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IV. Alltag der Muslime

5. Muslime in der nichtislamischen Umgebung. Dawa

Nicht nur im Innern der auf deutschem Boden lebenden umma entwickeln sich neue Lebensmodelle und Strukturen der Kommunikation, es finden auch nach außen auf die nichtmuslimische, glaubensfremde Um-gebung gerichtete Prozesse statt. Diese Prozesse basieren auf dem, was als fremd und was als eigen gilt, und spielen sich auf mehreren Ebenen ab, von denen die drei für unseren Kontext wesentlichen sind: eine Meta-Ebene „Ausländer“, eine ethnisch-kulturelle Meta-Ebene und eine Meta-Ebene der Religion.

Auf der ersten Ebene geht es hauptsächlich um politische und ideologische Aspekte des Zusammenle-bens in einer Gesellschaft mit mehreren gelebten Kulturen vor dem Hintergrund einer autochthonen, in vie-lerlei Hinsicht den Alltag prägenden deutschen Kultur und Sprache. Spätestens bei den ausländischen Kin-dern der zweiten Generation ist diese Ebene nicht mehr aussagekräftig und definitionsstark.

Die zweite, also die ethnisch-kulturelle Ebene, setzt eine Gemeinschaft hinsichtlich Sprache, Nation, ethnischer Zugehörigkeit und kultureller Erfahrungen und Präferenzen voraus, die einer Gruppe unabhängig von der Religionszugehörigkeit ihrer Mitglieder eine gemeinsame Identität verleiht. Auf dieser Ebene kön-nen sich türkische Sunniten und Aleviten als eine homogene Gruppe verstehen gegenüber der Gemeinschaft indonesischer Muslime, die in diesem Fall als „fremde Seite“ fungieren können. Im Allgemeinen stellt die Multi-Ethnizität aus religiöser Sicht für Muslime kaum ein Problem dar.

Auf der dritten, der Ebene der Religion definiert man sich als Angehörigen der islamischen Religion ge-genüber den Nichtmuslimen. Nach Meinung der Religionssoziologin N. Tietze gilt der Islam im

273) Roy (2004), S. 120

274) Ebd., S. 118 ff.

275) Information aus Gesprächen mit muslimischen Studentinnen und Eltern in Frankfurt, deren Töchter studiert haben, studieren oder studieren wollen

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nen als religiöse Kultur der „türkischen Ausländer“, die zwar seit der Staatsangehörigkeitsreform vom Januar 2000 leichter die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, aber in der Wahrnehmung der Mehrheitsgesellschaft doch „Türken“, also fremd bleiben.276

Die Beziehungskultur zwischen Muslimen und Nichtmuslimen gestaltet sich naturgemäß sehr vielfältig.

Sie ist kein statisches, sondern ein dynamisches Phänomen, das sich abhängig von politischen, ökonomi-schen und ideologiökonomi-schen Umständen permanent verändert. Die Entwicklung einer Beziehungskultur kann sowohl eine positive als auch eine negative Bilanz haben, kann hoch entwickelt oder unterentwickelt sein oder sich in einem Zwischenstadium befinden.

Diese Kultur umfasst verschiedene Themen, Formen und Ebenen. Die Themen variieren je nach gesell-schaftlicher, politischer oder ideologischer Relevanz. Sie reichen von der Existenzberechtigung einer Religi-on bis hin zu Fragen der OrganisatiReligi-on des gemeinsamen Alltags. Die Beziehungskultur findet in verschiede-nen Formen ihren Ausdruck, sie kann als direkter oder indirekter Dialog mit interkulturellen, interreligiösen oder alltäglichen Akzenten stattfinden. Diese Formen wiederum gestalten sich auf verschiedenen Ebenen: ei-ner akademischen, politischen, missionarischen, alltäglichen usw.

