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PCB S , D IOXINE UND F URANE

Im Dokument Handbuch Mikrobiologische Bodenreinigung (Seite 115-119)

5. MIKROBIOLOGISCHE BODENREINIGUNG BEI AUS GEWÄHLTEN KONTAMINATIONEN

5.7 PCB S , D IOXINE UND F URANE

Biologische Transformation bzw. Teilabbau wurde für Aldrin, das DDT und Lindan nachge-wiesen. Für DDT wurden insgesamt 11 Teilabbauprodukte gefunden. Die bekanntesten sind DDD und DDE. Nachgewiesene Mineralisierung ist ohne praktische Bedeutung.

Lindan ist das γ-Stereoisomer des Hexachlorcyclohexans (HCH). Da die Chloratome des HCH axial oder äquatorial zum Ring stehen können, gibt es acht mögliche Stereoisomere. Bei der Produktion von Lindan wird überwiegend das α-Isomer gebildet. Aufgrund ihrer Bedeu-tung als Bodenkontaminanten wurde die Abbaubarkeit der bei der Lindanproduktion anfallen-den Isomere und ihre Eignung für die biologische Sanierung geprüft. In der Untersuchung wurde eine schnelle aerobe Mineralisierung des α-HCH durch die natürliche Mikroorganis-mengemeinschaft festgestellt. Als Zwischenprodukte wurden Mono- bis Tetrachlorbenzole gefunden. Inhomogenitäten des Bodens wirkten sich nachteilig auf den Abbau aus. Anaerob, unter methanogenen Bedingungen, wurde α-HCH teildechloriert und dabei fast vollständig in Chloraromaten, Monochlorbenzol und Chlorphenole, umgewandelt. β-HCH wurde nicht an-gegriffen.

5.6.5.4 Sanierungspraxis

Von den in diesem Kapitel aufgeführten Stoffen scheinen die Chlorphenole am ehesten für eine biologische Sanierung geeignet zu sein. Selbst für das persistente Pentachlorphenol scheint es ein gewisses Selbstreinigungspotential zu geben. Abbaulimitierend wirkt bei dieser Stoffgruppe wahrscheinlich eher ihre Toxizität als die Wasserlöslichkeit.

Für die Sanierungspraxis sind folgende Punkte wichtig: Scheinabbau durch biologische und abiotische Transformationen und Bindung an Bodenpartikel und biogenes Material ist mög-lich. Die Frage, welcher Prozeß bei schwerabbaubaren Chlorphenolen wichtiger ist, mikro-bieller Angriff oder Polymerisation, ist offen. Durch Sonnenlicht können Chlorphenole an-scheinend photomineralisiert werden. Im Gegensatz zu den übrigen schwerflüchtigen Chlor-verbindungen kann bei Chlorphenolen Ausgasen als abiotischer Mechanismus der Abreiche-rung wichtig sein.

Grundsätzlich gilt hier wie bei allen anderen schlecht wasserlöslichen, schwerabbaubaren Stoffen: je geringer ihre Konzentration ist, desto mehr gewinnen abiotische Eliminationspro-zesse an Bedeutung für ihre Abnahme in der Umwelt.

Die Polychlordibenzodioxine (PCDD) und Polychlordibenzofurane (PCDF) sind zwei Ver-bindungsklassen aromatischer Ether, d.h. sauerstoffverbrückter Phenylringe, mit insgesamt 75 (PCDD) bzw. 135 (PCDF) verschiedenen Einzelverbindungen. Die Anzahl der Chloratome im Molekül (Chlor-Homologe) wird durch das Präfix Mono- (1) bis Octa- (8) ausgedrückt. Ne-ben der Anzahl ist die jeweilige Stellung der Chloratome zueinander molekülcharakterisierend (Chlor-Isomere). Die unterschiedliche Stellung der Chloratome im Molekül wird durch eine systematische Bezifferung wiedergegeben.

Abb. 5.7-1: Strukturformel der Dibenzodioxine und Dibenzofurane

Von den insgesamt 210 möglichen chlorierten Dibenzodioxinen und Dibenzofuranen sind 15 Komponenten mit Chlorsubstituenten in 2,3,7,8-Stellung, die sogenannte ''2,3,7,8-Klasse", die unter toxikologischen Gesichtspunkten besonders herausragen. Das sog. "Seveso-Dioxin'' (Tetrachlordibenzodioxin) hat die genaue Bezifferung: 2,3,7,8-Tetrachlor-dibenzodioxin (2,3,7,8-TCDD).

