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2.1 Fibromyalgie

2.1.7 Therapieansätze

2.1.7.2 Nicht-pharmakologische Therapieansätze

Da der Verlauf der Fibromyalgieerkrankung typischerweise sehr konstant und langjährig ist, sind auch nicht-pharmakologische Therapieverfahren sinnvoll, die der Patient selbst erlernen und zuhause durchführen kann und somit die Beschwerden selbst lindern kann.

Körperlich aktivierende Therapien (physiotherapeutische und alternative Verfahren):

Ein wichtiger Bestandteil der Fibromyalgietherapie ist das regelmäßige Ausdauertraining, das auch nach einer angeleiteten Therapieeinheit selbstständig weiter fortgeführt werden sollte. Es eignen sich Sportarten wie Aquajogging [Assis et al. 2006], Nordic-Walking [Mannerkorpi et al. 2010], Aerobic-Übungen [Gowans et al. 2004] und ähnliche aktive Betätigungen, die 2 bis 3 Mal pro Woche für 30 Minuten ausgeübt werden [Busch et al.

2008]. Auch ein regelmäßiges Krafttraining wird von den aktuellen Leitlinien als Therapie-option empfohlen [Jones et al. 2002; Kingsley et al. 2005].

Eine Verbesserung in Bezug auf Schmerzen und andere Einschränkungen wie Energie-losigkeit, psychisches Wohlbefinden oder emotionales Befinden kann durch die medi-zinische Trainingstherapie bestehend aus aerobem Ausdauertraining, Muskelkrafttraining und Muskeldehnung erzielt werden [Buckelew et al. 1998; Da Costa et al. 2005; Martin et al.

1996; Matsutani et al. 2007; Valim et al. 2003; Wigers et al. 1996]. Außerdem können Fibromyalgiepatienten Ausdauertraining und Dehnungsübungen, z.B. Trocken- und

Wasser-24 gymnastik in Gruppen, was unter dem Begriff Funktionstraining zusammengefasst wird, verordnet bekommen [AWMF e.V. 2012].

Generell konnte gezeigt werden, dass sich der Allgemeinzustand von Patienten, die sich körperlich betätigten, deutlich mehr verbesserte als von Patienten, die keinen sportlichen Aktivitäten nachgingen [Fontaine und Haaz 2007]. Vor allem durch körperliches Ausdauer-training können einige Patienten eine langfristige Symptomreduktion erzielen. Allerdings müssen die sportlichen Aktivitäten regelmäßig und kontinuierlich durchgeführt werden, da sonst der positive Effekt nach einiger Zeit wieder nachlässt [Tomas-Carus et al. 2007;

Tomas-Carus et al. 2008].

Eine Zusammenfassung der physikalischen bzw. physiotherapeutischen Verfahren und ihrem jeweiligen Empfehlungsgrad für Fibromyalgiepatienten, erarbeitet von der AWMF, wird in Tabelle 6 aufgelistet.

Physiotherapie und physikalische Verfahren Empfehlungsgrad

Funktions-, Krafttraining starke Empfehlung

Ganzkörperwärme mit wassergefilterter milder Infrarot-A-Strahlung

Krankengymnastik Lymphdrainage Osteopathie Physiotherapie Ultraschall/Reizstrom

keine positive oder negative Empfehlung möglich

Chirotherapie Ganzkörperkälte Laser

Magnetfeld, transkranielle Magnetfeldstimulation

negative Empfehlung

Massage stark negative Empfehlung

Tabelle 8: Physiotherapie und physikalische Verfahren mit jeweiligem Empfehlungsgrad [verändert nach: AWMF e.V. 2012, S.8]

Zur Reduktion von Schmerzen und zur Verbesserung der Lebensqualität können neben meditativen Bewegungstherapien wie Tai-Chi, Qi-Gong oder Yoga auch Balneo- und Spa-Therapien ausprobiert werden [Da Silva et al. 2007; Dönmez et al. 2005; Evcik et al. 2002;

Haak und Scott 2008; Neumann et al. 2001; Wang et al. 2010]. In der aktuellen Leitlinie wird auch die zeitlich befristete Anwendung von Akupunktur als mögliche Therapieoption in Erwägung gezogen [Deluze et al. 1992].

