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Natürliche Monopole und deren Regulierungsbedarf

2. FÖRDERUNG UND REGULIERUNG

2.2 W IRTSCHAFTSWISSENSCHAFTLICHE G RUNDLAGEN DER R EGULIERUNG

2.2.1 Natürliche Monopole und deren Regulierungsbedarf

Abgrenzung in erster Linie auf ordnungsrechtliche Maßnahmen, die den Regulierten ein bestimmtes Verhalten oder bestimmte Ergebnisse vorschreiben oder verbieten („com-mand and control“).

Im Folgenden wird unter Regulierung im engeren Sinne insbesondere die behördliche Aufsicht über einzelne Unternehmen verstanden, während preis- oder mengenorientierte Instrumente zur Förderung Erneuerbarer Energien im weiteren Sinne als marktregulie-rende Förderpolitik bezeichnet werden.

2.2 Wirtschaftswissenschaftliche Grundlagen der Regulierung

damit die gemeinsame Produktion in einem Unternehmen billiger ist als die getrennte Produktion (vgl. Sharkey 1982).

Abbildung 2-1 Natürliches Monopol

qD(p) Nachfragefunktion C’(q) Grenzkostenfunktion C(q)/q Durchschnittskostenfunktion PMin Minimum der Durchschnittskosten

P1 Grenzkostenpreis (Grenzkosten = Nachfragepreis)

P2 Durchschnittskostenpreis (Durchschnittskosten = Nachfragepreis)

PMon Cournotscher Monopolpreis. Grenzkosten = Grenzerlös (gestrichelte Linie).

Monopolmärkte werden in Theorie und Praxis skeptisch beurteilt, da ein Monopolist die Marktstellung zu seinen Gunsten (und damit zu Lasten von potenziellen Konkurrenten, von Nachfragern bzw. der Allgemeinheit) ausnutzen kann. Diese Bewertung ist durch die Theorie angreifbarer Märkte (Baumol, Panzar, Willig 1982) relativiert worden, da die Marktstellung eines Anbieters durch potenzielle Konkurrenten eingeschränkt sein kann. Wenn der Marktzugang völlig frei ist und keine versunkenen Kosten entstehen, dann kann ein Monopolist gezwungen sein, einen Preis zu setzen, der ihm gerade einen Nullgewinn sichert (Punkt P2 in Abbildung 2-1). Bei einem Gleichgewichtspreis in Hö-he der Durchschnittskosten kann er unter Umständen nicht von anderen Anbietern (mit gleichen Kosten) angegriffen werden, so dass sein natürliches Monopol stabil ist. In dieser Situation würde auf Dauer ein Monopol bestehen, ohne dass dies aber zu irgend-welchen Monopolproblemen führt. Unter speziellen Annahmen zeigt die Theorie

an-p

qD(p) C(q)/q

q P1

P2

PMon

C’(q) PMin

greifbarer Märkte somit, dass potenzieller Wettbewerb ausreichen kann, um selbst Mo-nopolmärkte auch ohne Regulierung zu disziplinieren.

Die zugrunde liegende Annahme eines völlig kostenlosen Marktein- und -austritts ist allerdings insbesondere in Infrastrukturbereichen wie der Stromnetze nicht realistisch.

In diesen Bereichen sind die relativ hohen Fixkosten im Wesentlichen als versunkene Kosten anzusehen (Weitzman 1983, Joskow 2005a), die eine bedeutende Asymmetrie zwischen aktuellen und potenziellen Anbietern verursachen. Für den aktuellen Anbieter stellen die versunkenen, nicht reversiblen Kosten keine Opportunitätskosten dar, er hat insofern einen Vorteil, der gegenüber Newcomern wie eine Eintrittsbarriere wirkt.

Der Bereich der leitungsgebundenen Energieversorgung zählt (neben dem Verkehrsbe-reich, der Wasserversorgung und der Telekommunikation) zu den klassischen Bereichen in denen natürliche Monopole vermutet werden. Dabei zeigt sich bei näherer Betrach-tung, dass nicht alle vertikale Stufen z.B. der Elektrizitätswirtschaft (Erzeugung, Trans-port, Verteilung, Vertrieb) gleichermaßen hiervon betroffen sind. Natürliche Monopole sind insbesondere im Bereich der Übertragungs- und Verteilungsnetze relevant, da eine Parallelverlegung von Leitungen zu hohen Zusatzkosten führen würde. Dagegen können die Bereiche der Erzeugung und des Vertriebs grundsätzlich wettbewerblich organisiert werden. Dieser Wettbewerb kann allerdings nur funktionieren, wenn die Bedingungen des Netzbereiches dies zulassen. Insofern wird die Netzinfrastruktur als monopolisti-scher Engpass (bottleneck) der Elektrizitätswirtschaft angesehen (vgl. Knieps 2003).

