Kapitel 3 Der Wohlfahrtsstaat als System zur Erzeugung der Stratifizierung und Ungleichheit sowie Mechanismen zum Einfluss auf die weitere
B. Taiwan: Parteiendifferenz durch die Frage der nationalen Identität, auf sozialen Netzwerken und Patronage beruhende Interessenrepräsentation der Parteien Netzwerken und Patronage beruhende Interessenrepräsentation der Parteien
politischen und wirtschaftlichen Kontextbedingungen völlig verschieden von denen des 19.
Jahrhunderts waren, in dem die politischen Parteien in Westeuropa entstanden waren. Dies hat entscheidende Auswirkungen auf die politische Entstehung der Parteien, ihre Mobilisierungs- strategien und vor allem auf die Ausübung der Funktion der Interessenrepräsentation der Parteien in den jungen Demokratien.
B. Taiwan: Parteiendifferenz durch die Frage der nationalen Identität, auf sozialen
embracing“ Partei (Wu 2001: 16 f.) dar und bemühte sich mit einer allgemeinen Interessenrepräsentation darum, in einer Reihe von Wahlen nach der Demokratisierung – markiert durch die Aufhebung des Kriegsrechtes im Jahr 1987 – ihre Unterstützungsbasis zu vergrößern und dadurch ihre zentrale Aufgabe – die KMT-Regierung zu stürzen – zu erfüllen. Als eine organisatorisch und finanziell schwache Partei verfügte die DPP über keine nennenswerten Ressourcen und konnte nur durch die Ideologien – „appeal to voters based on ideas, symbols and principles, including those as vague as virtue, justice and democracy“ (Bosco 1994: 41) – die Wähler für sich mobilisieren.22 Das herkömmliche Thema der ideologischen Wahlkampagne der DPP war die Kritik am KMT-Regime – „KMT rule is illegitimate and unjust“ (ebd.: 43) – und seit 1991 die Frage der Unabhängigkeit Taiwans, die während der Zeit des KMT-Regimes tabuiert wurde, das die „Republic of China“ als alleine Vertretung für das Festland China hielt und die Wiedervereinigung anstrebte, und deshalb für die taiwanische Bevölkerung von spezifischer Bedeutung war (Vgl. Yang 2007).
Die hegmonische KMT war auch eine extern entstehende Partei. Wie im ersten Kapitel erwähnt, bildete sie Ende der 1940er Jahre eine Exil-Regierung auf Taiwan, nachdem sie im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten im Festland China verloren hatte. In Taiwan konstruierte die KMT einen autoritären bzw. von Festländern dominierten Partei-Staat, kontrollierte alle Staatsressourcen und widmete sich der Modernisierung des Staates. Während die Wahlen zu zentralen Vertretungsorganen – dem Parlament und der Nationalen Versammlung – suspendiert wurden, erlaubte das KMT-Regime für das internationale Ansehen „free China“ seit 1950 regelmäßige Wahlen auf kommunaler Ebene, für die sich die KMT auf die lokalen Faktionen stützte. Das KMT-Regime unterstützte mindestens zwei Faktionen in jeder Gemeinde oder jeder Region und ließ sie miteinander konkurrieren. Diese Faktionen umfassten die einflussreichen lokalen Persönlichkeiten. Sie gaben dem KMT-Regime die politische Loyalität und Unterstützung bzw.
sicherten durch ihre Netzwerke das Wahlergebnis auf kommunaler Ebene, um die von der KMT gewährten politischen bzw. wirtschaftlichen Ressourcen bzw. Privilegien zu erhalten.23 Diese
„factional politics“ beruhten auf Patronage und sozialen Netzwerken: „To win elections, politicians promise and deliver resources. Resources are delivered through a network of kin and friendship connections that form the building blocks of the faction“ (ebd.: 31); sie repräsentierten eine Art der Verbindung zwischen den politischen Akteuren (Parteien, Kandidaten) und den
Möglichkeit, eine politische Gefolgschaft über die Vergabe von staatlichen Ressourcen, insbesondere öffentlicher Ämter, zu mobilisieren bzw. an sich zu binden. Demzufolge werden sie versuchen, mit Ideologien und politischer Orientierung eine breite Anhängerschaft an sich zu ziehen.
22 In der Untersuchung über die politische Transformation Taiwans hat der Wissenschaftler Yang die Organisation und die Finanzen der DPP folgendermaßen beschrieben: „Organizationally the movement, now renamed the Democratic Progressive Party (DPP in Deutsch), was self-admittedly puny. At the end of 1986, when the regime lifted martial law, DPP boasted only three thousand members across the island, out of a population of twenty million. Party Finances were practically nonexistent. As recently as 1991 the party’s entire paid staff consisted of about twenty workers at its national headquarters“ (Yang 2007: 521).