Die Vertiefung aller angeführten Aspekte würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen,277 deshalb wird sich das Forschungsvorhaben hier auf den muslimischen religiösen Dialog in Form von dawa – was in etwa

„Einladung zum Islam“ bedeutet – beschränken. Im islamischen Kontext wird davon ausgegangen, dass jeder Mensch als Muslim geboren wird, aber es kann geschehen, dass er durch seine Umgebung vom Islam abge-lenkt und auf andere spirituelle Wege geleitet wird, was einer Verdunkelung (kufr von arabisch al-kafr, das Zudecken, die Dunkelheit) des Geistes gleichgesetzt wird.278 Doch jeder ist willkommen, wenn er zu seiner ursprünglichen Religion, also dem Islam zurückkehren will. Dawa ist eine Möglichkeit, die Nichtmuslime über den richtigen Weg aufzuklären und ihnen die Voraussetzungen für eine freie Entscheidung für den Is-lam zu schaffen. Die Einladung der Nichtmuslime zum IsIs-lam durch Muslime wird als Auftrag aufgefasst, den Allah der muslimischen Gemeinde gegeben hat, damit deren Mitglieder durch die Erfüllung dieses Auf-trags Allahs Wohlgefallen erlangen.279 Für einen Muslim ist dawa also ein Mittel der Annäherung an Gott.

Für die Erfüllung des Auftrags ist es irrelevant, ob der eingeladene Nichtmuslim den Islam annimmt oder nicht, denn diese Entscheidung ist seine persönliche Sache. Die „Rechtleitung des Herzens“, d.h. die Akzep-tanz und Annahme des Islam ist etwas, das allein bei Allah liegt.280 Sollte der Nichtmuslim der Einladung nicht folgen, so hat der Muslim durch die Einladung seine Aufgabe vor Gott erfüllt.281 Den durch dawa auf-geklärten Nichtmuslimen droht jedoch die „ewige Strafe im Höllenfeuer“, wenn sie über den Islam ausrei-chend informiert wurden und ihn dennoch ablehnen.282

Das Ziel der dawa ist also, den Islam klar und deutlich darzustellen und so einem Nichtmuslim, der be-reit ist, den Islam anzunehmen, möglichst optimale Unterstützung bei seinem Übertritt zu gewähren.

Der Islam wird als Alternative für diejenigen angeboten, die, von ihrer ursprünglichen Religion ent-täuscht, sich auf die Suche nach gelebten Werten und/oder spirituellen Erfahrungen begeben. In Frankfurt hat der Verein Islamische Informations- und Serviceleistungen e.V. (IIS) dawa zum primären Feld seiner Tä-tigkeit gemacht. Der Verein bietet regelmäßig Veranstaltungen über die Religionsinhalte des Islam an,

276) Siehe Tietze (2003), S. 133 f.

277) Über den interreligiösen Dialog mit Muslimen gibt es umfangreiche weiterführende Literatur. Einige Bei-spiele: M. Borrmans (1985); Micksch (2003); Magonet, (2000); Rat der Evangelischen Kirche in Deutsch-land (Hg.) (2000); Sperber (1999); Küng et al. (1984)

278) Vorlesung an der Frankfurter Universität im Wintersemester 2002 von El-Sayed El-Schahed, Professor der Al-Azhar-Universität in Kairo

279) Siehe Mourad (2000), S. 8 280) Ebd.

281) Ebd.

282) Ebd., S. 12

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kauft islamische deutschsprachige Bücher, berät die Islaminteressierten individuell und macht Öffentlich-keitsarbeit in Form eines Informationsstandes in der Fußgängerzone der Frankfurter Innenstadt.283 Der DI-TIB-Verein bietet regelmäßig qualifizierte Führungen durch die Vereinsmoschee in der Münchener Straße an. Auch andere muslimische Vereine in Frankfurt sehen in der dawa eine wichtige Aufgabe. Am 3. Oktober stehen an einem „Tag der offenen Moschee“ fast alle Frankfurter Moscheen interessierten Menschen für Ge-spräche, Veranstaltungen, Bücher, Verköstigungen u.ä. offen.

