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Physiko-chemische Vorgänge im Grundwasserleiter

2. GEOLOGISCHE UND HYDROGEOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN DES UNTERGRUNDES

2.4 Ü BERSICHT ÜBER T RANSPORTMECHANISMEN IM U NTERGRUND

2.4.3 Physiko-chemische Vorgänge im Grundwasserleiter

Die Untergrundpassage ist für die Reinigung kontaminierten Wassers sehr wichtig. Nach TOUSSAINT 1988 lassen sich u.a. folgende Prozesse differenzieren:

Verdünnungsprozesse

Verunreinigtes Grundwasser kann durch Beimischung von sauberem (Grund)Wasser verdünnt werden, bis die Konzentration unterhalb der kritischen Grenzwerte liegt. Die Wirksamkeit der Verdünnung ist abhängig von der Beschaffenheit des zugemischten Wassers. Verdünnungs-wasser kann SickerVerdünnungs-wasser oder von unten bzw. seitlich zutretendes GrundVerdünnungs-wasser sein. Eine Verdünnung kann aber auch infolge Dispersion und Diffusion erfolgen.

Eliminationsprozesse mechanische Filterung

Unter Filtration wird das Zurückhalten disperser organischer und anorganischer Stoffe in ei-nem porösen Filtermedium verstanden. Dabei nehmen die Filtereffekt mit Reduzierung der Fließwege und mit Dauer des Filtervorgangs zu, jedoch können bei Änderungen der Fließvor-gänge wiederum Teilchen in Suspension gebracht werden. FiltervorFließvor-gänge laufen in der unge-sättigten schneller als in der geunge-sättigten Zone ab. Durch die im Filter zurückgehaltenen Fest-stoffe tritt zunächst eine Verbesserung der Filterwirkung ein, die sich dann allerdings wieder

verschlechtert. Durch auftretende Porenverstopfungen verringert sich die Durchlässigkeit bis hin zu Selbstdichtung. Diese Verstopfung wird durch parallel ablaufende chemische und bio-logische Prozesse, z.B. durch Ausfällungen unlöslicher Eisen- bzw. Manganverbindungen oder Mikroorganismen mit stabilen Zellwänden verstärkt und die hydraulischen Bedingungen verändert. Auch durch biologische Abbauprozesse entstehende Gasbläschen können die Poren des Filtermediums verlegen.

Adsorption

Adsorptionsvorgänge von gelösten und ungelösten Stoffen basieren auf verschiedenen Reak-tionen, die hier nicht näher erläutert werden sollen. Durch Adsorption können im biologisch aktiven Bereich viele persistente Stoffe gebunden werden, da hier immer neue Oberflächen zur Verfügung stehen. Weiterhin können Huminsäuren und die im Untergrund ausgefällten Eisen und Manganoxide bzw. -hydroxide in großem Umfang Schadstoffe resp. Schwermetalle binden.

Ionenaustausch

Tonminerale, amorphe Kieselsäure sowie organische Substanzen können der wässrigen Phase Ionen entziehen und adäquate Mengen an Ionen in Lösung geben. Dabei wird die Summe der austauschfähigen Kationen (incl. H+) als Austauschkapazität (mmol/100g Material) bei pH-Wert 7 bezeichnet. Austauschvorgänge sind reversibel. Wegen unterschiedlicher Haftfähigkeit können die Ionenaustauscher selektiv wirken.

chemische Ausfällung und Mitfällung

Chlorid-, Sulfat-, Bicarbonat- und unter reduzierten Bedingungen Hydrogensulfid-Anionen können je nach Redoxpotential und pH-Wert mit zutretenden Schwermetallen entsprechende Hydroxide, Karbonate oder Sulfide bilden, die ausfallen. Darüber hinaus können pH-Wert und Redoxpotential-Änderungen durch mikrobielle Aktivität zur Oxidation von Eisen führen, wel-ches als unlösliwel-ches Oxid bzw. Hydroxid ausfällt. Gleichzeitig werden weitere Adsorptions-flächen geschaffen, an die z.B. Schwermetalle gebunden werden können. Ausgefallene Salze können wiederum bei pH-Wert /Redoxpotential-Änderungen remobilisiert werden und wei-tertransportiert werden.

Mitfällung beschreibt einen Vorgang, bei dem ein Stoff an Präzipitate gebunden wird, der ansonsten in Lösung geblieben wäre.

Hydrolyse

Die elektrolytische Dissoziation des Wassergehaltes in H+ und OH- organischer und anorgani-scher Stoffe wird als Hydrolyse bezeichnet. Bei organischen Substanzen sind hydrolytische Dissoziationen weitgehend irreversibel, so daß z.B. Pestizide aus dem Grundwasser entfernt werden können.