23 „Factions are based on networks which predate the arrival of the KMT. Factions arose because though power and authority were concentrated in the hands of the KMT, they had to deal with local politicians whose wealth and vote-getting abilities gave them some leverage over the central authorities“ (Bosco 1994: 35). Joseph Bosco (1992) hat dies eingehend analysiert.
Wählern sowie eine Art der Interessenrepräsentation der Partei, die in erster Linie auf den sozialen Netzwerken basierte und patronagezentriert war. Sie verhalfen der KMT zum Sieg in den kommunalen bzw. – nach der Demokratisierung – nationalen Wahlen24 und beeinflussten die Art und Weise der Interessenrepräsentation der anderen Parteien. Sie zwangen also die anderen Parteien in einem neuerlichen Anlauf zur Konkurrenz um die Wählerstimmen durch die sozialen Beziehungen und vor allem die Gewährung der Patronage. Erst mit der Durchführung der Wahlen zur Präsidentschaft sowie zu Exekutiveposten in den großen Städten Taipei und Kao-hsiung, in denen eine auf sozialen Netzwerken basierte Wahlkampfmobilisierung nicht gut funktionieren konnte, sowie mit der Aufforderung der Opposition zu politischen Reformen gegen die aus dieser Wahlkampfmobilisierung erzeugten „money politics“ der KMT veränderte sich nach und nach die patronagezentrierte Interessenrepräsentation der Partei. Dies wird im Abschnitt über die Wahlen und Wahlsysteme noch eingehend behandelt.
Neben den zwei wichtigsten bzw. gegnerischen Parteien entwickelten sich die anderen Parteien ausschließlich aus der Spaltung der KMT, die durch den innerparteilichen Konflikt erzeugt wurde.
Diese sind die NP von 1993, die PFP von 2000 und die TSU von 2001.25
Da die politischen Parteien in Taiwan aus der Demokratisierung und dem innerparteilichen Konflikt der KMT entstanden und vor allem durch die langjährige „growth-with-equality“ keine offen erkennbaren sozio-ökonomischen Probleme vorhanden waren, die aus ökonomischer Deprivation und sozialer Marginalisierung hätten entstehen können,26 unterschieden sich die politischen Parteien nicht durch sozio-ökonomische Ideologien, sondern eher durch politische Themen, vor allem in der Frage der nationalen Identität. So betraf der zentrale Streit- und Differenzpunkt zwischen den zwei wichtigsten Parteien – der KMT und der DPP – nicht die
„materialist issues“ wie z.B. die Wirtschaftentwicklung, sondern „national consciousness“: „the KMT’s goal of reunification with the mainland and the DPP’s goal of self-determination or independence“ (Wu 2001: 14). Die Formierung neuer politischer Parteien hat die Struktur nicht geändert. So weist Wu (2001: 12 f.) darauf hin: „Taiwan politics is dominated by political parties that define themselves and separate each other primarily according to subethnic cleavage, different national identifications, and opposite attitudes toward mainland China…Most of the mainlanders support either the KMT that since 1990s holds a middle-of-the-ground position on the unification/independence spectrum, or the NP and the newly-formed PFP that are more pro-unification than the KMT. The DPP has long held a pro-independence, anti-Peking position.
The party’s supporters are predominantly native Taiwanese. Even though the party alignment of different subethnic groups tends to be less evident among the younger generations, the basic
24 Die KMT kontrollierte im Durchschnitt jeweils 55% und 65% der Sitze im Parlament und in der Nationalen Versammlung in den 1990er Jahren (Central Election Commission, im Internet: htte://www.210.69.23.140/cec/
cechead.asp).
25 Zur Entstehung dieser Parteien vgl. Kapitel 1, S. 33 ff.
26 Diese sind im Abschnitt über die Auswirkungen der Wirtschaftsentwicklung im Kapitel 1 eingehend behandelt worden. Vgl. Kapitel 1, S. 41 ff.
structure remains in place“ (Vgl. Yu 2005: 117). Lin (2003: 57) zufolge war (ist) die Frage der nationalen Identität ein ausschlaggebendes Thema, das über die Wahlen hinaus wirkt und mit dem die Wähler den Unterschied zwischen den Parteien einfach aufheben können – wie in der Abbildung 3-1 gezeigt wird (ebd.: 58).
Abbildung 3-1: Politische Positionen der Parteien in Frage der nationalen Identität
die Zeit der KMT-Regierung (Lee Teng-hui)
DPP KMT NP
Unabhängigkeit Wiedervereinigung
die Zeit der DPP-Regierung (Chen Shui-bian)
TSU DPP KMT PFP
Unabhängigkeit Wiedervereinigung
Von zentraler Bedeutung ist, dass keine Partei in Taiwan sich durch die Links-Rechts-Dimension definiert. Sowohl die KMT als auch die DPP sind „unternehmensfreundlich“; „neither has a major working class representation built into its organizational structure“ (Wu 2001: 14). In Bezug auf die sozialpolitische und wirtschaftliche Politik gab es keine signifikanten ideologischen Unterschiede zwischen der KMT und der DPP (Bosco 1994: 42 f.). Dies gilt auch für die anderen Parteien.