Die Einladung zum Islam soll sich nach islamischem Verständnis nicht auf verbale Informationen be-schränken. Der Muslim soll auch durch sein vorbildliches Verhalten zum Islam einladen.284 Und er soll be-stimmte Eigenschaften besitzen. Er soll einen besonderen Charakter, entsprechende Bildung, also Kenntnis vom Wesen der Gesellschaft und der Denkweise der Menschen285 sowie eine stabile soziale Stellung haben, die ihm Respekt in einer Gesellschaft verschaffen soll, in der materielle Güter und Ansehen den höchsten Stellenwert haben.286 Es wird als optimal angesehen, wenn es dais in jeder sozialen Schicht gibt, damit alle Islamwilligen auf der ihnen vertrauten Ebene kommunizieren können.287

Die interreligiösen Dialogveranstaltungen werden von Muslimen vermutlich unter anderem als eine Möglichkeit zur dawa gesehen. Das Konzept der dawa wird speziell auf das Leben in einer nichtmuslimi-schen Umgebung zugeschnitten, d.h. sie greift jeweils neue Formen und Prioritäten auf. So zeigt sich dawa in Frankfurt als deutschsprachige islamische Öffentlichkeitsarbeit, die ihre Form aus der vorhandenen Um-gebung gewinnt. „Die einfachste Art, an die Öffentlichkeit zu treten, ist das Aufstellen eines Büchertisches in der Fußgängerzone oder an einem anderen belebten Ort einer Stadt“, steht im deutschsprachigen Hand-buch zur dawa-Arbeit.288 Als zeitlicher Rahmen wird die Zeit von 9 Uhr bis Ladenschluss empfohlen.289 Weitere Möglichkeiten der dawa-Arbeit bieten Informationstische, Tage der offenen Tür, Vorträge, Ausstel-lungen und Moscheeführungen.290 Die Aktivitäten sollen in öffentlichen Räumen stattfinden, beispielsweise in einer Moschee, in einem Nebenraum der Moschee, einer Schule oder in einem anderen öffentlichen Raum wie Volkshochschule, Freizeitraum, Bürgerhaus, Bibliothek. Auch kirchliche Räumlichkeiten sind zugelas-sen, „sofern da keine Götzen herumstehen“.291 Die ausreichende Information der Öffentlichkeit ist eine wichtige Bedingung für das Gelingen einer dawa-Veranstaltung. Die Öffentlichkeit soll durch Mitteilungen an die lokale Presse, gegebenenfalls über Radio oder Fernsehen informiert, wichtige Personen sollen schrift-lich eingeladen werden. Weiterhin wird empfohlen, Plakate an gut sichtbaren Stellen anzubringen und Hand-zettel zu verteilen.292

Der Inhalt der Veranstaltungen bleibt immer ein religiöser, Darstellung und Thematisierung jedoch er-halten andere Akzente und Prioritäten, die dem vorherrschenden gesellschaftlichen Bewusstsein anzupassen sind. Zugleich wird die Argumentation derjenigen Muslime geschult, die dawa als ihre Aufgabe wahrneh-men.

Dem Handbuch zur dawa-Arbeit zufolge ist „das wichtigste bei der Veranstaltung eines Vortrags [...] die geeignete Auswahl von Referent und Thema. Dabei sind Themen, die den Islam und unsere Lebenswelt als Muslime darstellen,

283) Gespräch mit I. Hassan und I. Becker, aktiven Mitgliedern des IIS, im März 2003 284) Siehe Mourad (2000), S. 29

285) Siehe Mourad (2000), S. 21 286) Ebd., S. 24

287) Ebd.

