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Modellvorstellungen f¨ur das Wachstum der Nanokristallite

4. Bildung von Silizium Nanokristalliten in einer SiO 2 -Matrix 57

4.3. Modellvorstellungen f¨ur das Wachstum der Nanokristallite

a-Si + SiO2

T»900 °C

SiO

T»20 °C T»400 °C

a-Si + SiOx

T»1000 °C

c-Si + SiO2

T»1100 °C

c-Si + SiO2

® ® ® ®

Disproportionierung Kristallisation Wachstum

Abbildung 4.13.: Schematische Darstellung f¨ur die Disproportionierung und das Wachstum von Si-Kristalliten in einer amorphen SiO2-Matrix ausgehend von einer SiO-Schicht

in Probe T1. Weitere Einzelheiten bzw. ein Vergleich der mittleren Gr¨oßen verschiedener Proben k¨onnen durch die vorhandenen Messungen nicht erhalten werden.

4.3. Modellvorstellungen f ¨ ur das Wachstum der Nanokristallite

Die meisten Arbeiten, die sich mit der Bildung von Kristalliten befassen, betrachten lediglich eine einstufige Reaktion zur Kristallitbildung, die als Folge ein konkurrierendes Kristallitwachs-tum (Ostwaldreifung) einleitet (z.B. [44, 98, 106]). Anhand der in dieser Arbeit erhaltenen Er-gebnisse wird jedoch deutlich, daß der Prozeß der Kristallitbildung aus amorphem SiOxein aus-gesprochen komplexer Prozeß ist. Zusammenfassend kann aus den angestellten Untersuchungen folgendes Modell f¨ur den Gesamtprozeß aufgestellt werden:

Unter Temperatureinfluß separiert zun¨achst das metastabile SiOx in Anteile aus amorphem Si und amorphem SiO2 . Dieser Prozeß selbst ist zweistufig. Er l¨auft anf¨anglich sehr schnell ab und verlangsamt sich f¨ur l¨angere Temperzeiten. Hierf¨ur k¨onnen zwei alternative Erkl¨arungen der angegeben werden. Entweder beruht der sehr schnelle Prozeß auf einem Umklappen von Bindungen unmittelbar benachbarter Atome, wogegen der langsamere Anteil ein diffusionsbe-stimmter Prozeß ist, welcher mit Materialtransport verbunden ist, oder aber es bildet sich, wie Hinds vorschl¨agt [88], um eine Siliziumausscheidung zun¨achst eine SiO2-Schale, die dann als Diffusionsbarriere wirkt und den weiteren Verlauf des Prozesses verlangsamt. F¨ur lange Temper-zeiten (ab ca. 10 min.) kann der Gesamtprozeß der Phasenseparation gut durch einen einstufigen thermisch aktivierten Prozeß mit einer effektiven Aktivierungsenergie von etwa 0,44 eV ange-paßt werden. Bei einst¨undiger Temperung sind erste Disproportionierungsreaktionen bereits bei 400@ C zu erkennen. Bei 900 @ C kommt der Prozeß innerhalb einer Stunde zum Abschluß.

Ist die Phasenseparation abgeschlossen, setzt bei Temperaturen ab 900 @ C bei einst¨undiger Tem-perung die Kristallisation der entstandenen amorphen Si-Cluster ein. Die Differenz der freien Energie zwischen nicht relaxiertem amorphem Silizium und kristallinem Silizium wird von Spi-nella mit 0,15 eV/Atom angegeben [107]. Hier ist ein Vergleich mit den thermodynamischen Daten aus der DSC Messung (Kapitel 2.3.3) sinnvoll. Die aus der Messung berechnete Kristalli-sationsenthalpie betr¨agt -178,7 J/g. Der Gewichtsanteil des ¨ubersch¨ussigen Siliziums in SiO ist 31,85%. Unter der Annahme, daß das Produkt Druck x Volumen konstant bleibt und die

Ener-giedifferenz allein auf die Kristallisation des ¨ubersch¨ussigen Siliziums zur¨uckzuf¨uhren ist, kann damit eine Energiedifferenz von 0,16 eV pro Atom errechnet werden. Dies stimmt recht gut mit dem von Spinella angegebenen Wert von 0,15 eV ¨uberein. Dieser Wert wurde allerdings an kom-paktem Material gemessen und k¨onnte in d¨unnen Schichten unter Umst¨anden anders sein. Eine DSC Messung an den Schichten war aufgrund des schlechten Verh¨altnisses zwischen Schicht und Substratdicke nicht erfolgreich.