Biotische Akkumulation

In besonders biologisch stark populierten Bereich des Untergrundes, z.B. in der Reduktions-zone unterhalb von Kontaminationsquellen kann es zur Inkorporation von Schadstoffen in

Organismen kommen, wobei dieser Vorgang ein wichtiger Faktor der Schadstoffelimination ist. Werden Grenzkonzentrationen bestimmter Stoffe überschritten hat dies toxische Auswir-kungen auf die Organismen bis hin zum Absterben und zur möglichen Freisetzung des vorher akkumulierten Stoffes. In der Praxis ist es aber nur selten möglich zwischen echter Inkorpora-tion, und Adsorption zu differenzieren.

mikrobieller Abbau

Die im Untergrund vorhandenen Mikroorganismen können zum Abbau organischer und anor-ganischer Verunreinigungen beitragen. Kontaminiertes Wasser selektiert die Populationen für die im verunreinigten Wasser aufgrund des höheren Nährstoffangebotes günstigere Lebensbe-dingungen bestehen als im reinen Wasser. Nach vorliegenden Beobachtungen überziehen die Mikroorganismen die Bodenpartikel mit einem schleimig ausgebildeten mikrobiologischen Rasen. Unterschiede in der chemisch-physikalischen Beschaffenheit des Grundwassers führen zur Ausbildung unterschiedlicher Biozönosen.

Die Abbauprozesse können unter aeroben und anaeroben Bedingungen ablaufen, wobei Zwi-schenprodukte entstehen können die u.U. giftiger sind als die Ausgangssubstanzen.

In der Reduktionszone einer Kontamination findet der stärkste mikrobielle Abbauprozeß statt, obwohl anaerobe Verhältnisse vorherrschen, da genügend chemisch gebundener Sauerstoff zur Verfügung steht. Hohe mikrobielle Stoffwechseltätigkeit macht sich u.a. durch Erhöhung der Grundwassertemperatur um einige °C infolge exothermer Reaktionen gegenüber der mitt-leren jährlichen Grundwassertemperatur bemerkbar.

Die mikrobielle Stoffwechseltätigkeit wirkt sich auch auf Ausfällungsprozesse von z.B. Ei-sen- und Manganverbindungen (s. Kap. 4) sowie auf die Umsetzungen in den Stickstoff- und Schwefelkreisläufen aus und kann zu Veränderungen des mineralischen Stoffbestandes sowie der physikalischen Eigenschaften des Grundwasserleiters führen.

Gasaustausch

Für den Abbau organischer Stoffe muß Sauerstoff zur Verfügung stehen, der über die Atmo-sphäre und die Bodenluft ins Grundwasser eingebracht werden kann. Schlecht durchlässige Deckschichten behindern die Sauerstoffzufuhr und verlangsamen somit den biochemischen Abbauprozeß. Kiesig-sandige Deckschichten hingegen fördern den Abbau. Durch den Gasaustausch können aber auch flüchtige Substanzen in die Atmosphäre entweichen. Höhere Gehalte von CO2, untergeordnet aber auch von Schwefelwasserstoff, Stickstoff, Ammoniak oder sonstigen flüchtigen organischen Stoffen in der Bodenluft weisen auf mögliche Grund-wasserverunreinigungen hin. Dabei gelangen die Gase durch die Diffusion zur Grundwas-seroberfläche, den Übertritt in die Bodenluft sowie den anschließenden Gasaustausch in die Atmosphäre.

Abschließend soll angemerkt werden, daß immer noch Unklarheiten bezüglich der Kinetik der Prozesse bestehen, die durch

• chemische Faktoren (u.a. pH-Wert, Redoxpotential, Temperatur, Komplexbildner)

• physikalische Faktoren (Fällung/Lösung, Sorption/Desorption, Porosität, Kornvertei-lung, Austauschreaktionen etc.) und

• biologische Faktoren (mikrobielle Oxidation/Reduktion, Abbau, Mineralisierung etc.) ausgelöst und gesteuert werden.

Die Vielfalt und Komplexität der im Grundwasserleiter real ablaufenden Vorgänge sind aber bisher noch weitgehend unbekannt bzw. nur z.T. erforscht. Für die praktische Anwendung können daher immer nur mehr oder minder stark vereinfachte Modelle wiedergegeben werden. Von reinen Hydraulikern erarbeitete mathematische Strömungs- und Transport-modelle schematisieren die eigentlichen Verhältnisse zu stark. Ergebnisse von Modellie-rungsversuchen zeigen, daß z.B. durch Einschaltungen von Tonlagen oder Kiesbänken Tracer umgelenkt werden, die Dispersionskoeffizienten kaum abschätzbar sind, Grundwasserstock-werke kommunizieren und keine geschlossenen Systeme darstellen. Daher sei vor einer An-wendung solcher Modelle ohne genaueste Kenntnis der wahren geologi-schen/hydrogeologischen Situation nur gewarnt. Sie können lediglich eine sehr grobe Ab-schätzung möglicher Gegebenheiten darstellen.

Weiterhin ist die optimale Anpassung eines Stofftransportmodells an einen bestimmten Scha-densfall je nach den örtlichen Gegebenheiten sehr zeit- und kostenaufwendig. Aus zeitlichen und ökonomischen Gründen ist demzufolge die Abschätzung von lokalen Grundwasserkon-taminationen in kleinräumigen Systemen i.d.R. uneffektiv. Der Einsatz der Modelle bleibt insgesamt auf großräumige Modellierungen beschränkt.

2.5 Räumliche Lage und Ausdehnung des Schadensherdes