288) Borek (1999)

289) Schaible (Hg.) (1996), S. 3 290) Ebd., S. 1

291) Ebd., S. 12 292) Ebd., S. 13

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sinnvoller als kontroverse und vorurteilsbeladene Themen (also lieber ‚islamische Erziehung’ oder Lichtbildervortrag als ‚Frau im Islam’)“.293

Aufgrund der derzeitigen überaus kritischen Haltung von Gesellschaft und Medien gegenüber dem Islam und den Muslimen erhält die Durchführung von dawa Züge der Aufopferung. S. Mourad schreibt in diesem Zu-sammenhang: „Die Einladung zum Islam ist manchmal mit großen Schwierigkeiten verknüpft, welche von Daìs große persönliche Entbehrungen verlangen, denn manchmal wird diese Einladung mit Gewalt be-kämpft.“294

Die öffentliche dawa-Arbeit wird aus Mitgliederspenden einzelner Vereine oder auch aus gesammelten zakat-Mitteln finanziert. So kann zakat als Baustein für die Beziehungskultur eingesetzt werden. Zakat-Mittel werden für die Nichtmuslime aufgewendet, deren „Herzen gewonnen werden sollen“.295 Dazu zählen Zaidan zufolge zwei Personengruppen: einflussreiche Nichtmuslime, deren Abneigung gegenüber dem Islam vermindert oder deren Unterstützung für die Muslime erreicht werden soll, sowie einflussreiche neue Mus-lime, die im Islam gefestigt werden sollen, insbesondere, wenn sie aufgrund ihrer Annahme des Islam finan-zielle Nachteile hinnehmen müssen.296 Über die Notwendigkeit zur Auszahlung der zakat an diese Per-sonengruppen soll im Normalfall ein islamischer Staat entscheiden. Im deutschen Kontext kann die Ent-scheidung darüber den islamischen Organisationen und Institutionen überlassen werden.297

Durch ihren Sinn und Zweck kann dawa in Konkurrenz zu den lokalen Institutionen der katholischen oder evangelischen Kirche treten. Interessanterweise streben die auf die christliche Mission ausgerichteten Organisationen den Dialog mit den Muslimen an. Für einen dauerhaften und konfliktfreien Dialog sind eine neutrale Ebene und der Austausch von Informationen notwendig. In Frankfurt befasst sich seit mehreren Jah-ren das Zentrum für Ökumene der Evangelischen Kirche in der Praunheimer Landstraße in Hausen mit dem christlich-islamischen Dialog. Der in Darmstadt ansässige Interkulturelle Rat arbeitete jahrelang mit der Frankfurter Islamischen Religionsgemeinschaft in Hessen zusammen.

Ergebnis

Die muslimische Gesellschaft in Frankfurt ist äußerst dynamisch und befindet sich in einer fortlaufenden Entwicklung. Sie leistet Integrationsarbeit. Die Entwicklung der städtisch-orientalischen Sub-Infrastruktur der Muslime wird als kreativer Prozess gesehen, angetrieben von Religiosität und unternehmerischem Geist.

Es wurden Geschäfte gegründet, um den spezifischen Bedürfnissen des muslimischen Alltags gerecht zu werden. Die meisten Frankfurter Muslime, die sich für einen dauerhaften Verbleib entschieden haben, haben eine symbiotische Religionskultur deutscher Prägung geschaffen, die sich durch ihre ethnische, historische und soziale Zusammensetzung auszeichnet. Die islamischen Grundwerte haben sich mit ethnisch-traditionellen Eigenarten vermischt und durch den Einfluss der sie umgebenden rechtlichen und gesellschaft-lichen Lebensformen, Religionen und Weltanschauungen ihre besondere Erscheinungsform gewonnen.

Während am Ende des zweiten Jahrtausends eher ein Import der islamischen Lebensformen durch die Einwanderer stattgefunden hat, wäre im beginnenden dritten Jahrtausend eher von der Entwicklung auto-chthoner deutscher Formen der islamischen Religiosität zu sprechen.

293) Schaible (Hg.) (1996), S. 11 294) Mourad (2000), S. 18 295) Zaidan (1996), S. 153 296) Zaidan (1996), S. 153 297) Ebd.

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Muslimsein in einer europäischen Großstadt wie Frankfurt impliziert den Zusammenstoß zweier Phä-nomene: der durch ökonomische Interessen dominierten Weltstadt als Produktionsstätte einer als „modern“

und daher „gut“ geltenden Kultur und des Islam als eines religiösen und philosophischen Systems mit Orien-tierung auf die Werte der traditionellen Gesellschaft, die den Zweck ihres Daseins primär in Reproduktion und Weitergabe der vertrauten gesellschaftlichen Verhaltensmuster sieht.