25 Eine Übersicht der komplementären Therapieverfahren für Fibromyalgiepatienten mit dem jeweiligen Empfehlungsgrad, erarbeitet von der AWMF, wird in Tabelle 7 dargestellt.

komplementäre Therapieverfahren Empfehlungsgrad meditative Bewegungstherapien starke Empfehlung

Akupunktur offene Empfehlung

Eliminationsdiät

vegetarische Kost/Heilfasten

keine positive oder negative Empfehlung möglich

Homöopathie, Reiki negative Empfehlung

achtsamkeitsbasierte Stressreduktion als Monotherapie

stark negative Empfehlung Atemtherapie

Ergotherapie

Fußzonenreflextherapie

keine Aussage

Tabelle 9: Komplementäre Therapieverfahren mit jeweiligem Empfehlungsgrad [verändert nach: AWMF e.V.

2012, S.7]

Multimodale Therapie:

Eine positive Wirkung auf verschiedene Symptome der Fibromyalgie weist die multimodale Schmerztherapie auf. Erforderlich dafür ist eine interdisziplinäre Diagnostik durch mindestens zwei Fachdisziplinien, wobei eine psychiatrisch, psychologisch oder psycho-somatisch ausgerichtet sein muss. Gleichzeitig werden mindestens drei aktive Therapie-verfahren durchgeführt, z.B. Psychotherapie, EntspannungsTherapie-verfahren, Ergotherapie, Arbeits-platztraining oder ähnliche Verfahren. Der Behandlungsverlauf wird anhand von standar-disierten Verfahren interdisziplinär kontrolliert [Brockow et al. 2007; Häuser et al. 2009c;

Lemstra und Olszynski 2005].

Wie bereits erwähnt, sind die psychotherapeutischen Verfahren ein wichtiger Baustein der multimodalen Therapieversuche [AWMF e.V. 2012].

Im Rahmen der multimodalen Therapien wird auch die Kombination aus Entspannungs-verfahren und aerobem Training vorgeschlagen. Verbesserungen sollen hauptsächlich bezüglich Schmerzen und Lebensqualität erzielt werden [Cedraschi et al. 2004; Mannerkorpi et al. 2000]. Als alleinige Therapiemaßnahme sollen Entspannungsverfahren jedoch nicht eingesetzt werden, sondern nur als Kombinationstherapie [Hammond and Freeman 2006].

Auch die Kombination von aerobem Training und kognitiven Verhaltenstherapien kann im Rahmen des multimodalen Therapiekonzeptes zur Verbesserung der Lebensqualität an-gewendet werden. Die kognitiven Verhaltenstherapien können auch als Monotherapie eingesetzt werden [Burckhardt et al. 1994; Falcão et al. 2008; Hammond und Freeman 2006;

van Koulil et al. 2010]. Sie setzen sich zusammen aus kognitiver und operanter

Ver-26 haltenstherapie. Mit kognitiven Verhaltenstherapien sollen Strategien zur Bewältigung von Problemen, die durch die Erkrankung entstehen, erlernt werden. Es werden z.B. progressive Muskelentspannungstechniken, self-instructional-training und Strategien zum Umgang mit chronischen Schmerzen, täglichen Aktivitäten sowie zum Lösen von Problemen durchgeführt.

Dadurch sollen verschiedene Symptome der Fibromyalgieerkrankung wie Angst, Depression, Schmerz und die generelle Schwere des Krankheitsgrades verringert und die körperliche Funktionsfähigkeit sowie emotionale Verstimmungen verbessert werden [García et al. 2006;

Redondo et al. 2004; Thieme et al. 2006]. Ziel der operanten Verhaltenstherapie ist die Veränderung des Schmerzverhaltens z.B. durch Bestrafung. Hierzu werden rote Karten bei Äußerungen zum Schmerzverhalten und grüne Karten zur Verstärkung des gesunden Verhaltens gezeigt.

Zudem kann Biofeedback eingesetzt werden, das durch eine veränderte Selbstwahr-nehmung Schmerzen reduzieren, Schlaf verlängern, aber auch die Anzahl der Arztbesuche und Krankenhaustage verringern soll [Buckelew et al. 1998; Thieme et al. 2003; Thieme et al.

2006; van Santen et al. 2002]. Allerdings soll diese Therapieform auch eher ein Bestandteil der kognitiven Verhaltenstherapie sein und nicht als Monotherapie dienen [AWMF e.V. 2012].