Über die fehlenden links-rechts-ideologischen Unterschiede zwischen den Parteien hinaus weisen die Parteien in Taiwan ein gemeinsames Merkmal auf: Sie zielen vornehmlich auf „vote-seeking“, kaum auf „policy-seeking“ (Strom 1990, Wolinetz 2002: 149 ff.).27 Während sich die DPP darum bemühte, durch „vote-seeking“ – die Maximalisierung der Stimmen – das KMT-Regime zu stürzen und die Regierung zu übernehmen, wollte die KMT mit der Maximalisierung der Stimmen
27 Einen der Schwerpunkte in der Literatur über die politischen Parteien stellt die Klassifizierung der Parteien dar (Vgl. Krouwel 2006). Behandelt sind vornehmlich die politischen Parteien in den westeuropäischen Ländern, die als entwickelte Demokratien bezeichnet werden und meistens ein palamentarisches System haben. Von daher ist die Anwendung dieser Klassifizierung auf die jungen Demokratien bzw. die Länder mit einem (semi-)präsidentellen Regierungssystem nicht ohne Probleme. Wolinetz (2002) gliedert die Parteien durch ihre Orientierung – vote-seeking, policy-seeking and office-seeking – und weist darauf hin, dass sich diese Klassifizierung die
„Facetten“ der Verhalten und Präferenzen der Parteien widerspiegelt, vor allem „provide us with categories which are widely applicable and not tied to any one geographic area or subset of parties“ (ebd.: 150). Die „vote-seeking, policy-seeking and office-seeking” Parteien werden folgenderweise definiert (ebd. :149 f.): „A policy-seeking party is one which gives primary emphasis to pursuit of policy goals, a vote-seeking party is one whose principal aim is to maximize votes and win elections, while an office-seeking pary s primarily interested in securing the benefits of office – getting its leaders into government, enjoying access to patronage, etc. – even if this means sharing power with others or pursuing strategies which fail to maximize its share of the vote.“.
ihre demokratische politische Legitimität gewinnen.28 Sowohl die KMT als auch die DPP charakterisierte die Catch-All-Parteien (Chu 2001), die als „vote-seeking“ Parteien bezeichnet werden (Wolinetz 2002: 161). Die kleinen Parteien – die NP und vor allem die PFP und die TSU – haben eine noch jüngere Geschichte und versuchen durch die Maximalisierung der Stimmen ihre Stelle im politischen System zu etablieren bzw. zu konsolidieren. Weil im semi-präsidentiellen Regierungssystem nur eine Partei (oder ein Parteiblock) das Präsidentamt gewinnen und die Exekutive kontrollieren kann, werden dadurch die Parteien in diesem Regierungssystem besonderes zum „vote-seeking“ verführt: „The desire to capture a single indivisible office brought divergent groups together (forgetting principles and policies in the process)…Because they benefit from assembling broad coalitions in order to compete for a single indivisible office, parties in presidential systems might be tempted to take this form (vote-seeking)“ (ebd.: 152).
Die zentrale Aufgabe der „vote-seeking“-orientierten Partei stellt die Maximalisierung der Stimmen und den Gewinn der Wahlen dar (Vgl. Downs 1957). Demzufolge sind die politischen Positionen dieser Parteien und die von denen vertretenen Interessen bzw. Politik nicht „locked in“;
sie werden oft geändert und vor allem manipelarisiert, um die Interessen der Wähler zu verfolgen und dadurch ihre Unterstützung zu gewinnen. Neben der Aufstellung der „policies“ wird mehr Gewicht auf die Techniken des Wahlkampfs gelegt: „In elections campaigns, the emphasis will be on techniques designed to win votes rather than on specific policies, which will change from election to election. Devices employed may involve bidding for the support of specific interests, emphasizing leaders, or otherwise packaging the party so that it will maximize votes“ (Wolinetz 2002: 151). In den wissenschaftlichen Forschungen über die Wahlen und Parteien in Taiwan wurden diese Phänomene erwähnt (Vgl. Chu 2001, Fell 2005, Hsieh 2002). Selbst wenn die Parteien im Wahlkampf „policies“ aufstellen, spiegeln sich diese keine konsistente policyrelevante Position der Parteien wider, sondern sie sollen in erster Linie die Partei selbst begünstigen und den Gegner benachteiligen. In der Analyse über die Parteienkonkurrenz in Taiwan weist Fell (2004: 107) darauf hin: „The key objective of party leaders in electoral campaigns is to set the political agenda on issues that favor their party or damage their opponents“. Die Orientierung der Parteien ausschließlich an der Maximalisierung der Wählerunterstützung kostet oft die politische Konsistenz der Parteien. „In extreme cases, this might be indicated by frequent and sharp reversals of policy positions, de-emphasizing or blurring positions, and aggressive pursuit of votes“ (Wolinetz 2002: 154).