Der Rahmen der individuellen Lebensgestaltung wird durch die Aufnahmegesellschaft vorgegeben. Auf dieser Ebene ist Anpassung gefordert, wobei jeder Einzelne zu entscheiden hat, in welchem Maß er sich und seine Überzeugungen anzupassen bereit ist. Der multikulturelle Islam im begrenzten urbanen Raum Frank-furts unterliegt permanenter Wandlung. Es spricht viel dafür, dass die Religiosität der kommenden Muslim-Generationen zu einer islamischen Monokultur deutscher Prägung tendieren wird. Diese Monokultur wird ih-rerseits zu einem festen Bestandteil der heterogenen religiösen Landschaft werden. Die Faktoren, die das Novum „deutscher Islam“ ausmachen, sind ethnische mitgebrachte Traditionen, authentische islamische Quellen (Koran und Sunna), Elemente der traditionellen deutschen Kultur sowie die globale Denkweise der neoliberalen Ideologien.

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Anhang

Chronologische Übersicht über die Entstehung und Entwicklung des organisierten Islam in Frankfurt

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1960er Jahre

Anfang der 1960er Jahre entsteht ein Studentenverein (unter der Mitwirkung von Nadeem Elyas), der Vorläufer der Islamischen Gemeinde Frankfurt e.V. – Abu Bakr-Moschee.

1967 Gründung des „Gebets- und Kulturvereins türkischer Arbeitnehmer in Frankfurt und Umgebung e.V.“

1970er Jahre

Die 1970er Jahre waren geprägt vom Bau der Autobahnen, S-Bahnen und U-Bahnen, einer technischen Modernisie-rung der Region zu einem zusammenhängenden Gebiet. 1973 Ölkrise und Anwerbestopp. Beginn der EtablieModernisie-rung.

Anfang der 1970er Jahre konstituierte sich in Oberrad eine pakistanische Gemeinde, die heute unter dem Namen Pak Dar ul Islam – Islamische Gemeinde e.V. in der Münchener Straße (Bahnhofsviertel) ihren Hauptsitz hat.

1973 Gründung des Vereins der Guten Sitten (Iyi ahlak Cemiyeti Hamidiye Camii) in der Töngesgasse 1976 Gründung des VIKZ-Vereins Islam Kültür Merkezleri Birligi im Gallusviertel

1979 Gründung des Islamischen Kulturzentrums für die Muslime aus Jugoslawien

1980er Jahre

In den 1980er Jahren war Frankfurt von kultureller Modernisierung geprägt. Frankfurts Bild in der Öffentlichkeit stand für spannungsreiche Lebensqualität und urbane Kultur.299

1981 Gründung der Pakistanisch-Islamischen Gemeinde e.V.

1982 Verein zur Aufrechterhaltung und Errichtung von Moscheen e.V. (Vorgänger des Frankfurter DITIB-Vereins) nimmt seinen Sitz im Bahnhofsviertel.

1984 Entstehung der Abu Bakr-Moschee in der Sophienstraße (Bockenheim)

Mitte der 1980er Jahre Gründung einer DITIB-Zweigstelle in Frankfurt-Höchst unter dem Namen Türk-Islam Birligi e.V. – Eyüp-Sultan-Moschee

1985 Gründung des Vereins Islamisch-Afghanische Gesellschaft e.V.

294) Daten aus Bernasko und Rech (2003) 295) Siehe Ebd., S. 13

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1987 Die Gemeinde Pak Dar ul Islam – Islamische Gemeinde e.V. wird als eingetragener Verein registriert mit Hauptsitz in der Münchener Straße und Zweigstellen in der Mainzer Landstraße und in der Gwinnerstraße (Fe-chenheim).