Die überraschend leichte Bildung der PCDD/PCDF bei Reaktionen rührt von der Tatsache her, daß sie durch ihre sechs bzw. fünfgliedrige Ringstruktur sehr stabile Atomanordnungen darstellen und zugleich durch die Chlorierung eine zusätzliche Absicherung gegenüber einer Reaktion mit Sauerstoff erhalten. PCDD/PCDF können u.a. in Verbrennungsanlagen gebildet werden, wobei Chlorphenole, Chlorbenzole und auch PCBs als Vorläufer anzusehen sind.

Moderne Verbrennungsanlagen vermeiden einerseits durch optimierte Temperaturführung fast vollständig die Bildung von chlorierten Dibenzodioxinen bzw. Dibenzofuranen und reduzie-ren andererseits durch Nachverbreduzie-rennung der Rauchgase (1 200°C) die Emissionen in die At-mosphäre erheblich.

5.7.2 Verhalten in Grundwasser und Boden

PCBs, Dioxine und Furane sind in Wasser praktisch unlöslich. Die fehlende Löslichkeit in Wasser und die extrem hohe Affinität zu anorganischen und organischen Bodenbestandteilen schließen einen Transport mit dem Grundwasser aus. Dagegen können in ölhaltigen Sicker-wasser- und Drainagewasserproben von Deponien, auf denen PCB-, dioxin- und furanhaltige Abfälle gelagert wurden, die entsprechenden Verbindungen in z.T. erheblichen Konzentratio-nen nachgewiesen werden. Die hohen Anteile an organischen Lösemitteln in solchen ''Wäs-sern'' wirken für die PCBs, Dioxine und Furane als Lösungsvermittler. Beim Versickern

der-artig hoch belasteter ''Wässer'' werden insbesondere die oberen Bodenschichten erheblich kontaminiert. Ein vertikaler Transport in der ungesättigten Zone wird durch die hohe Affinität zum Bodenmaterial weitgehend verhindert. Aufgrund der niedrigen bis sehr niedrigen Dampf-drücke ist auch eine Ausbreitung im Untergrund als Gasphase auszuschließen. PCBs, Dioxine und Furane verhalten sich im Untergrund äußerst immobil, d.h. sie können weder durch Nie-derschläge noch durch sonstige Spülmaßnahmen ausgewaschen werden.

5.7.3 Probenahme/Analytik

Für die Entnahme von Wasserproben - insbesondere Sickerwasserproben - müssen speziell gereinigte und auf die Abwesenheit von PCBs, Dioxinen und Furanen geprüfte Glasflaschen verwendet werden. Vorteilhaft sind in der Regel 2000-ml-Braunglasflaschen, die relativ neu sind. Bei der Entnahme von Bodenproben ist wie üblich darauf zu achten, daß repräsentative und möglichst homogene Proben gesammelt werden. Die Probenahme auf PCBs, Dioxine und Furane sollte generell durch das entsprechende Analysenlabor durchgeführt werden, um Kon-taminationen zu vermeiden und eine fachgerechte Probenahme zu gewährleisten.

Die chemisch-analytische Bestimmung der PCBs, Dioxine und Furane als summarische Pa-rameter oder als Einzelverbindungen ist nahezu in jedem Untersuchungsfall - ob Boden oder Wasser - ein schwieriges und apparativ sehr aufwendiges Problem der organischen Spurena-nalytik. Das gesamte Analysenverfahren gliedert sich prinzipiell in vier voneinander abhängi-ge Grundoperationen:

• Repräsentative und problemorientierte Probenahme, d.h. Auswahl, Abfassung, Trans-port und Lagerung des Untersuchungsmaterials;

• Abtrennung der Hauptmasse des Probenmaterials bei gleichzeitiger Anreicherung der PCBs, Dioxine und Furane;

• Isolierung der PCBs, Dioxine und Furane aus dem Konzentrat analytisch gleichartiger bzw. ähnlicher Verbindungen und

• Auftrennung und Nachweis der Einzelverbindungen.

Trennung und Nachweis der Einzelkomponenten erfolgen generell mit chromatographischen Methoden, wobei sich insbesondere die hochauflösende Gaschromatographie mit Elektronen-einfangdetektor (ECD) bzw. massenselektivem Detektor (MSD) bewährt hat. In der Praxis ist bei vergleichbarer Ausstattung der Untersuchungslabors vor allem der Kenntnisstand des Per-sonals von entscheidender Bedeutung, was die Genauigkeit und Richtigkeit dieser Ultraspu-renanalytik angeht.