Ob in einem solchen Netzbereich der Zugang und die Entgelte staatlich reguliert werden sollen, hängt davon ab, ob unbefriedigende Ergebnisse des natürlichen Monopols zu befürchten sind und ob eine geeignete Regulierung durchgeführt werden kann, die ins-gesamt betrachtet zu besseren Ergebnissen führt. Die Regulierung soll ein Marktversa-gen beheben, dabei zugleich aber ein StaatsversaMarktversa-gen vermeiden.

Der Nutzen einer Regulierung kann vor allem darin bestehen, mögliche wirtschaftliche Ineffizienzen zu vermeiden oder zu vermindern. Dabei sind externe und interne Ineffi-zienzen in statischer und dynamischer Hinsicht zu betrachten.

Im Einproduktfall erfordert allokative Effizienz, dass der Preis so hoch ist wie die Grenzkosten (first best, Punkt P1 in Abbildung 2-1). Bei fallenden Durchschnittskosten würden die niedrigeren Grenzkostenpreise allerdings nicht ausreichen, um die Gesamt-kosten zu decken. Sieht man von einer staatlichen Subvention des natürlichen Monopols ab, dann sollte der Preis so hoch sein wie die Durchschnittskosten und zugleich Ange-bot und Nachfrage zum Ausgleich bringen (Schnittpunkt von Nachfrage- und Durch-schnittskostenkurve, Punkt P2 in Abbildung 2-1). Dies ist eine effiziente Marktlösung im Sinne des Zweitbesten (second best). Bei beschränktem Marktzugang besteht aber

die Gefahr, dass ein Preis oberhalb der Durchschnittskosten bis hin zu einem Monopol-preis realisiert wird (Punkt PMon).

Selbst wenn kein Monopolgewinn erzielt wird, kann das Marktergebnis ineffizient sein und insofern unter Umständen eine Regulierung begründen, wenn aufgrund des fehlen-den Wettbewerbsdrucks die betriebswirtschaftliche Faktorkombination nicht optimal ist und somit (interne) X-Ineffizienzen bestehen (die Kosten liegen dann oberhalb der Kos-tenkurve). Außerdem sind auch Aspekte der dynamischen Effizienz und der angebote-nen Qualität zu betrachten. In dieser Hinsicht ist es möglich, dass ein unreguliertes Mo-nopol zuwenig innovativ oder qualitätsorientiert ist, es ist umgekehrt aber ebenso mög-lich, dass ein solches Unternehmen zuviel investiert oder ein zu hohes Qualitätsniveau anbietet. In jedem Fall muss im Rahmen einer Regulierung gewährleistet sein, dass die langfristig notwendigen Gesamtkosten gedeckt werden können, damit der Sektor auf Dauer überlebensfähig ist.

Neben den genannten Argumenten einer gefährdeten ökonomischen Effizienz bzw. ei-nes Marktversagens im Fall von natürlichen Monopolen wird Regulierung häufig auch aus anderen Gründen gefordert. Hierzu zählen vor allem ungerechte Effekte auf die Einkommens- und Vermögensverteilung durch Monopolgewinne und die Gewährleis-tung der Versorgung mit „essenziellen“ Gütern wie Elektrizität. Außerdem können in der Praxis - auch unter dem Einfluss von Interessengruppen – weitere Aspekte in die Regulierung einbezogen werden.