1989 Gründung des Marokkanischen Vereins für die Förderung des geistigen und kulturellen Gutes e.V. – Taqwa-Moschee

1989 Gründung des Islamischen Zentrums in Frankfurt-Griesheim als Mitglied der Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD). Hier befand sich auch die Muslim Studentenvereinigung in Deutschland; im selben Jahr Gründung des Islamischen Konzils in Deutschland (IK)

1990er Jahre

Zu Beginn der 1990er Jahre stellt sich die Region Rhein-Main, der Frankfurter Wirtschaftsraum, als ein polyzentri-sches Großstadtgebiet mit Zentren wie Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden, Mainz, Darmstadt, Hanau und den zwischen ihnen liegenden Landkreisen dar.300

1990 Die Islamisch Indonesische Gemeinde wird als eingetragener Verein registriert.

1991 wird der schiitische Verein der Hazrat-Fatima-Moschee e.V. gegründet, Sitz zunächst in Bockenheim, dann in der Hanauer Landstraße (Nähe Osthafen).

1991 entsteht das Bangladesch Islamische Zentrum (Baniz) e.V. in der Münchener Straße.

1992 Der Hauptsitz der Muslim Studentenvereinigung in Deutschland e.V. (MSV) wird nach Frankfurt in das Gebäu-de Gebäu-des Islamischen Zentrums (IZF) verlegt.

1992 Gründung eines IGMG-Vereins (bis dahin waren die Mitglieder im Verein der Guten Sitten organisiert).

1992 Erwerb des Hauses für das Islamische Kulturzentrum für die Muslime aus Jugoslawien. Spätere Umbenennung des Vereins in Islamisches Kulturzentrum für die Muslime Bosnien-Herzegowinas, Sandzaks und Albaner e.V.

1993 Der Islamische Verein e.V. – Tarik Ben Ziad Moschee in der Lärchenstraße wird ins Vereinsregister eingetra-gen.

1994 Der Türkische Kultur- und Bildungsverein e.V. (ATIB) Türk Egitim Kültür Dernegi Mevlana Camii wird ge-gründet.

1994 Der Verein zur Aufrechterhaltung und Errichtung von Moscheen e.V. ändert seine Satzung und benennt sich um in Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. – Merkez-Moschee Diyanet Isleri Türk-Islam Birligi (DITIB) – Merkez- Moschee.

1994 Gründung des Islamischen Arbeitskreises Hessen (IAK)

1994 Das Türkische Islamische Kultur- und Erziehungszentrum Dergah wird gegründet, Sitz in der Münchener Stra-ße.

1995 Gründung des Vereins Islamische Informations- und Serviceleistungen e.V. (IIS), seit 1998 in der Mainzer Landstraße

1996 bis 2001 hat die Islamische Föderation ihren Sitz im Gallus.

1997 konstituiert sich der Arabisch-Deutsche Kulturverein Al Fitia in Frankfurt-Höchst.

300 Siehe Bernasko und Rech (2003), S. 13

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1997 Umzug des Vereins Islamische Gemeinde Frankfurt e.V. und der Abu-Bakr-Moschee in die Praunheimer Land-straße. Erstmals entsteht ein neues Moscheegebäude in moscheentypischer orientalischer Architektur.

1998 Gründung der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen (Nachfolgeorganisation des IAK) 1998 Umzug des Islamischen Vereins Tarik Ben Ziad Moschee in die Mönchhofstraße in Griesheim

1998 Gründung des Eyüp Sultan Camii – Fechenheim Türkisches Kultur-Zentrum (Mitte 2001 beginnt der Umbau) 1999 wird das Imam Sadjad Kulturzentrum e.V. offiziell gegründet.

1999 Gründung von Gamaat Bismi Allah e.V. im Riederwald

1999 Der pakistanische Verein Idara Minhaj-ul-Quran Kulturzentrum e.V. wird gegründet.

1999 Gründung des Marokkanisch-Islamischen Kulturvereins – Bilal-Moschee

Von 2000 bis jetzt

Frankfurt am Main ist ein weltweit bedeutender Finanzplatz. Seit 1998 hat die Europäische Zentralbank hier ihren Sitz.