Die Charakter der Parteien – die fehlenden Links-Rechts-Ideologien, die nationale Identität zentrierende Differenz und die überwiegend Orientierung an „vote-seeking“ – wirken auf vierfache Weise auf die sozialpolitische Interessenrepräsentation der Parteien ein:
28 Wolinetz (2002: 150) betont, dass die drei wesentlichen Orientierungen der Parteien – vote-seeking, policy-seeking und office-seeking – weder „mutually exclusive“ noch „entirely independent of each other” sind: „Although parties in electoral competition must pursue vote in order to win office and carry out programes, parties giving higher priority to one orientation will typically be lower on at least one of the other two“.
(1) Die Parteien haben keine konsistente Position in der Sozialpolitik. Aus wahlkampfs- politischer Erwägung werden sie unterschiedliche Stellungnahme zur Sozialpolitik geben.
Während die DPP in den 1990er Jahren scharf den wirtschaftlichen „Developmentalism“ sowie die konservativen und rückständigen sozialpolitischen Ideologien der KMT kritisiert und stattdessen den Aufbau eines institutionellen Wohlfahrtsstaates gefordert hatte – dies trug zur sozialpolitischen Expansion in den 1990er Jahren bei (Vgl. Kapitel 2) –, plädierte der Staatspräsident Chen der DPP aufgrund der Rezession im Jahr 2001 aber für
„Wirtschaftsentwicklung zuerst, soziale Wohlfahrt später“ (Lei 2003). Bei der KMT sieht man auch eine völlige Umstellung bei der Sozialpolitik. Während die KMT, die von vielen Wissenschaftlern als konservative Partei für die Wohlfahrtsstaatstätigkeiten Taiwans angesehen wurde (Chu 2001), die beitragsfreie Altersrente der DPP am Anfang der 1990er Jahre als negativ für den Staatshaushalt ansah und immerhin eine strenge Einkommensprüfung für die Gewährung der Sozialtransferleistung forderte, schrieb sie aber nach dem Regierungswechsel im Gesetzesentwurf über den Alterswohlfahrtzuschuss 2000 viel lockere Anspruchsvoraussetzungen als die DPP-Regierung vor.
(2) Die keine Gegenleistung erfordernden und die Transferleistung gewährenden sozialpolitischen Maßnahmen, wie der beitragsfreie Alterszuschuss, werden besonders im Wahlkampf gefördert, weil sie „subsidies“ charakterieren und deshalb zur „factor mobility“ bzw. zur Maximalisierung der Stimmen beitragen können (Piattoni 2001: 14). Diese sozialpolitischen Maßnahmen dienen vor allem der oppositionellen DPP als ein angemessener Kritikpunkt an der KMT, die ein Wohlfahrtssystem konstruierte, das bis zur Mitte der 1990er Jahre kaum eine auf die Einkommenssicherung zielende Transferleistung gewährte – abgesehen von den Maßnahmen für die staatsrelevanten Personen – die Kernanhänger der KMT.
(3) Aufgrund der fehlenden konsistenten Ideologie zur Wohlfahrtspolitik bei den Parteien geht es der alterssicherungsrelevante politische Wettbewerb nicht um den Inhalt der Politik, sondern vornehmlich um das Leistungsniveau, das oft direkt und positiv auf den Wahlkampf wirken kann.
Die sozialpolitischen Programme, deren Wirkungen erst in Zukunft auftreten und deshalb keine direkte Wahlkampfmobilisierung fördern oder nur begrenzte positive Effekte erzeugen können, wie z.B. die Reform der bestehenden berufsbezogenen Institutionen der Alterssicherung und die Einführung einer nationalen Rentenversicherung, werden eher wenig als Hauptwahlkampfthema gewählt bzw. in der Öffentlichkeit debattiert.
(4) Wenn die Sozialpolitik keinen Beitrag mehr zur Maximalisierung der Wählerstimmen für die Parteien leisten kann sowie keine eindeutigen positiven Ergebnisse bei Wahlen bewirkt, werden die Parteien den Wahlsieg nicht mehr durch die sozialpolitische Interessenrepräsentation anstreben.
Der politische Wettbewerb zwischen den Parteien wird auf die Themen fokussieren, mit denen die Parteien sich von einander abheben können. Sie sind also meistens die mit der Frage der nationalen Identität relevanten politischen Themen. In den folgenden zwei Kapitel werden diese
Argumente eingehend erörtert.
(2) Parteienkonkurrenz: ihr Einfluss auf die sozialpolitische Entwicklung
In Ländern mit jungen Demokratien wird die Demokratisierung mit der Schaffung freier Parteienkonkurrenz identifiziert. Die zentrale Rolle der Demokratie bzw. der politischen Konkurrenz in der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung lässt sich in zwei Richtungen analysieren.
