den Standort an einem Hafen begünstigt wird. Zwischenzeitlich hat E-nergias de Portugal den großen amerikanischen Windkraft-Projektentwickler und Anla-genbetreiber Horizon mit einem Projektprotfolio von 9000 MW in 16 Ländern akqui-riert, was den Export der Anlagen gut absichern dürfte. Insgesamt sollen durch die por-tugiesische Ausschreibung 1800 neue Arbeitsplätze in der Windbranche geschaffen werden, deren Zahl bis zum Jahr 2010 sogar auf 5500 ansteigen könnte.

Eolicas de Portugal als Gewinnerkonsortium der Phase A ist automatisch von der Aus-schreibung des zweiten Loses ausgeschlossen, um einer Monopolbildung vorzubeugen.

Beim zweiten Los (400-500 MW) führt ein Konsortium (Ventinveste) bestehend aus den Unternehmen GALP Energia, Grupo Enersis, Martifer, REpower Portugal und RE-power Systems AG sowie dem Hersteller von elektrischen Komponenten EFACEC.

Bedingt durch den Bieterwettbewerb um REpower hatte sich dieses Verfahren verzö-gert. Darüber hinaus sind kleinere Ausschreibungsverfahren für Windenergie (von je-weils 10-20 MW) mit einer Gesamtkapazität von 200 MW vorgesehen.

Neben Portugal haben auch andere Staaten, z.B. Kanada und Spanien, vergleichbare lokale Kriterien, so genannte „local content requirements“, in die Vergabeentscheidung großer Windkraftprojekte integriert. Fragwürdig bleibt jedoch deren Vereinbarkeit mit internationalem Handelsrecht, da diese Vorgaben Handelsbeschränkungen darstellen.

Ausschreibung für Biomasseanlagen

Neben Wind- und Wasserkraft spielt Biomasse eine wichtige Rolle in der portugiesi-schen Strategie zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Im Februar 2006 wurde der Bau von insgesamt 15 Biomassekraftwerken mit einer Leistung von 100 MW öffentlich ausgeschrieben. Die vergebenen Lizenzen sind ortsgebunden und verteilen sich vor al-lem auf den Norden und das Zentrum des Landes. Die gesamte Investitionssumme wird auf 225 Mio. € geschätzt. Insgesamt sollen ca. 500 bis 800 neue Arbeitsplätze geschaf-fen werden. Zur Bewertung der Gebote wird ein ähnliches Punktbewertungsverfahren wie bei der Windenergie verwendet. Am begehrtesten sind die größeren Projekte (ab 10 MW), während für ein kleines Projekt keine Angebote abgegeben wurden.

Ausschreibung für Photovoltaik-Anlagen

Trotz der vorteilhaften klimatischen Bedingungen ist die Photovoltaik in Portugal noch relativ wenig ausgebaut. Zwar konnte in den letzten Jahren eine jährliche Wachstumsra-te von 30 % verzeichnet werden, dies betraf jedoch fast ausschließlich Insellösungen (off-grid). Im Jahr 2005 waren in Portugal Anlagen mit einer Leitung von insgesamt 3,3 MWp installiert, lediglich ein Fünftel davon an das öffentliche Stromnetz ange-schlossen. Portugal hat sich 150 MW bis zum Jahr 2010 zum Ziel gesetzt. Genehmi-gungen für 128 MW der insgesamt 150 MW wurden bereits vergeben. Für die verblei-benden 22 MW ist die Nachfrage sehr hoch. Deren Vergabe ist jedoch derzeit ausge-setzt, da durch die großen Ausschreibungsverfahren für Wind und Biomasse dem portu-giesischen Generaldirektorat für Geologie und Energie (DGGE) momentan die Bearbei-tungskapazitäten fehlen. Erst ab März 2007, wenn die Entscheidungen über die Vergabe der restlichen Wind und Biomasse Lizenzen gefallen sind, will das DGGE ein neues Ausschreibungsverfahren über die verbleibenden 22 MW PV-Lizenzen erarbeiten. Ob dabei ein Großprojekt oder mehrere kleine Projekte zum Zuge kommen sollen, muss noch entschieden werden.

(Vorläufige) Bewertung

Für eine abschließende Bewertung der Ausschreibungen zur Förderung Erneuerbarer Energien in Portugal ist es gegenwärtig noch zu früh, da die Verfahren z.T. noch laufen und die Projekte noch nicht realisiert sind. Grundsätzlich ist zu betonen, dass die Aus-schreibungen in Portugal ergänzenden Charakter haben; sie ersetzen nicht das Vergü-tungsmodell das weiterhin gilt. Die Ausschreibungen haben hauptsächlich die Aufgabe, den Ausbau durch beschleunigte Durchführung insbesondere von Großprojekten zu forcieren. Dabei werden neben der direkten Förderung der Stromerzeugung ausdrück-lich industrie- und technologiepolitische Impulse gesetzt, die dem weiteren Ausbau, aber auch der heimischen Wirtschaft zu Gute komme sollen. Der Anreiz zur Beteiligung an den Ausschreibungen besteht für Investoren vor allem darin, dass in diesem Rahmen bestehende Hemmnisse des elektrizitätswirtschaftlichen Integration und der Genehmi-gung vermindert werden. Die erfolgreichen Bieter erlangen dabei eine große Planungs-sicherheit. Der gleichzeitige starke Drang zur vertikalen Kooperation in großen Konsor-tien kann in der Anfangsphase gerechtfertigt sein, um in kurzer Zeit tragfähige indus-trielle Strukturen aufzubauen. Auf Dauer sollte dies aber nicht dazu führen, dass andere, insbesondere kleinere Anbieter verdrängt werden und der Wettbewerb dadurch einge-schränkt wird.

Solche ergänzenden Ausschreibungen könnten in Teilbereichen künftig auch in anderen Ländern vor allem mit dem Ziel genutzt werden, knappe Nutzungsmöglichkeiten auf

potenzielle Investoren aufzuteilen. Ausschreibungen könnten sich insofern z.B. für die Nutzung von Offshore-Standorten anbieten.

3.3.3.2 Ausschreibung von Offshore-Projekten in Großbritannien und Dänemark