5.7.4 Toxikologie

PCBs sind stabil und lipophil. Sie wirken bereits in relativ niedrigen Konzentrationen toxisch.

Todesfälle durch Schädigung innerer Organe: Leber, Nieren, Nebennieren, Milz und Bauch-speicheldrüse wurden festgestellt. Im Tierversuch sind PCBs potente Leberkarzinogene. Die ökotoxikologische und humantoxikologischsubakute Wirkung und das Verhalten der PCBs entsprechen dem des DDT und ähnlich wirkender Organochlorverbindungen (Kap. 5.6).

2,3,7,8-TCDD gehört zu den toxischsten organischen Verbindungen. Es ist im Tierversuch karzinogen. Subakut hat es verschiedene chronische Wirkungen u.a. die sogenannte Chlorak-ne. Über die Toxikologie des 2,3,7,8,-TCDF ist wenig bekannt.

5.7.5 Mikrobieller Abbau

In Bezug auf ihre biologische Abbaubarkeit gehören die in diesem Kapitel zusammengefaßten Organochlorverbindungen zu den Problemstoffen. Sie sind praktisch wasserunlöslich und werden sehr stark adsorptiv festgelegt. Zusätzlich sind die Stoffe aufgrund ihrer Struktur schwer bis kaum angreifbar. Für das Seveso-Gift 2,3,7,8-TCDD wurden in Böden Halbwerts-zeiten zwischen mehr als einem und zehn Jahren gefunden. Eine Ursache kann ein, in diesen Zeiträumen wichtig werdender, langsamer abiotischer Zerfall sein.

2,3,7,8-TCDD und -TCDF: Trotz intensiver Suche wurden bisher noch keine Mikroorganis-men gefunden, die diese Verbindung abbauen können. Es wurden zwar Bakterien isoliert, die strukturanaloge Verbindungen (teil-)abbauen können. Aber Berichte, die die Hoffnung erwek-ken, daß in absehbarer Zeit ein gezielter Einsatz von 2,3,7,8-TCDD und -TCDF abbauenden Mikroorganismen möglich ist, sollten mit äußerster Skepsis betrachtet werden. Schon in Se-veso wurde vergeblich eine Sanierung durch Aussaat von speziell gezüchteten Mikroorganis-men versucht.

PCBs: Das Grundgerüst der PCBs bildet das Biphenyl, das aerob wie die Aromaten minerali-siert werden kann (Abb. 5.2-3). Der Weg bis zu dieser Stufe ist jedoch weit bei den hochchlo-rierten PCBs (Abb. 5.7-2).

Abb. 5.7-2 Strukturformel des 1,1 -Biphenyls und der polychlorierten Biphenyle (PCB's)

Anaerob können die Stoffe cometabolisch reduktiv dechloriert werden, wobei die Dechlorie-rung im allgemeinen wenig effizient und nie vollständig ist. Der aerobe Angriff ist auf PCBs mit fünf oder weniger Chloratomen beschränkt. Dabei muß das Molekül zwei benachbarte, nicht-chlorsubstituierte Kohlenstoffatome besitzen, und es müssen Cosubstrate vorhanden sein, die den Mikroorganismen das Wachstum ermöglichen. Auch aerob überwiegen anschei-nend Transformation und Teilabbau.

Bei den PCBs kann wie bei den Chlorverbindungen in Kap. 5.6 irreversible Bindung der Aus-gangssubstanzen, von Transformations- und von Teilabbauprodukten an organische Materie

einen biologischen Abbau vortäuschen und einen Weiterabbau verhindern. Das ist besonders bei Verfahren wichtig, die mit organischen Zuschlagstoffen oder anderen Sorbentien arbeiten.

In Bezug auf den Sinn des Versuchs einer biologischen Sanierung stellen sich die gleichen Fragen wie bei den PAK (Kap. 5.3), nur daß hier die Zahl der Chloratome statt der Zahl der Ringe der limitierende Faktor für den biologischen Abbau ist. Eine wirkliche Sanierung (wei-test mögliche Mineralisierung der Moleküle) von PCB-kontaminierten Böden ist mit den heute gängigen in situ und on-/off-site Techniken nicht möglich.

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