Zum einen geht es sich um die wohlfahrtsstaatlichen Konsequenzen der Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts. Zum anderen wird die Ausbreitung demokratischer Formen der Interessenorganisation, -repräsentation und -vermittlung für wohlfahrtsstaatliche Institutionali- sierungsprozesse betont.
Der erste Argumentationsstrang über die Rolle der Demokratie bzw. der politischen Konkurrenz in der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung betont den direkten Einfluss der Einzelnen durch Wahlen. Das Argument geht von folgendem Sachverhalt aus: Die Einführung von Wahlen per se führt quasi automatisch, vermittelt über den politischen Wettbewerb um Wählerstimmen, zur Einführung der Sozialpolitik, Ausweitung der Staatsausgaben und vor allem des unmittelbar wählerwirksamen Teils, der Sozialausgaben. Derartige Vermutungen sind im Wesentlichen von Vertretern der sog. ökonomischen Theorie der Politik geäußert worden und gipfeln in dem Theorem vom „political business cycle“, sprich der besonderen Wirksamkeit der Sozialleistungserhöhung vor Wahlterminen (Tufte 1978). So weist Tufte (1978: 30) darauf hin:
„Nine out of thirteen legislated postwar increases in U.S. Social Security benefits occurred in elections years, and election-year increases were typically higher than those of non-election years“. Diese These hält der empirischen Überprüfung nur bedingt stand. Die Ausweitung des Wahlrechts zwischen 1880 und 1920 in Europa führte zur Adaption der Sozialpolitik in den parlamentarischen Demokratien, jedoch nicht in den bürokratischen Monarchien (Flora und Alber 1981). Frey und Schneider (1982) argumentierten mit einer Modifizierung der Theorie von Tufte:
Nur wenn die Regierung mit einem politischen Defizit hinsichtlich ihrer Popularität konfrontiert ist, tritt „political business cycle“ bzw. der Zusammenhang zwischen den Präsidentschaftswahlen und einer Sozialleistungserhöhung auf. Dies impliziert die Bedeutung der Intensität der politischen Konkurrenz: „When competition is intense, parties must attempt to maximize their appeal, especially to the have-not votes, by promising greater spending on programs of direct benefit to them“ (Myles 1989: 80). Durch eine empirische Analyse bestätigte Myles dieses Argument: „Faced with a high level of competition at the polls, it would appear that parties do indeed bid up the quality of pension entitliments in the pursuit of votes…The intensity of electoral competition appears to have made a difference. Democracy provides not only the conditions that allow the many to combine against the few, but also a process that requires the few to heed the demands of the many“ (ebd.: 89). Da diese Erklärungsversuche gewissermaßen prozessual, d.h.
mit der Konkurrenz um ein knappes Gut argumentierten, ohne etwa auf gesellschaftliche Klassenstrukturen und ihre politische Repräsentation oder auf spezifische Ideologien und ihre
Träger Bezug zu nehmen (zit. nach Lessenich 2000: 46), kann diese Erklärungsrichtung, die am angloamerikanischen System entwickelt und als „simple democratic approach“ bezeichnet wird (Hewitt 1977, Myles 1989), ohne großes Problem auf den taiwanischen Fall angewendet werden.
Der zweite Argumentationsstrang über die Rolle der Demokratie bzw. der politischen Konkurrenz in der wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung betont den indirekten Einfluss durch die Interessenorganisationen. Insbesondere ist es die politische Mobilisierung der Arbeiterschaft, die der Ausweitung staatlicher Daseinsvorsorge historisch zum Durchbruch verholfen hat. Dies bildet das Zentrum des sozialdemokratischen Modells bzw. der Machtressourcentheorie zur Interpretation wohlfahrtsstaatlicher Genese, Expansion und Variation (Korpi 1980, Esping-Andersen 1990, O’Connor und Olsen 1998), die Skocpol und Amenta (1986: 142) zufolge die Expansion der Sozialausgaben der westlichen Länder nach dem Zweiten Weltkrieg am besten erklären konnte. Diese Theorieschule war von großem Gewicht in der Wohlfahrtsstaats- tätigkeitsforschung in den 1980er Jahren, die inzwischen kritisiert und erneuert vorgestellt wurde.29 Die Wirkungen des Politisierungsprozesses der Arbeiterschaft auf die sozialpolitische Entwicklung wurde von Bangura (2007) in einem vor kurzem veröffentlichten Buch „Democracy and Social Policy“ systematisch behandelt. Das Kernargument lautet: Die durch die Demokratisierung verliehenen politischen Rechte tragen erst durch die politische Mobilisierung der Arbeiterschaft und vor allem durch die Kontrolle der Regierung von den arbeiterfreundlichen Parteien – wie die Links- oder sozialdemokratischen Parteien – zum substantiellen Sozialrecht bei.30 Aufgrund der nachgeordneten Rolle der Arbeiterschaft in der politischen Entwicklung im Allgemeinen und in der Sozialpolitik im Besonderen sowie der fehlenden Linkspartei in Taiwan findet dieser Aspekt keine weitere Beachtung.31
Der „simply democracy“-Ansatz widmet sich der Antwort auf die Einführung und Expansion der Sozialpolitik: Mit dem Auf- und Ausbau des sozialen Sicherungssystems versuchen die Parteien, die Unterstützung der Wähler zu gewinnen. Es ist allerdings erwähnenswert, dass die
29 Über die Kritik geben Leibfried und Mau (2008: 9) einen Überblick: „Today we have considerable evidence that the welfare state cannot be fully understood simply as the final triumph of the working class; other forces and circumstances have played a decisive role in its development as well“, wie z.B. die Rolle der Mittelschicht, das Interesse der Arbeitgeber und die Frauenbewegungen. Zu diesbezüglicher Literatur vgl. Leibfried und Mau (2008: 9 f). Zur Verteidigung der Gültigkeit der Machtressourcentheorie vgl. Korpi (2006).