Im Vergleich zu amorphem Silizium im Bulk, welches bereits ab 700@ C rekristallisiert [108] ist die gefundene Kristallisationstemperatur von 900 @ C f¨ur amorphe Si-Cluster in d¨unnen Schich-ten deutlich erh¨oht. Der Prozeß wird von einem Gleichgewicht zwischen Oberfl¨achenenergie und Volumenenergie bestimmt. Bei kleinen Teilchen dominieren dabei zunehmend die energe-tischen Verh¨altnisse der Oberfl¨ache den Prozeß. Hierbei spielen folgende Grenzfl¨achenenergi-en eine Rolle: ;= A , die Energie der Grenzfl¨ache SiO2-amorphes Silizium und ;= / , die Energie der Grenzfl¨ache SiO2-kristallines Silizium. Die Differenz ;= / |<;= A wird von Zacharias [108]

mit 2,491 eV/nm bestimmt. F¨ur die Volumeneigenschaft spielt die Differenz der freien Ener-gie zwischen amorphem und kristallinem Silizium eine Rolle, welche einen Bulkwert von etwa 0,15 eV/Atom hat [107]. Bei einem mittleren Atomabstand a=0,27 nm [108] entspricht das einer freien Energiedifferenz =?>â% im Volumen von 7,621 eV/nm4 . Die Energiebilanz f¨ur die Um-wandlung eines kugelf¨ormigen amorphen Si-Clusters umgeben von SiO2 in einen Kristallit in Abh¨angigkeit von dessen Radius@ lautet dann:

=BAª`{|

w‹

C@

4

Ä)=?>®%W–w9C@

Ä y

;5

/

|D;=

A € (4.3)

Ist die Gesamtenergiebilanz positiv, so kristallisiert der Cluster nicht, da die bei der Umwand-lung zus¨atzlich aufzubringende Grenzfl¨achenenergie gr¨oßer ist als die gewonnene Energie im Volumen. Setzt man =BA = 0, so kann man aus Gleichung 4.3 einen kritischen Radius @ be-rechnen, unterhalb dessen die Umwandlung in einen Kristallit energetisch ung¨unstig ist. Durch Einsetzen der Werte f¨ur=?> % und;5 / |E;5 A ergibt sich ein@ von 0,98 nm. Dies entspricht einem Clusterdurchmesser von etwa 2 nm. Dieser Wert stimmt sehr gut mit der kleinsten Kristallitgr¨oße

¨uberein, die bei TEM-Untersuchungen gefunden wurde. Ist der amorphe Cluster gr¨oßer als 2 nm, so nukleiert in ihm ein Kristallisationskeim und der Cluster kristallisiert innerhalb kurzer Zeit komplett. Nach [107] betr¨agt die Kristallisationsrate von amorphem Silizium bei 1000 @ C etwa 0,1 mm/s. Diese Betrachtung macht allerdings nur Aussagen ¨uber den Energieunterschied zwi-schen Anfangs und Endzustand. F¨ur den Ablauf der Reaktion ist aber auch die Energiebarriere beim ¨Ubergang bzw. die Aktivierungsenergie des Prozesses wichtig. Zacharias [108] berichtet in d¨unnen amorphen Si-Schichten zwischen zwei SiO2-Schichten von einer Abh¨angigkeit der Rekristallisationstemperatur von der Schichtdicke. Außerdem spielen die entstehenden Span-nungen in der Realit¨at unter Umst¨anden eine große Rolle, die in dieses Modell nicht einbezogen wurden.