Bei der Ausgestaltung der Regulierung sind aus ökonomischer Sicht vor allem die fol-genden Kriterien von Bedeutung (Joskow 2005a):

• Effiziente Bepreisung von Gütern und Dienstleistung: effiziente Preissignale in der Regel orientiert an zweitbesten Lösungen (unter Berücksichtigung der Voll-kostendeckung),

• Effiziente Produktionskosten: Ausschöpfung von Größen- und Verbundvorteilen unter Berücksichtigung von Transaktionskosten sowie Minimierung der Kosten in statischer und dynamischer Hinsicht (Vermeidung von X-Ineffizienz und För-derung von Innovationen),

• Effiziente Höhe der Outputmenge und der Investitionen: ausreichende Anreize und finanziellen Möglichkeiten zur Befriedigung der gegenwärtigen und künfti-gen Gesamtnachfrage,

• Effizientes Niveau der Qualität und ausreichende Produktvielfalt: optimale Ser-vicequalität, Sicherheit und Zuverlässigkeit gemäß den Präferenzen der Nach-frager,

• Abschöpfung von Monopolgewinnen: Ermöglichung ausreichend hoher Gewin-ne für Anreize zu Effizienzsteigerungen und InnovatioGewin-nen, aber Vermeidung von monopolbedingten Renten.

• Effiziente Implementierung von Mechanismen, mit denen gegebenenfalls weite-re vorgegebene Ziele der Regulierung verfolgt werden sollen.

Für die Behandlung von natürlichen Monopolen kommen grundsätzlich unterschiedli-che institutionelle Alternativen in Frage, mit denen der Staat mehr oder weniger stark in die Handlungsmöglichkeiten von Unternehmen eingreift:

• Unmittelbar gesetzliche Regelungen

• Unabhängige Experten-Kommissionen

• Behördliche Regulierungsagenturen

• An Wegerechte gebundene Konzessionen

• Staatliche Unternehmen

• Beschränkung auf kartellrechtliche Aufsicht

• Versteigerung von Konzessionen

• „Selbstregulierung“ durch Verbändevereinbarung

Während eine unmittelbare Kontrolle von natürlichen Monopolen durch den Gesetzge-ber allein nicht praktikabel wäre, kommen unabhängige Experten-Kommissionen hier-für nur in Frage, wenn ihre Entscheidungen ausreichend verbindlich sind. Die staatliche Regulierung erfolgt deshalb in der Regel durch behördliche Regulierungsagenturen, die die betreffenden Unternehmen beaufsichtigen und ihnen individuelle Vorgaben machen.

Dagegen stellt eine Steuerung von Unternehmen über die Bedingungen von wegerecht-lichen Konzessionsverträgen eine wenig sachgerechte Hilfskonstruktion dar. Bei wirk-samer staatlicher Aufsicht ist eine oftmals geforderte Verstaatlichung von natürlichen Monopolen nicht erforderlich. Auf der anderen Seite wäre eine Beschränkung auf eine rein kartellrechtliche Aufsicht nicht ausreichend.

Aus theoretischer Sicht besteht eine grundsätzliche Alternative zur staatlichen Regulie-rung in der EinfühRegulie-rung eines Ex-Ante-Wettbewerbs durch VersteigeRegulie-rung von Konzessi-onen (Demsetz 1968). In solchen Fällen findet kein Wettbewerb auf dem Markt statt, sondern ein Wettbewerb um den Markt. Eine solche Lösung kommt vor allem dann in Frage, wenn die Märkte aufgrund hoher Mobilität der Faktoren angreifbar sind (z.B. im

Bereich der Abfallentsorgung), aber weniger in Infrastrukturbereichen, die einen bedeu-tenden Anteil langfristiger versunkener Kosten aufweisen.

An Stelle einer staatlichen Regulierung könnten Netzzugang und Entgelte durch Ver-bändevereinbarungen festgelegt werden. Ein derart verhandelter Netzzugang (NTPA) kann im Unterschied zu einem regulierten Netzzugang als „Selbstregulierung“ aufge-fasst werden. Wichtige Voraussetzungen für das Funktionieren solcher Vereinbarungen können zum einen in einer wirksamen Regulierungsdrohung durch den Staat bestehen und zum anderen in der Vermeidung von Kartellverhalten (vgl. Growitsch 2006, Meran, Hirschhausen 2004). Der deutsche Weg der Verbändevereinbarungen hat unbefriedi-gende Ergebnisse hinsichtlich der Entgelthöhe nicht vermeiden können und ist durch die europäischen Beschleunigungsrichtlinien (2003) versperrt, so dass auch hier nun eine behördliche Regulierung des Netzzugangs und der –entgelte erforderlich ist.