30 Durch die Analyse von Ländern aus verschiedenen Regionen (western industiral societies, Japan, Sounthern Europe, East Central Europe, Latin America, India, Botswana, Maurititur and Jamaica) mit unterschiedlicher Phase der Demokratisierung (first phase of democratization, postwar democratizaion and the thrid phase) und mit verschiedenem wirtschaftlichem Entwicklungsniveau (low-, medium- and high-income) werden die Wechselwirkungen zwischen der Demokratie und der Entwicklung der Sozialpolitik erörtert. Die sozialpolitischen Unterschiede zwischen den demokratischen Ländern werden auf die folgenden Faktoren zurückgeführt: die wirtschaftlichen Faktoren (quality of industrializiation, structure of labor market), die sozialen Faktoren (strength of civil society, espeically organized interests, such as labor unions) sowie die politischen und institutionellen Faktoren (existence of pro-welfare parties in government, competitive nature of political systems) (Bangura und Hedberg 2007: 26). Dabei wird die Parteienkonkurrenz als einer dieser entscheidenen Einflussfaktoren betrachtet, die in verschiedenen Ländern auf unterschiedliche Art und Weise mit den erwähnten Faktoren zusammen auf die Sozialpolitik einwirkt.
31 Man kann auch argumentieren, dass sich das sozialpolitische Hiterherhinken Taiwans durch die gänzlich fehlende Regierungsbeteiligung von Linksparteien erklärt. Allerdings kann dies aber nicht erklären, warum unter dieser Bedingung eine universale Gesundheitsversicherung eingeführt wurde.
parteipolitische Konkurrenz um die Wählerstimmen auch durch die sozialpolitischen Reformen erfolgen kann. Dies kommt vor allem in den jungen Demokratien vor, in denen vor der Demokratisierung eindeutige Probleme in bzw. aus dem sozialen Sicherungssystem existierten bzw. erzeugt wurden (Vgl. Götting 1998). Die oppositionelle Partei kann z.B. mit dem Thema der sozialpolitischen Reform die Wähler für sich mobilisieren. Ferner stellte im Bereich der Alterssicherung die Rentenreform, aber nicht die Expansion der Altersrente, das wichtigste Wahlkampfsthema in den westlichen Wohlfahrtsdemokratien seit den 1990er Jahren dar (Vgl.
Immergut, Anderson und Schulze 2007). Von daher sollen die anderen Argumente über die Wirkung des politischen Wettbewerbs auf die Sozialpolitik erörtert werden.
Zur Einflussnahme des Parteienwettbewerbs auf die öffentliche bzw. die Sozialpolitik gibt es seit den 1990er Jahren reichlich Literatur, die vorwiegend die westlichen Demokratien behandelt (Vgl.
Zohlnhöfer 2003). Dabei werden die folgenden drei Ansätze am häufigsten erwähnt und sind zur Erklärung über die Entwicklung des taiwanischen Alterssicherungssystems relevant, weil sie sowohl einen Auf- und Ausbau als auch einen Um- und Abbau im Alterssicherungssystem betreffen bzw. behandeln: credit-building, vice into virtue und blame avoidance (ebd.: 54 f.). Da in den Transformationsforschungen Taiwan ungefähr seit Mitte der 1990er Jahren im Allgemeinen als konsolidierte Demokratie32 bzw. das Parteiensystem als institutionalisiert angesehen wird (Merkel 1999),33 sind von daher die aus den westlichen Demokratien entwickelten Theorien über den Einfluss der Parteienkonkurrenz auf die Sozialpolitik für das Verstehen des taiwanischen Falls relevant und können somit zur Erklärung der Entwicklung Taiwans seit Mitte der 1990er Jahre herangezogen werden.