Global City. 11. September 2001 – Beginn der ideologischen und militärischen Offensive des Westens gegen den Islam

2000 Gründung der schiitischen Gebetsstätte Ahl-e-Beit in Bockenheim (Zentrale in Hamburg)

2000 Seit Ende des Jahres trifft sich der Verein afghanischer Sunniten Afghanisches Kulturzentrum Jamal ad-Din al-Afghani Maihan e.V. – Ansar-Moschee in Frankfurt-Fechenheim.

November 2000 Der schiitische Verein Imam Sadjad Kulturzentrum e.V. mietet einen großen Raum in der Hanauer Landstraße, im März 2003 ein Gebäude in der Gwinnerstraße.

2001 Der Marokkanische Verein Frankfurt-Höchst e.V. – Hassan Moschee wird gegründet.

2001 Entstehung des Somalisch-Islamischen Kulturvereins e.V.

2002 Umzug des Vereins Islamisch-Afghanische Gesellschaft e.V. in die Innenstadt. 2003 wurde der Verein in

„Deutsch-afghanischer Kulturverein e.V.“ umbenannt.

2002 Zum Ramadan 2002 zieht die Hazrat Fatima Moschee nach Frankfurt-Griesheim.

2003 Umzug der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen (IRH) nach Gießen Seit 2003 verfügt die IGMG in Frankfurt über keine Vereinsräumlichkeiten mehr.

Sonderformen der islamischen Religion

Ahmadiyya Muslim Jamaat

1959 wird die Nuur-Moschee in der Babenhäuser Landstraße in Sachsenhausen errichtet.

2000 Erwerb einer Lagerhalle und eines Gebäudekomplexes in Bonames

Aleviten

1989 Gründung des Vereins Alevitisches Kulturzentrum Frankfurt e.V. Alevi Kültür Merkezi

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Zweites Kapitel

Beziehungskultur und Religionspolitik

Konzepte und Strategien der muslimischen Integrationsarbeit in Frankfurt unter besonderer Berücksichtigung der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen (IRH)

Einführung

Die Beziehungen zwischen gesellschaftlichen Gruppen können sich sowohl spontan als auch planvoll gestal-ten. Im ersten Fall ist die Kommunikation eine unmittelbare Konsequenz des Zusammenlebens der Individu-en in einer Gesellschaft. Im zweitIndividu-en wird die Kommunikation von einzelnIndividu-en PersonIndividu-en bzw. einem Zusam-menschluss engagierter Personen bewusst gesteuert. Diese Tätigkeit bringt Konzepte und Strategien mit sich, deren Zweck es ist, die Chancen sozialer Partizipation zu verbessern und gesellschaftliche Anerkennung zu erlangen.

Unter den organisierten Muslimen im Großraum Frankfurt hat sich das Bedürfnis nach solcher Aner-kennung bzw. die Bereitschaft zu einer Auseinandersetzung auf politischer Ebene Mitte der 1990er Jahre entwickelt. So entstand eine deutschsprachige muslimische Institution panislamischer Ausrichtung mit dem Ziel, die Interessen der in Hessen lebenden religiös engagierten Muslime auf Landesebene politisch zu ver-treten: der Islamische Arbeitskreis, aus dem später die Islamische Religionsgemeinschaft Hessen (IRH) wur-de. Diese Entwicklung kann als Zeichen fortgeschrittener gesellschaftlicher Integration der Muslime gesehen werden.

In diesem Kapitel wird versucht, Geschichte und Evolution dieser Organisationen sowie ihre Tätigkeit im Großraum Frankfurt unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Beziehungskultur301 zu rekon-struieren und zu analysieren. Die Darstellung der Entstehung einer Stiftungsprofessur für Islamische Religi-on an der Frankfurter Universität wird das Bild der Beziehungskultur und der damit verbundenen Integrati-onsarbeit der Muslime in Frankfurt vervollständigen.

I. Geschichte und Tätigkeit des Islamischen Arbeitskreises