Nach der Umwandlung in Kristallite k¨onnen die gr¨oßeren Kristallite durch einen Ostwaldrei-fungsprozeß auf Kosten der kleineren wachsen. Hierbei l¨osen sich auch noch vorhandene amor-phe Si-Cluster wieder auf. Ein deutliches Wachstum wurde mit TEM nach einer einst¨undigen Temperung bei 1100@ C beobachtet. Dieser Prozeß wird durch die sehr niedrige Diffusionskon-stante von Silizium in SiO2 begrenzt, die bei 1100 @ C zwischen 5*_MU 3GF und _MU cm /s liegt

4.3. Modellvorstellungen f¨ur das Wachstum der Nanokristallite

[98]. Die sich hieraus ergebende Aktivierungsenergie f¨ur einen solchen Wachstumsprozeß in der kristallinen Phase ist von Bonafos et al.[98] f¨ur Si-ionenimplantiertes SiO2mit etwa 2,8 eV er-rechnet worden. Dieser Wert ist deutlich h¨oher als die 0,44 eV f¨ur die Bildung der amorphen Phase. Es ist deshalb anzunehmen, daß bei Temperaturen, die nur leicht ¨uber der Kristallisa-tionsuntergrenze liegen, die Transformation der amorphen Phase den wesentlichen Einfluß auf die Gr¨oße der Kristallite hat und diese nur wenig wachsen. Gerade diese Temperaturen sind aber interessant, da man f¨ur die optischen Eigenschaften m¨oglichst kleine Kristallite haben will.

Bleibt man beim Tempern l¨angere Zeit dicht unterhalb der Kristallisationstemperatur, so k¨onn-te auch in der amorphen Phase ein Wachstum der Clusk¨onn-ter durch Ostwaldreifung ablaufen. Eine schematische Darstellung des Gesamtprozesses in Abh¨angigkeit von der Temperatur ist in Ab-bildung 4.13 dargestellt.

Wie in Kapitel 4.1.3 gezeigt wurde, ist f¨ur eine Temperung bei 1000 @ C die Kristallitgr¨oße von der Ausgangsst¨ochiometrie abh¨angig. Eine solche Abh¨angigkeit wird auch von Bonafos [98] best¨atigt. Allerdings erkl¨art sie die Abh¨angigkeit mit einem ’Proximity’-Effekt bei hohen Ubers¨attigungen. Dieser muß allerdings nicht, wie von Bonafos angenommen, zwangsl¨aufig in¨ der bereits kristallisierten Phase zum Ausdruck kommen. Es ist wesentlich wahrscheinlicher, daß dieser Effekt bereits bei der Bildung der amorphen Cluster einen Einfluß auf die Gr¨oßen-verteilung nimmt, da die ¨Ubers¨attigung bereits bei der Disproportionierung abgebaut wird. Die Abh¨angigkeit der Kristallitgr¨oße von der Ausgangsst¨ochiometrie kann auch mit folgendem Ge-dankengang verstanden werden: Nimmt man zun¨achst an, daß sowohl Nukleationsdichte als auch die Diffusion nicht von der St¨ochiometrie abh¨angen, so schließen sich ¨ubersch¨ussige Si-Atome aus einem konstanten Einflußbereich zu einem Cluster zusammen. Die absolute Anzahl der in diesem Volumen enthaltenen ¨ubersch¨ussigen Si-Atome und somit auch die Clustergr¨oße ist aber direkt von der St¨ochiometrie abh¨angig. In der Praxis muß allerdings davon ausgegangen werden, daß zumindest die Diffusion st¨ochiometrieabh¨angig ist, so daß sich die Verh¨altnisse leicht ver-schieben k¨onnen. Letztendlich muß bei der Wahl der Temperbedingungen auch ber¨ucksichtigt werden, daß die Temperatur und Dauer des Temperprozesses einen Einfluß auf die Intensit¨at der Photolumineszenz hat, weil dadurch die Qualit¨at der Si-SiO2-Grenzfl¨ache beeinflußt wird, wie L´opez zeigte [109].

5. Lumineszenzmessungen an Silizium