32 In der Transformationsliteratur werden häufig die ersten freien Wahlen, die sog. Gründungswahlen (founding elections) als Beginn der Konsolidierung der Demokratie bezeichnet (O’Donnell und Schmitter 1986). Sinnvoller erscheint es jedoch, Merkel (1999) zufolge, die Verabschiedung der Verfassung oder die demokratische Revision der alten Verfassung als Beginn der demokratischen Konsolidierung zu deklarieren, wenn sich die wichtigsten politischen Spielregeln normiert und die zentralen politischen Institutionen wie Parlament, Regierung, Staatspräsident und Justiz etabliert haben (Merkel 1999: 143). Dem Kriterium O’Donells und Schmitters sowie Merkels zufolge begann die demokratische Konsolidierung in Taiwan jeweils im Jahr 1992 sowie 1991. Umstritten ist in der Transformationsforschung die Frage, wann eine Demokratie als konsolidiert gelten kann. Nach Merkel und Puhle (1999: 135 f.) soll ein demokratisches Regime als hinreichend konsolidiert gelten, wenn alle politisch signifikanten Gruppen die zentralen politischen Institutionen des Regimes als legitim anerkennen und die Spielregeln der Demokratie befolgen, die Demokratie also sozusagen „the only game in town“ ist. Nach der ersten direkten Präsidentschaftswahl 1996 wird Taiwan somit als konsolidierte Demokratie angesehen.
33 Das Ausmaß der Institutionalisierung des Parteiensystems strukturiert entscheidend den politischen Prozess (Mainwaring 1998). Mit der Analyse der vier Dimensionen – „stability in patterns of interparty competition, party roots in society, the legitimacy of parties and elections and party organization” – definiert Mainwaring das institutionalisierte Parteiensystem als „an institutionalized party system is one in which actors develop expectations and behavior based on the premise that the fundamental contours and rules of party competition and behavior will prevail into the foreseeable future. In an institutionalized party system there is stability in the identity of the main parties and the ways in which they behave. Institutionalization does not preclude change, but it limits it“ (ebd.: 6 ff.).
Während das Ausmaß der Institutionalisierung des Parteiensystems in Ländern Westeuropas im 21. Jahrhundert relativ ähnlich ist, ist dies in Ländern der jungen Demokratien sehr unterschiedlich ausgeprägt. Ein schwach institutionalisiertes Parteiensystem, in dem „more personalized, weaker mechanisms of accountability, greater electoral volatility, more floating voters, and more uncertainty” (ebd.: 9) zu erkennen sind, funktioniert auf eine andere Art und Weise als das institutionalisierte Parteiensystem und wirkt so entscheidend auf die Qualität der Demokratie ein.
„Politics of credit-building“ ähnelt dem Argument des „simple democratic approach“. Wenn sich die Parteien nicht (mehr) auf die quasi-automatische Unterstützung bestimmter Bevölkerungs- gruppen verlassen können oder die Mitglieder solcher Gruppen zahlenmäßig zu gering sind, um den Wahlsieg sicherzustellen, werden sie versuchen, den Wahlerfolg mittels ihrer Politik zu gewährleisten. Dabei werden sie die Strategie „politics of credit-building“ ergreifen, also die Politik durchführen, die sich mehrheitlicher Zustimmung unter den Wählern erfreut. Die Einführung der Sozialpolitik hinsichtlich der Transferleistungen sowie der Ausbau des Wohlfahrtssystems dient als bestes Beispiel hierfür (Pierson 1996). Ferner charakterisieren die sozialpolitischen Reformmaßnahmen „credit-building“, die zur Erweiterung der erfassten Zielpersonen, zur Lockerung der Anspruchsvoraussetzungen sowie zum Schutz der Anwartschaft führen – wie die Reform der obligatorischen betrieblichen Altersversorgung in Taiwan. Wenn allerdings solche Maßnahmen mit der politischen Orientierung konkurrierender Parteien vereinbar sind, führt der Parteienwettbewerb in diesen Bereichen tendenziell zum Abbau der Parteiendifferenz. Die Regierungspartei wird bestimmte Programmpunkte der Opposition übernehmen, wenn diese ihren inhaltlichen Zielen nicht widersprechen und sie ihre Wiederwahlchancen zu erhöhen versprechen. Ein solcher „Ansteckungseffekt“ ist nicht nur in der Entwicklung der Sozialausgaben der westlichen Wohlfahrtsdemokratien bestätigt worden (Huber und Stephens 2001), sondern auch im Ausbau des Alterssicherungssystems in Taiwan zu erkennen.
Durch den intensiven Wahlkampf Anfang der 1990er Jahre und die Forderung der DPP nach einer beitragsfreien Altersrente, die auf große Resonanz stieß, initiierte die KMT-Regierung den aus Haushaltsmitteln finanzierten Alterszuschuss, der den Senioren die Transferleistungen für die Einkommenssicherung gewährt und vor allem zuvor kaum von der Regierung betont wurde.
Wie erwähnt, können die Parteien beim politischen Wettbewerb mit einer sozialpolitischen Reform die Unterstützung der Wähler anstreben. Dabei werden sie Reformen durchzusetzen versuchen, die sie für politisch richtig halten, und zwar gegebenenfalls auch dann, wenn die Wählerschaft solchen Maßnahmen mehrheitlich kritisch gegenübersteht, also die Strategie „vice into virtue“ (Levy 1999). Dennoch werden Parteien darauf achten, dass durch das Vorhaben ihre Wahl nicht gefährdet wird. Die an der Wiederwahl interessierte Regierungspartei wird in der Regel versuchen, zunächst nur mäßige Veränderungen durchzusetzen, da sie davon ausgeht, dass solch inkrementelle Reformen für die Wahlentscheidung der Wähler nicht bestimmend sind oder zumindest keine negativen Auswirkungen im Wettbewerb um Wählerstimmen befürchtet werden müssen. Die Strategie „vice into virtue“ ist in Taiwan in den Reformen des Alterssicherungs- systems für die staatsrelevanten Personen – Militärpersonal, Staatsbeamte und Lehrer der öffentlichen Schule – zu sehen. Aufgrund des Finanzproblems in der Beamtenversicherung und der steigenden Kosten in der staatlichen Altersversorgung, welche als sehr kritisch für das Fortbestehen der jeweiligen Institutionen betrachtet wurden, wurden entsprechende Reformen eingeführt.
Wenn die Parteien solch unpopuläre Maßnahmen in Angriff nehmen müssen, werden sie
versuchen, ihre Verantwortung für diese Entscheidung zu verschleiern, also die Strategie „politics of blame avoidance“ (Weaver 1986). In der Literatur zum wohlfahrtsstaatlichen Abbau wird eine Reihe von Hypothesen darüber generiert, wie Parteien unpopuläre Politik durchsetzen können, ohne von den Wählern dafür abgestraft zu werden (Pierson 1994). Von besonderer Bedeutung ist, dass es bestimmte Eigenschaften der sozialpolitischen Programme waren, die eine Kürzung erleichterten oder erschwerten (Myles und Pierson 2001, Swank 2002: 212 ff.) und ferner (über) große Koalitionen größere Chance haben, erfolgreiche Abbaupolitik durchzusetzen. Mit der Beteiligung aller Parteien wird die Politik des unpopulären sozialpolitischen Abbaus aus dem Parteienwettbewerb somit herausgenommen.
In den nächsten zwei Kapiteln wird gezeigt, dass in Taiwan der politische Wettbewerb im Bereich der Alterssicherung keine große Parteiendifferenz aufweist, weil die Alterssicherungsmaßnahmen zur credit-building (z.B. der Auf- und Ausbau des Basisalterssicherungssystems und die Planung der nationalen Rentensystems) mit der politischen Orientierung konkurrierender Parteien vereinbar sind, die vorsichtigen vice into virtue Reformmaßnahmen mehrheitlich kritisch beurteilt werden (z.B. die Reform der staatlichen und betrieblichen Altersversorgungen) oder die Abbaupolitik von konkurrierenden Parteien übereinstimmend beschlossen wird (z.B. die Reform der Beamtenversicherung und die Abschaffung des Sondersparprogramms).
(3) Zwischenfazit
Der Charakter und die zentrale Orientierung der Parteien bestimmten nicht nur die Art der sozialpolitischen Repräsentation der Parteien, sondern auch wie die sich aus der Demokratisierung ergebende Parteienkonkurrenz auf die sozialpolitische Entwicklung in den jungen Demokratien auswirkt. Die fehlenden Links-Rechts-Ideologien, der hauptsächliche Unterschied der Parteien durch die Frage der nationalen Identität, die überwiegende Orientierung an „vote-seeking“ und die kaum „policy“ betreffende Wahlkampfmobilisierungsstrategie der Parteien in Taiwan – die KMT stützte sich auf „factional politics“ bzw. Patronage, die DPP auf politische Ideologien – führen dazu, dass die Parteien in Taiwan keine besondere sozialpolitische Interessenrepräsentation anstreben und auch keine feste Position in der Sozialpolitik besitzen. Die Aufstellung der sozialpolitischen Programme zielen in erster Linie auf die Maximalisierung der Wählerstimmen.
So trug die Parteienkonkurrenz nach der Demokratisierung zur Einführung und Expansion neuer Alterssicherungsmaßnahmen sowie zur Reform des bestehenden Alterssicherungssystems bei – dies erfolgte vor allem durch die rentenpolitische Herausforderung der Opposition. Allerdings bewirkte die Parteienkonkurrenz im Bereich der Alterssicherung keine Parteiendifferenz.
Nachdem die sich aus dieser Politik ergebenden Wirkungen auf die Wahlkampfmobilisierung verlorengegangen waren, kehrten die Parteien zu einem politischen Wettbewerb zurück, der vor allem die Frage der nationalen Identität betraf.
Ob und wie die Parteien die Funktion der sozialpolitischen Repräsentation ausüben und wie sich